Sardinien 2012
Viel Landschaft und ein T-Rex ...
Vorbemerkung der Red.: Kennengelernt hatten wir unseren Autor Sepp Reithmeier samt Ehefrau Renate und Hund Kasper beim Süd-Treffen der "4x4-Friends" in der Nähe von München - ihr Bremach T-Rex mit selbst gebauter Kabine und das bevorstehende Reiseprogramm nicht nur nach Polen beeindruckte uns und andere der anwesenden Reise-Fans. Zusätzlich verblüffte uns Sepp aber noch mit einer anderen Sensation: Er outete sich als regelmäßiger und geradezu unheimlich kundiger Leser des Explorer Magazins - womit endgültig bewiesen wurde, dass das Magazin tatsächlich nicht nur Autoren, sondern auch einen Leser hat!
Sepp versprach uns gleich auch einen Reisebericht, womit er und Renate natürlich einen Kugelschreiber des Magazins überreicht bekamen - was will man mehr als Motivation ..? Und dass der Bericht dann auch noch so bald kam von einer weiteren Testfahrt mit Bremach und Selbstbau, hätten wir bei diesem Treffen dann doch nicht geahnt: Sepp plante bereits für den Oktober eine neue Tour - wieder einmal sollte es nach Sardinien gehen. Und vom 10.10. bis zum 24.10.2012 war es schließlich so weit: Die Drei samt T-Rex machten sich auf den Weg nach Süden ...
Man gönnt sich ja sonst nichts ...
Wenn man wie meine Frau Renate erst Mitte Oktober auf die Reise gehen kann und noch etwas Sommer sucht, muss man in den Süden Europas: Diesmal leisten wir uns also die teure Überfahrt nach Sardinien - zwar etwas unwirtschaftlich für zwei Wochen, aber man gönnt sich ja sonst nichts - na ja, abgesehen von unserem tüchtigen Bremach mit Wohnaufbau! Aber den Kasten habe ich schließlich selbst gebaut: "So sieht er auch aus" sagen die Spötter. Höflichere Zeitgenossen denken das vermutlich im Stillen - Danke!
Erste Erfahrung: Die Fährbuchung über ein Internetportal ist doch tatsächlich um die 80 Euro billiger als der Ticketkauf im Fährhafen. Wegen unseres Hundes wählen wir die kürzeste Überfahrt und nehmen eine Nachtfähre von Civitavecchia nach Olbia, 7,5 Stunden Fahrzeit. Unser Hund Kasper bleibt in seiner gewohnten Umgebung und schläft allem Anschein nach relativ stressarm im Wohnmobil. Da könnte man sich die 2x10 Euro für den Hund auch sparen. Im Oktober ist das möglich, im Hochsommer vermutlich zu heiß für den armen Kerl in seinem Wintermantel ...
Die Gesamtkosten der Überfahrt am Schalter von Tirrenia: 530 Euro, wobei allein 160 Euro auf die 2-Bett Außenkabine kommt: "Man gönnt sich ja ..."
Da kommt man dann schließlich in Olbia an und es ist noch dunkel um 6 Uhr früh, alles noch geschlossen - sogar die Museen! Also ungebildet weiter Richtung Nordzipfel der Insel. Doch kaum dämmert es, lädt uns schon ein Café am Straßenrand zum ersten Frühstück ein.
Wie immer führt der erste Weg schnellstens ans Meer und wir tippen in der Karte auf den Punta della Voise, dort ist es bestimmt schön. Das schon, aber total zugebaut mit herrlichen Ferienhäusern und Villen, alle Rollläden noch zu, die Bürgersteige hochgeklappt, kein Mensch da. Wir finden trotzdem einen Parkplatz mit Sandstrand und warten dort auf die Sonne und auf unser zweites Frühstück ...
Auch Nessie, soeben dem Meer entstiegen, wird mit Opfergaben besänftigt: Im Hintergrund ein interessantes Schild mit Hinweisen auf die Animationsangebote während der Saison. Wir können ja leider nicht Italienisch, aber hier ist offenbar Einiges geboten. Schade, wir sind zur falschen Zeit da!
Unterwegs mit dem Wanderführer
Wir nehmen unseren "Rother Wanderführer" zur Hand und suchen ein Ziel für den Tag. Dieses kleine rote Büchlein (siehe unten rechts am Beitragsende) kann ich nur wärmstens empfehlen: Die 63 beschriebenen Touren reichen uns für zwei Wochen - hoffentlich. Wir wählen Tour 8 und fahren mit gepacktem Rucksack und geschnürten Wanderstiefeln los zum Startpunkt der dreieinhalbstündigen Wanderung auf den Monte Pino. Doch die Sarden haben vergessen, das Fahrverbotsschild aufzustellen und ich merke das erst auf dem Gipfel ... Aber die Straße dorthin, oder sagen wir besser der Feldweg mit Serpentinen, war auch lustig!
Ein Blick vom Gipfel in das gegenüber liegende Tal zeigt die Schneisen zahlreicher solcher Wege, alle ohne Fahrverbot, aber für mein Wohnmobil mit zwei Meter Breite und 2,85 Meter Höhe stellenweise fast zu stark zugewachsen. Da kommt man schon noch durch, aber ein normaler Geländewagen wäre sicherlich besser. Wie immer können wir von Schlüsselstellen jeder Art keine Bilder machen: Ich selbst muss das Lenkrad ganz fest halten und meine Frau muss sich beide Hände vor Augen und Gesicht pressen ...
So verbringt man also seinen ersten Tag auf der Insel und abends gönnen wir uns einen schönen Campingplatz an der Bucht von Arzachena: Isuledda, nördlich von Laconia ...
Und hierzu gleich der nächste Tipp: Im Oktober geöffnete Campingplätze sollte man unbedingt vorher ermitteln, entweder im Campingführer oder im Internet. Nur wenige Plätze haben bis Ende Oktober geöffnet und man braucht sie, selbst wenn man nur Wasser bunkern will. Viele (oder fast alle ?) Dorfbrunnen sind um diese Zeit nur tropfende Rohre. Auch die Sarden haben ihre eigene Wasserversorgung inzwischen auf Grundwasser und Wasserhähne im Haus umgestellt - wie unromantisch!
Suche nach aufgelassenen Minen
Ich hatte mir als Reisethema die aufgelassenen Minen in Sardinien vorgenommen und steuere als erstes Argentiera an, wenig nördlich von Alghero gelegen. Die Klippen am Capo dell Argentiera kann man als Übernachtungstipp inzwischen vergessen, die Straße ist gesperrt, wohl wegen schlechtem Zustand und möglicherweise einiger Wohnmobile, deren Fahrer sich hier schon überschätzt haben. Und der Ort selbst wird derzeit renoviert und offenbar touristisch aufgebaut. Aber dieser Aufbau erfolgt wohl im Schneckentempo, denn ein Bericht aus 2010 zeigt fast den selben Zustand, den wir 2012 vorfinden ...
Zugegeben, ein paar Bretter mehr sind inzwischen schon an dem alten Minengebäude zu sehen. Ein unheimlich dicker Maurer verputzt gerade eine Wand und scheint nach jedem Handgriff Pause machen zu müssen. Also: Im nächsten Jahr wird der noch nicht fertig sein mit seinem kleinen Häuschen ...
Deshalb suchen wir das Weite und zielen auf ein wenige Kilometer weiter nördlich gelegenes Bergwerkssymbol in der Landkarte namens "Punta de lu Nibaru". Der Feldweg dorthin ist eine willkommene Abwechslung von den bisherigen Teerstraßen und ohne die Karte würden wir den Weg auch nicht finden, der hier auf eine Teerstraße mündet.
Dann könnte ich auch nicht genussvoll durch die tiefen Wasserlöcher gleiten und meinen Unterboden mit Lehmwasser versauen - was für ein Verlust an "Offroad-Feeling"! .
Der Gipfel der Gefühle ist ein kleiner eingezäunter Parkplatz oben auf den Klippen mit ebenem Boden: Ein idealer Nachtplatz mit anspruchsvollem "dogwalk" für Kasper und Herrchen zum etwas schwer zugänglichen Sandstrand unten. Aber deutlich sichtbar sind alte Spuren einer Trial-Maschine: Da ist doch tatsächlich schon ein Freak mit dem Motorrad herunter gefahren - über Stock und Stein, über Treppenstufen und immer nahe am Abgrund ...
Ein schöner Platz ist das, im Sommer sicher das Ziel ortskundiger Badegäste, nun aber fast menschenleer. Aber keine Mine finden wir, nur aufgelassene, zum Teil auch wieder bewohnte Bergarbeiterhäuser. Auch Anwohner fahren mal vorbei und zwei Schneckensammler grasen die Wegränder ab - von uns will keiner etwas ...
Einige km südlich von Argentiera liegt der Lago Baratz, angeblich der größte Binnensee Sardiniens mit weniger als 1x1 km Ausdehnung. Stauseen gibt es natürlich größere auf der Insel. Diese Gegend ist einen Besuch wert: Am südwestlichen Ufer verläuft eine schöne Straße und endet nordwestlich des Sees an einem Parkplatz. Von diesem führen einige Sandstraßen zum Meer herunter. Wir wählen die linke Spur, also in nordwestlicher Richtung durch die offene Schranke und liegen richtig: Nicht schwer, aber schon anspruchsvoll führt diese Piste zum Strand und zu Turmruinen dort, Torre Negra heißt er wohl.
Enttäuschung in Alghero
Als Nächstes besuchen wir nach langer Zeit wieder einmal Alghero, die Stadt, die uns bereits im Jahr 1986, als wir mit den Kindern vor dem Tschernobyl-Fallout geflohen waren, so gut gefallen hatte. Der tolle Campingplatz "Mariposa" am Meer südlich der Stadt existiert nicht mehr und der Platz Calik Blu am Yachthafen von Fertilia etwas nördlich ist zwar groß und sehr sauber, fast steril, hat aber keinen Charme. Das trifft auch für das heutige Alghero zu: Viel größer als damals, neue Hotelbauten zuhauf und auswechselbarer Charakter. Leider. Sicher gibt es auch dort Plätze, die das alte Flair noch ausstrahlen, die muss man dann aber wohl kennen. Wir wollen der Stadt später einmal, wenn wir mehr Zeit haben, noch eine Chance geben. In unserer Erinnerung von 1986 jedenfalls war Alghero das Highlight ...
Die Weiterfahrt an der malerischen Küstenstraße über Bosa empfinde ich heute als langweilig: Einfach deshalb, weil eine malerische Bucht auf die andere folgt, ein Ausblick schöner als der vorige. Immer das gleiche herrliche Bild, vergleichbar mit Cinque Terre in Ligurien. Auch so etwas wird dann bald langweilig, zumal für Offroader: Nicht einmal ein Foto machen wir davon ...
Die Stadt Bosa selbst gehört wie Alghero zu jenen "to-do Orten", die wir später einmal mit mehr Muße, genauer und langsamer besuchen und bereisen wollen. Das geht aber mit einem PKW und Übernachtung in einer Pension mitten in der Stadt besser als mit dem Camper, das steht fest. Und ein paar Worte Italienisch braucht man dazu wohl auch ...
Südlich von Bosa finden wir in dem kleinen Ort Flussio nette Fassadenmalereien an den Hauswänden: Da muss man gleich zweimal hinschauen, um Illusion und Realität zu trennen. Diese hübsche Volkskunst ist hier in der Gegend öfter zu bestaunen. Bei uns in Bayern nennt man das Lüftlmalerei, es werden dort aber meistens religiöse Motive verwendet, Schutzpatronen und der bekannte Heilige Sankt Florian: "Schütz unser Haus - zünd andre an."
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© 2013 Sepp Reithmeier