Der Süden Portugals
Nach zwei Wochen verlassen wir endlich die Berge, es geht runter ans Meer und entlang der Küste der Algarve, den Regen im Nacken, immer weiter Richtung Süden.
Unser Ziel ist Vila Nova de Milfontes, eine Stadt am Meer, wegen drohendem Regen habe ich mein Zelt unter einer Treppe aufgebaut, was sich als Scheißidee entpuppt, denn ich rutsche in der Nacht halb raus aus dem Zelt in Schieflage.
Am nächsten Tag früh aufgewacht und weiter auf die Straße gen Süden, der Regen bleibt noch aus. Unterwegs sieht man große Gemüse- und Obstfarmen, wo alle möglichen Fremdarbeiter für Billiglohn schuften. In einem kleinen Dorf steht eine ältere Fidschifrau mit einer Pulle Bier in der Hand und einer Kippe im Mund, Arbeitersonntag. Am nächsten Morgen dann nach kurzer Fahrt ein Halt in einem kleinen Fischerdorf, es lockt eine herrliche Silhouette und ein nettes Restaurant mit nepalesischer Bedienung ...
Es geht weiter zum südwestlichen Kap von Portugal, Sagres, unweit vom Cabo de São Vicente. Ziemlich touristisch wirkt es, allerdings scheint der schöne Fischerhafen für die Touris ein "NoGo" zu sein.
Der Obst- und Gemüseanbau wird im Wesentlichen mittlerweile von Asiaten durchgeführt; wir sehen in einem Dorf an diesem Sonntag viele von ihnen in einer Kneipe sitzen und gemütlich ein Bier trinken, sie lächeln uns freundlich zu ... Auf dem Weg zum Kap erreichen wir Odemira, wir schauen uns dort ein interessantes Kunstwerk an, den Blechernen Atlas.
Der Tourismus erscheint derzeit insgesamt sehr schwach in Portugal, aber natürlich ist es inzwischen schon annähernd Winter und deshalb kann man hier in der Gegend auch nicht mit vielen Menschen rechnen. Nur unten am Kap Sagres bis ungefähr nach Faro können wir feststellen, dass sich mehr Menschen tummeln ...
Wieder nach Spanien und eine Fährfahrt ...
Die Grenze von Portugal nach Spanien ist ebenso unbesetzt und ohne Fragen zu irgendwelchen Corona Zetteln oder Apps oder QR-Codes ...
Dicht hinter der Grenze erreichen wir den Urlaubsort Isla Cristina, der auf einer Art Halbinsel direkt am Meer liegt. Außer Tourismus gibt es hier nicht allzu viel, lediglich die kleine Bootsschiffahrt scheint zu florieren. Da ich ursprünglich eigentlich nach Marokko fahren wollte, muss ich ein wenig schmunzeln, als ich die Bar "Nuevo Agadir" in diesem Ort entdecke.
Später versuchen wir den Hafen von Huelva zu finden, aber die Stadt selber erweist sich als dermaßen verkehrstechnisch unübersichtlich, dass wir fast eine Stunde brauchen, um endlich zum Hafen zu kommen und Erkundigungen einzuziehen über eine Fährpassage nach Teneriffa mit meinem Fahrzeug und uns zwei Personen.
Die Frau am Schalter ist ganz nett und informiert uns: Es gibt zwei Fährgesellschaften, welche die Strecke zu den Kanarischen Inseln bedienen, einmal Naviera Armas, eine klassische spanische Reederei und dann Fred. Olsen & Co., eine alteingesessene Firma mit Hauptsitz in Norwegen, die kurioserweise erst in den 1970er Jahren begann, den kleinen Fährverkehr zwischen den Kanarischen Inseln aufzubauen. Heute liegen viele der kleineren Fred. Olsen Schiffe ohne Verwendung im Hafen von San Sebastian, Gomera, da sich zum einen der Tourismus weitgehend weg von den Schiffen auf das Flugzeug verlagert hat und die Coronabeschränkungen ihr übriges taten.
Eine Überfahrt von Huelva nach Teneriffa kostet annähernd 500 Euro für ein Fahrzeug und zwei Personen ohne Kabine. Nun, wir wollen unbedingt auf die Kanarischen Inseln, da auch an der spanischen Küste die Temperaturen langsam zu sinken beginnen, also zahlen wir widerwillig den Betrag. Es folgt noch eine Übernachtung auf dem Festland, um am nächsten Tag nachmittags die Reise übers Meer anzutreten. Dazu kaufen wir vorher reichlich Proviant ein, nehmen noch einige Tapas zu uns und begeben uns zur Ablegestelle.
Die Überfahrt dauert je nach Verbindung zwischen 31 und 38 Stunden, wir werden gegen 16:00 Uhr ablegen und unser Ziel kurz vor Mitternacht des Folgetages erreichen. Obwohl die Kanarischen Inseln ein fester Bestandteil Spaniens sind, gibt es eine ausführliche Zollkontrolle, wobei man sich besonders für unser Fahrzeug interessiert und wir deshalb rund eine halbe Stunde beschäftigt sind, Gegenstände hin und her zu räumen ...
Auf der Fähre selbst herrscht anschließend reges Treiben, viele Deutsche, Halbaussteiger, Hippies und andere Querreisende mischen sich nach einigen Stunden, um Gespräche zu beginnen und zusammen etwas zu trinken sowie ein wenig über ihre Pläne zu erzählen. Ich treffe ein Pärchen, das gerade aus Deutschland mit einem improvisierten UPS Wohnmobil zurück nach Gomera fährt, zuvor hatten sie die letzten Jahre auf der Insel in Höhlen oder Zelten verbracht, jetzt beginnt offenbar das kleine Luxusleben ...
Teneriffa oder Concrete Island?
Gegen Mitternacht angekommen in Santa Cruz ist die Frage, wie man einen schönen Platz am Meer finden kann, eher unlösbar: In einer Sackgasse nah am Meer, umgeben von hässlichen Wohnblöcken, treffen wir auf einen jungen Spanier in einem alten Golf 2. Der zeigt uns - nach gewissen Überredungskünsten - den Weg zu einer Übernachtungsstelle, der aber auf einem hässlichen, vollgeschissenen Parkplatz noch in der Hauptstadt Santa Cruz endet. Aber ohne Licht kein Überblick, also ergeben wir uns in eine elende Nacht ...
Auch am nächsten Tag wirkt Santa Cruz nicht sonderlich einladend, Teile der Stadt zeigen sogar einen gewissen Leerstand und erscheinen dadurch nicht unbedingt belebt. Wir entdecken die großangelegte Autobahn der Insel Teneriffa, dreispurig vollgestopft mit Fahrzeugen ergeben sich fast überall Ansätze zu Staus. Selbst wenn man die Autobahn schließlich auf einer Nebenstraße verlässt, um in einem kleinen Küstenort zu gelangen, gerät man auch dort wieder in erhebliche weitere Staus.
Nach den ersten Ortsbesichtigungen wird uns klar, dass wir uns auf einer Beton Insel befinden, wo nicht ohne Grund auch der Begriff Concrete Island auftaucht und wo einsame Plätze zum Übernachten kaum zu finden sind ...
Für mich erschreckend, befindet sich in der Mitte der Insel auch noch ein Berg, genannt Pico del Teide, mit einer Höhe von mehr als 3.700 Metern der höchste Berg Spaniens mit schneebedecktem Gipfel. Das bedeutet, wenn man auf die andere Seite der Insel fahren will, kann das nicht gelingen, ohne diesen Berg am Rande zu streifen, was mindestens einem Höhenunterschied von über 1.000 Metern entspricht. Mein altes Fahrzeug freut sich über solche Touren weniger und verbraucht dafür umso mehr, denn nur Slalom fahren bei dichtem Bergregen ist nicht so sein ökonomisches Ding. Nach einigen Tagen Inselerkundung wird uns klar: Das hier ist nicht UNSERE Insel. Man kann zwar durchaus ruhige Stellen finden, aber das sind karge Orte fast ohne jegliche Vegetation am Meer ...
Zufälligerweise steht der "Black Friday" vor der Tür, was noch mehr Verkehrsaufkommen bedeutet und mir kommt die Idee, zurück nach Santa Cruz zu fahren und dort bei der Fährgesellschaft nachzufragen, ob aufgrund des Black Fridays nicht vielleicht auch die Verbindungen zwischen den Inseln ermäßigt sein könnten ...
Die norwegische Fred. Olsen Gesellschaft verneint sofort, bei Armas hingegen bietet man mir auf meine Anfrage hin einen Rabatt von 50% auf andere Fährverbindungen zwischen den Kanarischen Inseln an. Also kaufen wir ein Ticket von Teneriffa nach Gomera für rund 100 Euro hin und zurück mit einem Fahrzeug und zwei Personen. Die Fähre geht am nächsten Tag von Los Cristianos nach San Sebastian auf Gomera. Wir kaufen noch ein paar Getränke und andere Lebensmittel in einem großen Supermarkt ein, beim Wenden vom Parkplatz lenke ich allerdings so unglücklich gegen einen Bordstein, dass sich die Lenkung später deutlich anders anfühlt, da das Lenkrad nun ungefähr eine Viertelumdrehung verdreht ist ...
© 2022 Michael Gallmeister