Auch ein "Dôle", oder: "Plärre" vom Feinsten ...
Wie sagte uns ein Standbesucher auf der "Abenteuer Allrad" in Bad Kissingen 2005: "Nur die wenigsten `Dôle´ haben das Wallis wirklich gesehen".
Dieser Ausspruch erinnerte uns fatal an ein wirklich nicht als Höhepunkt des Weingenusses zu bezeichnendes Erlebnis: Wir hatten einen so genannten "Dôle" aus dem Hause ALDI für unter 4,- Euro verkostet, da uns interessierte, wie ein so hochwertiger Wein zu einem solchen Preis vertrieben werden konnte.
Das Ergebnis hatten wir auf unserer Wallis-Seite wie folgt aufgenommen:
Name | Jahrgang | Klassif. | Preis | Verkostung | Bewertung |
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Dôle | 2004 | AOC(!) | 3,99 EUR | 2005 | mangelhaft+ |
Bemerkungen: Charakteristik: Rote Früchte (1I) Abschreckendes Billig-Gegenbeispiel Zur Klassifikationsangabe siehe Hinweis |
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Beispielwein: Zum Vergrößern Bilder anklicken! |
Nach der Verkostung waren wir entsetzt: Hinter diesem Wein sollte sich angabegemäß ein Cuvée verbergen "der Rebsorten Pinot Noir und Gamay, die einem nicht zu schweren Rotwein ihre Charaktereigenschaften verleihen."
Und weiter: "Feine Kirscharomen und ein samtiger Abgang kennzeichnen diesen harmonischen Rotwein. Die Trauben für diesen Wein wachsen im Wallis."
Als Importeur dieses ALDI-Weins wird die Mack & Schühle AG, Owen genannt und als Abfüller Caves Orsat, Martigny.
Unser Urteil: In Zusammenhang mit diesem Wein eine unserer Lieblings-Rebsorten wie Pinot Noir auch nur zu erwähnen, erschien bereits als Dreistigkeit. Und Gamay? Nun ja, beim Beaujolais Primeur z.B. spielt die junge Gamay eine erhebliche Rolle - und mit einem solchen Primeur war dieser so genannte "Dôle" bestenfalls vergleichbar, wenn überhaupt. Dass ausgerechnet dieser "Tropfen" eine AOC-Klassifikation aufwies, spricht für sich. Was hatten wir dazu geschrieben:
"So wurden in einzelnen Kantonen AOC-Statute nach französischem Vorbild beschlossen, ohne dabei jedoch die damit angestrebte qualitative Verlässlichkeit zu erreichen. Als Konsequenz wurden einige hochrangige Weine von den Erzeugern aus Protest als Tafelwein oder gar nicht deklariert, so dass auf eine diesbezügliche Deklaration insgesamt nicht vertraut werden kann."
Da der Abfüller Caves Orsat, Martigny laut seinem Internet-Angebot eine Menge hochpreisigerer Weine anzubieten hat (darunter übrigens keinen "Dôle"!) und dort als durchaus seriöser Familienbetrieb auftritt, wollten wir Gewissheit, ob dieser ALDI-Wein wirklich hier abgefüllt wurde oder ob sich vielleicht sogar eine Fälschung dahinter verbergen könnte, was schon vorgekommen sein soll.
Also mailten wir den Abfüller Caves Orsat, Martigny, an:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Erstaunen haben wir vom aktuellen Aldi-Angebot Kenntnis genommen, nach dem ein angeblicher Schweizer Dôle von Ihnen als Abfüller für 3,99 EUR angeboten wird.
Nach der Verkostung waren wir erschüttert: Dieses dünne Getränk, das eher an einen Beaujolais Primeur erinnert, aber wirklich nicht an einen Dôle, ist zu diesem Preis noch völlig überteuert.
Wir haben das Ergebnis als Warnung an unsere Leser auf unserer Wallis-Seite aufgenommen.
Wir bitten um Überprüfung sowie Mitteilung, ob dieser "Dôle" tatsächlich von Ihnen abgefüllt wurde.
Mit freundlichem Gruss
Jürgen de Haas
Explorer Magazin
Als wir auf diese Mail hin keine Antwort erhielten, wiederholten wir die Anfrage. Aber auch in diesem Fall: Keine Antwort vom Familienbetrieb. Da keine Antwort allerdings auch eine Art Antwort ist, gehen wir nun nicht mehr länger davon aus, dass die "Plärre" eine andere Herkunft hat als angegeben.
Und das Fazit der Geschichte: Vorsicht ist geboten bei im Weinsektor angeblich so hervorragenden Billiganbietern und ganz besonders gilt "Finger weg", wenn es sich um Billigversionen bekannter hochpreisiger Spitzenweine handelt. Aber wie sagte unser Messebesucher in Bad Kissingen so zutreffend:
Nur die wenigsten "Dôle" haben das Wallis wirklich gesehen ...