Zu den Weinen des Priorat: Weinreisestart in Barcelona
Da wir uns erst am Nachmittag mit unserer Reisegruppe treffen, wollen wir am Vormittag noch zum Park Güell fahren: "Wie naiv!" wird jeder Insider ausrufen ..!
Im Jahr 1900 begann der Bau des Parks im Auftrag des Industriellen Eusebi Güell, geplant wurde er von Antoni Gaudi. Es sollte eine Hommage an die Moderne werden. Mittlerweile ist der Park ein derart beliebtes Touristenziel, dass strenge Zutrittsbeschränkungen zur Àera monumental gelten, um die Bauten zu schützen: Alle 30 Minuten werden nur 400 Besucher eingelassen ...
Als wir an den Automaten Eintrittskarten lösen wollen, wird klar, dass ein Eintritt erst in Stunden möglich sein wird. Wir beschließen stattdessen durch den Park rings um den Zentralbereich zu spazieren. Von da aus hat man einen schönen Blick auf die Bauten und Barcelona und muss sich nicht drängeln. So schauen wir uns die Touristenmassen und die bunten, teils bizarren Bauten schließlich von oben an. In den umstehenden Palmen hausen kleine Papageien, die uns mit ihrem Geschrei begleiten.
Langsam müssen wir zurück ins Zentrum und uns am Sammelpunkt der Weinreisenden einfinden, die mittlerweile alle eingetroffen sind. Einige waren auch schon vorher angereist und haben deutlich mehr von den Unruhen mitbekommen. Sie hatten brennende Mülltonnen nahe des Hotels gesehen und auch schon Kontakt mit Gruppen von Demonstranten - unsere Schilderung "Irgendwie war alles total ruhig" konnten sie kaum glauben, da sie eigentlich nur wenige hundert Meter von uns entfernt an der La Rambla waren ...
Als es dunkel wird, ziehen wir los zum Auftakt in die Weinbar Zona d'Ombra. Diese Bar hat eine kleine gemütliche Nische, wo man in Ruhe Weine probieren kann und dazu Snacks gereicht bekommt. Wie üblich zum Beginn der Weinreise weist uns Gerhild Burkard in die Besonderheiten der Weinanbaugebiete Penedès und Priorat ein, damit wir schon einmal eine Vorstellung von dem bekommen, was uns auf der Reise erwartet.
Der Penedès (in der Karte unten blau) liegt zwischen Barcelona und Tarragona. Seit mehr als 2.500 Jahren wird hier Wein angebaut, bis in eine Höhe von mehr als 800 Metern erstrecken sich die Weinberge. Bis zur Reblauskatastrophe Mitte des 19. Jhdts. wurden hier hauptsächlich Rotweine angebaut. Mittlerweile hat sich das sehr gewandelt, werden doch hier inzwischen mehr als 2/3 des gesamten spanischen Cavas (Sekt) produziert. Über 100 autochtone Rebsorten sind hier zu finden, neben den üblichen Roten Garnacha, Tempranillo, Cabernet Sauvignon, Cariñena oder Pinot Noir sowie den Weißen Xarel-lo, Macabeo, Chardonnay und Chenin Blanc. Sogar mit Riesling wird hier experimentiert.
Das Priorat ist ein kleines, von Bergen eingeschlossenes Weinanbaugebiet südlich von Barcelona, ca. 30 km von Tarragona entfernt. Hier begann einst der Weinanbau in Katalonien: Ende des 12. Jhdts. wird er urkundlich erwähnt, da die Kartäuser, die im Priorat die Leiter zum Himmel vermuteten, dort das Kloster Scala Dei gründeten und Wein produzierten. Im Mittelalter gehörte das Priorat dann zu den wichtigsten Weinproduzenten Kataloniens. Aber die Bedeutung schwand im Laufe der Zeit und erst in der zweiten Hälfte des 20. Jhdts. erholte sich dort der Weinanbau wieder. In den 80er Jahren haben schließlich innovative Winzer die Region wiederbelebt.
Weintechnisch ist die Region Priorat geteilt: DOQ Priorat (in der Karte grün) und umgeben vom DO Montsant seit 2001 (in der Karte rosa).
Im Jahr 2001 wurde dem Priorat die höchste spanische Qualitätsstufe DOQ vergeben und zusammen mit dem Rioja sind beide die einzigen, die diese höchste Herkunftsbezeichnung tragen dürfen.
Bis in 700 Meter Höhe erstrecken sich die Weinberge, in denen folgende Rebsorten zu finden sind:
DOQ Priorat Rot:
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DOQ Priorat Weiß:
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DO Monsant Rot:
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DO Monsant Weiß:
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Bei den Schaumweinen gibt es noch eine Besonderheit: Neben den klassischen Schaumweinen Cava und Vino Espumoso gibt es auch CORPINNAT. Der Name bedeutet geboren im Herzen des Penedès und setzt sich zusammen aus COR (das Herz – in dem Fall meint es den Ursprung spanischer Schaumweine, die hier im Herzen des Penedès vor gut 130 Jahren "erfunden" wurden) und PINNA (eine Referenz an den etymologischen Ursprung des Wortes Penedès "pinnae") und NAT (geboren).
Die neue Marke wurde im August 2017 auf die Associació de Viticultors i Elaboradors CORPINNAT (AVEC) eingetragen, zu der folgende neun Weingüter gehören: Gramona, Llopart, Nadal, Recaredo, Sabaté i Coca, Torelló, Can Feixes Huguet, Júlia Bernet und seit Dezember 2018 Celler Mas Candi. Wer in unsere Verkostungsbilder schaut, wird den einen oder anderen Wein dieser Weingüter finden.
Nach der "Lehrstunde" ziehen wir weiter durch das nächtliche Barcelona zum Restaurant Parellada, wo uns köstliche Tapas warm und kalt am laufenden Band - oder besser vom laufenden Personal - serviert werden mit der entsprechenden Weinbegleitung.
Anschließend gelüstet es uns noch nach einem Absacker, den wir auf der Hotelterrasse mit atemberaubendem Blick über die Stadt genießen können. Auch diesmal ist wie immer der Auftakt zur Weinreise rundum gelungen ..!
© 2021 Sixta Zerlauth