Zum Camp 1 und Gedanken ...
05.01.2012: Materialtransport zu Camp 1, 5.000 m Höhe.
2h 37 Min. Aufstieg, 773 Hm.
Heute werden wir einen Teil unseres Materials ins Camp 1 bringen. Auch unsere beiden Freunde aus München sind bereit zum Aufstieg. Sie sind uns mit der Akklimatisation einen Tag voraus: Die beiden werden oben bleiben und morgen weiter ins Camp 2 aufsteigen, um dort Material zu deponieren. Anschließend werden beide wieder in das Camp 1 absteigen und dort eine weitere Nacht verbringen.
Nachdem Dirk und ich unsere Ausrüstung für das erste Hochlager ausgewählt haben, gehen wir langsam los. In unseren Rucksäcken befindet sich Essen für weitere acht Tage, Kletterausrüstung, darunter Steigeisen, Klettergurt, Seil, Eisschrauben, Helm und Eisgeräte. Auch unser Hochlagerzelt ist neben unserem zweiten Kocher und ausreichend Gaskartuschen im Gepäck. Jeder von uns steigt mit guten 20 Kg auf dem Rücken die 773 Hm über Geröll und Eis, vorbei an Büßereissäulen, sehr langsam hinauf. Trotz unseres langsamen Schrittes überholen wir zwei Gruppen von Bergsteigern.
Kurz vor dem Camp und nach dem "Büßereis" wird der Untergrund weicher: Das Geröll und die Steilheit in Kombination mit dem Gewicht im Rucksack und der Höhe kostet auf den letzten 100 Hm sehr viel Kraft. Ständig rutscht der Fuß nach einem Schritt wieder ein Stück zurück. Das ist ähnlich, als würde man mit einer Gasmaske und einer Bleiweste einen steilen Sandstrand hochgehen ...
Die angegebene Zeit von 4-6h gehen wir in etwas über 2h 30 Min. Im Camp 1 liegt noch etwas Schnee. Die Sonne scheint mit unermüdlicher Energie. Wir bauen unser Zelt, ein Einwandzelt von Exped, das Polaris, neben unseren Freunden aus München auf. Geschützt von Mauern aus Geröllbrocken gegen den Wind, der hier oben sehr ungemütlich werden kann, schlagen wir die Zeltheringe in den Boden und fixieren die Abspannleinen unserer Sturmbehausung mit schweren Felsblöcken. Nach fast zwei Stunden auf 5.000 m Höhe (so hoch war ich bisher noch nie, mein höchster Gipfel war bisher etwas über 4.300 m), machen wir uns langsam wieder an den Abstieg.
Diesmal sind wir wirklich schnell unterwegs: Das weiche Geröll lädt zum schnellen Absteigen ein. Die Hacken der schweren Bergstiefel setzen als erstes auf, dringen in das Geröll ein und ich rutsche mit jedem Schritt ein Stück nach unten. Ich muss die Augen aufhalten und mich konzentrieren. Wenn ich auf einen zu dicken Felsbrocken steige, kann auch das zum Ausgleiten führen. Also richte ich den Blick konzentriert auf den Boden.
Die Landschaft schaue ich mir an, wenn ich stehe um zu atmen. Kurz vor den Büßereissäulen rutsche ich plötzlich weg: Blankeis unter einer dünnen Schicht von feinem Geröll. Aus meiner Erfahrung heraus weiß ich, dass ich die Hände aus den Schlaufen meiner Trekkingstöcke nehme wenn ich absteige. Ich habe mir schon einmal die Schulter beim Abstieg ausgekugelt aus genau diesem Grund. Durch die Vorsichtsmaßnahme passiert diesmal nichts: Der Ellbogen tut etwas weh, das ist auch schon alles.
Also geht es jetzt etwas vorsichtiger weiter. Ich schaue zurück, Dirk kommt auch schon. Er hat mein Ausrutschen bemerkt und geht ebenfalls vorsichtiger. Nach einer guten Stunde sind wir beide wieder im Basislager. Ich baue den Kocher auf: Der XGK-EX von MSR, ein wirklich guter Expeditionsbenzinkocher, den mir Cascade Design gesponsert hat, faucht im aufkommenden Wind. Wir sprechen automatisch etwas lauter, um gegen diesen Düsenjet von Kocher anzukommen. Kurze Zeit später kocht auch schon das Wasser. Aufgrund der Höhe müssen wir immer wieder durch pumpen Druck in die Benzinflasche bringen. Vor zwei Tagen, als wir den Kocher das erste Mal hier verwendeten, funktionierte er nicht gut. Eine schwache Flamme, eher ein Schnurren als ein Fauchen. Das Wasser brauchte lange bis es kochte. Nachdem ich schließlich den Filter des Benzinschlauches in der Flasche entfernt hatte, lief er wie erwartet.
Einer der wichtigsten Punkte unterwegs ist, dass man sich zu helfen weiß. Mut um etwas auszuprobieren, um die Ecke denken, improvisieren wenn nötig. Es fallen immer mal wieder irgend welche Reparaturen an, oder irgend etwas funktioniert aus irgend einem Grund nicht. Sitzen und auf Hilfe warten ist bei mir nicht drin. Durch meine vielen Solo-Touren, Sommer wie Winter, habe ich gelernt, Entscheidungen zu treffen und zu handeln. Das fängt im Kleinen an und wird umso wichtiger, je ernsthafter die Situation wird. Im Laufe der Jahre habe ich mir diese Eigenschaft, schnell und konsequent Entscheidungen zu treffen, antrainiert.
Wieder fällt Schnee vom Himmel: Diesmal noch mehr als gestern. Schwere, dicke Schneewolken bedecken den Himmel. Die Sonne ist nicht mehr zu sehen. Dirk und ich verziehen uns ins Zelt. Lesen, trinken, liegen …das ist unsere Mittagsbeschäftigung. Ich muss jede Stunde auf Toilette gehen … die viele Flüssigkeit fordert ihren Tribut. Da wir im Basislager nicht einfach irgend wohin machen dürfen, muss ich jedes Mal die Strecke von 200 Metern auf mich nehmen, um mich zu erleichtern. Das nervt auf Dauer gewaltig. Ich muss mich zwingen, weiterhin viel zu trinken.
In der Nacht schneit es noch stärker: Der Schnee ist nass und schwer. Ständig schlage ich von innen gegen die Zeltwände, damit der Schnee abrutscht. Zwischen den Stangen meines Zeltes sammelt sich der Schnee auf meinem Zeltdach. Aufgrund der Tunnelform rutscht er nicht so ab wie bei den anderen Zelten. Damit mein Zelt nicht zusammenbricht, ist diese kleine Nebenbeschäftigung sehr wichtig. Mit U2 im Ohr schlafe ich irgendwann ein …
O2: 89%, Hf: 76 S/M.
06.01.2012: Basislager 4.200 m Höhe.
Eine weitere Zwangspause. Es schneit zu stark.
Es schneit und schneit und schneit: Zeit absitzen. Das zerrt am Gemüt. Zeit zum Nachdenken. Zeit um über mich nachzudenken, Zeit um über Zuhause nachzudenken, Zeit um über Teamtrainings nachzudenken und vor allem Zeit, um über den Gipfel nachzudenken.
Mein Ziel war es, live und unter extremen Bedingungen mehr darüber zu erfahren, was uns Menschen motiviert, unsere gesteckten Ziele zu erreichen. Mein Ziel war der Aconcagua. Der höchste Berg außerhalb Asiens. Einer der 7 Summits, der höchsten Berge aller Kontinente. Dafür habe ich trainiert und investiert. Fünf bis sechs Mal am Tag trainieren. Mehrere Stunden. Sechs Monate lang. Neben der Arbeit, fast täglich an dem Projekt "Expedition Persönlichkeit" gefeilt, Logos entwerfen lassen, einen neuen Blog in Auftrag gegeben, eine neue Facebook-Präsenz erstellen lassen, Gespräche mit Sponsoren und und und.
Nachdem ich mich von einem Partner getrennt hatte, war ich bereit, die Expedition alleine zu bestreiten. Allein den Polengletscher begehen. 30-40° Schnee und Eis, immer wieder Gletscherspalten dazwischen. Selbst die Tatsache, dass ich keinerlei Erfahrung mit der Höhe hatte, schreckte mich nicht ab. Schließlich hat sich Dirk gemeldet und angefragt, ob ich die Expedition mit ihm zusammen machen möchte. Ich sagte zu. Eine sehr gute Entscheidung.
Ich möchte auf diesem Wege Dirk auch meinen Dank und Respekt aussprechen. Wir sind uns in manchem sehr ähnlich: Dirk ist wie auch ich eine Frohnatur, der geborene Optimist. Egal was ist, es ist für etwas gut. Wir haben einen sehr ähnlichen Fitnesslevel, auch akzeptieren wir, wenn einer von uns einmal Zeit für sich alleine benötigt. Wenn geschwiegen wird, kommt kein ungutes Gefühl auf. Wir können zusammen lachen, uns auch unsere Gefühle mitteilen. Wir können auch zusammen schweigen.
Wenn einer von uns schneller ist als der andere, dann ist das ok. Wir warten in den Pausen oder spätestens im Lager. Wir sind beide Individualisten, die klare Regeln abgesprochen haben. Wir sind ein Team, in dem jeder ein Individualist und Macher ist. Ein Team mit klaren Regeln. Ein Team, das respektvoll miteinander umgeht. Ein Team, indem wir sagen, wenn uns etwas nicht gefällt, ohne ein schlechtes Gefühl oder Angst davor zu haben, den anderen durch seine Ehrlichkeit verletzen zu können. Die optimale Voraussetzung für ein performantes Team. Nachdem wir uns bereits im Frühjahr bei einem meiner Wildnistrainings kennengelernt hatten und Dirk anschließend noch ein Firmentraining bei mir gebucht hatte, hatten wir uns bereits kennengelernt. Das war unsere Forming-Phase, wie wir das im Teambuilding nennen. Jeder ist nett, rücksichtsvoll und versucht, sich von seiner besten Seite zu zeigen.
Durch diese Trainings sind auch schon Dinge an die Oberfläche gekommen, die gezeigt haben, wie der andere wirklich tickt. Gerade bei Outdooraktivitäten ist es schwer bis unmöglich, sich auf Dauer zu verstellen. Ich nutze das oftmals, um die "Storming-Phase" des Teams einzuleiten. Es "kracht" im Team, jeder zeigt, was ihm wichtig ist, wie er tickt. Daraufhin geht man in die "Norming-Phase". Es werden Regeln für den Umgang untereinander im Team aufgestellt. Regeln, die für jedes Teammitglied akzeptabel sind. Das Norming hatten Dirk und ich auf dem Weg ins Basislager abgeschlossen. Klare Regeln: Wer schneller ist, geht einfach weiter. Wir sehen uns spätestens am Abend. Wer Pause braucht macht Pause, auch wenn der andere noch keine braucht. Wenn etwas nicht passt, sagen wir es sofort, wenn das viele Filmen meinerseits nervt, sag es mir bitte, Dirk, … das ist nur ein Auszug aus unserem Regelwerk im Umgang miteinander.
Diese Regeln haben uns in das "Performing" gebracht: Das ist die Phase, in der ein Team wirkliche Höchstleistungen erbringt. Jeder gibt sein Bestes für ein gemeinsames Ziel. Das Ziel ist der Gipfel des Aconcagua über die Polenroute.
Im Laufe des Tages kommen mir schleichende Gedanken in den Kopf, darüber, was mich motiviert, den Gipfel zu besteigen. Was motiviert mich gerade? Ich beantworte mir die Frage mit: "Nichts"! Es motiviert mich gerade nichts … was ist da los? Beim Aufstieg ins Basislager, den ersten drei Tagen, habe ich mir die Frage damit beantwortet, dass meine Motivation ist, später noch mehr mentale Stärke durch den Gipfel zu entwickeln und "Felderfahrung" über die Motivation bei dem Erreichen von Zielen zu sammeln. Diese Erfahrungen, gepaart mit der Story der Expedition, möchte ich in meinen Trainings und Seminaren nutzen.
Doch weshalb motiviert mich das jetzt gerade nicht? Ich lasse den Gedanken fallen und lese weiter in meinem TA-Buch von Manfred. Später gehe ich zu Dirk ins Zelt, er ist in dem Basislagerzelt von Simone und Sebi. Wir trinken Kaffee und essen etwas von unseren Müsliriegeln.
Der Tag zieht sich so dahin: Toilette, Schnee vom Zelt abklopfen, Sturmleinen nachspannen, Ausrüstung für den endgültigen Aufstieg zu Camp 1 sortieren, lesen, trinken, Toilette, schlafen, langweilen. Zeitabsitzen. Schon wieder.
O2:89%, Hf: 79 S/M.
07.01.2012: Umzug nach Camp 1, 5.000 m Höhe.
2h 32 Min. Aufstieg, 773 Hm.
Heute ist der große Tag: Endlich geht es los. Das Warten hat ein Ende. Endlich wieder Bewegung, endlich Fortschritt. Endlich dem Ziel näher. Der Schnee taut langsam weg. Starker Wind mit Geschwindigkeiten bis 100 Km/h sind angesagt für die nächsten Tage. Ich spanne das Zelt noch einmal ab, sichere es zusätzlich mit Steinen am Boden, beschwere die Heringe. Solange jemand im Zelt liegt, ist es kein Problem, dem Wind zu trotzen. In Norwegen auf einer Solo-Wintertour geriet ich seinerzeit in einen schweren Schneesturm: Der Wind traf das Zelt von der Seite mit heftigen Böen, nachdem er gedreht hatte. Ich musste mich nachts mit dem Rücken gegen die Zeltwand drücken, damit das Zelt dem Sturm standhielt.
Diesmal bleibt das Zelt ohne meine Hilfe zurück: Die Abspannungen müssen halten. Das Zelt ist in der Hauptwindrichtung aufgebaut, in Verlängerung des Gletschers, der von Camp 1 kommt. Durch die Geländeform ist es sehr wahrscheinlich, dass der Wind zum Großteil genau aus dieser Richtung kommt. Wenn sich das so bewahrheitet, ist das Zelt sehr windschnittig und entsprechend stabil. Dreht der Wind und drückt also von der Seite gegen das Zelt, kann das Gestänge meines Tunnels brechen. Die Geodäten sind da stabiler. Zu allen Seiten hin. Wir beschweren das Zelt von innen mit unseren beiden Seesäcken und der verbleibenden Ausrüstung, die wir nicht mit in die Hochlager nehmen. Das sind unter anderem unsere Turnschuhe, weiteres Gas und Benzin, weiteres Essen, Ersatz Akkus für die Kamera, ein Solarladegerät und ein paar Klamotten.
Ein letzter prüfender Blick auf die Abspannungen und los geht es. Trotz des Materials, das wir bereits in Camp 1 haben, tragen wir weitere 20 Kg nach oben. Diesmal fällt uns der Weg schon etwas leichter. Um mich abzulenken und die Anstrengungen wenigstens etwas zu vergessen, gehe ich im Gedanken immer und immer wieder ein Mantra durch. Dieses Mantra begleitet mich schon seit einem Jahr … mehrmals täglich ist es in meinen Gedanken. Ich nutze die Zeit der Auf- und Abstiege, um meine Zukunftsvision zu erschaffen. Mit jedem Mantra, mit jeder Wiederholung wird sie stärker, präsenter, wirklicher.
Die Wirkung von Mantras ist beeindruckend: Ich arbeite seit einigen Jahren damit. Angefangen habe ich damit in Schwedisch Lappland. Auf einer weiteren Winter-Solotour ging einiges schief. Die Skibindung brach, so dass ich mit Schneeschuhen weiter musste, das Zeltgestänge brach im Sturm und bohrte sich durch die Außenhaut des Zeltes, der Reißverschluss meiner GoreTex Jacke ging kaputt und das Zuggestänge meiner Pulka brach. Daneben bekam ich immer stärkere Schmerzen im Knie: Eine Überlastungserscheinung. Aufgeben wollte ich jedoch nicht. Also improvisierte ich so gut es mir möglich war, führte notdürftige Reparaturen durch und ging weiter. Um mir selbst Mut zuzureden und mich selbst zu motivieren, murmelte ich mir immer und immer wieder die gleichen Worte vor.
Ich spürte praktisch gar nicht, wie ich immer und immer weiter kam. Plötzlich wurde mir bewusst, was ich da tat: Indem ich immer und immer wieder diese Sätze sagte und dachte, war kein Platz für Zweifel. Unser Gehirn denkt Mono. Niemals Stereo. Positive Gedanken lassen keinen Platz für negative. Umgekehrt ist das allerdings leider genauso! Überlege dir also sehr gut, mit welchen Gedanken du dein Gehirn fütterst! Und so wurde mir bewusst, was die alten Religionen schon vor Urzeiten entdeckt hatten. Ich verfeinerte meine "Leitsätze" und stimmte sie immer feiner auf meine Ziele ab. Seit Jahren agiere ich so. Mit Erfolg. Wenn ich habe, was ich will, ändere ich den Inhalt meines Mantras und passe ihn meinen nächsten Zielen an.
Je öfter ich es sage oder denke, desto stärker wird der Glaube daran. Und schließlich bestimmt unser Glaube unser Denken, das Denken unser Handeln und das Handeln bestimmt über die Ergebnisse, die wir erzielen. Die Ergebnisse wiederum bestimmen unseren Glauben. Das ist ein Kreislauf, eine sogenannte selbsterfüllende Prophezeiung. Negative Gedanken führen zu negativen Ergebnissen. Positive Gedanken führen hingegen zu positiven Ergebnissen. Mach dir also klar, was du wirklich willst und beginne dein eigenes Mantra zu entwickeln. Das kann aus nur einem bis zu vielen Sätzen bestehen. Meines ist der Einfachheit halber nur ein Satz. In der Höhe von Vorteil, wenn die Luft dünner wird und die Anstrengung mehr ...
Nach 773 Hm und 2h 32 Min. sind wir da: Sebi und Simone sind bereits weiter. Ihr Zelt ist abgebaut, etwas Ausrüstung für den Abstieg zurück gelassen. Ein kleines Rinnsal aus Schmelzwasser läuft an unserem Zelteingang vorbei. Dirk reagiert sofort: Ohne sich eine Pause von dem Anstieg zu gönnen, greift er sich ein Eisgerät und beginnt einen Graben zu ziehen, in dem das Wasser abfließen kann, ohne in unser Zelt zu laufen. Nur sehr langsam beruhigen sich mein Atem und mein Puls. Ungefähr 3 Stunden nach unserer Ankunft im Basislager ist wieder alles normal. Ich fühle mich besser.
Im Laufe des Tages müssen wir das immer öfter machen: Die Sonne brennt unermüdlich und ebenso unermüdlich fließt das Schmelzwasser an unserem Zelt vorbei. Aus dem kleinen Rinnsal ist ein kleiner Bach geworden … wenn das so weitergeht, müssen wir umziehen. Zum Glück stehen wir leicht erhöht, etwas außerhalb der Fließrichtung. Die Zelte unter uns sind bereits alle umgezogen. Auch der Zeltplatz von Sebi und Simone steht bereits in knöcheltiefem Wasser.
Wieder warten, lesen denken … und gelegentlich das Bachbett vertiefen. Zwei Müsliriegel sind unser Mittagessen. Zum Kaffee gibt es Mate. Die Toilettengänge sind hier einfacher: Ein paar Schritte weg vom Zelt und das war´s. Das ist angenehmer als 200 Meter. So macht das Trinken auch wieder mehr Spaß. 5 Liter jeden Tag. Zu Hause trinke ich maximal 3 Liter, selbst wenn ich Sport treibe. Das liegt hier an der sehr trockenen Luft. Ich denke an Juans Regel: Trinken, Pause, trinken … wenn nur die Warterei nicht wäre … ich verstehe nicht, weshalb ich es nicht einfach genießen kann. Urlaub. Keine Arbeit … doch genau das ist es, was mir fehlt. Ich liebe meine Arbeit. Ich lebe meine Arbeit. Aus welchem Grund auch immer, ich würde jetzt gerne an einem Projekt arbeiten. Ein Teamtraining oder so wäre wunderbar ...
Weshalb bin ich nicht mehr so sehr auf den Gipfel fixiert wie vor der Reise? Die Sinnfrage schiebt sich immer weiter in meinen Kopf. Noch habe ich keine Antwort …
Es wird Nacht. Die Temperaturen fallen unter 0°C. Wind kommt auf: Das Messgerät zeigt einen Windchill von 8,4 an. Unser Wasserstrom vor dem Zelt kommt langsam zum stehen: Aus dem Wasser ist festes, blankes Eis geworden.
Leichte Kopfschmerzen in der Nacht: Das werden wohl die Nackenverspannungen von dem Rucksack sein. Morgen geht es ins Camp 2 auf 5.800 m. Wir wollen einen Teil unserer Ausrüstung nach oben bringen. In zwei Tagen werden wir ganz oben unser Zelt aufbauen und dann nach weiteren zwei Tagen den Gipfel machen.
O2: 82%, Hf: 102 S/M.
© 2012 Marco Plass
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