AIDA-Kellertour ...
oder: Eine Kreuzfahrt im Modellkeller
Kreuzfahrt im Modellkeller?
Kann man eine Kreuzfahrt im Modellkeller machen? Wohl kaum, aber man könnte vielleicht versuchen, wichtige Stationen davon nachzuvollziehen, auch wenn man dabei möglicherweise einen ganzen Haufen Tinnef einsammeln muss. Aber das ist der Versuch doch wert, oder?
Wir haben es versucht mit der Modellkeller-Tour, und zum Glück dauerte die Kreuzfahrt für dieses Ansinnen nur eine Woche. Dafür wurden aber etliche Stationen (=Häfen) angelaufen, die es lohnten, die etwas verrückte Idee umzusetzen. Unsere Mittelmeer-Kreuzfahrt vom November 2013 mit der AIDAmar brachte uns nach Palma de Mallorca, Rom, Livorno und Pisa, nach Marseille und Barcelona (siehe Karte unten rechts) - genug Orte also für eine kleine Tinnef-Sammlung, die von nun an ungestört irgendwo verstauben kann!
Das Schiff
Selbstverständlich musste an Bord der AIDAmar auch ein Modell gekauft werden - da Plastikmodelle aufwändig anzustreichen und große Plastikmodelle dazu auch noch schlecht im Flieger zu transportieren sind, sollte ein großes Revell-Modell leider im Bordshop des Schiffes zurückbleiben.
Im Jahr 2011 erschien das Modell für die Schiffe AIDAdiva, AIDAbella und AIDAluna im Maßstab 1:400 mit einer Länge von ca. 63 cm - ein Modell, das zwar unserem Schiff aufs Haar gleicht, aber im Gegensatz zur AIDAmar nicht zur "modifizierten" Sphinx-Klasse gehört, wie unsere Aufstellung der Flotte zeigt.
Die "Schwesterschiffe" sind mit einer Länge von knapp 252 m zwar nur rund 1,50 m kürzer, aber im Modellkeller geht so etwas natürlich gar nicht!
Also kauften wir im Shop ein schweineteures Fertigmodell im Maßstab 1:1.000 für fast 70,- EUR, auf dem natürlich unübersehbar auch AIDAmar steht. Das kleine, fliegertaugliche Modell ist sehr naturgetreu und detailliert gestaltet, lediglich unseren Kabinenbalkon konnten wir überhaupt nicht finden ...
Andere Details, wie z.B. die Bugstrahlruder oder die Schlauchboote, die sich besonders gut für Notfallübungen und Seebestattungen eignen, sind im Modell gut zu erkennen. Insgesamt ein zwar teures, aber schönes Teil für den Keller und geeignet, mit ihm nun unsere Modell-Mittelmeertour zu starten!
Rom
Die erste Station unserer Kreuzfahrt ist Rom - selbstverständlich "die" Station für Tinnef aller Art, wenn man sich erst einmal entschlossen hat, die nicht für jeden angenehme Stadt zu durchstreifen. "Selbst wer sich nur einen Tinnitus holen will, kommt um das Abschreiten von Gesteinsbrocken und Mauerresten nicht herum" hatten wir zitiert und in der Tat gibt es in Rom ja jede Menge Bauwerke, die als Ruinen ohne Zahl zu besichtigen sind, wenn man denn auf einer Kreuzfahrt dazu Zeit und Muße hat.
Das wichtigste Bauwerk dieser Art ist sicherlich das Kolosseum, das als größtes der im antiken Rom erbauten Amphitheater gilt und als der größte geschlossene Bau der römischen Antike. Mehr Infos zum Bauwerk findet man bei Wikipedia, insbesondere dann, wenn man bei einer Keller-Blitzkreuzfahrt sich nicht mit allen Einzelheiten genauer beschäftigen kann ...
Sofern man zur touristischen Unzeit in der Nähe des Kolosseums erscheint, hat man möglicherweise dann das Problem, vor lauter Menschenmassen keinen Fuß hineinsetzen zu können. Da es uns genau so erging, blieb nichts anderes üblich, als für ein paar Euro ein kleines "Modell" dieses Bauwerks an irgend einem Kiosk auf dem Weg mitzunehmen - Ansprüche an Modellgenauigkeit oder gar "Museumsqualität" darf man bei derartigen Käufen natürlich nicht stellen. Aber immerhin: Auf unserem "Modell" findet sich die Aufschrift "Roma" und "Made in Italy (!)" - was will man mehr als verstaubtes Erinnerungsstück in seinem Setzkasten oder gar Modellkeller ...
Nicht zum ersten Mal finden auch Bücher ihren Weg in unseren Modellkeller: Bereits vor 10 Jahren hatte ein Pop-Up Buch zur Weltraumfahrt dort hineingefunden, nun ist es ein Buch über Rom. "Rom in Rekonstruktionen" heißt das Werk, das in Ausgabe 2013 bei ARCHEOLIBRI S.R.L. Rom, ISBN 978-88-95512-02-0, mit DVD für 12,- EUR zu haben ist. Wichtige und berühmte Ruinen sind dort enthalten, die der Leser durch einfaches Umklappen zugehöriger Seiten wieder instand setzen und so anschauen kann, wie sie wohl einmal gewesen sind. Selbstverständlich nehmen wir dieses Buch auch noch mit, vielleicht können wir ja dann irgend wann später einmal bei der Beschäftigung mit der Rekonstruktion auch unsere Zuneigung zu dieser "ewigen Stadt" ausbauen.
Ach ja: Die DVD zum Buch enthält weitere Bilder und Infos zu den Bauwerken, so dass sich der Rom-Interessierte damit durchaus sinnvoll ausstatten kann ...
Pisa
Weiter geht´s, von Livorno aus ist der Besuch in Pisa unsere nächste Station.
Das miese Wetter vor Ort soll uns nicht stören, denn auf dem berühmten "Platz der Wunder", der "Piazza dei Miracoli", findet sich natürlich auch ein Touristenshop, in dem man problemlos die schwersten Regengüsse überstehen kann, während man nach Modellkeller-geeigneten Exponaten sucht. Bereits bei einem früheren Besuch vor Jahrzehnten hatten wir einen kleinen "Schiefen Turm von Pisa" mitgenommen, der nun unsere Kreuzfahrt im Modellkeller bereichern und uns einen diesbezüglichen Neuerwerb ersparen kann. Außerdem haben wir den Eindruck, dass die aktuellen schiefen Türmchen bei weitem nicht so gelungen scheinen, wie unser damals gekaufter - hat der doch ein oberstes Stockwerk, das - wie das Original - zum Ausgleich des Schwerpunktes schräg gegen den zur Bauzeit bereits schiefen Turm gebaut wurde.
Aber plötzlich fällt unser Blick im Shop auf ein paar einfache Ansichtskarten, die sich aber als Bestandteile einer Baustelle des Wunderplatzes entpuppen. Als mittlerweile begeisterter Kartonmodellbauer muss man sich die vier Postkarten für ein paar Euro natürlich unbedingt kaufen, die alle vier wichtigen Gebäude der Piazza enthalten - winzige Modelle, die nach einem Diorama verlangen.
Später werden wir feststellen, dass diese Gebäude tatsächlich maßstabgerecht sind und somit tatsächlich zusammenpassen, aber wie soll man sie präsentieren? Irgendwann folgt dann die geniale Idee. Ein Blick mit Google Earth senkrecht von oben auf die Piazza dei Miracoli bringt die Lösung: Warum nicht einfach einen maßstabgerechten Ausdruck davon auf Qualitätspapier machen, diesen Ausdruck auf Pappe ziehen und darauf die passenden winzigen Gebäude kleben - fertig ist das perfekte Diorama!
Gesagt, getan! Man kann es kaum glauben, als unsere kleinen fertigen Kartonmodelle der Meisterwerke mittelalterlicher Architektur - der Campanile (schiefe Turm), der kreuzförmige Dom Santa Maria Assunta, das Baptisterium (die runde Taufkirche) und auch der Friedhof Camposanto Monumentale - schließlich passgenau auf unserem Ausdruck sitzen und selbst die Schatten stimmen - eine wirklich großartige Idee.
Wir sind ganz sicher, dass dieses individuelle Miniatur-Diorama künftig einen ganz besonderen Platz in unserem Modellkeller erhalten wird!
Marseille
Weiter geht die Kreuzfahrt, nach einem Seetag ist man schließlich am Ziel angekommen: In Marseille.
Unsere Rundfahrt führt selbstverständlich zum Wahrzeichen der Stadt, die Basilika Notre-Dame de la Garde. Diese Wallfahrtskirche, die jährlich von Millionen Besuchern überschwemmt wird, thront als "Beobachtungsposten" in rund 160 m Höhe über der Stadt und von dort aus hat man eine grandiose Aussicht auf Marseille und seinen Hafen.
Seit Jahrhunderten genutzt als Wachposten und militärischer Standort ist sie natürlich auch als Kirche und als Wallfahrtsort bekannt: Die in der Basilika hängenden Votivgaben, zumeist Schiffsmodelle, zeugen von ihrer langen Geschichte als Wallfahrtsort der Seeleute.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekam die einstige kleine Bergkapelle eine über 8 Tonnen schwere Glocke und eine über 11 Meter hohe Marienstatue auf der Turmspitze. Bereits seit dem Ersten Weltkrieg hat die Anlage ihre militärische Bedeutung verloren und ging in den vollständigen Besitz der Erzdiözese Marseille über. Bei Scharmützeln mit deutschen Soldaten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Basilika von Granaten getroffen, deren Spuren z.T. heute noch erkennbar sind.
Im Shop der Basilika wird diverser Tinnef angeboten, den der Tourist als Souvenir mitnehmen kann: Wir greifen zu einem recht gelungenen "Fertigmodell" der Kirche, das fortan unsere ganz spezielle Souvenirecke im Modellkeller bereichert ...
Barcelona
Wir erreichen die vorletzte Station unserer Kreuzfahrt, die katalanische Hauptstadt Barcelona.
Einer der bedeutendsten Söhne der Region, der im Jahr 1852 südlich von Barcelona geborene Antoni Gaudi, ist mit der katalonischen Hauptstadt untrennbar verbunden: Zu sehr ist die Stadt geprägt von den kühnen architektonischen Entwürfen dieses Mannes, der selbstverständlich auch Eingang in unseren Modell- und Souvenirkeller finden muss bei dieser Keller-Kreuzfahrt.
Als erstes brauchen wir natürlich ein Abbild der berühmten Basilika "Sagrada Familia", die in unzähligen Varianten an unzähligen Kiosks auf unserem Weg vom und zum Schiff erhältlich ist. An dem unvollendeten Bauwerk, das die dritte Kathedrale Barcelonas werden sollte, wird seit 1882 gearbeitet und das wahrscheinlich auch noch im nächsten Jahrzehnt. Ob es jemals "richtig" fertiggestellt wird, darf angezweifelt wird, da die ursprünglichen Baupläne im spanischen Bürgerkrieg verloren gingen und nur mit Hilfe rekonstruierter Modelle weiter gearbeitet werden konnte.
Wir entscheiden uns für ein "Modell", das zwar etwas krumm geraten ist, jedoch einen künftigen Bauzustand zeigt, der wohl mit der Fertigstellung im nächsten Jahrzehnt erreicht werden soll. Ist uns aber egal: Das Teil muss trotzdem mit!
Irgend etwas müssen wir wohl bei den zögernden Verhandlungen mit dem Verkäufer richtig gemacht haben (oder vielleicht auch nicht? ), denn er gibt uns kostenlos das Minimodell eines Hauses dazu: Nun besitzen wir also auch "La Pedrera", die einst mit dem Spottnamen "Steinbruch" bedachte "Casa Milà" von Antoni Gaudi - noch ein Staubfänger für unsere Sammlung ..!
Und weil alles rund um Gaudi so schön ist, findet sich für Barcelona schließlich ebenfalls ein Buch für unseren Modellkeller: "GAUDI POP-UPS" nennt sich das Werk von Courtney Watson McCarthy, Thames& Hudson Ltd, High Holborn 2012, ISBN: 978-0-500-51650-8. Es enthält auf 16 Seiten zum Teil ausklappbare Fassaden und ähnliches von Gaudi-Kunstwerken samt Erläuterungen dazu in englischer Sprache. Folgende Bauwerke sind enthalten:
- Park Güell: Verzierungen von eisernen Eingangstoren, außerdem Viadukte und Gehwege, Salamander-Fontäne u.a.
- Casa Batlló, das berühmte "Haus der Knochen"
- Casa Milà und natürlich die
- Basilika Sagrada Familia sowie Innenausstattung.
Klar, dass wir auch dieses Buch für unsere "Modell"-Sammlung brauchen!
Palma de Mallorca
Wir beenden unsere Keller-Kreuzfahrt dort, wo wir sie begonnen haben: In Palma de Mallorca. Es bleibt nur wenig Zeit für einen Rundgang durch die Altstadt und deshalb beschränken für uns hier auch auf ein einziges Mitbringsel: Ein Modell der Kathedrale von Palma, die in vielen Läden auch wieder in unzähligen Versionen zu haben ist.
Mitgenommen werden soll auch hier ein Souvenir, das nicht zu groß, aber auch nicht zu klein ist, denn Flieger hin oder her, es soll zu Hause im Modellkeller schließlich auch etwas hermachen. Und so erwerben wir eine recht ansehnliche Kathedrale als Erinnerungsstück an die Bischofskirche des Bistums Mallorca.
Diese Kirche ist im Original auch für den Fußgänger recht beeindruckend: Das Bauwerk, an dem etliche Jahrhunderte gewerkelt wurde und fast 110 Meter lang ist sowie mit seinem Hauptschiff 44 Meter Höhe erreicht, ist von verschiedenen Baustilen gekennzeichnet. Selbst der uns schon bekannte Antoni Gaudi hat hier Anfang des 20. Jahrhunderts Hand angelegt: Auch hier entstand katalanischer Jugendstil, so z.B. bei der Verlegung des Chorraums der Basilika.
Wir werden uns in Zukunft beim Anblick unseres Souvenirs fragen können, wo den nun der gotische Baustil dominiert, wo wir etwas spätgotisches erkennen können oder gar Barockelemente. Auch Klassizismus gilt es zu finden, nur mit dem katalanischen Jugendstil wird es wohl schwierig: Der findet sich wohl eher im Innern und dürfte auch bei noch so intensiver Suche an unserem Modell nur schwer erkennbar sein. Dennoch: Von nun an wird die Arbeit in unserem Modellkeller noch anspruchsvoller als schon bisher ...
© 2014 Jürgen de Haas
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