Ein Wagen ostwärts ...
Die Strecke führt durch die korsische Gebirgswelt von der Westküste zur Ostküste. Das Wetter ist bedeckt, regnerisch und windig. Natürlich sind die Straßen durch die Berge teilweise eng und kurvenreich und führen durch die herabhängenden Wolken, aber Spritmangel ist eine tolle Sache, die Straßen sind leer getreu dem Motto: "Ohne Sprit im Tank fährt der Korse hier nicht lang."
So kann man die Berge genießen und sie sind wirklich schön. Leider ist hier Nachsaison und alle Plätze haben zu, dabei wäre es gerade hier so viel einfacher, windgeschützt zu stehen.
Plötzlich stehen zwei Männer mitten auf der Straße, in Tarnkleidung mit Gewehren bewaffnet. Ein Überfall? Wollen die unseren Diesel aus dem Tank? Hätten wir doch den Panzer nehmen sollen? Bevor jedoch der EU-Personenschutzbügel zum Einsatz kommen muss, gehen die Männer beiseite, es sind nur Jäger auf der Pirsch ...
An der Ostküste hat der geplante Campingplatz trotz gegenteiliger Angaben im Internet geschlossen: Es folgt eine Odyssee von Platz zu Platz. Entweder geschlossen oder scheußlich. Endlich erreichen wir das Camp Aleria, mit einer Art "Notbetrieb". Alles hat hier geschlossen, bis auf ein paar Waschräume. Für eine Nacht reicht das, denn unter den Bäumen kann man recht windgeschützt stehen. Wieder wird die Explorerküche angeheizt, bis jetzt hat es keine Gelegenheit gegeben, auf Korsika ein Restaurant zu besuchen.
In der Nacht wütet das Wetter erbarmungslos: Die Waschräume sind nicht mehr trockenen Fußes zu erreichen, der Strand ist schmaler als am Tag zuvor. Nun versteht man, warum die Sandsäcke am Strand aufgebaut wurden. Kein Grund, hier weiter zu verweilen ...
Auf unserem weiteren Weg nach Norden durch das Hauptanbaugebiet für Wein kommen wir an einigen Tankstellen vorbei und lernen dabei, auf wie viele unterschiedliche Arten man dem Reisenden deutlich machen kann, dass hier nichts zu holen ist:
- Ein rotweißes Band sperrt die Einfahrt ab
- Die Preisanzeigen sind auf lauter 99999 eingestellt
- Eine Tafel am Straßenrand sagt deutlich FERMÉ
- Eine Tafel am Straßenrand sagt deutlich OUVERT und es gibt trotzdem nichts
- An den Zapfsäulen hängen handgeschriebene Zettel mit Pas de Service
- Die Zapfhähne liegen ausgehängt auf den Zapfsäulen usw. usw.
Fantasie haben sie ja, die Korsen ...
Trotz des mäßigen Wetters wird in Aleria ein Zwischenstopp eingelegt: Der Ort existiert seit dem 6. Jhdt. vor Christus und wurde einst von griechischen Auswanderern gegründet auf den Überresten einer Steinzeitsiedlung. Zur Römerzeit war der Ort die Hauptstadt Korsikas und später ein bedeutender Bischofssitz. Neben Ausgrabungen aus der Römerzeit gibt es eine Burg, erbaut im 15. Jhdt. von den Genuesern - Le Fort de Matra - und die Kirche L’Eglise Saint-Marcel, die als ältestes Gebäude Korsikas gilt, bei dem Steine römischer Bauten wiederverwendet wurden und das mehrfach zerstört und wieder aufgebaut wurde.
Auf dem Weg begegnet uns viel Militär, insbesondere Amerikaner, vermutlich im Zusammenhang mit einem Natomanöver.
Im Supermarkt merkt man nun bereits die Auswirkungen des Treibstoffmangels, die Regale sind deutlich leerer: Wo zuvor zig Sorten Brot lagen, gibt es nur noch ein Einheitsbaguette. Wir können aber trotzdem unsere Vorräte auffüllen für unsere Tage bei Cervione im Camping Calmar.
Unter alten Olivenbäumen kann man sich geschützt aufstellen, eine der Platzkatzen zieht sofort mit ein. Wenn man einen etwas längeren Weg zu den Waschhäusern in Kauf nimmt, kann man sich vollkommen alleine ausbreiten. Ein Paradies, trotz des wechselhaften Wetters. Lange Spaziergänge am Strand sind erholsam und wieder stoßen wir auf einen Bunker, dessen Geschichte wir jedoch nicht klären können. Den Rückweg bahnen wir uns durch einen dicht gewachsenen Wald, den auch die Mücken durchaus attraktiv finden.
Nahe vom Platz gibt es eine Olivenölmühle, die ein unglaublich frisch schmeckendes Öl produziert.
Außer einem Bistro gibt es in unmittelbarer Nähe kein Restaurant, also wird der Aufenthalt auf Korsika zum "Selbstversorgertripp", denn schon bald müssen wir nach Bastia auf die Fähre, wenn denn eine fährt. Sprit bis zum Fährhafen und für eine Strecke danach haben wir zum Glück genug, denn wer will sich gleich an der ersten Tankstelle in die Reihe der durstigen Korsikaurlauber einreihen ...
© 2011 Sixta Zerlauth