Frankreich  Frankreich

Schwerpunkt Hinterlassenschaften - Cap Ferret: Noch mehr Atlantikwall ...


Weinreise Bordeaux, März 2011. Auch bei dieser Tour ist der "Atlantikwall" wieder einmal nah: Die verbunkerten Artillerie- und Verteidigungsstellungen - Bestandteile der Tausende von Kilometern langen Linie befestigter Stellungen entlang der Atlantikküsten, des Ärmelkanals und der Nordsee. Sie wurden bekanntlich im Zweiten Weltkrieg von den deutschen Besatzern in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, in Deutschland, Dänemark, Norwegen und auf den britischen Kanalinseln im Zeitraum von 1942 bis 1944 geplant und erbaut zum Schutz vor einer alliierten Invasion ...

Wieder an der französischen Atlantikküste ... ... und am Cap Ferret ...

Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, war der Bauherr dabei in der Regel die Organisation Todt, eine nach militärischem Vorbild organisierte Bautruppe, die den Namen ihres Führers Fritz Todt trug.

Die 1938 gegründete Organisation wurde vor allem für Baumaßnahmen in den von Deutschland besetzten Gebieten eingesetzt, so z.B. beim Ausbau des "Westwalls" und der U-Bootstützpunkte an der französischen Küste sowie auch des dortigen Atlantikwalls.

Auf weitere derartige "Hinterlassenschaften" waren wir auch bereits bei anderen Reisen  gestoßen: So z.B. bei Skandinavien 2000 oder auch Island 2003 ...


Im malerischen Fischerdorf L'Herbe genießen wir die Vorsaison, denn der Ort gehört fast nur uns, ein freier Strand, kein Gedränge bei den Austernzüchtern. Welch ein Glück, im März am Strand in der Sonne sitzend ein Glas Crémant zu genießen - wir gönnen es uns ..! Nach einer opulenten Vorspeise fahren wir weiter zum Ort Cap Ferret, um dort ein Strandpicknick zu veranstalten.

Idylle am Am Fischerdorf L'Herbe Platz für Crémant und Austern ... Trockenfallen bei Ebbe ...

Nachdem wir vom Osten der Halbinsel auf den westlichen Teil gewechselt sind, erreichen wir hier auch das Ende der heute noch betriebenen einstigen Pferdestraßenbahn, deren Gleise an den hier vorhandenen Bunkerresten enden.

Im Jahr 1989 wurde der Betrieb von der Gemeinde übernommen, um den Erhalt der alten Bahn zu sichern. Sie war inzwischen touristisch so wichtig geworden, dass man nicht noch einmal eine Einstellung des Betriebs wie in der Vergangenheit riskieren wollte. Das Zugmaterial wurde bei dieser Gelegenheit ebenfalls renoviert.

Bunte Vergangenheit ..?Die Strecke der Bahn beträgt etwa zwei Kilometer und wird in rund 12 Minuten zurückgelegt. Von April bis September wird ein regelmäßiger Betrieb angeboten, somit also nicht bei unserem Aufenthalt hier. Eingesetzt werden inzwischen Dieselloks und aus den 1950er-Jahren stammende halboffene Sommerwagen.

Ein herrlicher, fast leerer vorsaisonaler Strand erwartet uns: Im Sand stehen noch Relikte der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg, als dieser Abschnitt hier zum Atlantikwall gehörte. Zwar wurden die Bunker einst gesprengt, doch die geborstenen Teile sind nun fester Bestandteil des Strandes.

Mehr als 140 derartige Festungsanlagen im Bereich des Kaps sollten einst das Bassin von Arcachon und den hier befindlichen Stützpunkt gegen alliierte Landeoperationen sichern. In diesem Bereich befanden sich außer einer ausgebauten Heeresküstenbatterie auch diverse Peilstände und Funkmessanlagen.

Während vor einigen Jahrzehnten nur die vorderen Bauwerke der Festungsanlagen bis zur Wasserlinie reichten, wird heutzutage bei höchstem Stand der Flut nahezu die gesamte ehemalige Batterie überspült.

Wir befinden uns in der Nähe von Belisaire: Unser Strandpicknick findet neben einem bunt bemalten "Heeresregelbau" vom Typ L 411A statt, der von Überflutung bisher noch verschont blieb. Die Batterie wurde von mehreren Ständen für Landeabwehrgeschütze, leichte Panzerabwehr- und Kampfwagenkanonen rundum gesichert.

Strandabschnitt am Cap ... Einsame Vorsaison ...
Luftbild vom Picknickplatz ... Am Ende der "Pferdestraßenbahn" ... Picknick in Bunkerumgebung Blick auf "Peilstand R 637"
Picknick am "Heeresregelbau" ... Verschönerung dusterer Vergangenheit ..? Näher am "Peilstand" ...
Von hier aus schießt so schnell keiner mehr ... Ausblicks-Idylle ..? Fußgänger nach Weingenuss: Rückweg auf der Schiene ...

Wir blicken herunter auf die Reste eines Peilstands R 637: Auch dieser Bau nördlich der Batterie liegt noch auf dem Trockenen. Hier sollte einst eine schwere Flugabwehrbatterie den Stützpunkt vor anfliegenden Bombern schützen, auch gab es an diesem Ort eine Funkmessstellung als Frühwarnsystem.

Mehr zu den Befestigungsanlagen dieses Strandabschnitts findet sich im Deutschen Atlantikwall-Archiv und den dort erwähnten Bänden zu Heeresregelbauten, Teil 1 und Teil 2.

Durch die bunte Bemalung integrieren sich die Ruinen besser ins Strandleben: Uns dienen die Überreste als Ausguck, als Buffet und als Schattenspender. Dort sitzend tanken wir flüssigen Lernstoff nach, es gibt ja noch so viel zu probieren ...

Auch ein Spaziergang am Strand lohnt sich allein schon wegen der tollen Seeluft, der beruhigenden Wellen und der hübschen Muscheln, die man hier finden kann. Als wir den Strand über die Schienen der "Straßenbahn" schließlich wieder verlassen, sind wir ganz sicher, dass wir diesen Ausflug an die grandiose Atlantikküste noch lange in Erinnerung behalten werden ...


© 2019 J. de Haas