Fr, 23.06.2000

Der Regentag: Da immer mindestens ein solcher Tag dabei ist, der die Wiese in einen Schlamm-Acker verwandelt, wird heute morgen die Vermutung zu Gewissheit. Dieser Regentag ist für diejenigen Besucher eingeplant, die ihr Geländefahrzeug nur einmal jährlich nach Zellerreit bewegen und denen dort dann die Möglichkeit geboten werden soll, einmal nach Herzenslust 4x4 oder natürlich auch 6x6 durch den Schlamm zu pflügen - Service ohne Ende!

So finden sich natürlich auch an diesem Morgen jede Menge Fahrzeuge (einschließlich einiger Motorradfahrer), die immer wieder hin und her durch den Schlammpfad fahren - wenn es denn gefällt! Die Kehrseite: Der ein oder andere Experte, der ohne Allrad geradlinig mitten hinein ins Vergnügen steuert, muss natürlich angeschoben werden ...

Unsere Idee für kommende Globetrotter-Treffen: Diesen Tag für allgemeine Vorführungen zum Winchen und zur Bergetechnik nutzen!

Genauer konnte man nicht mehr treffen ...
... der Schlamm-Acker und seine Fans ...
... und natürlich die üblichen Nachwuchs-Offroader ...

Entsetzen bricht an diesem Morgen aus: Im Dauerregen, der viele zum Herumstapfen in "schwerem Ölzeug" zwingt, stellt sich heraus, dass auch noch der kleine Lebensmittelladen hinter der Festwiese eine Woche vorher geschlossen hat. Dies war allen unbekannt geblieben und so rüttelten noch etliche verzweifelt an der Tür des ehemaligen "Tante-Emma-Ladens" - Tante Emma war noch gerade rechtzeitig vor dem Ansturm im wohlverdienten Ruhestand verschwunden!

Ein Tag der Regenplane - aber gemütlich, wenn man´s mag!

18:00 Uhr: Die Fa. Jonathan Ballooning zeigt im Gasthof Esterer ein Video zu "Ballooning über der Sahara". Es fällt auf, dass trotz oder gerade wegen des schlechten Wetters sich nur ein kleiner Teil der Leute hier oben einfindet im Vergleich zu denen, die später die Diashow zum gleichen Thema in der Reithalle besuchen.

21:00 Uhr: Wieder Jonathan Ballooning "Mit dem Winde - Jonathan-Ballooning in der Sahara". Was folgt, sind fast nur eindrucksvolle Bilder über die Fahrten mit dem Heißluftballon in unterschiedlichen Höhen über atemberaubende Wüstenlandschaften, aber kaum Kommentar. Wer hier das Video im Gasthof Esterer vorher nicht gesehen hatte, und das waren wohl viele, denen fehlten einfach einige Hintergrund-Infos zum Treiben des agilen Teams um Herrn Kunow, das sich für seine Ballonverfolgungen und sonstige Fahrten in der Wüste mit dem Team Hinterreither zusammen getan hat - sicher eine optimale Ergänzung!

22:30 Uhr: Es folgt trotz später Stunde ein mitreißender Vortrag mit herzerfrischendem Sarkasmus von Ingo Hoffmann. Insbesondere seine Durchwühlaktion auf einer "Hauptstraße" des Michelin-Führers im Kongo begeistert das Publikum - ein nur kleiner Ausschnitt der "Erfahrung Afrika - Zwei Jahre mit dem Geländewagen von Nord- nach Südafrika über die Westroute Kongo - Angola" Auch hierzu einiges im Internet!

In der Reithalle gibt es im Gegensatz zum letzten Biker-Treffen 99 keinen Service für die Besucher, Bauer Habereder hätte hier sicherlich einiges unter die Leute bringen können. So bringen sich viele selbst was mit in die Halle, aus der es gegen Mitternacht wieder heraus geht in das regnerische Dunkel und die Schlammschlacht vor den Hallentoren ...

Sa, 24.06.2000

Das Wetter hat sich heute morgen deutlich gebessert, sogar ein Semmel-Service-Wagen sorgt für allgemeines Wohlbefinden. Man hat wieder das passende Wetter und auch die Muße zu ausführlichem Bummeln über die Wiese und viel, viel, viel Fachsimpelei an jeder Ecke und jedem Fahrzeug ...

Besuch aus Niger am Redaktionsfahrzeug ...

Für 04.15 Uhr heute morgen war ein Frühstart mit dem Ballon von Jonathan Ballooning angekündigt. Da am Vorabend noch nicht ganz ausgebucht, wissen wir nicht, ob die Fahrt tatsächlich stattgefunden hat. Leider können wir davon nichts berichten, da für uns eindeutig zu früh, außerdem haben wir hiervon nichts mehr gehört. Aber bei einem Preis pro Person von DM 320,- für die relativ kurze Fahrt werden wohl auch viele zurückgeschreckt sein, die nicht immer alles nur umsonst wollen ...

17:30 Uhr: Wie immer bestens besucht ist die Afrika-Fragestunde von Klaus Därr im Gasthof Esterer. Und viel zu fragen gibt es natürlich auch wie immer, schließlich ändern sich täglich die Gegebenheiten im hier so beliebten Expeditions-Kontinent bei nur einer echten Konstante: Der Unberechenbarkeit von Behörden und Banditen ...

19:30 Uhr: Der Tropenarzt Dr. Wantzen berichtet über tropenmedizinische Aspekte bei Tropenreisen - ein interessanter Vortrag zur Vorbereitung (insbesondere zu Impfungen), der Durchführung und zu Problemen solcher Reisen (Motto: "Cook it, boil it, peel it or forget it ...")

Im mittlerweile wieder einsetzenden starken Regen gehts eilig zurück zum Lagerplatz und von dort direkt in die Reithalle: Geschäftsidee für Besitzer von Allradbussen - der Transfer von Zellerreit-Besuchern!

21:15 Uhr: Marianne und Andy Dostmann berichten über ihre Tour "Über Algerien ins Air-Gebirge im Niger", während sich in der Halle ein schon fast lausiges feucht-kaltes Klima einstellt - deutlich kälter als am Vortag!

Ein Reisebericht, der dann von innen aufwärmt und den späten Beginn vergessen lässt, ist um 22:30 Uhr wieder mal der Bericht von Klaus Därr über die Tour, die mit dem mittlerweile schon berühmten Raubüberfall endete: "Empty Corner 99 - eine Reise mit abruptem Ende über Libyen, Algerien nach Mauretanien". Bei dieser Tour, die mit Saro von Saro-Reisen als Reiseleiter erfolgte, verloren bekanntlich etliche Teilnehmer ihre Fahrzeuge und Ausrüstung (siehe hierzu auch Neu 02/2000).

Deutlich wurde in diesem Zusammenhang die (nachvollziehbare) Aufregung über eine (wohl schwachsinnige) Äußerung im Internet, nach der dieser Überfall von Klaus Därr inszeniert worden sein soll. Besonders ärgerlich sicher auch vor dem Hintergrund, dass in dieser Gegend nun noch weitere Reisende überfallen wurden mit inzwischen auch tödlichem Ausgang ...

Der Regen hält an, der uns benachbarte Womo-Fahrer macht sich inzwischen echt Sorgen, ob er morgen noch von der sumpfigen Wiese kommt - zu Recht, wie sich herausstellen wird! Als die Besucher die Reithalle verlassen, kommen viele unter Decken hervor, angetan mit echter Skandinavien-Bekleidung (endlich mal was vom Polarkreis!). Ein Johannisfeuer, das angekündigt wird, gibt es dann für uns nicht mehr ... im Regen geht´s zurück zum Redaktionsfahrzeug, lauschige 12°C erwarten uns im Explorer ...

So, 25.06.2000

Auch heute morgen regnet es immer wieder mal. Noch in der Nacht hörte man ein schweres Fahrzeug abfahren, dass offensichtlich in der nun geöffneten Parallel-Ausfahrt Probleme hatte und dabei auch hier tiefste Spurrillen hinterließ - der Schlamm-Riegel war perfekt.

... hier reizt die Durchfahrt natürlich besonders ...Im Aufbruch am Vormittag spielen sich noch aufregende Szenen ab. Während die einen stolz ihr Fahrzeug durch den dicksten Lehm steuern (wann kann man schon mal so eindruckvoll zeigen, was man drauf hat?), fahren andere wieder bescheidener auf der besser befahrbaren Parallelspur ab.

Schlimm trifft es aber die Womo-Fahrer, die z.T. bei ihren Startversuchen Scharen fotografierender Sensationstouristen anlocken (das Explorer Team macht das ja im Gegensatz dazu nur aus Gründen der Berichterstattung und nicht etwa aus Spaß an steckengebliebenen Womos!). Der Nachbar, der sich schon vorher Sorgen gemacht hatte, schafft es in der Tat auch nur genau bis hinter unser Fahrzeug, dann sieht man durchdrehende Vorderrädchen am "Detleff". Die schon etwas ältere Womo-Mitfahrerin sitzt wie versteinert auf ihrem Platz, bis endlich Hilfe naht und wieder einige schieben.

Unter großem Hallo der Umstehenden schlingert der Nachbar mit viel Gas in einer weiteren Parallelspur zum "großen Schlammpfad" vor bis zum Wiesenausgang, bis ihm die Unmöglichkeit seines Versuchs, hier raus kommen zu wollen, klar wird. Er rast zurück und bleibt ganz in unserer Nähe wieder stecken - hier wird wieder echt was geboten!

Der Besitzer eines brandneuen Expeditionsfahrzeuges sieht nun die Gelegenheit gekommen, um es zu testen: Am Bergegurt zieht er (6x6!) den unglücklichen Wohnmobilisten bis auf die Straße, um dann ohne die Last wieder stolz durch den tiefsten Schlamm zurück zu kommen - dieser Anblick erinnert an einen Spruch, den wir einst an einem riesigen isländischen Geländewagen sahen und der auch Wahlspruch von Zellerreit sein könnte: "The difference between men and boys is the size of their toys ..."

Anderen Womos geht´s nicht besser, aber da kommt Bauer Habereder mit seinem Trecker erfolgreich zum Einsatz ...

 

Womos: ideale Schlepp-Objekte für Expeditionsfahrzeuge ... ... und Trecker ...

Und zuletzt noch unser Fazit: Wieder mal ein voller Erfolg trotz Regens und wie üblich starker Afrika-Lastigkeit der Vorträge - der Dank gilt den Veranstaltern! Das ab 18:00 Uhr dicht gedrängte Programm und der späte letzte Vortrag ließen in Anbetracht des Wetters nur mit Mühe ein geselliges Zusammensein nach Mitternacht zu (trotzdem: viele schafften es unter der Regenplane am Lagerfeuer unverdrossen) - vielleicht Anlass, mal über eine Verteilung der Vorträge über den Tag nachzudenken ..?


Ja, und zum Abschluss nochmal kurz zum eingangs erwähnten Jahr 1997. Uns ist wieder eingefallen, was damals los war - wir brauchten schließlich nur im Archiv zu wühlen! Als wir das getan hatten, sahen wir uns auf der Stelle veranlasst, einmal nachzudenken, wie es weitergehen könnte! Das Ergebnis: Zellerreit 2027 oder: Wie es weiter ging ...


Nachtrag, Oktober ´00: Die folgende Mail  von Klaus Därr erhielten wir Anfang dse Monats:

Hallo,
ich hab'  mal wieder reingesehen.
Die Berichterstattung über meine Person wird ja schon etwas anders. 1997 war sie noch aus zweiter Hand, sachlich falsch und von emotionaler Ablehnung geprägt. Jetzt ist sie nur noch letzteres, das sieht jeder selbst und nimmt es deshalb auch nicht so wichtig.

Viel Grüße
Klaus Därr

Wir versuchten das klar zu stellen:

Hallo Herr Därr,

danke für Ihr Feedback. Offensichtlich gibt es aber trotz der von Ihnen festgestellten Änderungen in der Berichterstattung doch noch einige Missverständnisse. Seit 1997 hat sich in folgenden Punkten bei uns absolut nichts verändert:

  • Unsere Berichterstattung ist nicht aus zweiter Hand (wenn wir nicht selbst zugegen sind, machen wir das natürlich deutlich)
  • Sachlich Falsches wird bei uns durch intensive Prüfung und Reviews (nahezu) ausgeschlossen
  • Emotionale Ablehnung gibt es bei uns nicht (siehe oben), wenn sie denn da wäre, würden wir sicher nicht in der vorliegenden Form berichten, sondern in merklich anderer ...

Dass unsere derzeitigen Berichte über Globetrotter-Treffen in Zellerreit von emotionaler Ablehnung geprägt sein sollen, können wir leider nicht nachvollziehen. Sollten Sie etwa Teile des diesjährigen Berichtes meinen, in denen es um mögliche Fortsetzungen des Globetrotter-Treffens geht, so haben diese sicherlich in keiner Weise irgend etwas mit emotionaler Ablehnung zu tun, sondern eher mit satirischer Reflexion von Hinweisen auf traditionell Beleidigte seit 1997 in einschlägigen Einladungen zum diesjährigen Treffen ...

Bei allem sollte man jedoch (selbst bei etwas selektiv geprägter Wahrnehmung) nicht übersehen, dass hier überwiegend positiv berichtet wird. Aber insgesamt kann man es auch ohne viel Sinn für Satire so sehen wie sie vorgeschlagen haben: Einfach nicht wichtig nehmen!

In diesem Sinne freuen wir uns auch in Zukunft, wenn wir Sie ab und zu mal zu unseren Lesern zählen dürfen - selbst wenn wir es nun vorläufig doch nicht wagen werden, uns mit unserem neuen Expeditionsfahrzeug Explorer II, siehe Rubrik "Expeditionsfahrzeuge", zu einer gemeinsamen Expedition anzumelden ...

Beste Grüße
Jürgen de Haas
Explorer Magazin  


© 2000 J. de Haas (Fotos mit Sony Mavica MVC-FD91 und Kodak DC240i)