Nachträge Wrackbesuch: Finale (2) ...
© Bild: Jürgen de Haas
Februar ´10: Die Agonie dauert an ...
Schon wieder ist es Februar und wieder sind wir vor Ort: Der letzte Kampf, den der Bugrest der American Star derzeit führt, ist noch nicht beendet. Das aus militärischen Gründen verstärkte Teil hält immer noch den unablässig anbrandenden Fluten stand, die allerdings im Vergleich zum Wrackrest inzwischen viel größer und bedrohlicher wirken als früher, wie unsere beiden Bilder unten deutlich machen.
Wie unser Vergleichsbild 2009 / 2010 weiterhin zeigt, ist in der Tat die Bugspitze, die früher den Anker hielt, mittlerweile weg gebrochen und nur noch zu einem Rest geschrumpft. Das Deck des Bugs ist weiter auf- und weggerissen, lediglich das immer wieder erwähnte Handrad der Ankerwindenbremse (siehe auch 8. Nachtrag) hält sich unverändert tapfer.
Diesmal ist die Frage allerdings wirklich: Wie lange noch ..?
1. Nachtrag, April ´10: Ein Blick "hinter" die Kulisse ...
Nachdem wir zuletzt im Jahr 2007 vom Hubschrauber aus ein letztes Mal "hinter" die Kulisse des Wracks geschaut hatten, machte dies jetzt auch Dr. Christian Bujack bei einem Segeltörn im März 2010 vor Fuerteventura. Er schoss dabei einige Fotos von der "anderen" Seite der traurigen Überreste und mailte uns dazu:
Guten Tag, ich bin vor wenigen Tagen dort vorbei gesegelt und möchte Ihnen die dort gemachten Fotos nicht vorenthalten. Zu erkennen ist ein Rest der Bugsektion mit einer Klampe oder 2 Pollern, einer Dampfwinsch samt dem dazugehörigen Handrad. Ankern sollte man dort nur bei ruhigem Wetter!
In der Tat erkennen wir Teile wieder, über die wir früher schon geschrieben haben: Es sind die Poller und das Handrad, das sich ebenfalls (noch) hartnäckig an Deck hält (Bild oben links).
Wie winzig jedoch der verbliebene Rest des Bugs in diesen Tagen ist, lässt sich am besten erkennen, wenn man das Teil vergleicht mit der Aufnahme des Bugs, die wir im Jahr 2007 vom Hubschrauber aus machten. In diesem Bild haben wir den Bereich rot eingerahmt, der in der Aufnahme von Dr. Bujack zu erkennen ist (Bild oben rechts). Und wenn man diesen Vergleich gemacht hat, erschrickt man. Er zeigt wohl mehr als deutlich, dass es nunmehr so gut wie vorbei ist.
Immerhin ist dieses Bild der Anlass für Bill Lee, seine Geschichte der "Autopsie" durch die See (fast) zu Ende zu bringen ...
2. Nachtrag, Dezember ´10: ... und ein Blick zurück auf die "Sterne des Südens" ...
Wir wollen das Jahr 2010 nicht beenden mit einem traurigen Blick auf allerletzte Wrackreste - der kommt noch früh genug, denn im Februar ´11 werden wir nach derzeitiger Planung wieder vor Ort sein an der Playa de Garcey und suchen, was noch übrig ist ...
Statt dessen wollen wir an diesem Jahresende noch einmal zurückschauen auf (zumindest aus "wracktechnischer" Sicht) bessere Zeiten der gestrandeten American Star. Kurz nach deren Auflaufen war nämlich ein Filmteam vor Ort, wie wir aus den Mails von Tina Evertz erfahren:
Liebes Explorer-Redaktionsteam!
Über einen Fotowettbewerb im Internet von Lumix stieß ich eben auf ein Bild der American Star, welches in mir alte Erinnerung wachrief und mich veranlaßte, direkt nach weiteren Informationen zu diesem Schiff zu googeln und so auf Ihre Seite kam. Ich bin begeistert, nach so vielen Jahren eine solche Historie rund um dieses Schiff zu erfahren!!
Ich selbst war 1994 nach dem Studium von Mitte Januar bis Mitte Februar als 2. Regieassistentin im Rahmen einer 1-jährigen Volontärzeit mit unserem Filmteam auf Fuerteventura zu Dreharbeiten unterwegs ("Sterne des Südens" von Berengar Pfahl Film, produziert über den NDR). Unser Regisseur entdeckte damals bei einem Wochenendausflug das frisch gestrandete Schiff und entschied am nächsten Drehtag, direkt eine Szene dort zu drehen. Von dort stammt auch das Foto, welches Sie im Anhang finden und den Schauspieler Mark Keller sowie den Kameramann und seinen Kameraassistenten zeigt. Irgendwie war es schon sehr gespenstisch dort, es war kalt und windig, die Wellen brachen gegen das Schiff und dieses ächzte und stöhnte, sodass es einem fast leid tat.
Ich habe das Foto sofort rausgesucht, gescannt und sende es Ihnen. Vielleicht möchten Sie es ja noch auf Ihre Homepage rund um die American Star setzen, ein tolles Szenenfoto, was es bisher dort nicht zu sehen gibt ... und das Schiff ja in quasi "frischem" Zustand zeigt ... und nun, wo sie gesunken ist, noch einmal "aufersteht"... Ich würde mich freuen, allen "Fans" der American Star damit ganz einfach ein weiteres schönes Bild zeigen zu können.
... wir haben es damals von der Produktion in Form eines Jahreskalenders geschenkt bekommen (daher ist es ein Scan vom Druck). Ich persönlich habe kein Foto davon gemacht. Aufgenommen hat dieses Bild aber unser 1. Regieassistent Hinnerk Jensen, ich meine auch bewußt in schwarz/weiß ...
Klar doch, dass wir die "Sterne des Südens" gut kennen und oft genug geschaut haben in jenen Tagen! Und so haben wir uns dann auch die Genehmigung vom Schauspieler, Produzenten und Produktionsleiter von TV-Produktionen Hinnerk Jensen eingeholt, dem damaligen Fotografen und Regieassistenten - bei ihm war einst wohl auch die "American Star" ein solcher "Stern des Südens" ...
3. und 4. Nachtrag, Februar ´11: Die "richtige" Ebbe bringt es an den Tag ...
Wieder schreiben wir ein neues Jahr und wie schon so oft in den letzten Jahren sind wir erneut vor Ort und erfüllen unsere inzwischen traurige Chronistenpflicht: Die Bestandsaufnahme der verbliebenen Wrackreste der American Star.
In den letzten Monaten haben schwere Unwetter sowohl den Strand an der Playa de Garcey verwüstet und natürlich auch die Piste dahin: Tiefe Auswaschungen an verschiedensten Stellen sind eigentlich nur noch für Geländewagen mit gutem Gewissen befahrbar und so treffen wir auch erstmals in den letzten Jahren bei unserem diesmaligen Trip keinen einzigen anderen Besucher am einsamen Strand an. Dafür aber in nicht allzu großer Entfernung ganz andere lautstarke "Gäste": Im nahen Militärgelände werden selbst an diesem Sonntag Schießübungen auch mit größeren Kalibern veranstaltet - die ständigen Detonationen geben der ohnehin unwirtlich wirkenden Umgebung einen noch bedrohlicheren Anstrich als sonst schon ...
Ein großes Stück des Felsens am Rande der hinteren Bucht ist seit unserem letzten Besuch heruntergebrochen und macht deutlich, wie unerbittlich hier außer den Gezeiten auch Wind und Wetter arbeiten - eigentlich ein Wunder, dass der einst militärisch verstärkte Teil des Bugs, von dem immer noch ein kleiner Rest übrig ist, hier weiter den Elementen standhält (Bild unten) ...
Wir haben uns diesmal darauf vorbereitet, bei einer außergewöhnlich niedrigen Ebbe am frühen Morgen vor Ort zu sein und das frühe Aufstehen wird auch belohnt: Jede Menge Reste des Trümmerfelds sind gut zu erkennen, so auch die bereits seit 2008 mehrfach erwähnten und fotografierten Reste eines Elektromotors der Ankerwinde (siehe auch 9. Nachtrag vom Juli ´09 und Bild oben links), dazu auch Teile der ehemaligen Bordwand.
Immer noch sehr auffällig am Wrackrest das ebenfalls schon oben im 1. Nachtrag erwähnte Handrad und einer der beiden verbliebenen Poller. Eine weitere Feststellung lohnt aber bereits allein die frühe Anreise heute: Der seit Dezember ´09 vermisste Anker ist wieder aufgetaucht und liegt dekorativ auf dem Bugrest, möglicherweise ist davor das aufgebrochene Ankergehäuse zu sehen, wie unser Autor Bill Lee nach Studium der Fotos später vermuten wird.
Noch lange bis in den Nachmittag hinein werden wir an diesem Tag hier bleiben, bis wir schließlich wieder Richtung Norden aufbrechen, wo wir wie immer in El Cotillo unser Quartier bezogen haben. Im Rückspiegel ist auf der Piste heute nichts mehr vom Wrackrest zu sehen: Die ständig herein rollenden Brecher haben hier mittlerweile vollständig die Herrschaft übernommen.
Übrigens: Wir haben auch diesmal wieder einen Drachen vor Ort gestartet und Luftaufnahmen mit unserer FlyCam gemacht, leider in diesen Zeiten nicht mehr allzu spektakulär. Trotzdem an dieser Stelle auch davon ein Bild: Rot eingekreist ist im Bild unten links der Wrackrest der American Star und unten rechts am Ende der Drachenschnur wir und unser Auto in der einsamen Bucht - eine echte Vogelperspektive wie man sieht ...
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