Portugal 2012
Wasser und Wein am Douro ...
Auftakt in Porto ...
Portugal und Wein - was fällt uns dazu ein? Zunächst natürlich der Portwein: Rot, süßlich, manchmal dürfen Birnen oder Feigen darin baden. Dann der frische Weißwein Vinho Verde und die eine oder andere einsame Flasche Rotwein. Portugiesischer Rotwein steht bei uns halt noch nicht in jedem Regal ...
Da ist also wieder einmal Weiterbildung angesagt, und nach den tollen Erfahrungen im Burgund und Bordeaux mit Weinreisen Rettich zögern wir keinen Moment, als die Portugal Weinreise für den März 2012 angeboten wird.
April in Portugal! Wir verbinden damit warme Tage, sonnenbeschienene Landschaften, gemütliches Weintrinken bei den Winzern, einen Espresso auf der Placa, Fisch vom Grill am Strand usw. usw. Die Fantasie zaubert für uns glücklich machende Bilder ...
Dann aber die Realität: Die Wettervorhersage verheißt nichts glücklich machendes. Schwimmflossen, Taucherbrillen und Neoprenanzüge sollten im Gepäck nicht fehlen, denn tagelanger Dauerregen scheinen uns in Porto und im Douro-Tal zu erwarten. Also stellen wir uns auf längere Aufenthalte in den Weinkellern ein ...
Willst du aus Bayern in den Süden nach Porto fliegen, geht es erst einmal in Richtung Norden - nach Frankfurt. Die Umsteigezeit ist knapp bemessen und Joggen durch das Terminal ist angesagt. Die Flugzeit mit 1,75 Stunden erscheint gering - aber stopp - Portugal hat eine andere Zeitzone und schon werden aus der kurzen Flugzeit dann doch 2,75 Stunden, es ist eng, denn der Flieger ist komplett ausgebucht.
Wir haben uns gut vorbereitet auf die Weintour: Am Vorabend hatten wir in unserem (Rot-)Weinkeller schon einen Fabelhaft der Quinta Niepoort aus dem Douro-Tal verkostet.
Im Anflug studieren wir noch einmal die zum Teil autochtonen Rebsorten (nur in dieser Region wachsend) und achten vor allem darauf, dass Pedro nicht verloren geht (unsere Geheimwaffe, ein langjähriger bolivianisch-bayrischer Freund), der auch fließend Portugiesisch spricht und den wir für diese Weinreise sofort begeistern konnten.
Als dann auch das Gepäck unversehrt ankommt, fahren wir mit dem Taxi zum Treffpunkt, dem Hotel Eurostar Das Artes, das zentral in Porto gelegen ist. Das Hotel ist modern und getreu dem Namen "Das Artes" mit vielen Kunstobjekten, Bildern und Fotografien ausgestattet. Und zu unserer Überraschung: Es regnet nicht!
Da es noch früh ist, nutzen wir die trockenen Momente und streifen durch die Altstadt von Porto: Fasziniert bestaunen wir die Häuser, die verziert sind mit den traditionellen Fliesen, wobei aufwändig restaurierte luxussanierte Stadthäuser Mauer an Mauer mit unbewohnbaren Ruinen stehen.
Es ist Mittag, Hunger und Durst sind mittlerweile zu spüren. Auf der Placa da Leberdade bestaunt Pedro das Reiterdenkmal seines Namensvetters Pedro IV und direkt im Anblick des stolzen Reiters zieht uns dann das kleine Restaurant Avenida magisch an - und Überraschung - die Kellnerin spricht fließend Deutsch mit einem netten schweizerischen Akzent!
Warum sind wir hier? Natürlich um Wein zu trinken, also fragen wir die Kellnerin nach einer Rotweinempfehlung, die dann wiederum ihren Chef fragt, der sie schließlich mit einer Flasche Cabernet Sauvignon zu uns schickt. Nein, so haben wir uns das wirklich nicht vorgestellt und ordern deshalb einen Rotwein aus regional typischen Rebsorten, der dann sogleich serviert wird: Ein "Terra a Terra" 2008, gekeltert aus den Rebsorten Touriga Nacional, Touriga Franca und Tinta Roriz, in französischem Eichenfass gereift, stellt uns zufrieden. Dazu einige Spezialitäten wie Gambasspieß und Francesinha, dem typischen portugiesischen Sandwich, das in Porto erfunden wurde. So stimmen wir uns langsam ein auf die Weinreise. Da stört es uns kaum noch, dass schließlich doch Regenwolken aufziehen und der versprochene Regen vom Himmel fällt.
Aber kaum ist der Wein getrunken und sind die Teller leer gegessen, lässt der Regen nach und wir kommen trockenen Fußes wieder zurück zum Hotel, um uns am Abend mit den anderen Teilnehmern der Weinreise zu treffen.
Es gehört zu den Wundern bei Weinreisen Rettich wie auch bei Explorer Touren, dass Wetterbericht und Wetter nicht übereinstimmen: Wir spazieren in der Abendsonne zum Restaurant Adega S. Nicolau. Dort holt Gerhild Burkard, unsere bewährte Reiseleiterin und ihres Zeichens auch Sommelière, einen weißen trockenen Portwein Royal Oporto, den wir im nahen Hafen bei Sonnenuntergang als Aperitif genießen. Mit Blick auf die Portweinlager der Vila Nova de Gaia und auf die von Gustave Eiffel erbaute Eisenbahnbrücke Ponte Maria Pia - was für ein grandioser Auftakt!
Zurück im Adega S. Nicolau werden uns schließlich immer wieder regionale Spezialitäten serviert, wie die kleinen Klößchen aus Stockfisch (Bolinhos de bacalhau), Krake (Polvo), Fisch und Fleisch gegrillt, Salate, Brot mit Wurst gebacken (Pao com Chourico) usw. usw.
Dazu lässt Gerhild Weine aus dem Douro-Tal auftischen - Weißwein Parceria 2010, Rotwein Parceria 2009, Rotwein Sagrado 2008 und zum Abschluss noch einen roten LBV Port. Dabei erfahren wir, dass die Kellner im Lokal so gut wie keine Kenntnis ihrer Weine haben - da wurden sogar Rot- und Weißweine verwechselt. Gerhild hat dann im Rahmen der Vorbereitungen unseres Besuchs das Personal kurz geschult ...
Wir konzentrieren uns heute Abend auf das Genießen, die "harten" Lernstunden beginnen erst morgen früh.
Am Morgen erwartet uns Maria Cabral im Instituto dos Vinhos do Douro e Porto IVDP. Die Ursprünge des Instituts reichen bis ins Jahr 1756 zurück: Das Institut entwickelt und überwacht die Regularien, die der echte Portweinproduzent beachten muss.
Portwein, der bereits 1678 zum ersten Mal in Dokumenten genannt wird, darf nur in abgegrenzten Regionen des Douro-Tals angebaut werden. Künstliche Bewässerung der Weinberge ist verboten. Rund 40 von insgesamt ca. 80 angebauten Rebsorten können für die Portwein-Herstellung verwendet werden. Abhängig von Bodenbeschaffenheit, Höhenlage, Neigung, Mikroklima, Alter der Rebstöcke, Dichte der Bepflanzung und weiteren Faktoren ermittelt das IVDP eine Kennzahl, gemäß der die Weinberge in die Stufen A (exzellent) - F (geht so) eingeordnet werden.
Ein Film zeigt uns, wie der Wein hergestellt wird: Die Ernte der Trauben erfolgt von Hand, die dann in großen Steinbecken (Lagares) von Erntehelfern gestampft werden, wobei das Problem besteht, dass die Maische nicht zu warm werden darf, damit die Gärung nicht zu früh in Gang kommt. Anschließend wird der Most in Tanks zur Gärung geleitet. Die Gärung des Weins wird dann durch Zusetzen von Branntwein (80 %) unterbrochen, wodurch ein Teil der Süße erhalten bleibt und der Alkoholgehalt steigt. Je nachdem, wie weit der Most vergoren ist, wird die Menge des Branntweins zugegeben, so dass der fertige Portwein ca. 20 % Alkoholgehalt aufweist.
Sogar der Branntwein, der früher in der Region hergestellt wurde, nun aber u.a. aus Frankreich importiert wird, unterliegt der Prüfung durch das IVDP.
Die Lagerung der Portweine darf ebenfalls nur im Douro-Tal bzw. in Porto selbst erfolgen. Zur Lagerung wurde der Wein in Fässern auf traditionellen Schiffen, den Rabelos, von der heißen, trockenen Douro-Region nach Porto verschifft, dessen Seeklima die Reifung positiv beeinflusst. Auch heute noch werden in den riesigen Lagerhäusern im Stadtteil Vila Nova de Gaia, die das Stadtbild beherrschen, Fässer mit Port gelagert.
Folgende Portweinqualitäten werden unterschieden:
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Weißer Port
Dieser Portwein wird im Gegensatz zu den nachfolgenden Qualitäten aus weißen Trauben gewonnen. Es lagert in der Regel ca. 2 Jahre im großen Fass und wird dann auf Flaschen gezogen. - Ruby Port
Ein junger Portwein (2-3 Jahre Lagerung), der bei durchschnittlichen Jahrgängen produziert wird. Er bleibt nur kurz im großen Fass (Holz oder Edelstahl) und wird dann in Flaschen abgefüllt. Er hat eine dunkle rote, satte Farbe und wird gern zu Desserts oder Käse gereicht. Durch lange Lagerung wird er nicht besser, er sollte bald getrunken werden. - Tawny Port
Bei überdurchschnittlichen Jahrgängen wird Tawny Port produziert, der nach der Gärung im großen Fass im kleinen Fass Pipe (Holz) nachreift. Seine Farbe ist oft heller als bei Ruby Port. Tawny Port kann aus verschiedenen Jahrgängen verschnitten werden. Wird auf der Flasche 30 Jahre alter Tawny angegeben, so bedeutet dies lediglich, dass 30 Jahre alter Wein mit verschnitten wurde, aber in der Regel auch jüngerer Wein enthalten ist. - Vintage Port
Bei überdurchschnittlichen Jahrgängen wird Vintage Port produziert, der nur aus Wein eines Jahrgangs besteht. Nach der Gärung im großen Fass (2 - 3 Jahre) wird er in Flaschen abgefüllt, wo er dann weiter reift. Ob ein Portwein den Anforderungen an die Qualitätsstufe Vintage Port genügt, überwacht das IVDP. Die Farbe ist tiefdunkelrot, es empfiehlt sich, den Wein zu dekantieren. Beim IVDP gibt man uns noch den Tipp, das Depot nicht wegzuwerfen, sondern damit die Bratensauce zu verfeinern ... - LBV Late Bottled Vintage
Dieser Port wird wie Vintage Port produziert, jedoch bleibt er vor der Flaschenabfüllung länger (4 - 6 Jahre) im großen Fass, bevor er auf Flaschen gezogen wird. Aufgrund der längeren Reifung bildet sich in der Flasche kein Depot. - Colheita
Dieser Port wird wie LBV produziert, jedoch bleibt er vor der Flaschenabfüllung länger (mindestens 7 Jahre) im großen Fass, bevor er auf Flaschen gezogen wird. Aufgrund der längeren Reifung bildet sich in der Flasche ebenfalls kein Depot.
Mit diesem Crashkurs werden wir nun durch die Räume des IVDP geführt, dürfen in die Labors schauen und Verkostern über die Schulter blicken.
Nach all dem trockenen Stoff endet die Führung im Degustationsraum: Nun können wir das Erlernte systematisch probieren, die Unterschiede sehen und schmecken. Damit wir das stilgerecht tun, wird der Portwein in speziellen Portweingläsern ausgeschenkt, die der Architekt Álvaro Siza Vieira 2001 im Auftrag des IVDP und führender Portweinproduzenten entwickelt hat. Neben der großen Standfläche weist das Glas eine Kerbe im eckigen Fuß auf, wodurch man es gut halten kann. Im Kelch lässt sich der Wein gut schwenken und das Bouquet kann sich entfalten.
Doch nicht nur beim Glas wird auf Details geachtet: Weil man nicht jeden den Port sofort auftrinken muss, da er recht haltbar ist, füllen manche Hersteller ihre Weine in spezielle wiederverschließbare Flaschen ab.
Nun sind wir "angefüttert" und werden zum Shop des IVDP geleitet: Welch eine Auswahl! Da kann doch keiner widerstehen ...
Doch da entdecken wir im Shop etwas, was uns irritiert: Auf einem Heizkörper, der in Betrieb ist, liegt eine Flasche Port. Ein dummer Scherz eines Kunden? Ein Reifungstest? Wir fragen nach. Das IVDP gibt Kurse für die Gastronomen in Porto und es wird eingestanden, dass Portwein in der ortsansässigen Gastronomie häufig schlecht behandelt wird. Er fristet sein Leben auf Regalen, meist über den Kaffeemaschinen oder von der Sonne angestrahlt, bis er beim Gast im Glas landet. Mit Portweingenuss hat dies nichts zu tun, denn Portwein wird generell bei ca. 16°C serviert (weißer Port bei ca. 7°C). Der Grund liegt u.a. im hohen Alkoholgehalt: Ist der Portwein zu warm, steigt zu viel Alkohol in die Nase und die schönen Aromen werden beeinträchtigt.
Damit nun die Kursteilnehmer (und die in der Gastronomie tätigen!) den Unterschied zwischen korrekt temperiertem Port und warmem Port kosten können, muss immer eine Flasche auf der Heizung dran glauben ...
Ein wenig beseelt vom guten Port machen wir uns auf zur Stadtbesichtigung: Durch die engen Gassen geht es bergauf, bergab, treppauf, treppab. Wer hier die Orientierung verliert, kann sich an speziell ausgebildete Polizisten wenden, die den Touristen gerne weiter helfen. Ein Service, den wir noch nie zuvor gesehen haben.
Vorbei geht es an der riesigen Se Catedral, der mit Fliesen geschmückten Igreja de Santo Ildefonso. Im Bahnhof bestaunen wir die ebenfalls mit Fliesen geschmückte Eingangshalle. In den Lebensmittelgeschäften werden verlockende Wurstwaren, Käse und Gebäck angeboten. Beim Flanieren über die Einkaufsstraße Rua Santa Catarina kommen wir am berühmten Café Majestic vorbei, das, noch ganz im Jugendstil gestaltet, seit 1921 Treffpunkt vieler Künstler, Politiker und auch der reichen Oberschicht ist.
Ein weiteres Ziel ist der Markt Mercado do Bolhão: Der einst wunderschöne Markt, dessen Bau im Jahr 1914 begann, ist dem Verfall preisgegeben, zum Teil ist sogar Einsturzgefahr gegeben. Obwohl der Markt unter Denkmalschutz steht, plante die Stadt eine Umwandlung in ein Shoppingcenter. Eine Bürgerinitiative konnte dies stoppen. Wie die Geschichte weiter geht, ist jedoch noch offen ...
Hungrig landen wir in dem kleinen Bio Imbiss Mercearia das Flores, wo uns die Inhaberin mit allerlei Köstlichkeiten aus der Region verwöhnt. Fast hätten wir hungrig wieder weiter gehen müssen, denn der Laden ist winzig und trotz Vorbestellung kann es passieren, dass man wegen Überfüllung den Laden wieder verlassen muss.
Im Anschluss reisen wir aus Porto ab und fahren in das Douro-Tal, um erst am Ende unserer Weinreise hierher wieder zurück zu kommen. Nun beginnt es auch - wie vorhergesagt - zu regnen, aber gemütlich im Bus sitzend, macht uns das jetzt nichts aus - wir sind gespannt auf das, was uns nun erwartet!
Der weitere Tourverlauf |
Hinweis: In diesem Bericht sind hinter den umrahmten anklickbaren Bildern abweichende Großbilder hinterlegt!
© 2012 Sixta Zerlauth