Und sie kann fliegen: Die ACME FCO2
Was kann man tun, wenn man Luftbilder haben will?
- Auf eine Leiter klettern? Zu niedrig!
- Einen Berg oder Wolkenkratzer erklimmen? Sehr anstrengend und nicht überall verfügbar!
- Mit einem Gleitschirm fliegen? Recht aufwändig, denn das muss man vorher lernen!
- Einen Helikopter mieten? Sehr teuer ..!
Aber es geht auch einfacher: Unsere Drachen können dabei behilflich sein und schon stürzen wir uns in das Abenteuer KAP (Kite Aerial Photography).
Die Idee wirkt simpel: Man befestigt an einem Drachen eine Kamera und lässt ihn steigen. Auf den Profiseiten erfährt man schnell alles Wissenswerte:
Die Kamera wird in einem Gestell befestigt, das man Rig nennt. An diesem Rig montiert man ein paar Servos (kleine elektronische Bauteile, die Funksignale empfangen und in mechanische Bewegung umsetzen) für das Drehen, Neigen und Auslösen der Kamera. Dann werden noch ein paar Akkus festgeschnallt, denn die Servos brauchen Strom, in der Hand hält man eine Funkfernsteuerung - und schon kann man starten ...
Nun, wir wollen nicht SOOO groß in das KAP-Geschäft einsteigen, wir wollen probieren, ob es auch einfacher geht. Dazu müssen wir zunächst folgende Probleme lösen:
- Die Vorstellung, eine unserer geliebten Kameras an den Drachen zu hängen, lässt uns gruseln, denn bei einem Crash ist der finanzielle Verlust nicht ganz unerheblich.
- Die vorhandenen Kameras sind mit einem Gewicht von 500 g und mehr recht schwer.
- Keine der vorhandenen Kameras hat einen Funkauslöser oder ein Programm, mit dem sie regelmäßig auslöst.
- Welche Drachen sind geeignet als Kameraträger, benötigen wir etwa einen neuen Drachen?
Wir klappern Fotogeschäfte ab, aber in keinem der Geschäfte hatte man eine Kamera anzubieten, die digital, klein, leicht und preiswert ist und automatisch auslöst. Dann werden wir im Dezember 2008 bei Airmix fündig: Die FlyCamOne2 von ACME. Kaum größer als ein Feuerzeug kann sie Fotos machen und Videos drehen. Im Fotomodus hat sie ein Programm, bei dem alle 4 Sekunden ein Bild auf die SD-Karte gebannt wird. Videos kann sie endlos drehen und der Preis von ca. 65,00 EUR (Stand 02/2008) ist fast unglaublich.
Die Fotos haben eine Größe von 1280x1024 Pixel, die Videos 640x480 Pixel. Sie wiegt nur ca. 45 g mit SD-Karte. Sie akzeptiert nur SD-Karten mit bis zu 2 GB Speicherkapazität. Will man Videos drehen, sollte man Qualitäts-SD-Karten benutzen, die schnell speichern können. Praktisch ist, dass die silberne Objektivhalterung schwenkbar ist.
Der Akku wird über USB geladen: Da wir aber nicht immer einen Rechner dabei haben, bekam die FCO2 noch 2 USB-Ladegeräte für 12V und 220V von Artwizz, falls ihr einmal unterwegs der Strom ausgeht.
Klar, dass eine solche Minikamera keine Möglichkeit bietet, sich die Fotos und Videos "online" oder "offline" anzuschauen. Aber einen PC mitschleppen zum Auslesen der SD-Karte? Dennoch will man nach jedem Flug gleich wissen, ob die Bilder brauchbar sind! Gibt es hilfreiche Multimediaplayer? Für die Fotos kann man diverse Multimediaplayer benutzen, aber einfacher geht es mit unserer JVC GR-D360E, die auch SD-Karten lesen kann und immer dabei ist.
Mit den Videos ist es weitaus schwieriger: Die FCO2 erstellt AVI-Dateien. Das klingt nach Standard. Aber bei diesen Dateien kommt es darauf an, was darin ist, denn AVI ist nur ein so genannter Container. Unsere Recherchen ergaben, dass die FCO2 im AVI das MJPEG Format verpackt und wir haben keinen preiswerten Multimediaplayer gefunden, der dieses Format von SD-Karte direkt abspielen kann. Also entscheiden wir, dass uns die Kontrollansicht der Fotos mit der JVC reicht.
Der nächste Schritt ist nun die Herstellung einer Halterung für die FCO2: Es empfiehlt sich nicht, die Kamera direkt am Drachen zu befestigen. Zum einen schwankt dieser hin und her, zum anderen kann bei der Landung die Kamera beschädigt werden. Hängt man die Kamera dagegen einige Meter unterhalb des Drachens an die Schnur, kann man, während der Drachen fliegt, die Kamera risikolos an- und abmontieren. Der Drachen sollte schon gutmütig sein. Z.B. würde unserem quirligen 6-Eck nie die Ehre zuteil werden, ein Kameraträger zu sein.
Die Halterung soll also in die Drachenschnur eingehängt werden. Dazu bietet sich die Picavet-Aufhängung an, die wir aus einem Plexiglaskreuz fertigen mit einigen Maschinenschrauben, Unterlegscheiben, Muttern usw. Der Trick der Picavet-Aufhängung besteht in der Führung der Schnur, dadurch soll die Kamera immer wieder ausbalanciert und der Horizont auf den Bildern relativ gerade bleiben. Bei unserem Rig zeigt sich jedoch, dass es auch mit Kamera zu leicht ist und das Ausbalancieren nicht immer klappt. Wir werden in Zukunft die 4 äußeren Schrauben beschweren: Platz für Muttern gibt es ja noch reichlich!
Als Kameragehäuse wird die Verpackung einer Micro-Maglite umfunktioniert: Für die schwenkbare Objektivhalterung wird ein Loch ausgesägt und der Verschluss durch 2 Klettbänder gesichert.
Soweit hatten wir nun die Kamera und die Aufhängung. Da wir das Projekt planen, die Wrackreste der American Star aus der Luft zu fotografieren, ist uns klar, dass dies mit einer 100 Meter Leine, was die in Deutschland vorgeschriebene Maximallänge ist, nicht möglich ist. Sicherheitshalber haben wir uns gar nicht erkundigt, welche gesetzlichen Regelungen auf Fuerteventura zu beachten wären ...
Auf Fuerteventura angekommen, bringen wir die FCO2 an der 30m Schlange an und starten einen Höhenflugrekord, zu dem es auch folgendes Video gibt (Achtung, Satire! ):
Die Bilder sind recht nett geworden: Man darf natürlich keine tolle Qualität erwarten, aber für den relativ geringen Aufwand, den wir investiert haben, ist das Ergebnis ganz gut gelungen. Was uns ein Rätsel ist, sind die unterschiedlichen Farbstimmungen, die die Bilder aufweisen, aber das kann auch ganz interessante Effekte ergeben. Ein Firmware Update soll die Belichtung der Kamera verbessern. Wir werden auch das ausprobieren ...
Die Kontrolle mit der JVC zeigt die Bilder nur sehr unscharf an, aber das liegt daran, dass die JVC diese großen Bilder nicht perfekt verarbeiten kann. Aber für die Kontrolle, ob die Kamera gut ausgerichtet war, reicht es aus.
All zu lang braucht man die Kamera nicht fliegen zu lassen, denn - wenn man Glück und den richtigen Wind hat - der Drachen bewegt sich relativ wenig und so bekommt man immer nur mehr Bilder aus der fast gleichen Blickrichtung. Was sich immer lohnt auszuprobieren: Das Objektiv auf sich selbst ausrichten ...
Wir haben auch einige schöne Bilder "eingesammelt":
- Den Ort El Cotillo,
- den Leuchtturm von El Cotillo
- das Militärgebiet bei der Playa de Garcey
- unsere American Star, die wegen eines Belichtungseffekts wie in Flammen aussieht und schon könnte man mit solchen Bildern wieder schöne neue phantastische Legenden erfinden:
Benutzt man die FCO2 als Videokamera, sollte man sich beim Betrachten gut festschnallen: Trotz Aufhängung ist das Video ein einziges Gewackel, wie man bei folgendem Beispiel sehen kann, denn ein Drachen lässt sich einfach nicht im Himmel festnageln. Was uns erstaunt hat, sind die Windgeräusche mit dem tiefen Gemurmel. Nun - ein Puschel auf dem Mikrofon wäre hier auch zuviel verlangt ...
Wir werden deshalb wohl in Zukunft überwiegend das 4 Sekunden Fotoprogramm nutzen. Die Nachbearbeitung des Videomaterials ist für diese Qualität zu aufwändig.
Zusammenfassend können wir die FCO2 für das unaufwändige Experimentieren mit Luftaufnahmen nur empfehlen. Sie macht uns eine Menge Freude. Übrigens kann man die Kamera natürlich auch an einem RC-Car befestigen, den Hund damit ausstatten und losschicken oder sie am Helm montieren, bevor man sich in die Tiefe stürzt, und noch beliebig viel mehr Unfug treiben ...
Probiert es aus und schickt uns eure besten Ergebnisse zu!
© Sixta Zerlauth 2008
Anm. der Red.: Beiträge im Explorer Magazin von Sixta finden sich in unserer Autorenübersicht!