Dänemark, 21.08.03: Auf nach Rømø ...
Wir atmen auf, als wir endlich Hamburg erreichen und das gefürchtete Nadelöhr "Elbtunnel" ohne Probleme hinter uns gebracht haben - Dänemark ist nun in greifbare Nähe gerückt und wir diskutieren das nächste Ziel. Da das Wetter unverändert freundlich zu bleiben scheint, kommen wir auf die Idee, die dänische Insel Rømø aufzusuchen, die nördliche Nachbarin von Sylt. Unwillkürlich erinnern wir uns dabei an andere Reiseberichte im Explorer Magazin: Auch unser Autor Hans-Jörg Wiebe hatte mitsamt seiner Familie bei seiner langen Anreise nach Island 2000 (2) hier Halt gemacht - warum nicht auch wir?
Sollte es auf Rømø sehr angenehm werden, könnte man auch gleich zwei Tage dort bleiben und von da aus nach Hanstholm durchfahren. Immerhin ist die Insel das Paradies für Drachenfreunde und natürlich haben wir auf unserer Fahrt auch wieder zwei dabei: Neben dem Flautenliebhaber, unserem Open Keel Delta (OKD) mit drei Metern Spannweite, ist auch wieder die 30m-Schlange an Bord - und die eignet sich als Wahrzeichen des Explorer Teams ganz hervorragend auch für stürmischen isländischen Himmel ...
Die Enttäuschung ist groß, als wir auf dem Lakolk Camping ankommen - nicht nur das Wetter hat sich inzwischen regnerisch-stürmisch verändert, sondern der Platz als solcher erscheint uns ebenfalls scheußlich: Wir sind uns bereits vor der ersten Übernachtung sicher, dass wir hier morgen wieder abfahren werden - dieser Platz entspricht trotz des berühmten Strandes in der Nähe nicht unseren Vorstellungen ...
Immerhin kann man vor dem Campingplatz recht gut essen, wovon wir an diesem stürmischen Abend noch einmal Gebrauch machen: Schon bald würde auf den Faröern und in Island nur noch die bewährte Outdoor-Küche in Betrieb sein.
In der Nacht verlässt uns nun scheinbar das fast schon zur Gewohnheit gewordene "40°C (Alb)Traumwetter": Es gibt heftigen Regen und Sturm, der Wind dreht und auch das Redaktionsfahrzeug wird mit der Nase wieder in den Wind gedreht - sicherlich etwas, was nicht unbedingt erforderlich wäre, aber die "Seitenwindkomponente" auf dem Balg und auch die Geräuschkulisse danken es einem ...
Fr 22.08.03: Euro-"Extratour" gefällig?
Am Morgen ist zum ersten Mal auf der Tour Mobile-Computing und Kommunikation per GPRS angesagt, wozu Vodafone allerdings einen bestimmten dänischen Roaming-Partner vorschreibt. Das Abholen von einer Vielzahl mittlerweile auf uns wartenden Emails und Würmern ist nach Klärung dieses Roaming-Partners nur noch Nervensache.
Zum Abschluss unseres Insel-Besuchs ist der erste Teil unseres geplanten Dreiteilers fällig: Die dänische Euro-"Extratour" führt uns noch einmal zum bemerkenswerten Strand der Insel, der in Teilen auch mit dem Auto befahren werden darf.
Doch wie in unserem "Extratour"-Bericht schon erwähnt, verlassen wir Rømø ohne Bedauern - das baldige Drachenfest auf der Insel wird so oder so ohne uns statt finden ...
Durch Dänemark nach Norden ...
Wieder haben wir kein Ziel festgelegt, als wir entlang Dänemarks Westküste nach Norden fahren - bei ständig wechselndem Wetter durch unendlich viele kleine Orte, die sich offenbar alle vorgenommen haben, den Durchreisenden auf jeweils andere Art und Weise darauf hin zu weisen, dass es sich hier um eine Ortschaft handelt, in der entsprechend langsam gefahren werden muss: Mal sind es unterschiedliche Arten von Ortsschildern, dazu mal Schwellen, mal Engstellen, oft Anzeigetafeln, die hinter dem Ortseingang die gefahrene Geschwindigkeit anzeigen. Einmal meinen wir sogar im Vorbeifahren, dass es aus einem geblitzt hätte, aber nirgendwo sonst während der weiteren Fahrt gibt es Geräte, aus denen es hätte blitzen können - nur eine optische Täuschung?
Wir passieren die Abfahrt nach Esbjerg, müssen weiter, erreichen schließlich Holstebro, wo uns der östlich gelegene Campingplatz so wenig gefällt, dass wir weiter fahren: Auch der unverändert stramme Wind, der unzählige Windräder im Land zu Höchstleistungen bringt, lädt nicht dazu ein, in seinem Gebläse zu parken.
Die Windenergie in Dänemark: Sicher ein Thema, das sich gesondert zu betrachten lohnte, meint man zu ahnen, wenn man einen Windpark nach dem anderen passiert mit zum Teil unterschiedlichsten Konstruktionen. Im Gegensatz zu deutschen Verhältnissen, wo Kosten und Nutzen der Windenergie höchst umstritten sind, müsste die Sachlage hier eigentlich eindeutig sein - der starke Dauerwind während unserer Fahrt entlang der Westküste scheint eine deutliche Sprache zu sprechen.
Wir erreichen Struer, die "Limfjord-Stadt", wie sie in der Informationsschrift des hiesigen Touristenbüros genannt wird, die darauf verweist, dass es sich hier um eine der jüngsten Städte Dänemarks handelt, die um den Hafen, den Bahnhof und die Fernstraße groß geworden und mit 35 km Küste ausgestattet ist.
Sicher ein Ort, den wir auch in Zukunft nie kennen gelernt hätten, wenn uns nicht die Smyril Line eine derartige Entdeckungsreise durch Dänemark verordnet hätte. Ein Blick auf die Uhr sagt uns, dass wir es hier noch einmal versuchen sollten, und so suchen wir das in unserer Karte eingezeichnete Bremdal Camping auf, wo wir einen erträglichen Stellplatz wieder in der Nähe von Dauercampern finden (N56.502787°, E008.582199°), die hier das Wochenende einläuten.
Sicher kann man darüber streiten, ob man einen Ort wie Struer wirklich kennen muss. Aber dennoch erweist sich ein Rundgang in dem Städtchen als durchaus interessant: Von den Auslagen der Geschäfte bis hin zum schließlich besuchten Lokal "Den Glade Pingvin" in der Søndergade 14, das sich als recht ordentlich erweist (wenn man vom Preisniveau absieht ), lässt sich hier recht viel anschauen und vergleichen. Auch an der Bar des Lokals herrscht Betrieb, wo ein kleiner Junge von seinem Vater wie selbstverständlich ein Bier bekommt, während beide auf die Mutter warten.
Selbst das Bezahlen nach dem Essen wird spannend, als von der Bedienung angedeutet wird, man solle doch mit seiner Kreditkarte und PIN am Gerät im Lokal eine Barabhebung machen: Man kann hier wahlweise 100, 200 oder 300 DKK bar abheben, mit denen dann ganz einfach bezahlt werden soll. Der Gedanke an die Kosten, die solche Barabhebungen mit Kreditkarten allerdings bedeuten, lässt uns abwinken: Die Bedienung zeigt Entgegenkommen und findet nach längerem Herumkramen dann doch noch einen guten alten Kreditkartenzettel, auf dem man noch ganz herkömmlich unterschreiben kann ...
Sa 23.08.03: Auf dem Weg nach Hanstholm
Wir haben nur 85 km entfernt von Hanstholm campiert und diese Strecke sollte als heutige Tagesetappe bis zur Abfahrt der Fähre ohne Stress machbar sein.
In geruhsamer Fahrt vorbei an einem weiteren, sehr beeindruckenden Windpark am Straßenrand, erreichen wir den nur wenig nördlich von Struer liegenden Oddesund, wo wir bereits das erste Mal anhalten müssen: Nicht nur ein an Land gebrachtes Fischerboot verlockt zu Klettereien, sondern insbesondere das daneben gelegene Bunkermuseum, was wieder auf die militärisch exponierte Lage dieser Meeresenge verweist. Aber das ist bereits ein Thema für unseren Schwerpunkt: Hinterlassenschaften (1) - Deutsche Spuren in Norddänemark.
Nun geht es zügig weiter, doch weit ist es nicht mehr: Bei Thisted biegen wir zum letzten Mal ab Richtung Norden und erreichen kurz darauf Hanstholm. Bevor man zum Hafen hinunter fährt, hat man noch einen schönen Blick Richtung Norden - der geschichtsträchtige Skagerrak liegt hier direkt hinter einem beeindruckenden Werksgelände mit imposanten Windrädern unmittelbar vor uns. Unmengen von Windsurfern genießen unten den heftigen Wind und einen entsprechenden Wellengang ...
Zeit genug haben wir noch: Die Norröna wird erst in einigen Stunden ablegen. Was liegt also näher, als noch einen ausgiebigen Besuch zu machen im Museumscenter Hanstholm, das Besucher- und Fährpassagier-freundlich direkt in Hafennähe oberhalb der Ablegestelle liegt? Denn auch hier kann man sie ausgiebig besichtigen, bevor man in den Skagerrak ausläuft: Hinterlassenschaften (1) - Deutsche Spuren in Norddänemark.
Aber dann wartet irgend wann doch die Norröna ...
© 2003-2004 Text/Bilder J. de Haas