Auswahl Expeditionsfahrzeug - aber richtig!


Bereits nach unserem Island-Trip ´95 wollten wir das nächste Expeditionsfahrzeug besser an unsere Wünsche anpassen. Doch was sollte es können und wie sollte es aussehen? Ein mehrmonatiger Denkprozess nahm seinen Anfang ...

In Zellerreit sieht man sie alle ...

Welches ist das Richtige?

Zunächst einige Vorüberlegungen:

Soll ein gewisser Komfort gegeben sein, entfällt ein reiner Geländewagen mit Zelt oder Dachzelt oft von vornherein, allenfalls ein solcher mit Wohnausbau kommt in Frage. Serienmäßige Wohnmobile entfallen ebenfalls, da sie keine ausreichenden Geländeeigenschaften haben. Also kommt nur ein Kleinbus in Geländeversion, ein dediziertes Expeditionsfahrzeug oder ein geländegängiger 4x4-Pickup mit entsprechendem Wohnaufbau in Frage.

Wägt man die Alternativen ab, stellen sich schnell der Preis einerseits sowie die möglicherweise gewünschte vielseitigere Nutzung als nur zu Expeditionen andererseits in den Vordergrund. Die folgenden Alternativen als Checklisten für eigene Bewertungen!

Die wesentlichen Alternativen aus unserer Sicht:

Alternative Vorteile Nachteile Eigene Bewertung
Dediziertes Expeditionsfahrzeug (reicht vom Unimog mit Wohnkabine über einen Pinzgauer bis hin zum MAN 8x8), Beispiele im Magazin: Bremach T.Trek, Mercedes Benz 914 AK Geländegängigkeit, genaue Anpassung an Bedürfnisse möglich (Fernreisen, Personen, Komfort ...) Hohe Kosten, keine andere Verwendung möglich  
Geländewagen mit Wohnausbau, Hubdach etc. Ausbau (z.B. Lyndi, Special Mobiles) oder Dachzelt (z.B. Easy Top), Beispiele im Magazin: Terrano, Finck Geländegängigkeit und Wendigkeit,  ggf. vorhandenes Geländefahrzeug ausbaubar / nutzbar Geringer Platz und Komfort, keine andere Verwendung möglich  
Geländewagen mit Geländeanhänger (mit Fest- oder Hubdach) (z.B. Takla Makan / Wildcat), Beispiele im Magazin: Wildcat, Nanook, Lapp Vorhandener Geländewagen nutzbar, Geländegängigkeit, separate/andere Verwendung Zugfahrzeug Längeres Gespann (Fähren, Gelände), Gespannerfahrung erforderlich  
Kleinbus in Geländeversion (z.B. VW Syncro) Ggf. preisgünstig erhältlich, ausreichende Schlechtwegetauglichkeit Siehe Geländewagen mit Wohnausbau  
Pickup mit Absetzkabine (Toyota Hilux, Nissan Navara, Ford Ranger, Isuzu D-Max etc. mit Festkabine oder Absetzkabine / Hubdachkabine). Beispiele im Magazin: Nordstar, Tischer, Bimobil, Belding, Exkab, Geocamper, Ortec usw. Vorhandener Pickup nutzbar, Geländegängigkeit, separate/andere Verwendung Pickup möglich Ggf. Einschränkung bei Geländegängigkeit, Fährmöglichkeit (bei Festkabine) oder evtl. Komfort (bei Hubdach)  

Die Wahl fällt hier schwer. Doch wenn die persönlichen Begleitumstände untersucht werden, sollte sich recht bald eine Alternative als die einzige aufgrund folgender wesentlicher Fragen heraus kristallisieren:

Fragen Eigene Anforderungen
  • Kann oder will man sich ein spezielles Expeditionsfahrzeug leisten, das nur diesem Zweck dient?
  • Will man echte Offroad-Strecken fahren oder eher "Soft-Offroad" bzw. Schlechtwegestrecken?
  • Kann man evtl. (und wenn auch nur manchmal) ein Firmenfahrzeug nutzen (1%-Regelung!)?
  • Wieviel Urlaub hat man und wie umfangreich nutzt man ihn für diese Reisen?
  • Fährt man in sehr abgelegene Stellen dieser Welt und das ggf. längere Zeit? Oder aber:
  • Muss / kann / will man nur wenige Tage im Jahr abseits der gewohnten Umgebung verbringen?
  • Mit wieviel Personen will man reisen (max. 2 / 2+1 -Kind- / 2+2 -Kinder- / oder mehr)?
  • Betreibt man auch Wintercamping oder ist man überwiegend nur im Sommer unterwegs (dann auch im hohen Norden) (Frage Fest- / Hubdachkabine!)?

Sicherlich ist bei weniger Urlaub bzw. kürzeren Reisen eher zu einem Fahrzeug zu raten, das im Normalfall auch andere Dinge als die Expedition ermöglicht, so z.B. den täglichen Weg zum Arbeitsplatz ...

Bei den Aufsetzkabinen sind wiederum zwei konträre Philosophien zu unterscheiden: Die einen schwören auf Festkabinen (z.B. wegen Isolierung, Wasserdichtigkeit, Winterfestigkeit, Platzangebot, ...), die anderen dagegen auf Hub- oder Klappdächer (niedrigerer Schwerpunkt und bessere Geländefähigkeit, geringere Höhe und damit bessere und billigere Möglichkeiten auf Fähren, geringere Abmessungen und bessere Handlichkeit, ...) - zu den letzteren gehören z.B. wir.

Viele traurige Geschichten ...Bei den Absetzkabinen sehr wesentlich ist allgemein das Verhältnis Trägerfahrzeug - Kabine in Hinblick auf das Gewicht, das die Kabine mit voller Beladung auf das Fahrzeug bringt. Hierzu gibt es viele traurige Geschichten und manchmal grüßt hier täglich das Pickup-Wohnkabinen-Murmeltier ...

Bei Entscheidung für einen Pickup mit Expeditionskabine ist die Normalausstattung (Hardtop, Softtop, offene Ladefläche, Anzahl mitreisender Personen) abzustimmen mit der Kabinenausstattung: Möglichst vieles soll ohne Änderung verwendbar sein (Funkausstattung, GPS, Fahrzeugausrüstung, ...).

In Anbetracht erforderlicher Umrüstungen / Änderungen / Zusatzausstattungen ist weiterhin zu überlegen, ob es sich dabei um ein Leasing- oder vielleicht auch ein Firmenfahrzeug handeln soll oder kann. Ebenso zu überdenken in Hinblick auf Normal- und Sondereinsatz sind insbesondere Zusatzausstattungen.

Bezüglich des Basisfahrzeugs sollte man durchaus auch einmal über einen EU-Reimport nachdenken: Geringere Fahrzeugpreise im EU-Ausland z.B. wegen geringerer Kaufkraft dort oder aber anfallender höherer Steuern lassen sich hierzulande möglicherweise in einen Schnäppchen ummünzen. Evtl. höherer Verwaltungsaufwand lässt sich durch geeignete Händlerwahl vermeiden, ebenso müssen keine Nachteile hinsichtlich Garantie- und Gewährleistungsansprüchen befürchtet werden, da diese im gesamten Bereich der EU gültig sind und bei jedem Vertragshändler der gekauften Automarke in Anspruch genommen werden können.

Auch in Hinblick auf die möglicherweise zu beschaffende Kabine stellen sich die verschiedensten Fragen, wobei hier die Vielfalt und auch die Zahl der Nachbauten erfolgreicher Modelle sehr hoch ist. Auch hier müssen die eigenen Anforderungen und Vorlieben genau analysiert werden, wenn Enttäuschungen vermieden werden sollen. Insofern kann man keine allgemeinen Aussagen machen, welche Hersteller oder welcher Kabinentyp nun der "richtige" ist - dies gilt es individuell herauszufinden.

Wir sprechen deshalb im Folgenden nur eine Auswahl aus der Checkliste an, die jeder für sich ausfüllen möge!


Fahrzeug

Eigene Anforderungen
  • Gummimatte Ladefläche
  • Ladegutsicherung / -bügel
  • Scheuerleisten
  • Frontrammbügel
  • Zusatzscheinwerfer
  • Straßen-Geländereifen
  • Alufelgen
  • Kotflügelverbreiterungen
  • Trittbretter
  • Winde
  • Unterfahrschutz
  • Zusatztank
  • Höherlegung
  • Autoradio / Kabinenradio usw.
 


Größe / Aufbauform

 
  • Schlafrichtung quer/längs zur Fahrtrichtung
  • Gewünschte Stehhöhe
  • Maximale / minimale Maße
  • Höhenbeschränkung durch Stellplatz / Garage
  • Überhänge seitlich / nach hinten
  • Container-Tauglichkeit
  • Alkoven
  • Klappdach / Hubdach
  • Absetzkabine mit Hubstützen
  • Anforderungen Leergewicht
 


Außenlasten

 
  • Dachlast
  • Kanister
  • Fahrräder/Motorräder
  • Ersatzräder
  • Sandblechhalterung
  • Außenkästen/-stauklappen
 


Außenbereich

 
  • Zugang über Heckleiter
  • Einbruchsicherheit / Alarmanlage
  • Treppe / Leiter im Eingangsbereich
  • seitlicher / hinterer Eingangsbereich
  • Vorzelt / Markise / Sonnen- (und Regen)segel/plane
 


Nasszelle

 
  • Toilette / Kassettentoilette
  • Dusche
  • Kaltwasser
  • Einzeltank vs. modulare Tankbehälter (Kapazität >= oder < 40 Liter?)
  • Wasserabfluss für Spüle (zusätzlich) nach außen (mit Außenhaken für Eimer oder Abwassersack außen)
  • Filtersystem
  • Außendusche
  • Hand-/Elektropumpe
 


Energieversorgung

 
  • Gas (Vorrat (1-2) x (3-5 oder mehr kg?)
  • Diesel
  • Heizung
  • Warmwasser
  • Warmluft
  • Klimaanlage
  • Thermoschutz, evtl. einknöpfbar
  • Elektroausstattung
  • Zusatzsteckdosen
  • Zusatzbatterie / Gel
  • Außenstromversorgung
  • Solarzellen
  • Kapazitätsanzeigen
 


Kühlung

 
 


Kochen

 
  • 2-3 (?) Flammkocher
  • Gas / Diesel
  • Dunstabzug / Wärmeableitung Seitenwand/-fenster
 


Innenausstattung

 
  • Beleuchtung
  • Mobiliar
  • Bodenbelag
  • Decke / Wandbelag
 


Kommunikation / Navigation / EDV

 
 

Wie man sieht, sind sehr viele, eigentlich die meisten Einflussfaktoren, ausschließlich abhängig von persönlichen Rahmenbedingungen zu untersuchen. Zu schwierig? Wohl kaum! Wir haben beispielhaft für uns das Problem gelöst und bereits ab unserem Norwegen-Trip ´96 (und vielen Reisen danach!) unser spezifisches Expeditionsfahrzeug gefunden ...


Zum Thema "Auswahl Expeditionsfahrzeug" eine beispielhafte Anfrage von unserem Leser Sven Hüsges:

Sehr geehrte Damen und Herren,

aufgrund Ihrer toll gestalteten Internetseite bin ich zum Nachdenken gekommen, ob es tatsächlich ein neuer VW-Bus sein sollte - oder doch ein Pickup mit Kabine. Sie bieten aufgrund Ihrer Erfahrung an, mit Rat anderen zur Seite zu stehen - das ist toll! Ihr Angebot nehme ich gerne an.

Das Auto muß 4 Sitzplätze haben (Vollsitze), daher kommt nur ein DoKa in Frage, ich habe den L200 in die engere Wahl gezogen (bin allerdings für andere Anregungen oder Bestätigung dankbar).

Ich selbst bin 2m groß und benötige daher auf jeden Fall ein Bett mit mindestens 2,1m (d.h. längs zur Fahrtrichtung). Wenn möglich sollte das Elternbett unten sein (wir gehen idR. später als unser 19 Monate alter Sohn ins Bett). Wir brauchen keine Naßzelle, ein Spülbecken und eine Kochgelegenheit mit 2 Flammen reichen aus.

Die Kabine muß nur für drei Personen (aus Gesundheitsgründen wird's bei einem Einzelkind bleiben) groß genug sein, gerne mit Aufstelldach wegen der Gesamthöhe beim Fahren, den Innenausbau möchte ich gerne selbst erledigen, die Hülle könnte ich auch selber bauen, weiß allerdings nicht, ob hierzu nicht irgendwelche TÜV-Gutachten o.ä. notwendig sind.

Für Ihre Bemühungen bedanke ich mich bereits im voraus, wünsche Ihnen noch ein gutes neues Jahr(-hundert,-tausend) und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Sven Hüsges

Die Anfrage zeigt, wie sehr alles zugeschnitten sein muss auf die persönlichen Verhältnisse und damit keine allgemeinen Lösungen präsentiert werden können. Eine wesentliche Frage wurde in der Anfrage nicht beantwortet: Wohin will man eigentlich fahren, wieviel Gelände ist dabei und wie viele unbefestigte Straßen, wie viele Fähren o.ä? Auch das ist letztlich wichtig für die endgültige Auswahl.

Sollte tatsächlich ein Pickup in Frage kommen, ist der L200 Doka derzeit sicherlich eine gute Entscheidung. Auf jeden Fall sollte das Fahrzeug eine gute Tonne Zuladung erlauben, alles weniger ist Humbug (selbst bei 2 Personen, s.a. oben).

Das Kind allein nach oben zu bringen, widerspricht allerdings jeder Pickup-Aufsetzkabinen-Philosophie - unten ist zumeist immer der wenigste Platz ...


© 1997-2000 Explorer Magazin