Frankreich 2016
Rückkehr zum Canal du Midi
Warum noch mal ein Kurzbesuch ..?
Schon im Bericht über unsere Bootstour auf dem Canal du Midi im Vorjahr war wohl zu erkennenen, welche Faszination dieser "Kanal der zwei Meere" mitsamt seinen vielen unterschiedlichsten Schleusenkonstruktionen, Brückendurchfahrten, Viadukten, Engstellen und sogar einem Tunnel auf den Bootsfahrer ausüben kann.
Dass die Fahrt mit der BUCK DANNY dabei auch nicht gerade stressarm war, ändert nichts daran, dass es sich hier sicher wie behauptet um einen der "schönsten Wasserwege der Welt" handelt. Und dass das technische Meisterwerk des Franzosen Pierre-Paul Riquet aus dem 17. Jahrhundert auch eine Vielzahl von hochinteressanten Einzelaspekten bietet, konnten wir dabei ebenfalls feststellen. Mit der BUCK DANNY befuhren wir ungefähr die östliche Hälfte des Kanals, weshalb die Besonderheiten der anderen Hälfte bis zur Stadt Toulouse während dieser Tour leider nicht weiter untersucht werden konnten.
Ganz besonders vermisst wurde deshalb das genauere Studium der von Riquet genial konzipierten Wasserversorgung des Kanals. Wie seinerzeit schon erwähnt, wurde dafür eine Verbindung geschaffen zwischen den "Schwarzen Bergen", den Montagne Noire nordöstlich von Revel (siehe Karten oben und unten rechts) und den dort errichteten Sammelbecken sowie dem tiefer liegenden Bassin und Speisepunkt des Kanals bei Naurouze.
An dieser Stelle bei Naurouze liegt auch die Wasserscheide zwischen dem Atlantik und dem Mittelmeer und es handelt sich kanaltechnisch damit um einen "Pass" in der Höhe von 190 m ü.N. Wie ebenfalls schon erwähnt soll Riquet der Sage nach einem Gefühl folgend genau die Stelle gefunden haben, wo eingeleitetes Wasser sowohl in die eine als auch die andere Richtung fließt - eine mehr als geheimnisvolle Geschichte!
Das ehemalige achteckige Bassin am Speisepunkt wird heute aufgrund inzwischen eingesetzter Pumpen nicht mehr benötigt und ist nun ein bewachsener Park, in dessen Nähe sich ein Obelisk zum Gedenken an den Erbauer Riquet befindet ...
Vom Speisepunkt des Kanals bei Naurouze aus fließt das Wasser südöstlich in Richtung Mittelmeer über die erste Schleuse mit dem Namen La Mediterranée. Andererseits fließt das Wasser auch nordwestlich in Richtung Atlantik über die erste demzufolge L´Océan genannte Schleuse. Beide Schleusen verfügen jeweils über eine Einzelkammer, in der es bereits rund 2,60 m abwärts geht.
Diese Geschichte ging uns nicht mehr aus dem Kopf und als wir auch 2016 bei einer Weinreise in den Sud-Ouest wieder in der Nähe von Toulouse waren, wollten wir die Gelegenheit unbedingt nutzen, uns diesen Kanalbereich einmal genauer anzuschauen - diesmal aber als Fußgänger und ohne ein "lästiges" Boot, das man durch eine schier unendliche Zahl von Schleusen manövrieren muss ..!
Geeignet als Standort für das mehrtägige Unternehmen vor unserer Weiterfahrt nach Toulouse erschien dabei ein Hotel ganz in der Nähe dieser "Wasserscheide". Unsere Wahl fiel auf das Fasthôtel am Port Lauragais beim Ort Avignonet-Lauragais. Obwohl eigentlich eine Art Autobahnraststätte an der Autoroute A61, erschien es jedoch auch für Fußgänger ideal für die von uns geplante Kanalforschung im Bereich des Zuflusses (grüner Bereich auf Karte oben rechts). Noch nicht wussten wir vorher, dass wir während dieser Tage auch noch Gelegenheit bekommen würden, eine weitere Schleuse in der Nähe von Avignonet (Schleuse "Emborrel") zu besuchen und auch die zweitgrößte Schleusentreppe des Kanals beim Ort Castelnaudary (Vierkammer-Schleuse "Saint-Roch").
Am Bahnhof in Toulouse wirft die bevorstehende Kanalerkundung bereits ihre Schatten voraus: Der Canal du Midi endet hier in der Nähe und für Touristen gibt es keine Mietboote mehr, mit denen man in den noch im Stadtgebiet anschließenden Canal de Garonne in Richtung Atlantik weiterfahren könnte.
Doch davor gibt es noch drei letzte Midi-Schleusen und die erste davon ist die am Hauptbahnhof Toulouse (siehe oben): Hier kann man noch einmal (ferngesteuert) einen Höhenunterschied von 6,20 m überwinden. An der Straßenseite gegenüber vom Bahnhof ist wieder eines der uns bereits bestens bekannten Schleusen-Namensschilder zu sehen mit den üblichen Angaben zur Schleuse davor und dahinter. "Bayard" heißt das Ungetüm vor dem Hauptbahnhof: Richtung Westen sind es von hier aus 1.665 Meter bis zur vorletzten Kanalschleuse "Minimes" sowie fast unglaubliche 12.122 Meter bis zur Schleuse an der anderen, südöstlichen Seite: "Castanet" ist deren Name entsprechend ihrer Lage am Ort Castanet-Tolosan.
Wir sind ganz froh, solche Infos diesmal recht unbefangen lesen zu können und kein Boot hierhin oder dorthin bewegen zu müssen. Stattdessen steigen wir komfortabel in unsere Bahn: Eine knappe Dreiviertelstunde braucht die von Toulouse zu unserem Ziel Avignonet-Lauragais. Als wir am verlassenen Bahnhof aus dem Zug steigen, sehen wir weit und breit keinen Menschen in der Umgebung. Lediglich eine einsame Straße führt in die Richtung unseres Ziels am gut zwei Kilometer entfernten Hafen Port Lauragais. Weil auch kein Taxistand irgendwo sichtbar ist, sind gut funktionierende Rollkoffer heute ein echter Vorteil ...
Über uns im Ort erhebt sich der beeindruckende Kirchturm von Avignonet, den wir in den nächsten Tagen noch aus allen möglichen Richtungen und Entfernungen bewundern werden; auch vom dortigen sehenswerten Rundturm aus dem Jahr 1606 haben wir bereits gelesen.
Als bekennende Fußgänger der nächsten Tage, die heute noch nicht wissen, dass dieser Fußmarsch nur ein winzig kleiner Vorgeschmack ist auf das, was uns hier am Kanal noch erwarten wird, folgen wir guten Mutes der Straße bis zum kleinen "Privathafen". Der bietet gegen eine Liegegebühr rund 12 Plätze für Boots-Touristen, hat aber auch noch etliche weitere Plätze für private Boote, wie wir feststellen werden.
Besonders interessant am Fast Hôtel ist für uns auch das angeschlossene Areal: Restaurant und Café samt Einkaufsmöglichkeiten im "Maison de la Haute-Garonne" laden zum Verweilen ein. Auch gibt es hier ein ganz spezielles Museum, das sich mit dem Canal du Midi befasst - also nicht nur ideal für schnelle Autofahrer-Infos, sondern auch genau der richtige Platz für uns!
Wir bekommen ein Zimmer im Erdgeschoss mit schöner Aussicht auf den kleinen Waldrastplatz und passender Innenausstattung: An der Zimmerwand prangt ein riesiges Kanalbild samt großem Tourismusboot - was will man mehr an diesem Ort ..!?
Nach einem ausgiebigen Rundgang über das idyllische Hafengelände landen wir früher oder später ganz zwangsläufig im Restaurant des Hafens: Man erkennt sofort an allen Schildern und auch ausgestellten Konserven, dass man sich hier im "Herzland" des Cassoulets befindet.
Allerdings ist die Karte reichhaltig genug, um auch genügend anderes zu probieren, was hier und heute ganz hervorragend mundet. Ein abendlicher Rundgang danach führt uns direkt zu einer vor dem Restaurant angelegten Penichette, wie wir sie im Vorjahr auf dem Kanal zahlreich angetroffen haben. Und inzwischen kann man so eine nun sogar auch in unserem neu entstehenden Modellkeller-Hafen finden ...
Optimale Voraussetzungen also, um von diesem "Basiscamp" aus morgen zur ersten großen Wanderung aufzubrechen: Es gilt Riquets Kanalzufluss zu erforschen und die beiden ersten Schleusen jenseits der von ihm auf geheimnisvolle Art und Weise gefundenen Wasserscheide ..!
Gut zu Fuß sollte man sein:
- Auf den Spuren Riquets: Zur "L´Océan" und zum Kanalzufluss Naurouze
- Weiter zur "Mediterranée" und der lange Weg zurück ...
- Noch zur anderen Nachbarschleuse: An der "Emborrel"
- Besuch am "Grand Bassin": Nach Castelnaudary
© 2017 J. de Haas