Wrackbesuch: Reliquien ...


Erinnerungsstücke von "Fuertewolf" ...

Im ersten Teil unseres Berichts über die American Star hatten wir ihn bereits mehrfach erwähnt: Wolfgang Peter alias "Fuertewolf", der etliche Jahre die "American Star Tour" durchführte und der heute auf Lanzarote lebt.

Wie berichtet, war er selbst ebenfalls als Passagier unterwegs auf "unserem" Schiff, das damals noch SS Australis hieß ("The Australien Lady", wie die Bordzeitung sie nannte). Die Passagen des Schiffes waren seinerzeit durchnummeriert und in solche unterteilt, die Richten Norden ("northbound") verliefen und solche in südlicher Richtung ("southbound").

Nun schon Legende: Die "American Star Tour" mit "Fuertewolf" ... Bordveranstaltungen im Jahr 1970 ...

Wolfgang nahm als Passagier im Februar/März 1970 an der 23. Reise des Schiffes "southbound" teil und so ist es wirklich kein Wunder, dass er heute immer noch viele persönliche Erinnerungen an den Trip mit diesem Schiff verbindet.

So hat er noch eine ganze Reihe von Erinnerungsstücken an die SS Australis und damit auch die American Star, die für viele Fans des Wracks schon "Reliquiencharakter" hätten, wenn sie diese auch nur in ihrem eigenen Wohnzimmer aufbewahren könnten ...

Wir verfügen nun zumindest über die Bilder, die uns Wolfgang freundlicherweise von Lanzarote aus zur Verfügung gestellt hat, nachdem es nun seine eigene Webseite der "American Star Tour" leider nicht mehr gibt, die früher viele dieser Erinnerungsstücke enthielt.

Und so werfen wir einen Blick auf alte Tischkarten, Bordzeitungen und Verkaufsprospekte des Duty Free Shops der SS Australis, die man durch Anklicken so vergrößern kann, dass auch lesbar wird, was damals so aktuell war an Bord ...     

Was hatte der Duty Free Shop zu bieten ..?

Zum Menü und zum Frühstück ...

Wir danken dem "Fuertewolf" für den Einblick in seine Sammlung,
die heute sicher mehr als nur einen Erinnerungswert hat ...

Tischkarten ... ... und ein Ticket ...
Vor 36 Jahren: Die Bordzeitung vom 24.02.1970 ...

Ein Besuch im "El Naufragio" ...

Wenn es um "Reliquien" der American Star geht, darf eine Tour sicherlich nicht fehlen: Die nach Puerto del Rosario in die Cafeteria El Naufragio.

Auch dieses Lokal hat in Verbindung mit dem Wrack bereits eine Berühmtheit erlangt: Ein Großteil der Ausstattung des Lokals El Naufragio, das zu Deutsch "Der Schiffbruch" heißt und an der Avenida 1 de Mayo, Ecke Jesús y Maria liegt (siehe Ausschnitt Stadtplan unten links), stammt aus dem Schiff.

Es gibt viele Geschichten über die Art und Weise, wie diese und andere Gegenstände aus dem Schiff geholt wurden und wer dies genau machte (siehe dazu z.B. auch die Mail von M. Weiers und die Anm. der Red. unten). Wir wissen nicht, ob und wie all diese Dinge z.B. mit der Versicherung des Schiffes abgeklärt wurden, aber wir sind sicher, dass dieses (finstere?) Kapitel rund um das Wrack sicher eine lange, aber interessante Geschichte abgeben würde, wenn wir sie denn nur hätten - aber wer weiß, auf was wir im Laufe der Zeit noch alles stoßen werden ...

(Anm. der Red. vom Mai ´06: Wer mehr zu diesem von Ibrahim Quintana gegründeten Lokal wissen will, möge dazu unseren Bericht über den NDR-Fernsehfilm von 1999 lesen: Das Wrack der AMERICA). 

In Hafennähe von Puerto del Rosario ... ... die Cafeteria "El Naufragio" ...

Wir parken unseren Nissan am Hafen, wo sich selbst heute noch abends ein Plätzchen finden lässt und wir stellen wieder einmal fest, wie sehr sich Puerto del Rosario seit unserem ersten Besuch vor einigen Jahrzehnten verändert hat - aber auch dies sicher eine andere lange Geschichte ...

Der Weg zum El Naufragio ist problemlos zu finden und im halbdunklen Lokal finden sich an diesem frühen Abend noch genügend freie Tische.

Schmackhafte Pizza im "El Naufragio" ...Die einst als Spezialität gepriesenen "calamares a la plancha" gibt es mittlerweile nicht mehr auf der Speisekarte, dafür findet man aber etliche Paellas und auch sehr ansprechende und schmackhafte Mini-Pizzen.

Wir bestellen letztere und dazu einen guten offenen Tempranillo, den der Barkeeper aus der Flasche einschenkt. Interessante Technik: Die Pizza wird serviert auf einem Brett zusammen mit einem hammerähnlichen Schneidewerkzeug, mit dem man sich die Stücke mundgerecht abtrennen kann (siehe Bild rechts) ...

Die Wände des Lokals sind mit einer Vielzahl von Bildern der American Star geschmückt, darunter auch viele von den ersten Monaten des Wracks aus dem Jahr 1994 und danach. Das Interieur stammt in der Tat zu einem großen Teil von Bord - das große Bild vom gerade aufgelaufenen Schiff allerdings wohl kaum, das nun dekorativ eine ganze Wand neben dem Fernseher im Lokal ziert ... (Bild unten rechts)

Bullaugen und Fenster des Schiffes sind ebenfalls zahlreich im Einsatz im Lokal, man hat sogar entsprechende Löcher in der Wand des Gebäudes angebracht, um diese dort zu installieren.

Ebenfalls sehr dekorativ: Die Bar und die Damen- und Herrentoilette, die mit Originalteilen des Schiffes bis hin zur Türklinke ausgestattet ist.

Der Wirt hat nichts dagegen, dass wir Fotos von der Innenausstattung machen, und so erhellen bald darauf viele Blitze unserer Canon das Lokal - die erst später eintreffenden zahlreichen Gäste werden davon nicht mehr behelligt ...    

Fenster von Bord ... Eher kein Bild von Bord ... ;-))
Toiletten vom Schiff ... Bilder und Bullaugen ... Auch die Bar mit Schiffsinterieur ... ... und weitere Bilder und Ausstattung von Bord ...

Als wir an diesem Abend wieder zurück nach El Cotillo fahren, wo wir wie in den Vorjahren auch bei dieser unserer Reise auf der Insel untergebracht sind, wissen wir eines genau: Es gibt offenbar noch viele Geschichten rund um die American Star, die es zu entdecken gilt ...


© 2006 Text/Bilder El Naufragio J. de Haas, übrige Bilder Wolfgang Peter ("Fuertewolf")


1. Nachtrag, April ´06: Noch mehr "Reliquien" ...

Und es gibt weitere Erinnerungsstücke an das Schiff: So hatte uns Thomas Tamme (wie berichtet) bereits über seine Funde direkt an der Playa de Garcey informiert, darunter eine Gebrauchsanweisung für eine Schwimmweste aus der Zeit der AUSTRALIS (auf Bild unten links klicken) sowie eine ebenfalls angespülte Toilettenbrille, auf der das "Made in U.S.A." deutlich erkennbar ist (unten rechts). Über weitere Funde werden wir natürlich berichten, sofern uns solche mitgeteilt werden!

Toller Fund: Anleitung für eine AUSTRALIS-Schwimmweste ... und eine Toilettenbrille "Made in USA" ...

2. und 3. Nachtrag, immer noch April ´06: Die Geschichte einer Postkarte ...

Unser neuer Autor Bill Lee, dem wir bereits etliche Beiträge über "unser" Schiff verdanken, so z.B. die Historie der SS America, hatte uns darauf aufmerksam gemacht: Ein deutscher Bieter hatte bei eBay eine Postkarte angeboten, die angeblich das Schiff Mitte der sechziger Jahre im New Yorker Hafen zeigt neben der gerade auslaufenden FRANCE.

Natürlich ersteigerten wir das Teil - und die Enttäuschung der ersten Minuten war groß, nachdem wir die Karte erhalten hatten: Konnte man doch auf der Rückseite eindeutig lesen, dass das auf der rechten Seite der Karte so gut hinter dem Kai versteckte Schiff nicht die AMERICA war, sondern vielmehr die UNITED STATES. Nachdem wir dies Bill gemailt hatten, klärte der uns umgehend auf: Diese (nun um so interessantere) Karte hat einen eindeutig falschen Text: Wie Kenner des Schiffes anhand der Größe, der Masten, der Anzahl erkennbarer Rettungsboote usw. problemlos erkennen können, handelt es sich doch um die SS AMERICA! Und was weiterhin noch bemerkenswert ist an diesem Bild aus dem Jahr 1964: Es ist, wie unsere obige Historie zeigt, auch noch das letzte Jahr der SS AMERICA, bevor sie dann zur AUSTRALIS wurde - also eine insgesamt sehr ausgefallene Karte, die wir da ergattert haben. Die Postkartenschreiberin Betty wird solche Kleinigkeiten vermutlich kaum bemerkt haben, als sie (laut Poststempel) im darauf folgenden Jahr 1965 diese historische Karte  verschickt hat ...

Die angebliche UNITED STATES: In Wirklichkeit die SS AMERICA ... Im Jahr 1965 wird es vielleicht kaum aufgefallen sein ...

Ein Grund mehr, die obige Karte mit besonderem Sammlerwert an Bill Lee zu übergeben - wir haben sie ihm inzwischen zugeschickt und freuen uns, wenn er demnächst hoffentlich an dieser Stelle mit seinem neuen Stück in seiner Sammlung bei uns zu sehen sein wird!


Und sie ist bereits angekommen, unsere Postkarte! Wir können uns wirklich keinen besseren Ort für sie vorstellen, als die Sammlung von Bill Lee, der wohl über so viele Erinnerungsstücke an das berühmte Schiff verfügt wie kaum ein anderer.

Auf dem Bild unten links ist Bill mit seiner neuen Postkarte zu sehen und natürlich hat er auch zu seinen Fotos einiges zu erzählen. Wir danken ihm auch für diesen Bericht!

Für das Foto habe ich diese Ecke meines kleinen "Museums" ausgesucht, so dass ich hier noch einige andere meiner Schätze zeigen kann.

Die gerahmte Lithografie zu meiner Rechten stammt etwa aus dem Jahr 1940 und zeigt die AMERICA beim Verlassen der Werft ihrer Erbauer auf dem Weg zu den neuen Eignern. Darüber befindet sich die maßstabgetreue Nachbildung eines der Namensschilder der AMERICA - geschnitzt aus Teakholz, das aus dem Wrack geborgen wurde. Die ungefähren Maße habe ich entsprechend dem anderen beigefügten Foto ermittelt (siehe Modell der "America", auf Bild unten rechts klicken).

Bill in seiner "Museumsecke" ... Das Modell der "SS America" ...

Steve Tacey, der mit dem Schiff 1974 nach Australien und wieder zurück fuhr (Anm. der Red.: Siehe hierzu auch "Reisen und Schätze" sowie seine Fotos von 1994 am Beginn unseres Berichts), nutzte einige seiner kostbaren Holzvorräte, um für mich dieses Stück herzustellen. Er ist ein großartiger Holzschnitzer und hat auch noch andere derartige Gegenstände gefertigt.

Direkt neben meinem Kopf auf dem Bild befindet sich der Rufknopf für den Steward bzw. die Stewardess, der vom Schiff bei der Restaurierung im Jahr 1946 entfernt wurde. Einer der Schiffbauer, ein Nachbar, rettete ihn für mich vom Schrotthaufen. Ich habe dafür einen Ständer entworfen, der eine passende Aufstellung ermöglicht und Steve war so nett, mir den aus zwei zusammengeleimten Stücken Teakholz der Reling anzufertigen, die er aus dem Wrack geborgen hatte.

Auf meiner linken Seite an der Wand ist eine Nachbildung in Originalgröße vom Logo der Bibliothek der SS AMERICA. Direkt darunter ein "Mercator"-Modell des Schiffes im kleinen Maßstab, das in angemessener Weise ebenfalls auf einem kleinen Brett aus Teakholz steht, das mir auch von (wem sonst?) Steve zur Verfügung gestellt wurde.

Unterhalb des Modells am rechten Bildrand ist der Monitor meines PCs zu sehen - so aufgestellt, dass ich beim Schreiben immer von den vielen Andenken an die AMERICA inspiriert werde - an der Wand neben mir sind nämlich noch jede Menge anderer Artefakte der AMERICA zu finden ...

Zu guter Letzt trage ich auch noch ein T-Shirt mit einer Reproduktion des Gemäldes der AMERICA, das ich am meisten mag: Es ist das gleiche Bild wie das oben am Beginn unserer "Historie".

Nochmals Danke für die Erweiterung meiner Sammlung und auch die Gelegenheit, die Geschichte des Schiffes für die Leser des Explorer Magazins aufzubereiten.

Grüße, Bill


Gerümpel oder Wertgegenstand? ´Relikte´ bei eBay ... 4. Nachtrag, Mai ´06: Wertgegenstände oder Gerümpel bei eBay ..?

Wie schon so oft findet man auch in diesen Tagen viele Gegenstände, die einst aus der soeben aufgelaufenen American Star entfernt wurden, bei eBay wieder - was ist davon zu halten?

Wir teilen in diesem Fall genau die Meinung, die auch Bill Lee zu derartigen Angeboten hat:

... Ich habe mir diese Webseiten mit einem gewissen Widerwillen angeschaut. Der Anbieter hat weitere ähnliche Dinge ebenfalls bei eBay im Angebot - unverschämt überteuert nach meiner Meinung.

Die meisten dieser "unbeachtet seit Jahren ..." Dinge, die vom Schiff heruntergeholt wurden, haben in Wirklichkeit nur einen Wert wie entsprechender Metallschrott, es sei denn, sie haben unwiderlegbare Merkmale oder können anderweitig als "echt" nachgewiesen werden.

Die wahren Schätze - die unersetzlichen Kunstwerke - wären sicher sehr willkommen, aber ich fürchte, dass sie alle versteckt sind oder aber ruiniert wurden bei der Entfernung - oder durch anschließende Verwahrlosung ...


5. Nachtrag, Februar ´12: Noch einmal ein Besuch im Naufragio ...

Wenn man heutzutage noch einmal ins "El Naufragio" kommt, erscheint es nach all den Jahren irgendwie ärmlicher als seinerzeit: Die paar Utensilien des Schiffes an der Wand der Bar wirken verloren (siehe Bild unten links). Das Bild des Schiffes an der rechten Wand des Cafés gleich neben dem Fernseher wurde mittlerweile ausgetauscht im Vergleich zu damals: Es zeigt nun das Wrack kurz nach dem Auseinanderbrechen in zwei Teile (Bild unten rechts).

Einen Ibrahim Quintana wird man hier heutzutage nicht mehr finden, aber auch der Mann, der heute schon am Mittag seine Zeit ununterbrochen am Spielautomat bei dem ein oder anderen Bier zubringt, kann Auskunft geben zu noch käuflichen "Andenken" an das Wrack: Im Angebot seien derzeit nur noch Bullaugen und Fenster des Schiffes, lässt er uns wissen.

Nun, darauf verzichten wir auch diesmal, abgesehen vom Platz im Flieger wollen wir gar nicht erst wissen, was man so für ein Bullauge an Euros haben will - ist vermutlich auch besser so ...

Ein paar Teile noch an der Barwand ... ... und ein mittlerweile ausgetauschtes Gemälde des Wracks ...