Frösteln oder Schwitzen: Vom Windchill und dem Hitzeindex ...
Wer kennt sie nicht, die "Fröstel-Quote", die offiziell Windchill heißt: der Chill-Faktor gibt Auskunft darüber, wie man eine Temperatur bei zunehmender Windstärke empfindet. Auf der anderen Seite dagegen der "Hitzeindex", das Gegenstück: Je feuchter die Luft ist, um so unerträglicher empfinden wir die Hitze!
Anders ausgedrückt: Sowohl Windchill als auch Hitzeindex sind eigentlich Temperaturen, die uns angeben, wie sich für uns die Umgebung wirklich anfühlt, unabhängig vom Blick auf das Thermometer. Je höher die Windgeschwindigkeit ist, umso kühler fühlt es sich an, umgekehrt fühlt sich heiße, feuchte Luft heißer an als zwar ebenfalls heiße, aber trockene Luft.
Ohne an dieser Stelle weiter auf die Voraussetzungen und Annahmen einzugehen, die zum einen beim Windchill und zum anderen beim Hitzeindex gemacht werden (z.B. Formel beim Windchill oder z.B. körperliche Merkmale beim Hitzeindex), bieten wir ab sofort zusätzlich zu den Übersichten zu den Effekten beide Rechner im Explorer Magazin an - unser Service für die Leser!
Übersicht Windchill-Effekte
Im Folgenden (auch als Warnung!) unsere Fröstel-Übersicht (ermittelt mit der offiziellen Windchill-Formel, siehe dazu unseren Hinweis im 1. Nachtrag).
(*: Achtung: in diesen Bereichen (z.B. -20°C und Orkan) kann die Gesichtshaut bereits in weniger als 60 Sekunden erfrieren!)
Und wer es nun genau berechnen will, dem empfehlen wir unseren individuellen Windchill-Rechner!
Übersicht Hitzeindex-Effekte
Und wer es auch hier genau berechnen will, für den haben wir unseren individuellen Hitzeindex-Rechner!
1. Nachtrag, Dezember ´02: Jede Menge Zuschriften zu diesen Themen haben wir in der Zwischenzeit bekommen, und es werden täglich mehr, vermutlich weil das Thema "gefühlte Temperatur", das viele Jahre in der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert wurde, nun auch in der Presse und den Medien verstärkt behandelt wird. Im Folgenden eine kleine Auswahl der Anfragen wie die von Günter Hanssen und anderen Lesern:
Wie berechnet man die Windchill-Temperatur? Oder sind das empirisch ermittelte Werte? Würde es viel Arbeit sein, mir diese Formel mal aufzuschreiben? Mich interessiert dieses Thema sehr; ich war über 30 Jahre im Steinkohlenbergbau als Wetteringenieur tätig, und "Wetter" bedeutet für den Bergmann "Luft".
Da im Untertagebetrieb hinsichtlich des Klimas aus Gründen des Arbeitsschutzes erhebliche Auflagen gelten und andererseits die Gewerkschaften für die untertage arbeitenden Menschen - aus nachvollziehbaren Gründen - gesundheitlichen Schutz forderten wurden die Anforderungen an das Grubenklima etwa Mitte der 70er Jahre ganz neu gefasst. Bis dato hieß es nur dass bei Temperaturen (Trockentemperaturen) über 28° C die Arbeitszeit gekürzt und über 32° C die Arbeit eingestellt werden mußte. Es wurde nunmehr ein sog. "Klimasummenwert" eingeführt, der die Trockentemperatur, die rel. Feuchte und die Wettergeschwindigkeit (Luftgeschw.) am Arbeitsplatz berücksichtigte. Der Klimasummenwert wurde aus einem Nomogramm bestimmt, das aus Daten zusammengestellt war, die in den USA mit Menschen in Klimakammern ermittelt wurden, also keine Mathematik und keine Physik. Um dieses Nomogramm denn auch für die EDV verwenden zu können, habe ich mühevoll ein Fortran-Programm entwickelt, dessen Ergebnisse dem Nomogramm mit ausreichender Genauigkeit entsprachen. Gruss Günter
hallo,
gibt es denn eine formel um die empfundene temperatur
zu berechnen? oder zumindest den rechner für den offlinebetrieb? wäre
eine tolle erweiterung für meine wetterstation. gruß aus nürnberg, steffen
hoffmann
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihre Internetseite finde ich
ausgezeichnet. Darauf bin ich gekommen während einer Suche zum Thema
Windchill, zu dem ich demnächst im Rahmen unserer Gesellschaftsarbeit
(Deutsche Gesellschaft für Polarmedizin) eine kurze Übersicht geben
möchte. Über die Zusendung einer Übersichtsarbeit Ihres Magazins wäre
ich daher sehr dankbar, zumal sich die Tabelleninhalte nicht komplett
durch mein PC-System ausdrucken lassen. Mit freundlichen Grüßen, Dr.
Rolf Dubbels
Ich war 42 Jahre im Steinkohlenbergbau (jetzt 70 Jahre alt). Dort gibt es einen "Hitzeindex", der im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz (Bewetterung und Grubenklima) über die Trocken- und Feuchttemperatur ((Rel. Feuchte) und die Wettergeschwindigkeit (Windgeschwindigkeit) ermittelt wird. Ich möchte kontrollieren, ob es einen Zusammenhang gibt. Mit freundlichen Grüßen Günther Faust
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Ihrer Website haben Sie die
Windchill Tabelle abgedruckt. Ich interessiere mich für die Formel,
mit der man rein mathematisch die Temperatur berechnen kann. Gibt es
diese? Mit freundlichen Grüßen Uli Nägele
Die Formel zur Berechnung der Windchill-Temperatur aus der tatsächlichen Temperatur in °C und Windgeschwindigkeit in km/h ist mir bekannt aber ich interessiere mich für das Modell das hinter dieser Formel steht. Wer hat diese Formel abgeleitet und in welcher Publikation kann man diese Ableitung nachlesen? Vielen Dank für Ihre Mühen. W. Herre
hallo,
sehr schön daß es auch eine deutsche seite zum windchill
gibt. ich habe aber folgende frage: es heißt der windchill ist die gefühlte
temperatur, wenn man also von der außentemperatur spricht, bezieht diese
sich auf die lufttemperatur. auch eine oberflächentemperatur ist dann
genauso groß wie die lufttemperatur. meine frage bezieht sich nämlich
auf das betonieren. bei frost darf nämlich nicht betoniert werden. wenn
also die lufttemperatur dann maßgeblich ist, spielt dann die gefühlte
temperatur keine rolle. Mit freundlichen Grüßen Christian Backmund
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich suche seit einiger Zeit
eine Formel zur Berechnung der Windchilltemperatur. Können Sie mir helfen.
Mit freundlichen Gruß Sven Dueben
Hallo Explorer Team!
Mich würde mal interessieren wie das beim
Autofahren aussieht? Wenn ich mit meinem Auto bei einer Temperatur von
+2 Grad 65 km/h fahre, entsteht dann auch eine gefühlte Temperatur von
-16 Grad? Und bei welcher Geschwindigkeit muss man damit rechnen, das
der Kühler oder der Behälter für die Scheibenwaschanlage einfriert,
wenn kein Frostschutzmittel eingefüllt wurde??? (anonymer Hawaii4769
..)
Nun, zuerst unsere Antwort an den Anonymus: In der Tat kann der Effekt auch beim Autofahren auftreten - ein Grund mehr, bei 65 km/h und +2°C Außentemperatur weder ein Cabrio zu fahren, noch den Kopf aus dem Fenster zu halten! Aber zum Glück ist die Flüssigkeit in der Scheibenwaschanlage ja nicht so "gefühlvoll" wie wir und hat auch keinen Kopf zum Raushalten ...
Aber im Ernst: Wie wir sehen, sind eine Vielzahl von Lesern an vertiefenden Infos zum Thema "Windchill" interessiert. Doch von weiteren Anfragen bei uns bitten wir abzusehen, denn es gibt eine hervorragende kanadische Webseite, mit deren Hilfe man sehr tief in das Thema einsteigen kann. Dort gibt es auch mehrere Formeln (die unsere ist ebenfalls dabei!), weiterhin sind die verschiedenen Erklärungsmodelle zum Phänomen Windchill gut erklärt.
Übrigens: Wer sich wundert, dass unser Rechner und der kanadische Rechner unterschiedliche Ergebnisse liefern, sollte eines wissen: Wir benutzen die Siple-Passel Formel (benannt nach den Antarktis-Forschern Siple und Passel). Siple und Passel haben in ihrer ursprünglichen Formel einen "Abkühlungsfaktor" in Watt pro Quadratmeter berechnet, der durch Wind hervorgerufen wird. Nun hat man diesen Abkühlungsfaktor auf einen Modellmenschen übertragen, der eine Temperatur von 33°C an der Hautoberfläche hat und sich als "normaler" Fußgänger fortbewegt. Daraus ergibt sich die sogenannte "gefühlte" Temperatur, z.B. angegeben in Grad Celsius.
Die Probleme bei dieser Berechnung sind: 33°C an der Hautoberfläche sind draußen bei Kälte zu hoch angesetzt. Die Windgeschwindigkeit, die man vom Wetterbericht erfährt, bezieht sich auf 10 m Höhe über dem Boden (dort befindet sich aber kein Gesicht). Und "normale" Fußgängergeschwindigkeit ist keine physikalische Konstante. Dennoch wird die Siple-Passel Formel als Näherungswert immer noch gerne benutzt.
Die Kanadier haben mittlerweile eine eigene Formel entwickelt, die keine Temperatur errechnet, sondern einen "Windchillindex", der die Empfindung der Haut wiedergibt. Ein Windchillindex von -20 besagt, dass die Haut genauso friert wie bei -20°C und Windstille (der Unterschied zwischen "gefühlter Temperatur" und "Windchillindex" erscheint für Otto Normalverbraucher recht akademisch).
Wesentliche Highlights der "neuen" Formel sind aber: Reduzierung der Windgeschwindigkeitangabe auf Gesichtshöhe, Berücksichtigung neuer Erkenntnisse aus der Thermodynamik und Berücksichtigung klinischer Tests.
Deshalb bieten wir ab sofort auch den neuen Windchillrechner zusätzlich an!
2. Nachtrag, Dezember ´02: Abschließend zum Thema "gefühlte Temperatur" wollen wir unseren Lesern eine Mail von Heiko Riedel aus Helsinki nicht vorenthalten, der uns bereits über finnische Steuermoskitos berichtet hatte. Seine Mail passt ganz sicher zum "Windchill": Denn was bedeutet es eigentlich wirklich, "es ist kalt"?
Du denkst, es sei kalt?
+ 10 °C: Die Bewohner von Mietwohnungen in Helsinki
drehen die Heizung ab. Die Lappen pflanzen Blumen.
+ 05 °C:
Die Lappen nehmen ein Sonnenbad, falls die Sonne noch über den Horizont
steigt.
+ 02 °C: Italienische Autos springen nicht mehr an.
+ 00° C: Destilliertes Wasser gefriert.
- 01 °C:
Der Atem wird sichtbar. Zeit, einen Mittelmeerurlaub zu planen. Die
Lappen essen Eis und trinken kaltes Bier.
- 04 °C: Die
Katze will mit ins Bett.
- 10 °C: Zeit, einen Afrikaurlaub
zu planen. Die Lappen gehen zum Schwimmen.
- 12 °C: Zu
kalt zum Schneien.
- 15 °C: Amerikanische Autos springen
nicht mehr an.
- 18 °C: Die Helsinkier Hausbesitzer drehen
die Heizung auf.
- 20 °C: Der Atem wird hörbar.
-
22 °C: Französische Autos springen nicht mehr an. Zu kalt zum Schlittschuhlaufen.
- 23 °C: Politiker beginnen, die Obdachlosen zu bemitleiden.
- 24 °C: Deutsche Autos springen nicht mehr an.
-
27 °C: Aus dem Atem kann Baumaterial für Iglus geschnitten werden.
- 29 °C: Die Katze will unter den Schlafanzug.
-
30 °C: Japanische Autos springen nicht mehr an. Der Lappe flucht, tritt
gegen den Reifen und startet seinen Lada.
- 31 °C: Zu
kalt zum Küssen, die Lippen frieren zusammen. Lapplands Fußballmannschaft
beginnt mit dem Training für die Frühjahrsmeisterschaft.
-
35 °C: Zeit, ein langes heißes Bad zu planen. Die Lappen schaufeln Schnee
vom Dach.
- 39 °C: Quecksilber gefriert. Zu kalt zum
Denken. Die Lappen schließen den obersten Hemdknopf.
-
40 °C: Das Auto will mit ins Bett. Die Lappen ziehen einen Pullover
an.
- 45 °C: Die Lappen schließen das Klofenster.
- 50 °C: Die Seelöwen verlassen Grönland. Die Lappen tauschen
die Fingerhandschuhe gegen Fäustlinge.
- 70 °C: Die Eisbären
verlassen den Nordpol. An der Universität Rovaniemi wird ein
Langlaufausflug organisiert.
- 75 °C: Der Weihnachtsmann
verlässt den Polarkreis. Die Lappen rollen die Ohrenklappen der Mützen
runter.
- 250 °C: Alles gefriert, sogar Alkohol. Der Lappe ist sauer.
- 268 °C: Helium wird flüssig.
- 270 °C: Die Hölle friert ein.
- 273,15 °C: Absoluter Nullpunkt. Keine Bewegung der Elementarteilchen.
Die Lappen geben zu: "Ja, es ist kühl heute, gib mir noch einen
Schnaps (zum Lutschen) ..."
Anm. der Redaktion: Wer mehr über die obige Gegend wissen will, die auch im Sommer sehr angenehm sein kann (Thema "Hitzeindex"! ), der möge unsere Reiseberichte Skandinavien 99 und Skandinavien 00 lesen ...
3. Nachtrag, März ´05: In den unendlich vielen Kopien, die es von dieser Geschichte seit unserer Veröffentlichung vor fast 3 Jahren gab, ist natürlich der Titel nicht zu vergessen, der inzwischen fest dazu gehört: Die Story macht demnach den Unterschied deutlich zwischen Lappen und Waschlappen. Und sie hat rein gar nichts zu tun mit Windchill, von dem manch einer auch heute noch glaubt, dass er selbst dem GPS zu schaffen machen könnte ...