Portugal  Noch einmal: Portugal 2022

Der große Regen ...


Wie schon seit 2021 wieder mal unterwegs Richtung Portugal: Nachdem ich zuvor noch einen herrlich trockenen Tag im spanischen Burgos genossen habe, sieht das am Morgen des nächsten Tages hier schon wieder ganz anders aus: Der 08. November 2022 zeigt sich erneut stark bewölkt und windig ...

Gegen Nachmittag kommt dann auch der Regen wieder zurück. Für uns beide, mein Womo LERRY und mich, heißt das also schnell mal weiter nach Süden. Die Mautstraßen in Spanien haben sich damit wohl erledigt. Es gibt ab sofort keine Zahlstellen mehr. Während uns das nasskalte Wetter verfolgt, rollen der LERRY und ich immer weiter Richtung Südwesten - vorbei an Valladolid und Salamanca.

Unterwegs sehe ich einen Lastwagen, der jede Menge Sand geladen hat: Das ist an sich nichts besonderes, wäre da nicht einer der Zwillingsreifen am Ende des Lasters ziemlich platt. Platte Reifen werden durch die viel höhere Reibung allerdings schnell sehr warm und können auch anfangen zu brennen. Ich setze mich also mit dem LERRY vor den Laster und arbeite fleißig mit Händen und Hupe, um den Mann zu warnen. Der aber findet wohl nur, dass der LERRY viel zu langsam fährt und überholt mich sofort wieder. Etwa 15 km weiter steht er in einer Ausfahrt und löscht seinen Lastwagen. Wer nicht hören will ...

Ich freue mich sehr, dass das große Fenster im Dach vom LERRY wirklich dicht ist. Das war gute Arbeit der Firma Parracho in dem kleinen Ort Cernache, wenige Kilometer südwestlich von Coimbra. Trotzdem schaue ich immer mal wieder in den Rückspiegel in den Wohnraum  ...

Wieder mal in vertrauter Gegend ... Will man da wirklich aussteigen ..?

Heute erreichen wir den kleinen Ort Gallegos de Arganan, natürlich bei Regen. Wir sind jetzt ganz kurz vor der portugiesischen Grenze. Der 09. November 2022 geht so weiter, wie der 08. aufgehört hat – es schüttet wie aus Eimern. Kurz kommt mir der Gedanke, draußen im Regen eine Dusche zu nehmen. Die Wassermenge von oben wäre dafür völlig ausreichend. Wenn ich dann aber so den Boden draußen sehe, würde ich zumindest mit den Füßen wieder schmutziger reingehen in den LERRY, als ich rausgegangen bin ...

Wegen der langen Fahrzeit gestern mache ich heute einen Tag Pause. Allerdings weiter enorm viel Wasser von oben, der bedeckte Himmel lässt ein Arbeiten am Computer nicht zu: Die Energie aus dem Solarpaneel reicht da gerade für die Innenbeleuchtung und das Handy.

Vom Regen nass genug starte ich schon bald wieder zum nächsten Ziel: Alveite Grande, ein Ort mit gut 130 Einwohnern. An der Grenze nach Portugal will ich mir einen sogenannten Transponder zulegen, der mir ein Fahren auf den portugiesischen Mautstraßen ermöglicht. Doch die Ausgabestelle an der Grenze wurde wegrationalisiert: Man kann das nun nur noch online und vor der Reise machen. Also heißt es weiter auf portugiesischen Landstraßen.

Aufpassen wegen der Löcher ist nun angesagt! Außerdem gibt es keine befestigten Ränder. Einmal unvorsichtig über die Kante fahren, und der LERYY landet auf der Seite. Bald geht es nach oben. Alveite Grande liegt höher, doch hier gibt es etwas Sonnenschein. Aber nur heute! Meine Bekannten dort warten schon ...

Heute tatsächlich mal Sonnenschein!

Auf zu den Windmühlen ..! Telefonzellen ..? Weitblick angesagt ...

Für den heutigen 11. November ist tatsächlich noch einmal Sonne angesagt. Da mache ich mich doch gleich auf den Weg, um mir alte portugiesische Windmühlen ganz in der Nähe anzusehen. Ich steuere die Windmühlen im Bereich des Dorfes Penacova oben auf einem Berg an: Hier wurden schön restaurierte Mühlen für den Touristenverkehr aufgestellt, um den Besuchern Stücke vergangener Zeiten nahezubringen.

Ich habe heute unerwartetes Glück mit der Aussicht und kann weit über das Land blicken. Viele der Berghänge waren einmal bewaldet, doch auch hier hat es durch Leichtsinn wie an anderen Orten sehr schlimm gebrannt. Das Aufforsten soll mindestens 10 Jahre in Anspruch nehmen, um den entstandenen Schaden einigermaßen zu reparieren. Die Mühlen selbst sind nicht besonders groß, zum Wohnen sind sie eher nicht geeignet. Vielleicht aber als luxuriöse Telefonzelle ..?

Ich bleibe jetzt einige Tage bei den Bekannten in Alveite Grande. Über deren Adresse versuche ich ein zweites Mal an den Transponder für die Mautstraßen zu kommen. Die Firma will ihn nun hierhin senden, wir werden sehen! Die Menschen in dieser Gegend sind offen und kontaktfreudig, hier leben auch Niederländer und Briten. Eigentlich gelebtes Europa!

Am nächsten Tag kommt der Regen wieder, sehr viel Regen. An irgendwelche neuen Abenteuer ist nicht zu denken und er spült alle Pläne für diese Zeit weg. Ganz Portugal bekommt erhebliche Probleme mit der augenblicklichen Menge an Niederschlag. In Faro, Coimbra und Lissabon werden ganze Stadtteile überflutet, an solche Wassermengen zur Winterzeit können sich nur einige ältere Portugiesen erinnern. In kleineren Ortschaften lösen sich sogar asphaltierte Straßen auf und brechen weg. Häuser an den betroffenen Straßenseiten rutschen gleich hinterher. Überall liegen inzwischen Steine und Geröll auf den Straßen. Während der Nacht zu fahren wird zum erheblichen Risiko. Im Fernsehen wird gewarnt ...

Auch hier in Alveite Grande sind die Spuren zu sehen: Der Weg, auf dem der LERRY steht, weicht auf und wird zu einer Schlammstrecke. Die Zusendung des Transponders an diese Adresse scheitert ebenfalls. Die Firma DPD ist hierzulande genauso schlecht wie in Deutschland: Angeblich konnten sie die Adresse nicht finden. Ich habe "Verständnis", die Leute leben schließlich auch erst 16 Jahre hier! Eine billige Ausrede ...

Vielleicht doch mal weiterfahren? Sandabspülungen ...

So entscheide ich mich schließlich am 17. November dazu, einige Tage an die Costa de Lavos zu fahren, die ich bereits Ende 2021 besucht habe: Dort am Ufer des Atlantiks wird der LERRY sicherer stehen. Da kann nichts weggespült werden, weil es keine Abhänge wie hier in den Bergen gibt. Auf dem Weg dorthin halte ich noch kurz bei der Wohnmobilwerkstatt Parracho in Cernache bei Coimbra an: Die Wohnraumbatterie des LERRY möchte aufgrund ihres Alters offenbar in den Ruhestand gehen. Am frühen Nachmittag komme ich an der Costa de Lavos an, zu meiner Begrüßung verschwinden alle (!) Wolken zumindest für kurze Zeit ... 

Inzwischen ist der 22. November angebrochen. Das Wetter an der Costa de Lavos: Schauer, Böen, sehr viel Regen - auch in der Nacht. Im letzten Winter bin ich um diese Jahreszeit am Strand mit kurzer Hose bei 16°C im Schatten herumgesprungen! Lange Strandspaziergänge waren damals sehr angenehm. Daran ist jedoch nicht zu denken: Das Bild oben rechts zeigt Sandabspülungen am Strand. Innerhalb von zwei Tagen sind gut eineinhalb Meter Sand im Meer verschwunden. Wenn jetzt Wellen kommen, werden sie von dieser Kante quer zum Ufer umgelenkt und können ihre Energie nicht mehr durch das Auflaufen am Strand verlieren. Jetzt schießen sie ungebremst quer vor der Kante entlang. Beinahe hätte mich eine Welle beim Fotografieren erwischt: Mit einem wilden Sprung nach oben kann ich mich gerade noch in Sicherheit bringen ...

Gasthund Bobbie ...Die Bilder rechts zeigen Bobbie, in den LERRY kommt er als Notfall: Er stammt aus einem niederländischen Wohnmobil hier auf dem Platz. Da er mich so richtig liebt, bekomme ich ihn für eine kurze Zeit ins LERRYmobil. Seine Besitzer müssen eine heftige Erkältung wegen des Wetters auskurieren. Unsere doch etwas unterschiedlichen Sprachen hatten wir schnell überwunden. Drei Tage blieb er bei mir, heute darf er wieder zurück.

Viele der Leute hier kämpfen bei dem nasskalten Wetter mit einer Erkältung. Doch, wo sollen sie hin? In der Heimat ist es noch kälter und auch nass. Hier in Portugal gibt es allerdings zur Zeit keine Fläche, die nicht unter Regen liegt. Die Nächte werden nicht so kalt, aber eben nasskalt ...

Wir schreiben inzwischen den 24. November: Wie das im Leben so ist, irgendwann muss man auch einmal seine Wäsche waschen. Im letzten Jahr war die Handwäsche kein Problem, es gab Sonne satt. Nun habe ich so lange wie möglich gewartet. Auch Teppiche und Fußmatten sehen bei dem ewig feuchten Wetter nicht mehr einladend aus. Doch Lösung ist da: Ganz früh am Morgen mache ich mich mich dem LERRY auf den Weg ins 14 km entfernte Figueira da Foz. Hier gibt es beim Supermarkt einen außen liegenden Waschvollautomaten. Ideal und sehr schnell. Natürlich schüttet es weiter ohne Ende: Doch es gibt sogar Waschmaschinen und Trockner! Also heißt es todesmutig raus in den strömenden Regen, alles rein in die Maschine. Bezahlen nicht vergessen und zurück in den trockenen LERRY! Normalerweise ist alles nach etwa 1,5 Stunden erledigt. Heute aber nicht.

Als ich die Wäsche in den Trockner laden will, ist sie bereits trocken!? Die Maschine war offensichtlich gelaufen, aber ohne zu waschen! Also rein in den Supermarkt. Keine Hilfe: Ich bekomme eine Servicenummer, sollte aber besser portugiesisch können. Alles zurück in den LERRY. Am Ende bin ich und die Wäsche nass vom Regen, keine Möglichkeit zu trocknen und nichts erreicht. Insgesamt 15 Euro für ´s NICHT waschen ...

Einmal Waschen und Trocknen bitte! Eher Nasswäsche ...
Sonnenschein! Rumgammeln angesagt ... Endlich mal wieder Idylle pur!

Ich habe richtig Glück! Für heute, den 25. November, ist ein(!) ganzer Tag Sonne gemeldet. Also früh aus dem Bett, die Handwäsche wartet. Als die Sonne dann aufgeht, habe ich einen großen Teil der Wäsche bereits draußen auf der Leine. Es wird sogar ziemlich warm. Ja, wirklich! Diese hellen Flächen im Bild oben beim LERRY sind warmer Sonnenschein! Für den Nachmittag ist somit erst einmal rumgammeln angesagt ...

Bereits am nächsten Tag legt das Regenwetter in bekannter Zuverlässigkeit wieder los. Zum Regen hier an der Costa de Lavos kommt heute noch ein Ausfall des Internets hinzu: Ich beschließe mit dem LERRY etwas weiter Richtung Süden zu fahren, wieder mal nach Vieira de Leiria. Dort ist das Wetter nicht anders, aber ich will in diesem Ort noch ein paar Bekannte besuchen. Die Frau dort kommt aus Ostfriesland, für sie habe ich 600 Beutel Ostfriesentee aus ihrer Heimat dabei.

Als ich ankomme, ist die Freude groß: Natürlich ist der Regen hier genauso heftig, doch der Tee ist eine feine Sache. Für mich gibt es einen Anschluss an das Stromnetz und ich kann endlich mit dem Schreiben der ersten Geschichte von dieser Reise beginnen.

Noch etwas Wichtiges will ich hier versuchen. Ich starte mit der Adresse meiner Bekannten den dritten Versuch, an meinen Transponder für die Mautstraßen zu kommen. Inzwischen habe ich meinen Platz von den Bekannten in Vieira de Leiria an den Strand des Atlantiks verlegt. Das sind nur sechs Kilometer Entfernung in Richtung Westen. Der Ort am Strand heißt Praia de Vieira, wobei das Wort Praia das portugiesische Wort für Strand ist.

"Quarta-feira", der Mittwochs-Hund ...Inzwischen ist schon der 07. Dezember angebrochen. Hier und heute treffe ich auf meinen zweiten vierbeinigen Notfall: Das Bild links zeigt meinen kleinen portugiesischen Freund ohne Namen. Er läuft hier auf diesem Platz den ganzen Tag im strömenden Regen herum: Von Wohnmobil zu Wohnmobil. Glücklicherweise habe ich die Unterstützung einer französischen Veterinärin, die auch gerade mit ihrem Wohnmobil hier im Regen steht. Sie hat allerdings bereits einen eigenen Hund an Bord. So verbringt mein Findling, ich nenne ihn einmal Quarta-feira, den ganzen Tag damit, auf dem Platz der Wohnmobile zu bleiben. Ganz so, als würde er auf ein ganz bestimmtes Wohnmobil warten. Der Name ist übrigens portugiesisch und heißt auf deutsch einfach "Mittwoch" ...

Einige Anwohner haben ihm bereits verschiedene Sachen gebracht, so Futter und Decken. Doch bei diesem Wetter ist das alles sehr schnell völlig nass. Der Hund wird gar nicht mehr trocken. So hat er wohl auch schon einige Nächte hier im Regen verbracht. Immerhin wissen wir schnell, dass er auf die portugiesische Sprache reagiert. Wir denken, dass ihn Wohnmobilisten ausgesetzt haben, hier auf diesem Platz. Nun wartet er eben genau auf dieses Wohnmobil. Aber es wird nicht kommen ...

Meine Bekannten in Vieira de Leiria wollen uns helfen und nehmen Kontakt mit Tierfreunden im Umkreis auf. Doch bis sich etwas tut, übernehmen wir die Fütterung selbst. Das nasskalte Wetter lässt die Stimme des Tieres bald heiser werden. So kommt er am Abend eben in den LERRY: Zum Trocknen und Aufwärmen. Hier ist noch immer das Hundebett von Loona, meiner ehemaligen Bordkameradin. Sobald es hell wird, will er aber unbedingt wieder raus in den strömenden Regen. Es ist ihm egal: Er will auf keinen Fall die Rückkehr "seines" Wohnmobils verpassen ..!

So geht das weiter bis zum 12. Dezember: Doch endlich zeigt die Veröffentlichung der Bilder des Hundes Wirkung und er wird von Menschen abgeholt. Hier in Portugal findet man ansonsten keine streunenden Hunde mehr: Die Gesetze sind da inzwischen sehr streng geworden. Deshalb ist Quarta-feira auch sofort aufgefallen ...

Der ewige Regen geht unvermindert weiter: Das Fernsehen ist voll von Warnungen über beschädigte Straßen und Häuser. Immerhin schaffe ich es nun endlich, die erste Geschichte dieser Reise zu veröffentlichen. Ich bin jetzt schon 59 Tage unterwegs. Davon seit 6 Wochen im Regen ...

Ja ist denn schon wieder Weihnachten ..?

Weihnachtsgeschenk: Einen auf den Deckel ... Abschied: Nun weiter nach Spanien ..!

Drei Tage später: Für die kommende Zeit will ich andere Reisende an der Costa de Lavos treffen. So gibt es am 17. Dezember dort eine gemeinsame Kaffeetafel, die Sonne scheint. Doch nur am Nachmittag ...

Am 22. Dezember erhalte ich schließlich in Vieira de Leiria bei meinen Bekannten endlich den ersehnten Transponder für die Mautstraßen. Nach 42 Tagen und drei Versuchen. Kurz darauf heißt es Frohe Weihnachten mit dem LERRY: Es ist der 24. Dezember und ich bereite mich auf die Abfahrt nach Osten vor. Dort soll es erheblich weniger regnen. Ich will bis nach Roses in Spanien. Dann, am zweiten Weihnachtstag, zerfallen ganz plötzlich und unerwartet zwei Scharniere des Seitendeckels: Der Kunststoff wird zu alt und spröde. Ich muss den Deckel zusätzlich von innen sichern.

28. Dezember 2022: Abschied von der Costa de Lavos. Die dicken Wolken bleiben ununterbrochen, ab und zu entlädt sich immer mal wieder ein Schauer aus ihnen. Morgen früh werde ich mich auf den Weg nach Ostspanien machen. Man glaubt es kaum, aber dort soll die Sonne scheinen ...


© 2023 Jürgen Sattler


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen Sattler finden sich in unserer Autorenübersicht!