Ein Klappbackofen für die Reise:

Luxus passt in die kleinste (> 4 Tonnen- ) Hütte ...


Ich weiß, ich bin nicht ganz richtig hier in diesem Magazin für flinke Allradler und mobile Abenteurer. Ich gehöre zur verweichlichten Fraktion, die mit einer Wohnkabine durch die Lande fahren, sogar mit Damentoilette, aber wenigstens 4x4 ... (Anm. der Red.: Entschuldige, Sepp, dass wir dich ausnahmsweise mal korrigieren müssen: Wir meinen, du bist genau richtig in diesem Magazin - selbst die Redaktion hat immer eine Porta Potti dabei - und die sogar manchmal für Herren! )

Coleman in Balkonien, eine der Granitplatten am Boden ...In meinem ersten Leben vor Familiengründung und Hundebesitz war ich aber auch ein Minimalist, der nur das Allernotwendigste in den Packtaschen seines Reiserades unterbrachte. Den Hobo Ofen gab es damals noch nicht, wäre aber eine super Sache gewesen, zumindest für eine kleine Radlergruppe. Der Gedanke an einen mitnehmbaren Backofen ist mir allerdings niemals gekommen.

Doch heute sind solche Wünsche durchaus präsent: Und wenn ich in den Reiseberichten der ganz Großen scrolle und die eingebauten Gasbacköfen in deren Action- oder Blissmobilen sehe, überlege ich schon, wie ich in meiner relativ kleinen Wohnzelle so etwas umsetzen könnte. "Eine Festinstallation mit Gasanschluss und Abluftkamin kommt mir nicht ins Haus", das war von Anfang an klar. Aber da gibt es doch den klappbaren Backofen von Coleman, dafür würde ich noch einen Platz finden, oder?

Den habe ich mir dann gekauft. Eine Aufbauanleitung und sonstige technische Hinweise dazu findet man natürlich im Internet.

Es ist zwar schon wieder einige Zeit her, aber die ersten Versuche mit Fertigpizza auftauen und backen waren mehr als enttäuschend: Auf einem normalen Kartuschenkocher bei voller Pulle kam das Thermometer in der Tür des Coleman nie über 150° C hinaus. Völlig absurd war aber die Temperaturverteilung im Backraum: Der Pizzaboden war längst durchgekohlt, da fing der Belag oben erst langsam an zu garen. So wird das nie was, das war klar ...

Aber Probleme, die erkannt sind, kann man ja abstellen oder zumindest minimieren. Deshalb bastelte ich als erstes eine Wärmeisolierung, denn eine bloße Erhöhung der Heizleistung hätte nur die "Brikettherstellung" verbessert.

 Mit Isoliermütze und Innenausstattung (und noch kleinerem oberen Stein des Vorgängermodells)Zwischen zwei Lagen einer dicken Aluminiumhaut kam ein wärmefestes Isoliermaterial, ähnlich einer Schicht Glaswolle. Das hält wesentlich mehr als die angepeilten 250° C aus und fängt auch nicht Feuer an der Gasflamme. Richtig zugeschnitten und gebogen passt diese steife Isolierschicht so über den Backofen, dass die Vorderseite mit Ofentür und Thermometer frei bleibt.

Damit kann man die Maximaltemperatur schon etwas höher einstellen, aber noch wichtiger ist, dass die Wärmeverluste geringer sind und man auch mit kleinerer Flamme und mehr Zeit besser aufheizen kann. Aber es reichte immer noch nicht: Entweder war die Backtemperatur zu niedrig oder der Pizzaboden zu schnell verkohlt.

Eine Verbesserung der Wärmeisolation wurde zwar erwogen, vielleicht ähnlich wie beim vorgestellten Hobo Ofen mit Schweißerdeckenmaterial, konnte aber nicht die alleinige Lösung sein. Es galt, die Unterhitze zu reduzieren bei gleichzeitigem Erhalt der Ofentemperatur. Und da ich die Pizzabäckerei als Haupteinsatz ansah, lag nichts näher, als es mit einem Pizzastein zu versuchen. Ich bestellte also beim Steinmetz drei polierte Granitplatten 25x25x2 cm und machte weitere Versuche: Eine Platte kommt ganz nach unten auf den Boden des Backofens und soll die Unterhitze speichern und somit ermöglichen, sie gleichmäßig abzugeben und zu verteilen. Die beiden anderen Steine liegen auf den beiden Gitterrosten und bieten je einer kleinen Pizza Platz. Bei guter Überwachung des Garvorganges kann man sogar eine dritte Pizza einlegen, nämlich auf den deutlich heißeren Stein im Boden des Backofens.

Nun funktioniert es besser, man braucht aber etwas Zeit und einen stärkeren Brenner. Ansonsten dauert es fast zu lange, bis der Ofen und alle drei Steine richtig auf 250°C durchgewärmt sind. Dann allerdings geht es bei ausreichend dünnem Pizzateig mit dem Backen ratz-fatz, wie in der Pizzeria. Wer das Arbeiten mit Pizzastein kennt, weiß was ich meine.

Die untere Pizza, die vom oberen Stein auch noch Oberhitze erhält, wird schneller fertig - man sollte die beiden Pizzen während des Backens deshalb einmal tauschen. Dazu braucht man unbedingt geeignetes Werkzeug: Drei Pizzabretter oder Pizzaschieber aus dünnem Holz sind dazu geeignet. Auf denen kann man während des Backganges schon die nächsten beiden Pizzascheiben vorbereiten. Das dritte Brett braucht man als Werkzeug, wenn die anderen zwei mit Pizza besetzt sind.

Teig ausgerollt, passende Größe ... Auf richtige Reihenfolge des Belegens achten, siehe Rezept So bringt man die rohe Pizza vom Brett auf den Stein ...

Das Prinzip der Oberhitze durch einen heißen Stein im obersten Einschubfach ist auch für andere Backaufgaben verwendbar. Prinzipiell muss man das ganze System erst einmal intensiv und auf maximale Temperatur aufheizen. Nach Befüllung wird die Energiezufuhr gedrosselt und eine langsame Abkühlung zugelassen. Genau wie im Steinbackofen, wo zuerst eine Holzglut die Steine gründlich aufheizt, man dann die Glut zur Seite schiebt oder ganz entfernt und die Brotlaibe einbringt. Das Thermometer in der Backofentür ermöglicht die Steuerung des Temperaturverlaufes, obwohl es eine deutlich niedrigere Temperatur als auf den Steinen anzeigt.

Pizza und Blechkuchen backen geht wunderbar und beim Brot experimentiere ich noch theoretisch mit der optimalen Teigmischung, habe aber bisher keine Erfahrung mit der erforderlichen langen Backzeit. Das wird noch einige Zeit dauern, schließlich stehe ich nicht jedes Wochenende an meinem Coleman Arbeitsplatz. Langfristig ist aber das Brotbacken das Ziel, denn auf Langzeitreisen findet man außerhalb von Mitteleuropa fast nirgendwo gut schmeckendes, würziges Brot.

Reisefreunde, die mich mit den schweren Steinplatten und vielleicht daneben mit meiner noch schwereren Muurikka-Pfanne hantieren sehen, meinen dann immer lachend, jetzt wüssten sie schon, warum mein Bremach über 4 Tonnen habe. Aber mit dünnen Aluminium- oder Titanmaterialien kann man die Brat- oder Backqualität einfach nicht erreichen. Und als Minimalist habe ich mich inzwischen längst verabschiedet gemäß meinem Motto im Bremachforum: "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert ..."

Guten Appetit in der Pizzeria Balconia!Weil es so einfach ist, eine frische Pizza herzustellen, kommt an dieser Stelle auch das Rezept (für 4 Teigscheiben) dazu:

  • 400 g Mehl
  • 1 Pack Trockenhefe
  • etwas Salz
  • 4 EL Öl
  • etwa ¼ Liter warmes Wasser

2-3 Esslöffel vom Mehl (eventuell auch eine Prise Zucker zur Beschleunigung dazu) mit dem Beutel Trockenhefe in einer Tasse trocken vermischen, mit mehreren EL lauwarmem Wasser anrühren und in warmer Umgebung 30 Minuten gehen lassen. Das ist das Dämpferl, nordhochdeutsch Vorteig.

Diesen in einer Schüssel mit dem Mehl, etwas Salz und 4 EL Öl solange mit Zugabe von lauwarmem Wasser mischen, bis ein fester Teig entsteht, der sich leicht von der Schüssel löst. Man braucht knapp ¼ Liter Wasser dazu, je nach Mehlqualität. Teig in 4 gleiche und schon etwas in Scheibenform vormodellierte Portionen teilen und in Wärme gehen lassen. Eine bei kalter Umgebung urige Technik dazu ist Einwickeln in Plastikfolie und Warmhalten unter der Wäsche am eigenen Bauch ...

Teig auf der hölzernen und mit Mehl bestäubten Pizzaschaufel mittels Fingerfertigkeit ausbreiten und einen kleinen Teigrand modellieren. Oberfläche mehr oder weniger dick mit der Gewürzsauce einpinseln, dick Käseraspel darüber und zum Schluss der Belag, je nach Vorrat und Geschmack. Entscheidend ist die Gewürzsauce, meist auf Tomatenmarkbasis, die alle Gewürze und die nötige Schärfe mitbringt. Beim Vorkosten muss die so scharf schmecken, dass schon ernste Zweifel an der Genießbarkeit aufkommen. Beim Backen geht nämlich viel an Schärfe verloren.

Abschließend noch einige Daten und Bezugsquellen:

Der Coleman Klappbackofen wird aus irgend welchen Produkthaftungsgründen in Deutschland nicht mehr angeboten. Vielleicht hat sich ein Nutzer an der heißen Außenwand die Finger verbrannt und den Verkäufer angezeigt, weil nicht daraufstand, dass der Backofen in Betrieb heiß wird. Das ist die Schuld des Verkäufers, logisch ... Nein, Spaß beiseite, das Ding hat schon seine Tücken, dazu unten mehr.

Aber in Holland gibt es noch einen Laden, der den Ofen anbietet und verschickt.

Dort gibt es auch einzelne Gitterroste zu kaufen (Mausklick auf Extra accessoires), denn ein zweites davon braucht man unbedingt. Ein einziger "rooster" ist serienmäßig dabei.

Kleine Schraube auf beiden Seiten, falls die Einrastlippen versagen ...Nicht verschweigen will ich die Tatsache, dass diese dünne Blechkonstruktion auch ihre Schwächen und Risiken hat, nicht nur die Hitze bei Betrieb. Im Laufe der Nutzdauer leiern die Führungslippen aus und es kann sein, dass der Ofen während des Backvorganges seitlich etwas auseinander klappt, die Gitterroste aus ihrer mickrigen Halterung fallen und das Backgut runterplumpst. Deshalb setze ich zwei zusätzliche Schrauben, um dieses Szenario zu vermeiden - hat bisher funktioniert, bedeutet aber einen weiteren und nicht ganz kleinen Aufwand beim Auf- und Abbau (siehe Bild links).

Eine durchaus realistische Gefahr beim Betrieb des Teils besteht auch darin, dass der erhitzte Blechwürfel beim Hantieren mit der Füllung versehentlich vom Kocher herunter rutscht und dann wirklich schlecht zu handhaben ist, besonders wenn der Tragegriff oben durch die Wärmeschutzhaube verdeckt ist. Wer hat schon ein Paar Hitzeschutzhandschuhe parat. Mit der Schwere der Granitplatten passiert das aber nicht mehr so leicht und wenn doch, hat man ein noch größeres Problem ...

Man erkennt, dass der Klappbackofen nicht für Jedermann geeignet ist und wird sich vielleicht nach einer anderen Technik umsehen wollen. Zwei immer wieder beschriebene Alternativen will ich kurz erwähnen: Der sogenannte Dutch-Oven wird von manchen Reisenden gerne als Brotbackofen verwendet und eignet sich besonders für das Lagerfeuer. Er besteht aus einem hohen dickwandigen Eisentopf mit 3 Standbeinen unten und einem Deckel in Tellerform. In diesen oben offenen Tellerdeckel kann man Glut oder heiße Kohlen einlegen und bekommt damit die nötige Oberhitze. Wie beim Klappbackofen muss man auch hier die richtige Backtechnik erst herausfinden. Aber für alle kindgebliebenen Feuerteufel ist dieser Topf ein absolutes "Muss".

Einfacher und besonders für den Campingkocher geeignet scheint der Omnia Camping Backofen zu funktionieren, den die "Koch-und-Back-Bloggerin" Doreen hier in einem eigenen Beitrag vorstellt. Seinen Einsatz beschreibt sie anschaulich auch in ihrem Blog und liefert einige leckere Rezepte dazu. Für mich war bisher immer das sperrige Packmaß das Hauptargument gegen den Omnia und natürlich die Tatsache, dass man damit keine Pizza backen kann. Aber durch Doreens Tipps und vor allem durch ihre schönen Bilder angeregt, habe ich mir das Teil inzwischen auch zugelegt und festgestellt: Es ist überhaupt nicht sperrig. Ich bin schon gespannt auf das Handling damit beim nächsten Jahresurlaub in Griechenland. Der Bericht dazu folgt ...


© 2015 Sepp Reithmeier


Anm. der Red.: Weitere Berichte von unserem Autor Sepp Reithmeier finden sich auch in anderen Rubriken: