Grève!
Früh um 7:00 Uhr - es ist noch dunkel - erreicht die Fähre pünktlich Ajaccio, das ähnlich einladend wirkt wie Toulon.
Nachts haben alle Fahrzeuge einen Aufkleber erhalten von Corsica Ferries, das ist offenbar billige Reklamefläche! Raus aus dem Fährenbauch, rein ins Verkehrsgetümmel der Hauptstadt von Korsika ...
Auf der kurvenreichen (was sonst!) Straße nach Süden wird deutlich, dass die Korsen Kamikaze-Gene in sich tragen: Sie überholen vor Kurven oder Kuppen, so als gäbe es hier keinen Gegenverkehr. Wir passieren malerische Orte, beeindruckende Friedhöfe (wie viele mögen hier ihr Leben auf den Straßen lassen?) und kommen schließlich in Olmeto Plage bei Chez Antoine an.
Ein malerischer Platz, nur mäßig belegt, hier wollen wir verweilen. Wir werden mit den Modalitäten des Platzes vertraut gemacht: Das Wasser ist hier rationiert, die Brunnen haben morgens nur bis 11:00 Uhr Wasser und dann wieder am Abend. Nun, damit können wir leben.
Wir bauen unser Camp windgeschützt auf und schon bald kommen andere Deutsche vorbei. Nach kurzer Begrüßung die erste Frage: Habt ihr Diesel oder Benzin? Wir sind verwundert und erfahren gleich den Hintergrund der Frage. Aufgrund des Grève sind auf der Insel die Treibstoffvorräte rationiert, Benzin und Diesel sind Mangelware. Oops, das wussten wir nicht und wir werden in den nächsten Tagen immer wieder auf Neuankömmlinge treffen, die von dem Spritmangel ebenso überrascht sind wie wir ...
Unser Tank ist zwar noch gut gefüllt, aber den Trip in den Süden zu Kurt canceln wir daraufhin, jeder Tropfen muss nun gut eingeteilt werden. Da es hier wunderschön ist, machen wir das Beste daraus, der Stellplatz ist relativ schattig, der Sandstrand liegt direkt vor uns. Neben uns trifft Stefan Lutter ein, Meeresschutzexperte vom WWF. Er will die letzten Tage bis zum Rückflug hier verbringen. Er warnt uns, man solle beim Schwimmen im Meer auf die Quallen achten.
Angesichts dieser Warnung und der Erkältung, die uns noch immer in den Knochen steckt, entscheiden wir uns mehr für trockene Sandbäder. Und wie es Murphy so will, erwischen die Quallen ausgerechnet Stefan, die Quallen haben auch gar keinen Respekt ..!
Am Abend kommt die Besitzerin vorbei und begrüßt uns auf Deutsch: Ihr Vater - der besagte Antoine - hat 1955 diesen Campingplatz eröffnet und eine Deutsche geheiratet. Mit ihrem Hund macht sie jeden Abend ihren Rundgang, um nach dem Rechten zu sehen. Einige Stellplätze weiter hören wir eine aufgeregte Darmstädterin, die uns schon mit ihren äußerst aufwändigen Einparkmanöver am Nachmittag unterhalten hat. Sie lamentiert lautstark über mangelnden Strom. Das hätte man ihr schließlich vorher sagen müssen, die Klage geht weiter O-Ton: "Eine Nacht ohne Strom bei diesen Temperaturen ist wirklich nicht angenehm". Anmerkung der Redaktion: Es ist 20:15 Uhr und wir haben 22°C ...
Kurze Zeit später hat die Dame Strom, denn sie ist nicht nur begnadet am Lenkrad und verfroren, sondern offenbar auch noch ein wenig sehbehindert.
Unter den Campern sind erstaunlich viele Schweizer, was sich aber schnell erklärt, denn die Schweiz hat Herbstferien und Korsika ist ein beliebtes Ziel.
Am Morgen steht der Brötchenwagen direkt vor unserer Tür, das ist Service vom Feinsten. Ansonsten gibt es in direkter Nähe keine Möglichkeiten einzukaufen.
Also satteln wir unseren Ford Ranger, um ins nahegelegene Propriano zu fahren: An der ersten Tankstelle steht Polizei, wohl zur Absicherung des Sprits. Die nächste Tankstelle ist gesperrt, dann die nächste hat noch Diesel, jedoch begrenzt auf 30 Liter pro Kunde. Wir nutzen die Gelegenheit, den Tank aufzufüllen, wer weiß was kommt. Benzinverbrenner gucken vollkommen in die Röhre.
Im Supermarkt kann man sich mit allem eindecken, was das Herz begehrt und wir erstehen auch korsischen Rotwein, den wir probieren müssen, schon allein unserer diesbezüglichen Rotweinecke im Magazin zuliebe.
Mit aufgefüllten Vorräten kehren wir zurück zum Platz und können den gestrandeten Dieselfahrern den Tipp mit der Tankstelle geben.
Der mäßige Wind ist ideal für den Start unserer Drachen. Unsere Wetterstation hält für Korsika allerdings leider nur sehr wenige Daten bereit, es werden nur zwei Tage im voraus angezeigt und alle Angaben zu Wind fehlen. Und so werden wir schließlich böse überrascht, als der Wind in der Nacht dreht und heftig von hinten in unser Camp bläst.
Am nächsten Morgen beschließen wir aufzubrechen, begleitet von guten Wünschen unserer Mitcamper und der Bitte, falls wir Tankstellen mit Benzin sehen, sie kurz anzurufen ...
© 2011 Sixta Zerlauth