F88, Askja, Herdubreid
Die F88 war gegenüber dem letzten Jahr neu aufgeschottert und mit frischem Wellblech versehen. Die Furt an der Lindaá hatte einige Tage vorher wegen des hohen Wasserstands einigen Fahrzeugen Probleme bereitet. Deswegen hatte man die Straße auch zeitweise gesperrt. Jetzt war sie wieder freigegeben und ich fuhr in die Furt hinein, ohne sie vorher anzusehen. Das Wasser war viel tiefer als vermutet, ich kam aber ganz gut durch.
Der Herdubreid wurde kurz besucht, hier hatte es in der Nacht geschneit. Ich folgte der Piste bis zu ihrem Ende beim Parkplatz "HER", ich empfand sie bis zu diesem Parkplatz als einfach zu befahren, weil die wenigen Lava-Stellen rund und gut überfahrbar und zudem perfekt ausgesteckt waren. Ich traf einen Landroverfahrer, mit dem ich mich über die verschiedenen Wegstrecken austauschte. Er erzählte mir von üblen Verschränkungen auf einer Strecke, die ich mir noch vorgenommen hatte und er bewegte die Hände so merkwürdig auf und ab - ich war richtig neugierig was das wohl sein könnte ...
Mein Zelt hatte ich bei der Askja besonders sorgfältig aufgebaut und verankert. Sogar das Motorrad wurde mit langen Spanngurten links und rechts an großen Steinen angebunden, die für diesen Zweck dort bereit liegen. Es war absolut windstill und der Himmel völlig wolkenlos - so richtig kitschig, wie jemand bemerkte. Aber das soll an der Askja nichts bedeuten und wer seine Reiseführer aufmerksam gelesen hat, der weiß, dass hier oben die Hölle los sein kann!
So gerüstet bin ich also in mein Zelt und war schon fast eingeschlafen, da hörte ich, wie eine Gruppe Motorradfahrer eintraf. Die begannen ihre Zelte aufzubauen und ich hörte sie lästern: "Guck mal, wie der sein Motorrad festgebunden hat ...haha ... Der hat wohl einen zu kurzen Ständer ... hahaha."
Am nächsten Morgen sah ich dann, wie die ihre Zelte aufgebaut hatten: kreuz und quer, die Zeltheringe schauten halb heraus oder waren umgebogen, manche Zeltleinen hingen unbenutzt herunter, keine Beschwerung mit Steinen usw. Ich bin sonst nicht gehässig, aber ich muss zugeben, dass ich mir in diesem Moment so einen kleinen heftigen Sturm während der Nacht gewünscht hätte ...
Beim Frühstück gab es ein oder zwei ganz unscheinbare Windböen. Die reichten aber dafür aus, dass im Kaffee Sand und Steinchen schwammen. Das Zeug ist wirklich sehr leicht und kann schwimmen, kein Wunder, das es auch gut fliegen kann ...
Krepputunga, Kverkfjöll, F902, F903, F910 bis Brú
Unangenehm war der viele Verkehr in dieser Gegend mit der ständigen Staubentwicklung. So ist es oft besser, man bleibt stehen und wartet, bis sich der Staub verzogen hat. Am Kverkfjöll ist die Eishöhle schon seit langem eingestürzt und die kurze Wanderung hätte ich mir sparen können (Anm. der Redaktion: Bei unserer Tour Island 97 konnten wir uns die Eishöhle noch ansehen).
Die Wanderung über die Gletscher zu den heißen Quellen soll derzeit nicht möglich sein. Zurück bin ich über die südliche F903. Auf der Rückfahrt roch die ganze Gegend irgendwie nach Schwefel - oder war ich das inzwischen schon selbst? Die südliche F903 war etwas einfacher zu fahren als die nördlichere F902. Im Westen braute sich ein Sandsturm zusammen, der Himmel am Horizont war gelblich mit Sand eingefärbt und es sah von weitem so aus, als ob es Sand regnet. Ich fuhr gleich noch einen Kick schneller, um nicht hinein zu geraten ...
Die F910 bis Brú empfand ich wieder als gräßlich. Auto an Auto und Tourist an Tourist. Ein Autofahrer erzählte mir, dass die ganze Strecke früher viel schöner war. Die ganze Strecke ist neu aufgeschottert mit wirklich sehr unangenehmem Wellblech, was sich bei diesem Verkehr vermutlich in wenigen Tagen bildet.
Die Tankstelle in Brú gibt es ja nicht mehr. Dafür gibt es südlich davon bei "TANK" eine neue - die großen weißen Tanks für Benzin und Diesel sind von der Straße aus gut zu sehen. Vollgetankt bin ich zurück zum Einstieg in das Gebiet südwestlich von Brú.
Gebiet nördlich des Gletschers Brúarjökull, zwischen Jökulsa a dal und Kreppa
Der Einstieg in dieses Gebiet liegt bei "F910-O". Es folgt ein grünes weites Tal, angenehm für die Augen. Es sind viele Furten zu fahren, aber alle sind harmlos.
Gespannt war ich auf die von dem Landroverfahrer angekündigten Verschränkungen. Falls er die paar Stellen gemeint haben sollte, die ich dafür hielt - da hatte ich schon schlimmere gesehen! Aber für eine Enduro gibt es keine Verschränkungen, deshalb kann ich das auch nicht so beurteilen ...
Am Punkt "JO6" sollte man die Spur im Tal suchen, um unten bleiben zu können. Ein Wegweiser versucht einem hier einzureden, auf die karge Anhöhe zu fahren, die ich nicht als so reizvoll empfand.
Das Tal ist dann irgend wann zu Ende und man fährt auf eine Anhöhe. Genau am Punkt "JO5" muss man westlich abbiegen. An dieser Abzweigung fährt jeder vorbei, weil die Spur etwas schlecht zu sehen ist. Fährt man geradeaus, ist es auch sehr schön, aber man kommt nicht weiter, zumindest nicht auf den Rundweg.
In diesem Tal habe ich das letzte Mal mein Zelt aufbauen dürfen und konnte die Leute verstehen, die dabei immer etwas sentimental werden - mir ging es nicht anders ...
Bei "JO7" geht ein Abstecher zum Brúarjökull, fahren kann man etwa bis "033", dann ist bald Schluss. Im Westen ist noch eine Hütte an einem See, so etwa bei "JO10". Unterwegs kommt man bei "WETT" an einer kleinen Wetterstation vorbei. Es gibt in diesem Gebiet einige Abzweigungen, die in den Karten nicht enthalten sind und die einen armen Nicht-GPS-Besitzer verwirren könnten - aber für GPS-Besitzer dürfte alles kein Problem sein.
Die westliche Rückfahrt war eine graue Stein- und Schotterfläche. Auch interessant, aber die vielen Flüsse und Bäche, die in den Karten eingezeichnet sind, gibt es nicht und mir ging das Trinkwasser aus, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Man kommt bei "F910-W" wieder auf die F910 und bald danach zu einer Furt "031", die ich dann "ausgetrunken" habe ...
Technisch alles kein Problem und für 4WD gut zu fahren und auch lohnend ...
F936, 939 Öxi
Den letzten Tag in Island wollte ich an den Ostfjorden verbringen. Ich fuhr auf der 92 südlich, als kurz nach Reydarfjördur ein Schild zur F936 mit einem Zusatzschild "Nur für 4x4" stand. Hier ging es gleich hinein: "F936-O".
Auf der Strecke sind zwar keine Furten, aber ein oder zwei Steigungen sind so, dass man vermutlich nur mit Allrad hoch kommt. Sonst ist die Strecke nicht schwierig und sie erinnerte mich etwas an die alten Militärstraßen in den Alpen. Wenn man dann auf der anderen Seite wieder runter fährt, sieht man auf der gegenüberliegenden Seite des Tales in halber Höhe einen Weg, der aber nicht in der Karte verzeichnet ist. Bei "F936-W" kommt man auf die 1 und bei "JOKA-W" bin ich gleich wieder durch das Gatter und habe mich zu diesem Weg aufgemacht, den ich von der anderen Talseite gesehen habe.
Dieser Weg ist für eine Enduro gut zu fahren, aber vermutlich für Geländewägen (man verzeihe mir) zu gefährlich, da er stellenweise sehr hängt. Und mit Umdrehen ist dann auch nichts mehr. Ich fuhr diesen Weg ca. 5 km Luftlinie vom Einstieg entfernt und drehte dann bei "034" um, weil ich keine Lust mehr hatte ...
Die 939, auch liebevoll Öxi genannt, musste unbedingt noch sein. Die Punkte "ÖXI-N" für den nördlichen und "ÖXI-S" für den südlichen Einstieg waren abgespeichert. Als ich hinkam schwante mir nichts gutes: Ich sah Erdbaumaschinen, Bagger, Radlader, LKW und alle diese Maschinen, die man braucht um alles kaputt zu machen. Und so war es dann auch: Die 939 gibt es nicht mehr! Die gesamte Strecke ist neu trassiert und mit fürchterlichem Schotter aufgefüllt, schlicht ausgedrückt: Die Strecke ist ruiniert und tot (Anm. der Redaktion: Siehe hierzu auch Editorial in Neu 11/00).
Ich bin dann trotzdem hinein gefahren, in der Hoffnung, dass dieser Spuk irgendwann aufhört. Beim Fahren auf der neuen Straße sieht man manchmal seitlich unten kurze Teilstücke der alten Trasse - es machte mich traurig und ich war sehr enttäuscht! Beim Zurückfahren dachte ich über eine Alternative nach, einen fahrerischen Ausgleich. Wollte ich doch den letzten Tag in Island nicht mit so einer Enttäuschung abschließen. Da sah ich auf dem Display des GPS den Punkt "ÖXI-M", bei dem eine kurze seitliche Piste abgehen sollte.
Die Einfahrt war auch schnell gefunden. Der Weg machte riesigen Spaß: unendlich viele Steine, so richtig zum klettern und steigen. Nur war immer weniger zu sehen, weil von der Küste eine riesige Wolkenwand heran zog, die immer dichter wurde. Umgedreht habe ich dann bei dem Punkt "UMDR", ca. 7 km Luftlinie vom Punkt "ÖXI-M" entfernt.
Die Spur führte zwar noch weiter, aber der Nebel nahm beängstigend zu. Beim Zurückfahren bekam ich es richtig mit der Angst. Es war absolut nichts mehr zu erkennen. Die Sichtweite betrug max. 5 m, man konnte nicht mehr ausmachen, wo die Fahrspur ist. Dabei war es äußerst wichtig, genau die Spur zu erwischen, da es verschiedene Felsrinnen und steile Stellen gab; wie es im Gebirge eben so ist. Ein Fahren ohne GPS wäre nicht möglich gewesen. So konnte ich also auf die größtmögliche Auflösung schalten und sah dieses Geschlängel meiner Herfahrt genau auf dem Display. Ich dachte so für mich: Wenn jetzt irgendwo auf der Welt ein Krieg ausbricht und die Amerikaner ihre Satelliten abschalten, dann werde ich das erste Opfer sein ...
Äußerst langsam schlich ich zurück. Zwei mal stürzte ich und es lief Benzin aus, was einen schon sehr nachdenklich machen kann, vor allem, wenn am nächsten Vormittag das Schiff geht.
Diese Strecke ab "ÖXI-M" nach Westen fahren vermutlich nur Einheimische und sie ist auch nur für "echte" Offroader zu empfehlen und natürlich für leichte Enduros. Nicht allzu schwer, Umdrehen ist immer möglich. Werde ich das nächste mal komplett erforschen - wenn dieses Stück nicht bis dahin auch ruiniert ist ...
© 2001 Hans-Jürgen Weise