Hexerei ...
Jetzt geht es erst einmal weiter: Ich habe erfahren, dass es hier in der Nähe eine "Hexenhöhle" geben soll. Mal sehen, wie die Dame wohnt und ob sie zu Hause ist!
Das Wetter bleibt trocken und ich komme gut voran. Eine größere Beschilderung zur Höhle gibt es nicht und so fahre ich beim ersten Versuch sie zu finden erst einmal vorbei. Dem Navi sei Dank, es lässt mich gleich wieder wenden. Mit einer normalen Straßenkarte aus Papier hätte ich das Appartement der Hexe nicht gefunden, denn es gibt keinen offiziellen Parkplatz für die Höhle. So parke ich am Straßenrand und das letzte Stück ist dann wieder gut für schmutzige Schuhe. Nebenbei bemerkt: Auf dieser Reise komme ich mit dem Putzen der Schuhe nicht hinterher ..!
Schnell wird der Weg zur Höhle schmaler: Hier findet sich dann auch das erste Hinweisschild zu meinem Ziel. Wieder laufe ich fast völlig allein herum. Kurz vor dem Erreichen der Höhle finde ich einen geschmückten Baum, das gesamte Arrangement soll wohl das heilige Krippenspiel darstellen ...
Über die Hexenhöhle beim Ort Hörstel gibt es zwei kleine Geschichten: Die erste ist sehr sachlich, wonach die Höhle noch einen weiteren Eingang hat und man auch hinein kann. Ursprünglich sei es eine Kluft im Sandstein gewesen, die durch Menschenhand erweitert wurde.
Die andere Geschichte handelt dagegen tatsächlich von Hexen: Nach einer Sage soll der Huckberg, in dem sich die Höhle befindet, auch in der Walpurgisnacht Ort von Hexenveranstaltungen sein. Gemäß dieser Sage hat die Höhle auch ihren Namen bekommen: Ein gewisser Jan Brinker hatte bei Freunden zu tun gehabt und etwas über den Durst getrunken. Deshalb hatte er als Nachtquartier ein kleines Haus am Huckberg gewählt. Er war zu Fuß auf dem Weg dorthin und musste dabei an der Hexenhöhle vorbei. Dummerweise hatte er bei dieser Gelegenheit ausgerechnet die Walpurgisnacht erwischt und kam mitten hinein in das Hexengetümmel. Alle Hexen sollen äußerst hässlich gewesen sein, auch der Teufel war zugegen und führte den Hexentanz an. Sie entdeckten den Jan und er musste sich an der Veranstaltung beteiligen. So ging es bis in die frühen Morgenstunden. Ein in der Ferne krähender Hahn machte dem Spuk schließlich ein Ende. Der Teufel drohte ihm noch, niemandem jemals etwas von seinen Erlebnissen zu sagen. Als Ruhe auf dem Berg eingekehrt war, konnte Jan endlich weitergehen. Angeblich erzählte er niemandem etwas von diesen Geschehnissen, aber dennoch steht die Geschichte geschrieben im Stadtmuseum zu Ibbenbühren ...
Ich schaue einmal selbst in die Höhle hinein: Es ist gerade keine Walpurgisnacht! Ich gehe gebückt etwa zehn Meter hinein und drehe wieder um: In dem herrschenden feuchten Wetter würde der Rest von mir am Ende genauso aussehen wie meine Schuhe. Und das kann ich mir heute nicht erlauben. Aber vielleicht sollte ich auch einmal hier während der Walpurgisnacht vorbeischauen: So ein Ritt auf dem Besenstiel würde mich wirklich interessieren ..!
Saurierspuren an den Wänden ...
Bereits nachmittags erreiche ich den Parkplatz bei den Saurierspuren: Er ist entsprechend gekennzeichnet. Ich muss allerdings sagen, dass das Navisystem von Google in diesem Fall voll versagt hat: Danach sind die Saurierspuren mitten in einer Siedlung hier in der Nähe zu finden, obwohl dort keine einzigen Saurier leben. Das ist völlig daneben! In der Siedlung finden sich aber stattdessen sehr hilfsbereite Menschen, die das Problem bestens kennen, auf Autos mit fremdem Kennzeichen reagieren und herumirrende Menschen von sich aus ansprechen. Und diese sogar auf den richtigen Weg schicken. Sehr nett!
Als ich schließlich den richtigen Parkplatz erreiche, werde ich selbst noch einmal sehr überrascht. Ein Ehepaar spricht mich an: "Sind sie von dem Tierschutzschiff `pacifico' aus dem Internet?" (Schriftzug auf der Heckscheibe vom "Mini-Womo"). Ich bin tatsächlich erst einmal ein wenig sprachlos. Und so ergibt sich noch ein nettes Gespräch ...
Der Parkplatz wäre ein schöner Platz für eine Übernachtung, doch ins Internet kommt man hier nicht und auch das Telefon hat so seine Probleme mit der Signalstärke. Als es dunkel wird, fahre ich deshalb in die nächste Ortschaft: Ein kleiner Betrieb für Metallbau hat einen schönen Firmenparkplatz direkt an der Straße und so tarne ich mein ""Mini-Womo"" als parkendes Auto und kann online in Ruhe loslegen. Selbstverständlich verlasse ich solche Plätze immer sauber ...
Am Morgen des 26. Dezember 2020 stehe ich dann schon wieder auf dem Saurierparkplatz und warte auf ausreichendes Tageslicht: Zeit für ein kleines Frühstück!
Gegen 09 Uhr gehe ich wieder los: Bisher bin ich der einzige Besucher. Gut so! Vom Parkplatz aus kann man schon auf der anderen Straßenseite den ersten Saurier sehen. Doch zuerst fällt mir diese Sitzbank am Hang auf (oben rechts): Sie erinnert mich etwas ans Skispringen. Kommt man von oben (unfreiwillig?) den Hang herunter gerutscht, ist hier ist eine Pause möglich. Man kann dann warten, bis der Mut zum Weiterrutschen groß genug ist. Noch ein kurzes Stück unfreiwilliger Fortbewegung und der Parkplatz ist erreicht. Ich habe es allerdings nicht ausprobiert ...
Auf der anderen Straßenseite wartet ein bestens ausgebauter Weg auf den Besucher: Er steigt leicht an und es ist glatt. Ach ja, es ist -1°C ...
Eine "Dame" erwartet mich bereits: Ein ausführliches Schild klärt mich darüber auf, dass es sich um einen lebensgroßen Camarasaurus handelt. Ein reiner Pflanzenfresser. Hatte sie mir zunächst noch scheinbar interessiert entgegen gesehen, zeigt sie anschließend gleich die kalte Schulter: Ich bin ihr wohl zu klein und außerdem kein Gemüse! Die Camarasaurier waren Herdentiere, der lange Hals ermöglichte es ihnen, bis in die höheren Bereiche der Bäume vorzudringen. Während dieser Tätigkeit diente der lange Schwanz dazu, das Gleichgewicht zu halten. Ich gehe erst einmal weiter, denn da wartet noch ein weiterer Saurier auf mich.
Das Modell (unecht - ich bin überglücklich! ) zeigt einen Megalosaurus. Auch bei ihm erwartet mich ein informatives Schild: Die Körperlänge liegt bei etwa 9 m und das Gewicht bei 900 kg, also etwas höher als bei mir. Dieser Saurier war nur auf seinen beiden Beinen unterwegs, riesige Muskelpakete! Arme und Zähne arbeiteten gleichzeitig. Die Arme waren trotz der relativ geringen Größe sehr kräftig und hielten die Beute fest. Gleichzeitig kamen die Zähne zum Einsatz. Dieser Saurier war ein reiner Fleischfresser. Er hätte die Dame des gerade besuchten Camarasaurus wirklich zum Fressen gern gehabt! Doch jetzt kommen wir zum eigentlichen Star dieses Ortes, denn die Modellsaurier hier sind nur Beiwerk: Es sind die Originalspuren der Saurier!
Wie man sehen kann, sind die Spuren an einer Wand: Ursprünglich war diese einst eben und eine mit Ton angereicherte Sandbank. Denn hier befand sich in früher Zeit der Meeresboden und eine Inselwelt. Der Star dieses Ortes sind die Spuren, denn die sind 153 Millionen Jahre alt! Durch geologische Veränderungen wurde der Ort im Laufe der Zeit angehoben. Dadurch entstand auch das hier liegende Wiehengebirge und die Sandbank wurde zur Wand. Die Spuren wurden im Jahre 1921 von einem Geologen entdeckt. Durch ihr Alter sind sie einmalig auf dieser Welt.
Es gibt heutzutage zweibeinige Nachfahren, die leider gefährlich dumm sind: Deshalb muss ich selbst hier ein Schild wie das obige vorfinden ...
Ab morgen gelten erneut verschärfte Lockdown-Regeln wegen Corona. Ich mache mich also wieder auf den Heimweg. Es ist bereits nach 18 Uhr, als ich mein "Mini-Womo" an seinem Parkplatz abstelle. Einmal mehr war es wieder eine herrliche und informative Reise. Erste Pläne für weitere Exkursionen gehen mir bereits durch den Kopf. Doch zunächst folgt wohl wieder die Fortsetzung des Dramas rund um die Pandemie. Hoffen wir, dass es eines Tages auch wieder auf die längere Reise gehen kann ...
© 2021 Jürgen Sattler
Nachtrag, Mai 2021: Das war es dann mit der "pacifico" ...
Gegen Ende April erreichte uns nun schließlich die erwartete Nachricht von Jürgen Sattler: Ab Anfang Mai 2021 wird es keine Webseite mehr geben zum einstigen "Tierschutzschiff" - ein wichtiger Abschnitt in Jürgens Leben geht damit zu Ende.
Er schickte uns zu diesem Anlass noch einmal ein Bild seines geliebten Seglers, dessen erste Fahrt im Jahr 2013 wir mitverfolgen konnten und der nun verkauft wird. Am Anleger in Weener steht auch sein "Mini-Womo", mit dem er u.a. die vier Reisen bestritten hat, die man nun in unserem Magazin ebenfalls findet. Mittlerweile hat Jürgen ein "richtiges" Womo bezogen, das bis auf weiteres seine neue Heimat sein wird. Wir wünschen ihm auch ohne die "pacifico" und mit dem neuen Gefährt weiterhin alles Gute und noch viele spannende Reisen, von denen wir vielleicht ebenfalls erfahren werden!
Und es geht weiter an Land, diesmal mit einem "richtigen" Womo:
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen Sattler finden sich in unserer Autorenübersicht!