Geisterstadt und Höllenfahrt ...

Pyramiden ist eine mittlerweile aufgegebene und unbewohnte Bergarbeitersiedlung auf Spitzbergen mit ehemals über 1000 Einwohnern. Damit war Pyramiden einer der größten Orte Spitzbergens und zwischenzeitlich auch der nördlichste Ort der Welt. Pyramiden liegt am Billefjord, einem Ausläufer des Isfjord, etwa zwei bis drei Schiffsstunden nordöstlich von Longyearbyen, im sogenannten Dickson-Land. Der Ort verdankt seinen Namen der pyramidenartigen Form des gleichnamigen Berges, an dessen Fuß er liegt. (Wikipedia)

Bootstour nach Pyramiden ...Auch das "Roadbook" weiß wieder etwas über den heutigen Tag: "Wir werden abgeholt zu einer rund achtstündigen (Boots-)tour nach Pyramiden. Es handelt sich um ein offenes Schlauchboot! Pyramiden ist eine russische Geisterstadt mit der nördlichsten Leninstatue der Welt. Seit Ende der 90er Jahre ist der Ort verlassen. Wir machen einen Rundgang durch die Geisterstadt und nehmen anschließend einen Expeditions-Lunch. Auf der Rückfahrt kommen wir auch zum Nordenskjöld-Gletscher, der zu den eindrucksvollsten Gletschern Spitzbergens gehört."

Schon am Vortag auf der Langøysund hatte man sich irgendwie gefragt, wie das denn heute genau ablaufen sollte, immerhin gab es bei der Schiffstour doch recht ansehnliche Wellen und dann auf einem offenen Speedboat bei einer "Fjordsafari" zu der mehr als 60 km entfernten "Geisterstadt"? (Übersicht (3) und Karte rechts).

Allerdings, wer sich schon einmal mit den Aktionen von Sea Shepherd gegen japanische Walfänger vertraut gemacht hat, dann ein Modell des damaligen Flaggschiffs Steve Irwin samt seiner Speedboote an Bord gebaut und vielleicht sogar die packende Staffel 2 von "Whale Wars - Krieg den Walfängern!" gesehen hat, weiß was solche Boote können und wie es bei einer Fahrt mit diesen zugehen kann - also sicherlich etwas anders als am Tag zuvor auf der Langøysund ..!

Gegen 08:30 Uhr werden wir von einem Bus abgeholt, Guide Marcus von der Svalbard Adventure Group sitzt selbst am Steuer. Wie er uns später erzählt, ist er Engländer und die Abenteuerlust hat ihn nach Spitzbergen verschlagen, wo er im Sommer Boots- und ATV-Touren und im Winter Exkursionen mit Schneemobilen unternimmt.

Wir kommen im Hauptgebäude des Veranstalters an und gegen 9:00 Uhr beginnt die Einweisung: Schnell wird klar, dass wir uns mit Schutzanzügen einkleiden müssen, die denen einer Huskytour im skandinavischen Winter nicht nachstehen. Und ausgerüstet mit Anzügen, Stiefeln, Handschuhen und Schutzbrillen sollten wir in der Lage sein, die stattliche Strecke über das offene arktische Gewässer mit diesem Highspeed-Gefährt zurückzulegen - es würde auf jeden Fall spannend! 

Erste Einweisung ... Schutzanzug erforderlich
Umkleideaktion noch nicht beendet Noch andere Speedboote unterwegs Blick ins Cockpit muss sein Tapfere "Beifahrerin": Kein Notsitz!

Wir nehmen auf den Böcken des Bootes Platz und man fühlt sich wohl ähnlich wie auf einem Pferderücken, nur die Haltegriffe vor jedem Platz sorgen für eine ausreichende Sicherheit. Da diese Boote eine erhebliche Geschwindigkeit auf dem Wasser entwickeln können, muss man insbesondere auf den vorderen Plätzen mit äußerst harten Schlägen rechnen, wenn der Bug bei einem gewissen Seegang und hoher Geschwindigkeit auf jeden einzelnen Wellenberg klatscht. Aus diesem Grund wird diese Tour als ungeeignet für Schwangere und Personen mit Rückenbeschwerden bezeichnet - eine sehr berechtigte Warnung, wie wir noch im Verlaufe dieser Tour merken werden ...

Marcus steuert das mit Funk und GPS sowie diversen Sicherheitseinrichtungen ausgestattete Boot hinaus auf den Fjord: Er will zunächst einmal eine Testfahrt u.a. auch mit hoher Geschwindigkeit bis zu einem bestimmten Punkt vor dem Adventfjord machen, von wo aus wir noch umkehren können, sofern sich jemand an Bord keine Weiterfahrt zutraut. Nach diesem "Point of no Return" sollte man dann wohl an Bord bleiben. Erst am nächsten Tag werden wir erfahren, dass solch ein Boot erst vor kurzer Zeit von einem einzigen Passagier unbrauchbar zur Weiterfahrt gemacht wurde - ihm wurde unterwegs schlecht und nicht nur sein Frühstück ergoss sich über Boot und Mitreisende ...

Kurz danach gibt Marcus "richtig" Gas: Das Boot schießt mit heftigen Schlägen voran, so dass es trotz der vorherigen Aufforderung, immer sitzen zu bleiben, doch sinnvoll erscheint, sich manchmal leicht zu erheben und in die Knie zu gehen, wobei man die heftigsten Stöße deutlich leichter abfangen kann als auf den brettharten Böcken. Wer ganz hinten auf dem "Notsitz" neben Marcus Platz nimmt, bekommt zwar im Ernstfall die größten Wassermassen bei jedem Aufklatschen ab, jedoch auch die geringsten Stöße. Je weiter vorn man sitzt, umso mehr kehrt sich dieses Verhältnis um. Aus Vorsichtsgründen setzen wir uns relativ weit nach hinten und belegen auch noch den Platz neben Marcus beim Cockpit - für die Explorer Magazin "Fotografin" bis dahin ein ausgezeichneter Platz!

Nach rasender Fahrt halten wir an und Markus klettert auf dem Boot nach vorn. Niemand meldet sich auf die Frage, ob jemand Probleme mit der Weiterfahrt hätte. Und er beruhigt uns zudem: Auf der Rückfahrt von Pyramiden würden wir den Wind im Rücken haben und damit wäre der bisherige Abschnitt unserer "Testfahrt" wohl der heftigste der ganzen Tour gewesen. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass wir noch monatelang über diesen "Schenkelklopfer" lachen werden, als der sich Marcus´ Vorhersage später erweisen wird ...

Halt am Vogelfelsen Papageientaucher ... ... und Dickschnabellummen

Ein naher Vogelfelsen wird zum Zwischenstopp: Unser Guide steuert das Boot recht nah an die Felsen, in denen sich ganze Vogelkolonien versammelt haben und die weiß gefärbt sind vom Kot der Tiere. Wir sehen überwiegend Dickschnabellummen in der Wand, aber auch eine Reihe von Papgeientauchern, die es später interessant zu finden scheinen, vor unserem Boot selbst bei höherer Geschwindigkeit zu kreuzen - auch unser "Birder" Sepp hätte hier sicher seine Freude gehabt!

Wir nehmen Fahrt auf Richtung Nordost - allein Hin- und Rückfahrt werden wohl mehr als zwei Stunden auch bei höherem Tempo in Anspruch nehmen. Mit teilweise hoher Geschwindigkeit kommen wir voran, immer wieder durchfahren wir dabei Passagen, wo der Wellengang ein kurzes Aufstehen und Abfedern der Schläge in den Knien erfordert. Irgendwann taucht vor uns schließlich die Küste mit dem Ort Pyramiden auf: Bereits aus der Entfernung erkennt man gut die baulichen Überreste der ehemaligen Bergarbeiterstadt samt Ruinen aufwändiger Verladeanlagen rund um den Hafen, auf den wir nun zufahren. 

Marcus legt an und macht das Boot fest. Wir können aussteigen und uns ein wenig umziehen: Den "Astronautenanzug" samt schweren Stiefeln und sonstigem Zubehör lassen wir im Boot zurück und machen uns in leichterer Ausstattung bei überwiegend sonnigem Wetter zu Fuß auf Richtung Ortsmitte. Marcus erklärt zunächst einiges zum Ort, er wird - bewaffnet mit einem Gewehr wegen hier immer wieder auftauchender Eisbären - unsere Gruppe durch diese historische Siedlung führen ...

Ankunft in Pyramiden

Festmachen angesagt ... Rundgang beginnt ...

Im Gegensatz zu der heute noch in Betrieb befindlichen russischen Kohlesiedlung Barentsburg handelt es sich bei der "Geisterstadt" Pyramiden um eine verlassene russische Siedlung, an der bereits viele Jahre der Zerfall genagt hat und bei der etliche Gebäude in der Zwischenzeit geplündert und beschädigt wurden. Seit rund 10 Jahren sind wieder Arbeiter in der Stadt tätig, eine weitere Zerstörung und kostenintensive Auflassung soll dadurch vermieden werden und wohl auch den Tourismus hat man dabei im Auge. Ein Hotel ist ebenfalls wieder in Betrieb und im Sommer ist der Ort regelmäßiges Ziel von Tagesausflüglern und Ausgangspunkt für Trekkingtouren. Es gibt sogar eine Art Linienbus zwischen Hafen und Hotel, der regelmäßig auch während unseres Aufenthaltes leer hin und zurück fährt. Wir hätten auch wie gestern mit einem Schiff von Henningsen Transport hierher fahren können, was allerdings nicht nur erheblich länger gedauert hätte, sondern natürlich auch wesentlich weniger abenteuerlich gewesen wäre ...

Wir gehen über den Hauptplatz von Pyramiden, wo immer noch eine Leninstatue in die Ferne und auf den dort liegenden beeindruckenden Nordenskjöld-Gletscher schaut. Im ehemaligen Kultur- und Gemeinschaftshaus wird viel vom Verfall sichtbar: Wir dringen bis zu einem ehemaligen Schwimmbad im Inneren vor und kommen durch Gänge, in denen sich heute eine Unmenge an Gerümpel stapelt.

Unübersehbarer Eingang Erinnerung an große Kohlezeiten ... Immer noch alles da, was man braucht?
Marcus zeigt wo es langgeht ... Beeindruckende Kulisse ... ... und Bergbau-Ruinen Ein Neuer oder ein Alter heute im Tor?
Inhalt zum Glück unbekannt ... Fluchtartiger Aufbruch ..?

Weiter geht es vorbei an einem Elektrizitätswerk, an mit Backsteinen oder Holzpaneelen verzierten Gebäuden und etlichen früheren Wohnhäusern sowie solchen, die im Zusammenhang mit dem damaligen Kohleabbau stehen. In den Fensterhöhlen nisten oft Unmengen von Tauben in ganzen Kolonien. Unser Weg führt uns auch zu einem Sportplatz und später erreichen wir das etwas abgelegene "Flaschenhaus": Das wurde ausschließlich aus Wodkaflaschen erbaut und veranstaltet bei entsprechenden Windverhältnissen gelegentlich sogar ein "Flaschenkonzert" - heute allerdings herrscht hier bei noch wenig Wind nur Schweigen ...

Immer wieder schweift der Blick durch die bizarre Landschaft mit ihren Gebäuden und Ruinen bis weit hinüber zum großartigen Nordenskjöld-Gletscher, den wir zum Abschluss auch noch per Boot erreichen wollen - alles in allem ein Ambiente, das in Anbetracht der Fülle unvergesslicher Bilder einen eigenen Beitrag in unserer Fotorubrik verdient ..!

Wer wohnt denn hier? Die Einwohner leben heute lieber draußen ... Wachmöven ..?
Spaziergang zum Flaschenhaus Einblick durch fehlende Wodkaflaschen ... Heute hier kein Flaschenkonzert
Nördlichste Leninstatue? Leere Flure ... Verlassenes Schwimmbad Letzte Tage ..?
Lagebesprechung ... Eisbärenwächter ..? Post Office mit Wartezimmer? Endlich am 79ten Breitengrad??

Der Rückweg durch den Ort geht vorbei an einem beeindruckenden "Ortsschild", das verziert mit einem Eisbären die "magische" Zahl 79° trägt, mit der man sich natürlich gerne ablichten lässt. Auch wenn diese geografische Breitenangabe sicherlich ein bisschen "aufgerundet" wurde, kann man doch schließlich ein wenig stolz darauf sein, hier und heute anzukommen ...

Ein Schuss in der Ferne lässt plötzlich aufhorchen und eine gewisse Besorgnis wird auch bei Marcus sichtbar: Erst vor kurzem wurde wohl wieder mal ein Eisbär in dieser Siedlung gesichtet ...

Wir kehren zum Hafen zurück, wo in der Zwischenzeit die MS Billefjord angekommen ist, die heute für Henningsen Transport Pyramiden anfährt. Unser Speedboat am Kai wirkt zwar recht klein dagegen, aber dafür umso sportlicher - wir wissen nicht, wie viele der Passagiere der Billefjord wohl heute wirklich mit uns tauschen würden. Wir jedenfalls nicht, denn die 8 Knoten Reisegeschwindigkeit dieses Schiffes könnten uns inzwischen wohl kaum beeindrucken ...

Marcus serviert uns das angekündigte "Expeditions-Lunch", das offenbar zu unserer Bootstour passen soll. Aber selbst wenn man passend heißes Wasser auf die Tüte gießt, würde diese doch wohl nie Eingang finden in unsere Rubrik "Kochen unterwegs": Zumindest ein Tüteninhalt landet unbeschadet im Fjord - möge er zumindest dort Interessenten gefunden haben!

Zurück zum Hafen Lecker Expeditionsmenü ... Die MS Billefjord ist auch schon da

Irgendwann ist wieder Zeit für den Aufbruch: Nach erneut umfangreicher Umkleideaktion sitzen schließlich alle "See-Astronauten" wieder auf ihren harten Plätzen und wir jagen hinaus in den Fjord. Diesmal ist der gegenüberliegende großartige Nordenskjöld-Gletscher unser Ziel. Marcus fährt so weit möglich heran an die ehrfurchtsgebietende Eiswand und wir lassen dieses Schauspiel auf uns wirken.

Obwohl das Wetter mittlerweile deutlich eintrübt und sich eine Wolkendecke zusammenzieht, die eine etwas schummrige Atmosphäre über dem eisigen Fjord verbreitet, wollen wir noch auf die südliche Seite der Bucht: Marcus fährt uns um die kleine Halbinsel herum an die andere Seite des Gletschers. Hier treffen wir zuerst die uns schon bekannte und in Longyearbyen gesichtete Aurora Explorer und danach - wieder direkt am Gletscherrand - die Polargirl, ebenfalls ein Passagier- und Touristenschiff, das auf Gletscher- und "Eisbärjagd" zu sein scheint.

Bald sehen wir den Grund, warum das "Polarmädchen" hier wohl schon länger liegt, bevor es sich bei unserer Annäherung wieder auf den Rückweg macht: Wir erkennen drüben einen Eisbären, der zunächst wohl unbeweglich im Tiefschlaf zu liegen scheint, dann aber zumindest einmal kurz den Kopf hebt, um zu uns herüber zu schauen. Wir senden ihm einen (lautlosen) Gruß mit unseren besten Wünschen!

Überfahrt zum Nordenskjöldbreen Treffen mit dem Polargirl
Beachtliche Eishöhlen ... ... und beachtlicher Eisbär

Langsam aber sicher wird es Zeit, die doch wohl noch längere Rückfahrt nach Longyearbyen anzutreten: Vorsichtig manövriert Marcus durch die um uns herum treibenden Eisschollen, bevor wir wieder offenes Gewässer erreichen und die "Gase reinschieben" können. Bereits kurz danach rasen wir auf "Sea Shepherd-Art" am Polargirl vorbei, deren Passagiere allerdings wohl schon alle unter Deck an der Bar sind, da wir fast niemanden an Deck erkennen können.

Unmittelbar nach Verlassen des Gletscherfjords und Eindrehen auf Südwestkurs bemerken wir, dass es schlagartig unangenehm wird auf See. Im Gegenwind schlägt das Boot nun unaufhörlich hart auf, wobei sich heftige Gischtwolken über alle an Bord ergießen. Marcus stoppt das Boot kurz und beginnt nun zum ersten Mal, uns Mut zuzusprechen: Offenbar hat sich im Laufe des Tages das Wetter komplett anders entwickelt als heute morgen vorausgesagt. Der zunehmende Wind hat um 180° gedreht und kommt nun direkt von vorn aus Südwest, was unsere Rückfahrt zu einem echten "Ritt" machen wird.

Das Boot nimmt wieder Fahrt auf und bereits eine Viertelstunde später wird klar: Dies wird ein Höllenritt, gegen den unsere morgendliche Eingewöhnungsfahrt ein Witz war. Unglaubliche Brecher ergießen sich nun über die gesamte Besatzung, knallharte Aufschläge bei schneller Fahrt machen es ratsam, sich ein wenig zu erheben und die weiteren Stöße in den Knien abzufedern, vor allem aber nicht nicht auf dem bockharten Sitz. Bei gleichzeitigem Festhalten am Haltegriff entwickelt sich das nun zu einem wahrhaftigen Rodeo ...

Volle Fahrt zurück ... Danach gab es keine Fotos mehr ...

Nach weiterer gnadenloser Fahrt, bei der kein einziges Foto mehr bis zum Ende der Reise entstehen kann, stoppt Marcus noch einmal kurz das Boot: Auch dabei heftig schaukelnd im inzwischen beachtlichen Wellengang kümmert er sich kurz um Passagiere auf den vorderen Sitzen. Dort scheinen einige unter Schock zu stehen: Erstaunlicherweise sind welche wie festgenagelt auf den Sitzen geblieben und eine Frau ist sogar mit dem Gesicht auf der Haltestange aufgeschlagen, sie blutet am Mund - hat sie sich die Zähne verletzt?

Marcus versucht zu beruhigen und wir kommen überein, dass es nicht gut wäre, nun langsamere Fahrt zu machen, da das kaum zu geringeren Problemen im Seegang führen, aber unsere Rückfahrt erheblich verlängern würde. Also heißt es die schockierten Passagiere unter den Mitreisenden zu beruhigen und weiter volle Fahrt voraus. Ein Finne auf dem Nebensitz erweist sich als "Seeheld": Als er merkt, dass es außer ihm immer noch weitere Passagiere an Bord gibt, die sich über das Ganze belustigen können - vor allem in Anbetracht der Voraussage von Marcus nach unserer Einweisungsfahrt -, finden wir schnell zueinander: Noch am nächsten Tag wird er in einem Lokal jemandem von seinem "German Friend" erzählen, als wir uns dort zufällig wiedertreffen ...

Doch die restliche Tour ist der wahre Höllenritt: Ein Brecher nach dem anderen ergießt sich über das Boot, das Abfedern in den Knien wird zur Herausforderung, sowohl im "Astronautenanzug" als auch in Stiefeln und Handschuhen gibt es mittlerweile einen deutlichen Wasserstand und selbst die Schutzbrille kann nicht wirklich verhindern, dass eiskaltes Salzwasser in den Augen mittlerweile fast jede Sicht nimmt. Marcus kümmert sich noch besonders um seine "Beifahrerin" hinten neben dem Cockpit, die zwar die wenigsten Schläge des Bootes abbekommt, sich dafür aber selbst als frühere Wildwasser-Fahrerin heute wie im offenen U-Boot fühlen muss: Es gibt während der endlos erscheinenden Rückfahrt keinen einzigen Brecher, der sie nicht vollständig übergießt. Zwischendurch gelingt es aber dennoch wohl irgendwie, von Marcus das eine oder andere trockene Cookie aus einer Tüte zu übernehmen - alle Achtung an dieser Stelle für´s Durchhaltevermögen!

Gut zurück: Entspannung im Svalbard Hotell ...Irgendwann nach gefühlt stundenlanger Brecher- und Hüpftour sind durch Meersalzwasser und nasse Brillen schwach einige weiße Radarkugeln in der Ferne erkennbar: Die schon bekannte SvalSat-Satellitenstation zeigt an, dass die Einfahrt in den Adventfjord vor Longyearbyen nicht mehr weit ist.

Wir drehen ein in den Fjord, der harte Gegenwind nimmt ab und das Boot liegt wieder ruhiger im Wasser, als wir den Flughafen passieren. Kurz danach kommen wir am Landungssteg des Unternehmens an: Etliche Passagiere verlassen mühsam und schweigend teils mit zittrigen Beinen das Boot und völlig durchnässt geht es zurück in die Umkleide ...

Marcus bringt uns viel später noch sehr individuell mit seinem Auto zum Svalbard Hotell zurück und entschuldigt sich sogar beim Explorer Team für die Tour: So eine Fahrt hätte er bisher noch niemals gemacht. Er freut sich, dass wir das Ganze mit Humor nehmen und er uns auf diese Weise wieder mal ein spannendes Erlebnis vermitteln konnte ...

Da wir unseren reservierten Tisch im Kroa Svalbard zeitlich nun nicht mehr erreichen können, gibt er uns noch einen entscheidenden Tipp, der für heute Abend langt: Auch in unserem Hotel soll es eine gute Küche geben. Und obwohl man die scheinbar weitgehend vor den morgendlichen Hotelgästen zu verstecken wusste, gibt es sie tatsächlich: Ein hervorragendes Abendessen ohne den geringsten Umweg erwartet uns und dabei gibt es heute wirklich viel zu erzählen ...


© 2017 J. de Haas