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Safranbolu und Horma-Canyon

Der nächste Abstecher von der kürzesten Route beträgt schon 90 km. Aber die frühere Handelsstadt Safranbolu ist schon als Weltkulturerbe gelistet und berühmt wegen der zahlreichen erhaltenen osmanischen Wohnhäuser.

Ganz nett, aber es haut uns nicht vom Hocker: Wer Berat in Albanien gesehen hat, "die Stadt der tausend Fenster", hat für Safranbolu nur ein mildes Lächeln übrig. Das mag aber auch daran liegen, dass wir als Fußgänger nicht den zusammenhängenden Blick auf die Altstadt finden, der in manchen Luftaufnahmen im Netz gezeigt wird. Lebhafte und geschäftige Straßenzüge gibt es schon, dort aber ohne beeindruckende Architektur.

Weitere 70 Straßenkilometer nordöstlich liegt der Ort Pinarbasi, in Luftlinie zwar nur 20 km vom Schwarzen Meer entfernt, aber durch das Gebirge Küre Daglari davon getrennt. Mehrere kleine Flüsse haben sich durch dieses Gebirge gegraben und verschiedene Canyons gebildet. Die beiden Schluchten am Fluss Devrekani sind am besten erschlossen und diese wollen wir nun besuchen. Zuerst der Valla Canyon, laut Werbetext "among the biggest Canyons in the world".

Das touristische Highlight ist aber eindeutig der Horma Canyon: Stellenweise nur wenige Meter breit und bis 20 Meter über dem Fluss geht ein Holzsteg 4 km immer leicht bergab zum Ausgang der Schlucht, wo schon das Taxi für den Rücktransport zum Eingang wartet. Im Gegensatz zu vielen anderen Touristenattraktionen gibt es für ausländische Besucher keinen Preisaufschlag, der Eintritt kostet derzeit nur 50 TL (türkische Lira) pro Person, also 1,50 Euro, Taxi ca. 300 TL.

Rand der Altstadt von Safranbolu, Bildmitte unser Campingplatz Altes Holzhaus osmanischer Bauart
Nationalpark Küre Daglari Das soll einer der größten Canyons der Welt sein: HaHa! Aussichtsplattform über Valla Canyon
Eingang Horma Canyon: noch sehr entspannt ... ... und übersichtlich Schöne Aussicht nach unten ...
Rollstuhlgerecht, 120 cm breit ... Schlüsselstelle für den Rollstuhlfahrer Schön ausgesetzt ...
Anregend ... Wiesn-Attraktion für Fußgänger ..? Wer will nochmal, wer hat noch nicht ..?

Der Holzpfad ist stabil angelegt und sehr vertrauenswürdig: Sogar Angsthasen können sich dabei sicher fühlen. Erst ganz unten am Ausgang des Canyons kommen ein paar kurze Treppen, die ein Rollstuhlfahrer nicht mehr allein überwinden könnte ...

Der Abstecher hat sich gelohnt und für kleinere Sehenswürdigkeiten nahe der Strecke haben wir auch noch Zeit. Da finden wir im Führer den Hinweis auf eine alte seldschukische Holzsäulenmoschee, die nicht weit abseits unserer Route nach Konya liegt, die Mahmutbey Moschee bei Kastamonu. Klar nehmen wir die noch mit, zumal ich vor 10 Jahren eine andere Holzsäulenmosche bei Beysehir westlich von Konya besucht und sehr bewundert habe.

Klein und schlicht ist diese Moschee, bei weitem nicht so beeindruckend und prächtig ausgestattet wie die in Beysehir. Neben der fein gearbeiteten Eingangstür finde ich nur noch wenig Holzschnitzkunst im Inneren. Die wilde Bemalung der Holzbalken scheint mir nicht zeitgenössisch seldschukisch zu sein, also aus dem 13.Jahrhundert. Aber wenn man gerade in der Nähe ist, lohnt sich eine kurze Anfahrt schon.

Die kleine Mahmutbey Holzsäulenmoschee Mehr angemalt, wenig Holzschnitzereien ... Auch innen klein und schlicht ...

Über unsere WhatsApp-Gruppe erfahren wir, dass Andi und Sonja zufällig gerade in Beysehir stehen, die dortige antike Moschee Esrefoglu Camii besucht haben und genauso begeistert sind, wie ich es damals war. Deshalb füge ich noch drei alte Aufnahmen von dieser besonderen Holzmoschee ein ...

Antike Moschee Esrefoglu Camii: Wunderbare Lichtstimmung durch Dachöffnung Viele der seldschukischen Holzschnitzarbeiten Der prächtige Mihrab

Wir haben noch zwei Tage bis zum vereinbarten Treffen, aber Sonja und Andi stehen schon kurz vor Konya. Deshalb planen wir um und bestimmen den großen Salzsee nördlich von Konya zum neuen Treffpunkt. Sie fahren uns also ein Stück entgegen und gemeinsam wollen wir dann noch zwei Karawansereien besuchen, bevor es am Freitag nach Konya geht.

Großer Salzsee und Karawansereien

Auf unserer Strecke zum neuen Treffpunkt passieren wir den großen Salzsee Tuz Gölü am Ostufer und finden eher zufällig einen Parkplatz, der stark frequentiert ist und direkten Zugang zum Wasser hat. Ein richtiger Touri-Hotspot ist das mit riesiger Basarhalle für Souvenirs, Restaurants, Toiletten etc. Und natürlich dem direkten Einstieg ins 20 cm tiefe Wasser. Das müssen wir auch ausprobieren.

Sofort stören mich die kantigen Steine am Grund des Sees, sie schmerzen an der Fußsohle. Bei genauerer Betrachtung sehe ich, das sind keine Steine, sondern scharfkantige Salzkristalle. Der ganze riesige Seeboden ist bedeckt mit ausgefällten Salzkristallen. Das bedeutet, das Wasser ist eine gesättigte Salzlösung. Und richtig, der Tuz Gölü hat mit 33% eine höhere Salzkonzentration als das Tote Meer mit 28%. Zum Vergleich hat die Nordsee etwa 3,5%, die Ostsee zwischen 0,3 und 1,8%, unsere Körperflüssigkeit 0,9%.

Als Treffpunkt haben wir den Flamingo Turm bei Eskil im Süden des Tuz Gölü ausgewählt. Vielleicht kann man ja noch ein paar Vögel beobachten. Aber entweder ist die Jahreszeit zu früh oder die Population wegen zunehmendem Wassermangel geschwunden. Flamingos gibt es jedenfalls nicht. Nur einen scharfen Wind, der uns früh in die komfortable Wohnkabine flüchten lässt.

Scharfkantige Kristalle am Boden des Sees Salzsee Tuz Gölü: Tiefer wird’s nicht ...
Flamingo Turm in Sicht ... Die gemeinsame Reise beginnt Der Planungsstab tagt

Der kurze Weg nach Konya führ an zwei besonderen Karawansereien vorbei, die wir besuchen wollen: Diese ehemaligen Rasthäuser auf antiken Handelsrouten stammen mehrheitlich aus der Zeit der Seldschuken im 13. Jahrhundert und boten den Karawanen bis zu 3 Tage lang neben Rast und Verpflegung für Mann und Tier auch Sicherheit vor Überfällen und die Möglichkeit, Waren zum Verkauf anzubieten. Diese Aufgaben sind heute entfallen und die zum Teil mächtigen Bauwerke werden anders genutzt. Viele sind zu Hotels der Luxusklasse ausgebaut worden, andere können als Baudenkmal oder Museum besucht werden.

Eine der größten und prächtigsten Karawanserei der Türkei ist die Sultanhani, wenige Kilometer entfernt von unserem Nachtplatz am Salzsee. Sie ist natürlich eine vielbesuchte Touristenattraktion und beherbergt heute eine Ausstellung von alten anatolischen Teppichen. Später wird uns ein Teppichhändler in Erzurum erklären, dass sich hier auch ein Zentrum des Handels und der Reparatur von alten Teppichen befindet, in der Bedeutung gleich hinter Istanbul liegend.

Wenige Kilometer weiter Richtung Konya steht wieder eine Karawanserei mit einer Besonderheit: Direkt hinter dem Gebäude in Obruk ist eine riesige Einsturzdoline, ein kreisrundes Loch in der Wiese mit über 100 m Durchmesser und 10 Meter Tiefe, durch Unterspülung des karstigen Bodens entstanden. In der Tiefe dieses Karstloches steht brackiges grünes Wasser, die senkrechten Felswände werden von Dohlen als Brutraum genutzt.

Karawanserei Sultan Hani Sommerräume unter freiem Himmel
Winterraum mit Sammlung edler Teppiche 150 Jahre alte gebrauchte Preziosen 143 Jahre alt ...
Karawanserei Obruk Einsturzdoline hinter der Karawanserei Obruk Aus alt mach neu ... Das Wahrzeichen von Konya, Mevlanas

Und hier schlägt wieder die türkische Renovierungskunst zu: Die alten Steine bekommen gerade ein neues Outfit. Aus dem leicht ruinösen Baudenkmal wird ein Nutzbau entwickelt, fehlende Decksteine werden wieder ergänzt, eine Freiterasse im Obergeschoss bekommt ein Glasdach und einen Windfang aus Glas, vermutlich ist ein Café geplant. Der Gipfel des guten und bewahrenden Geschmacks ist eine Rabatte am Fuß der umlaufenden Mauer aus dunkelbrauner Kiesschüttung - sicher original seldschukisch!

Nur noch wenige Fahrkilometer sind es, bis wir mitten in Konya, und zwar auf dem Parkplatz hinter dem Hilton und gleich neben den wichtigsten Museen, einen ziemlich ruhigen Stellplatz finden. In westeuropäischen Großstädten ist es fast undenkbar, so zentral und billig einen legalen Übernachtungsplatz zu finden, aber in der Osttürkei werden wir noch öfter diese Erfahrung machen. Das ist ja auch einer der großen Pluspunkte dieses Landes: Wenn einen die offen gezeigte Neugier der Passanten und die damit verbundenen Kontakte, ja sogar Einladungen zum Tee nicht nerven, wird man hier sein Glück finden als Freicamper ...

Fortsetzung folgt!


© 2024 Sepp Reithmeier, Fotos: Sepp Reithmeier, Erich Junker


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