Behörden-Marathon ...
In den nächsten Tagen stehen jetzt erst einmal jede Menge Behördengänge auf dem Programm: Aufenthaltsgenehmigung, Einwohnermeldeamt, Zoll (wegen dem Auto) - alles will/muss ich in den nächsten Wochen regeln.
Als erstes gehe ich zum NÜFUS (Einwohnermeldeamt), um mich anzumelden, das geht aber nicht, da ich noch kein IKAMET (Aufenthaltsgenehmigung) habe. Also zu einem Büro, bei dem man diesen Antrag stellt. Als erste Auskunft bekomme ich, ohne NÜFUS Anmeldung kann kein IKAMET Antrag gestellt werden. Nach einigem Hin und Her stellt sich heraus, hier haben sich die Voraussetzungen geändert, ist aber noch nicht bei allen angekommen. Den Hinweis, das IKAMET gäbe es jetzt für zwei Jahre, höre ich gerne: Trifft aber auf mich nicht zu, da ich privat krankenversichert bin ...
Dann muss ich meine Papiere wie den Mietvertrag, Ausweis, Rentenbescheid usw. kopieren und durch einen Notar beglaubigen lassen. Beim Mietvertrag muss allerdings der Vermieter dabei sein. Der unsere ist jedoch gerade für drei Monate in Frankreich. Also heißt es einen Weg suchen, bei dem er nicht anwesend sein muss. Und den gibt es tatsächlich, ich muss nur 40 Lira mehr zahlen, ganz einfach! Nach dem Notarbesuch also wieder zum Büro, wo mein Antrag gestellt wird. Alles abgegeben, die Daten werden Online erfasst, was einige Zeit dauert. Nicht dass die Sachbearbeiterinnen langsam sind, aber die Datenverbindung ist unter aller Sau und überlastet ...
Jetzt habe ich alles soweit geregelt und muss noch zum Steueramt. Dort zahlen und eine Steuernummer beantragen (wofür keine Ahnung). Mein Termin der Überprüfung ist Anfang November. Ich komme mir an diesem Tag vor wie bei Asterix und Obelix in dem Comic "Asterix erobert Rom - Das Haus das Verrückte macht".
Für diese Aktion wurde ich kreuz und quer durch die Stadt gejagt: Ein ganzer Tag ist dafür drauf gegangen. Den hätte ich lieber am Strand verbracht. Aber jetzt heißt es warten. In der Zwischenzeit werde ich die Zeit mit Offroad Touren, Grillen, Freunde besuchen verbringen und die Aussicht von meinem Sommerhaus auf Alanya genießen. Einen Vorteil habe ich aber, meine türkische Freundin steht mir zur Seite, sonst wäre ich wahrscheinlich hoffnungslos untergegangen. Die Bürokratie hier ist noch um einiges "besser" als in Deutschland, also nicht beschweren ...
Jetzt denke ich, dass ich erst einmal Ruhe habe, aber da zickt die englische Lady schon wieder rum: Es tropft an der Windschutzscheibe in den Innenraum. In Höhe des Rückspiegels tritt Wasser ein. Ich habe die Zicke unter einer Klimaanlage geparkt: Das Kondenswasser tropft auf die Gummidichtung und läuft dann langsam aber sicher in den Innenraum ...
Dann funktioniert - wie oben schon beschrieben - die Hupe nicht mehr und die SRS Lampe leuchtet dauerhaft. Das liegt an einer Dose hinter dem Lenkrad (kenn ich schon, hab ich schon einmal repariert). Hier ist ein Band mit sieben Leiterbahnen aufgedreht, um die Drehbewegung zwischen Lenkrad und dem Kabelstrang auszugleichen. Wer das entwickelt hat, den sollte man ...... Denn die Leiterbahnen brechen irgendwann, garantiert! Mein Schrauber hat zum Glück einen Unfalldisco auf dem Hof stehen, bei dem kann ich die Dose ausbauen. Eine neue würde über 200 Euro kosten, viel Geld für so ein Teil.
Die Windschutzscheibe dichte ich mit einer Karosseriedichtmasse ab. Beim Scheibenwechsel hatte ich erst einmal den Rost an der oberen Kante zu entfernen, dann konnte die Scheibe wieder eingesetzt werden. Der Monteur hatte nicht überall genug Kleber benutzt, deshalb konnte Wasser in den Innenraum gelangen. Aber auch das ist schnell erledigt: Die Gummilippe leicht angehoben, Karosseriedichtung dahinter gespritzt und schon war alles wieder dicht. Ganz einfach!
An einem Wochenende laden wir zwei befreundete türkische Familien ein: Ich sehe das als Einstandsfeier. Im Sommerhaus richten wir alles her, wir wollen eine Kleinigkeit grillen und trinken (aber keinen Alkohol). Gegen 19:00 Uhr kommen sie an und haben ohne Ankündigung gleich noch zwei weitere Familien mitgebracht. Somit steigt die Mitgliederzahl rapide von zehn auf zwanzig, zehn Erwachsene und zehn Kinder (vom 6 Monate alten Säugling bis zur 25 jährigen erwachsenen Tochter). Genug Grillgut und Getränke sind da, puh, alles richtig gemacht. Aber die Gäste haben vorsichtshalber auch noch was mitgebracht. Wir kennen alle von den Offroad Touren.
Gegen Mitternacht gehen alle und verabschieden sich herzlich. Auf dem Dorfplatz wird erst mal eine Runde gedreht, gehupt, gerufen. Und wer schon einmal einen Disco V8 (und davon waren vier da) hat aufheulen hören, der weiß was das heißt. Aber die Nachbarn stört es nicht, das ist eben die Türkei. Jetzt erst einmal einen Schnaps. Aber so ist das hier eben, locker, ungezwungen, neugierig, auch lebhaft oder laut. Aber keinen stört es ...
Nachdem wir am nächsten Tag alles wieder in die Reihe gebracht haben, fahren wir in unsere Stadtwohnung: Auf der Rückfahrt fängt unvermittelt die Warnblinkanlage an zu blinken. Beim Überfahren einer Bodenwelle wird dieses ausgelöst.
Vor einem Jahr hatte ich das schon einmal. Als ich Sofia/Bulgarien auf einer grottenschlechten Straße umfahren habe, trat dieses Problem mehrere Male auf. Kurz anhalten, Motor aus, wieder starten, dann war alles wieder gut. Genau wie dieses Mal.
Den Fehler hatte ich damals nicht gefunden. Aber er trat auch nicht wieder auf. Jetzt ist er allerdings wieder da: Die Zicke hat noch was auf Lager! Dann werde ich mich mal auf Fehlersuche machen. Wird bestimmt nicht einfach ...
Jetzt noch das Auto beim Zoll anmelden: Bei mir als Rentner/Pensionär soll das Auto zwei Jahre mit deutscher Zulassung in der Türkei bleiben können, so eine Info. Als wir bei einer Sachbearbeiterin aufschlagen, rechnet sie nach, wieviele Tage ich dieses Jahr schon in der Türkei war - es sind ein paar zu viel!
Meine Info lautet, wenn ich meine Aufenthaltsgenehmigung beantragt habe, muss ich irgendwann zum Zoll und das Auto samt Anhänger im Reisepass eintragen lassen. Aber da ich in einem Zeitraum von 180 Tagen schon über 90 Tage in der Türkei war, müsste ich für sechs Monate wieder ausreisen. Das ist aber nicht möglich, da meine Aufenthaltsgenehmigung beantragt ist. Und in dieser Zeit darf ich das Land nicht verlassen, denn beim Verlassen des Landes verfällt dann der Antrag.
Die Sachbearbeiterin sieht keine andere Möglichkeit als die Ausreise. Nach einigem Hin und Her, bei dem auch die Direktorin mit eingespannt ist, gibt es eine Lösung: Nach Zahlung einer kleinen Gebühr (oder auch Strafe) werden die Fahrzeuge im Reisepass eingetragen. Dafür muss ich allerdings zum Steueramt - jetzt weiß ich auch, wofür die Steuernummer gut ist. Alle Einzahlungen laufen von nun an über diese Nummer. Ob ich ein deutsches Handy anmelden will, eine Strafe zahlen muss, usw. usw. - alles dieses wird unter dieser Nummer verarbeitet. Zahlt man innerhalb einer bestimmten Frist, werden einem noch ca. 20 % erlassen!
Als ich die Quittung über diese Einzahlung vorlege, wird der Eintrag im Reisepass vermerkt. Ich bin erleichtert und bedanke mich ganz herzlich. Jetzt kann ich meiner geliebten Zicke und dem Anhänger für zwei Jahre die Türkei zeigen. Was danach ist, keine Ahnung, es heißt abwarten. Ich bin erstaunt, wie freundlich und hilfsbereit die Beamten sind, ob das in Deutschland wohl auch so gelaufen wäre ..?
Der nächste Ausflug führt uns nach Gazipasa, dort befindet sich der Flughafen von Alanya. Hier wollen wir ein bisschen das Hinterland erkunden. Kaum aus dem kleinen Städtchen heraus, fahren wir durch eine einsame und wunderschöne Landschaft. Bananenplantagen und Treibhäuser stehen rechts und links am Wegesrand. Da es Sonntag ist, gibt es auch wenig Verkehr. Als wir uns langsam in die Berge vortasten, sehe ich auf meinem Navi, dass wir auf einer Straße sind, die uns weit ins Landesinnere bringt. Links von uns befindet sich ein tiefes Tal, auf der anderen Seite verläuft eine Straße, auf der ich wieder in Richtung Alanya fahren kann. Aber offensichtlich gibt es keine Verbindung.
Ich schaue mir den dortigen Bergrücken genau an: Ich erkenne eine kleine Ansiedlung, es muss somit auch einen Weg geben. Den nächsten Abzweig nach links hinunter und immer der Nase nach - es klappt. Nach über einer Stunde haben wir das kleine Dörfchen über eine mehr oder weniger gute Piste erreicht, jetzt noch mal eine Stunde und wir sind wieder auf der Straße in Richtung Alanya. Alle Ausflüge werden dokumentiert und im Navi festgehalten.
In den nächsten Tagen mache ich mit einem Bekannten einen kleinen Abstecher ins Gelände: Er wohnt schon über zwanzig Jahre mehrere Monate im Jahr hier in Alanya. Und ich denke, in dieser Zeit hat er schon viel gesehen. Aber kaum sind wir fünf Kilometer aus der Stadt hinaus, erklärt er mir, dass er hier noch nie gewesen sei. Ich schaue ihn verdutzt an und frage, was er denn so die ganzen zwanzig Jahre gemacht habe. Er antwortet: Strand, Shoppen, Essen gehen und ab und zu einen Bekannten besuchen. Mir fällt dazu nichts mehr ein. Aber dazu muss ich sagen, nur mit dem 4x4 kann ich diese Art von "Ausflug" machen. Und die Möglichkeit haben die wenigsten ...
Alanya liegt direkt am Meer und auch am Torros Gebirge: Die Ausläufer der Berge reichen bis an die Stadtgrenze. Also liegt es doch nahe, das Hinterland zu erkunden. Es gibt keine gute Karten und auch keine Beschilderung an den Straßen, aber es gibt andere Möglichkeiten, sich zu orientieren. Außerdem kann ich die ursprüngliche Türkei nicht in den Touristenorten kennen lernen, dazu muss ich raus aus der Stadt. Mein Bekannter ist begeistert und fragt, ob wir das noch einmal machen könnten ...
Auch zu einer traditionellen türkische Hochzeit werde ich eingeladen: Dort filme und fotografiere ich ein bisschen, eine "etwas" andere Hochzeit. Aber interessant, nicht alle Tage zu sehen ...
Bis zum Überprüfungstermin für mein Ikamet sind es noch einige Wochen. Diese verbringe ich mit viel Cai (Tee) trinken, Ausflügen, Schwimmen, Freunde besuchen, Wohnung einrichten, Reparaturen an der Zicke, usw. Langweilig wird es nicht!
Nachtrag, November ´16: Aktueller "Behörden-Stand"
Der Überprüfungstermin steht nun an: Morgens um acht Uhr stehe ich beim Nüfus (Einwohnermeldeamt). Der Sachbearbeiter schaut sich meine Unterlagen an und ist etwas genervt, einige Dokumente fehlen. Die Agentur hat wohl ein wenig geschlampt ...
Aber nach einigem Hin und Her bekommen wir dann die Info was noch fehlt und die Rennerei geht los: Vom Nüfus zum Vergi Dairesi (Steueramt), eine Gebühr einzahlen. Zwischendurch noch ein paar Passfotos machen. Mit der Quittung und den Fotos wieder zurück. Dann den Vermieter kontaktieren: Er muss mit dem Tapu (Grundbucheintrag) der Wohnung und mit uns zur Belediye (Stadtverwaltung). Dort eine Bescheinigung ausstellen lassen, dass nur wir (meine Freundin und ich) in der Wohnung leben.
Anschließend wieder zum Nüfus, die Bescheinigung überprüfen lassen. Nachdem wir den Vermieter wieder abgesetzt haben nochmal zum Steueramt, erneut eine Gebühr einzahlen. Und wieder zurück zum Nüfus: Quittung vorzeigen. Jetzt sagt der Sachbearbeiter, dass ich mein Ikamet (Aufenthaltsgenehmigung) auch für zwei Jahre bekommen kann. Dafür muss ich aber meine Krankenversicherung ebenfalls für zwei Jahre abschließen. Also wieder Richtung Steueramt, gegenüber liegt nämlich das Büro der Versicherungsgesellschaft. Hier nochmal meine Krankenversicherung verlängern und wieder zurück zum Nüfus: Dort wieder alles abgeben und vorzeigen, warten bis der Sachbearbeiter Zeit hat. Dann endlich ist es geschafft: Ich bekomme mein Ikamet für zwei Jahre!
Aber ohne meine Freundin, meinen Vermieter und einen freundlichen und hilfsbereiten Sachbearbeiter wäre ich hoffnungslos untergegangen: Hier hat sich mal wieder bestätigt, ohne Kontakte ist man ein Nichts und nur so funktioniert es.
Der Vermieter hat uns einige Wege erspart und deshalb bin ich ihm sehr dankbar: Als wir z.B. beim Belediye waren, ging er sofort zum Direktor, er kennt ihn gut. Nach einem kleinen Plausch lief es für uns dann besser. Als wir uns schließlich verabschiedeten, schaute mich der Direktor an und sagte: "Den kenn ich". Wir schauten etwas verdutzt aus der Wäsche, aber damit war der Weg geebnet. Ich weiß nicht woher er mich kennt, aber irgendwo bin ich ihm aufgefallen. Aber was soll´s - genau diese Kontakte sind hier wichtig!
An diesem Tag sind wir acht Stunden mit der Zicke durch die Stadt geeiert: Immer wieder mitten durch, da die Ämter sinnvollerweise in verschiedenen Stadtteilen angesiedelt sind. Doch jetzt ist alles soweit überstanden. Die Zicke und ich können die nächsten zwei Jahre in der Türkei bleiben. Sie hat alles in Ruhe mitgemacht. Ich habe das Gefühl, sie will hier bleiben ...
Und noch ein Hinweis für alle Reisenden oder die es werden wollen: Die Türkei bleibt trotz der negativen Berichterstattung ein sicheres Reiseland. Ich habe es in den letzten sechs Sommern kennengelernt. Wie ihr oben gelesen habt, war ich auch während des Putschversuchs hier vor Ort.
Die Türkei als Reiseland ist grandios, vor allen Dingen für Selbstfahrer. Was man nicht machen sollte: in den Südosten des Landes zu fahren. Dort ist es nicht sicher. Aber alle anderen Gegenden sind meiner Meinung nach sicher. Die Bevölkerung ist freundlich und hilfsbereit. Vor ein paar Wochen war ein Bekannter mit seinem Wohnmobil, ohne Probleme zu haben, in Kapadokien.
Dass es auch andere Verhaltensweisen gegenüber Touristen gibt, ist
mir schon klar. Ich habe aber so etwas noch nicht erlebt.
Nochmal, jeder der Interesse an der Türkei hat, sollte sich auf den
Weg machen und sich nicht abschrecken lassen: Die Berichterstattung
in Deutschland ist nicht fair. Das Land hat für Natur- und
Kulturliebhaber viel zu bieten ..!
© 2016 Ludwig Hauhoff (Hauy)