Deutschland, 20.08.03: Der Aufbruch ...
Zehn Jahre danach? Nun, eigentlich sind es nur sechs Jahre her, seit der Explorer zum letzten Mal für eine Island-Tour gesattelt wurde - und jene Tour Faröer/Island 97 geht uns heute durch den Kopf, als wir in München starten.
Diesmal soll alles anders werden, kein Stress bei der Anreise soll uns quälen, und das bedeutet: Man muss sich Zeit nehmen, viel mehr Zeit als damals, wo es "nur" nach Esbjerg ging. Und damit sind wir bereits beim ersten Punkt, der diesmal anders ist: Schon seit langem hat die Smyril Line, der Fähren-Monopolist zwischen Dänemark, Norwegen, den Faröern und Island, seine Abfahrtstelle verlagert. Auch eine Methode, wie man Kosten senken und diese auf seine Kunden verlagern kann: Während die Fähre Norröna Tonnen von Treibstoff spart, muss halt nun der Passagier dafür sorgen, dass er mehr als 200 km weiter in den Norden Dänemarks kommt, um jetzt von Hanstholm aus zu starten.
Dass es sich betreffend der Anreisekilometer für Fährpassagiere aus München nun also um den "Worst-Case" handelt, den man für eine Passage nach Island hierzulande einkalkulieren muss, liegt auf der Hand. So haben wir uns diesmal Zeit genommen: Am Vormittag des 20.8. erfolgt der Aufbruch Richtung Norden - da die Fähre erst am Samstag, den 23.8. ausläuft, bleibt also Zeit genug. Wie schon 1997 haben wir eine Übernachtung in Deutschland eingeplant und diesmal zwei zusätzliche in Dänemark - eine geruhsame Anreise soll es also werden, denn wieder mal ist auch der Weg das Ziel. Wo genau die Übernachtungen stattfinden sollen, wird sich während der Fahrt ergeben.
Die Ausrüstung an Bord ist ganz wie üblich - allerdings mit zwei Benzinkanistern außen anzureisen, erscheint bei unserer Routenplanung durch Island nicht erforderlich, da es nur einmal quer durchs isländische Hochland gehen soll und schließlich auch 97 ein einziger Zusatzkanister reichte. Und so kombinieren wir dann zum ersten Mal einen Kanister mit einer Kanisterhalter-Kiste - öfter mal was Neues!
Zur Verpflegung sind einige Dosen Bier dabei, ein 5 Liter Schlauch mit Rotwein und neben anderen Vorräten etliche Packungen mit Auernhammer Outdoor-Food - die sonstige Verpflegung werden wir durch Einkäufe vor Ort bestreiten.
Die Reifen werden diesmal auch nicht gewechselt, denn es gilt der Grundsatz: "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste" und eine Reifenpanne soll von vornherein so weit möglich überhaupt vermieden werden - denn wer kann so etwas schon leiden bei mit Sicherheit genau dann einsetzendem waagerechten Regen?
Auf unserer Fahrt Richtung Würzburg folgen wir bereits der E45 - sie kann den Reisenden, der das will, von nun an bis nach Hanstholm begleiten. Die Fahrerei auf deutscher Autobahn ist ganz wie immer: Man muss es nicht haben und es macht einem wie üblich den Abschied mehr als leicht. Wann gibt es endlich die Fähre von München nach Reykjavik?
Auch ist es heiß wie üblich: Der Blick auf die fast schon eingeplante Cockpit-Temperatur von 40°C legt die Frage nahe, ob man nun lachen, weinen oder resignieren soll - wann gab es eigentlich in letzter Zeit einmal eine Tour bei erträglichen Temperaturen oder geht einfach heutzutage hierzulande ohne Klimaanlage nichts mehr?
Es wundert unter diesen Bedingungen kaum, dass heute die Fahrt bis zum Südsee-Camp in der Lüneburger Heide, wo wir bei der Anfahrt vor sechs Jahren Halt machten, viel zu weit erscheint. Bereits südlich von Kassel verliert der Fahrer vollständig die Lust und der nächste Campingplatz wird vom Bordnavigator noch während der Fahrt ausfindig gemacht ...
Es handelt sich um den Platz Zella im Werratal (N51.395153°, E009.725051°), bei Hannoversch Münden, der sich als echter Glücksgriff erweist, kaum dass wir ihn angesteuert haben. Nicht nur das Camp ist idyllisch gelegen am Ufer der Werra, sondern man kann sich hier auch - was in Deutschland ja nicht selbstverständlich ist - einen Platz der eigenen Wahl aussuchen. Angenehm leer ist er ebenfalls, trotz des schönen Wetters halten lediglich einige Dauercamper die Stellung.
Und dann noch die Steigerung: Das Restaurant des Campingplatz-Betreibers, wohl ein echtes Ausflugsziel in der Umgebung, erweist sich als hervorragend. Insgesamt also ein Platz, den man jedem, der auf der Durchreise durch Deutschland ist, wärmstens empfehlen kann. Unsere Bewertung: .
Nach einem hervorragendem Abendessen auf der sommerlich warmen Terrasse des Zella-Restaurants kehren wir zurück zum Explorer. Bei entfernt stehenden Dauercampern ist das Fernsehen unüberhörbar und große Dinge scheinen schon an diesem Abend ihren Schatten voraus zu werfen: Im Rahmen der EM-Qualifikation läuft ausgerechnet jetzt das Fußballspiel Island gegen die Faröer. Island gewinnt und wird heute Abend Gruppenerster ...
Als wir am nächsten Morgen Zella verlassen, werden wir vom letzten deutschen Campingplatz auf unserer Fahrt angemessen verabschiedet: Die am Platz ansässige Schwan-Familie kommt mitsamt Nachwuchs zu unserem Fahrzeug gewatschelt. Zuerst schnappt nur der Nachwuchs neugierig nach herum liegenden Gegenständen, die gerade eingepackt werden, dann rücken fauchend die Eltern nach: Sie sehen offenbar überhaupt nicht ein, was die Explorer-Besatzung hierzulande noch verloren hat ...
© 2003-2004 Text/Bilder J. de Haas
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