Türkei 2017 (1)
Die "englische Zicke" hat sich eingelebt ...
So langsam wird’s was: Die Zicke hat sich so langsam an die neue Umgebung gewöhnt (was auch gar nicht so schwer ist, hier werden die Geländefahrzeuge noch artgerecht gehalten ). Sie muckt nicht mehr soviel rum, aber sie hatte noch mehrere kleine Probleme ...
Sie sprang morgens nicht an: Aber das war schnell erledigt, eine gelöste Kabelverbindung war der Auslöser. Schnell zusammengelötet und schon funktionierte alles wieder. Dann entdeckte ich morgens einen Wassereinbruch: Irgendwo unterhalb der Windschutzscheibe gibt es offenbar ein kleines Loch, wo dann bei Regen Wasser eintritt. Das muss ich noch suchen und versiegeln ...
Ein größeres Problem hatte die Zicke plötzlich wegen eines zu hohen Ölverbrauchs: Der Motor verbrauchte auf einmal fast einen Liter davon auf knapp 300 km. Mein Schrauber Hasan schaute sich den Motor an und fand dann auch die Ursache. "Wahrscheinlich ist ein kleiner Vorfilter für den Turbolader das Problem", meinte er. Dieser Filter war in der Tat zu: Sauber gemacht und durchgepustet - anschließend während der Probefahrt hatte ich dann das Gefühl, dass der Motor besser läuft. Jetzt warte ich erst einmal ab und kontrolliere regelmäßig den Ölstand.
Dann entriegelte irgendwann die Hecktüre nicht mehr, sie war nur noch mit dem Schlüssel zu öffnen. Hasan gab mir zwei Stellmotoren, die ich ausprobieren sollte. Aber auch das brachte bislang keine Besserung. Die Ursache werde ich aber noch finden!
Wie ich schon in den vorherigen Berichten geschrieben habe, sind wir immer wieder mal mit den Offroadern von Alanya unterwegs: Samstagabend ruft Hasan an, dass Sonntag (Neujahr) eine Ausfahrt geplant ist. Schnell noch etwas Grillgut eingekauft, den Grill samt Zubehör zusammengesucht und eingepackt. Sonntagmorgen ist dann Treffen auf einem Tankstellengelände in Tosmur (Stadtteil von Alanya). Tanken, Absprache wohin es geht, und ab geht’s hoch in die Berge ...
Ab 800 m dann Schnee ohne Ende: Die Straße ist nur mittig einspurig geschoben, wegen Eisplatten auf der Straße ist das Fahren auch nicht ohne. Aber wir kämpfen uns durch dieses Schnee- und Eischaos. Die türkischen Mitfahrer sagen, dass sie das so noch nicht erlebt haben. Und so fahren sie auch: Da einige mit diesen Straßenverhältnissen noch keine Erfahrung gesammelt haben, werde ich mehrfach Augenzeuge von unklugen und gefährlichen Fahrmanövern. Aber alles geht gut ...
Endlich haben wir dann unser Ziel erreicht, einen kleinen Rastplatz: Hier wird wie immer der Grill ausgepackt, ein bisschen gecrosst und gefachsimpelt. Danach geht’s wieder zurück nach Alanya. Auf der Rückfahrt fehlen plötzlich einige Mitfahrer: Ich höre, dass sich ein Wagen bei einer Geländeeinlage auf die Seite gelegt hat. Und jetzt versuchen die Helfer, ihn wieder auf die Beine zu stellen. Nach einer halben Stunde sind alle wieder da. Nichts passiert, der umgefallene Discovery hat einen stabilen, außen montierten Überrollkäfig, der Fahrer ist wohlauf. Einige Mitfahrer meinen aber, das musste irgendwann passieren, da der Fahrer ein Draufgänger sei ...
Das Wetter ist in den ersten Januartagen 2017 sehr schlecht: Starker Regen, Sturm, Hagel, Schnee und Frost, fast wie in Deutschland. Aber zwischendurch immer wieder Sonne und etwas wärmer.
Einmal die Woche tauche ich an der Werkstatt von Hasan auf. Hier lerne ich seine Kundschaft kennen, mit einigen kann ich mich auch auf Deutsch unterhalten. Aber ich merke, ohne gewisse Türkischkenntnisse läuft hier wenig. Schrauber Hasan spricht nur Türkisch, aber ich verstehe schon einiges. Meine türkische Freundin übersetzt falls nötig. Einkaufen, tanken, usw. klappt schon ganz gut - auch Hände und Füße funktionieren einwandfrei. Aber oft ist es kein Problem, sich hier zu verständigen: Einer spricht immer deutsch oder englisch. Wenn wir offroad unterwegs sind, ist es für mich natürlich anstrengend, hier zuzuhören. Aber es kommt - hält mich jung und fit!
Dann gibt’s einen Cay in der Werkstatt, meine Zicke wird in Augenschein genommen, es wird gefragt, woher ich komme, wo ich wohne, usw. So eine Zicke kennen die hier nicht. Ich zeige ihnen dann meinen Einbau und erkläre - soweit es geht - meine elektrische Anlage. Käufer für die Zicke würde ich hier auf jeden Fall finden ...
Samstag wieder ein Anruf von Hasan, er will uns nach Anamur zu seinem Freund mitnehmen. Der betreibt ein Hotel und hat Hasans Familie zum Frühstück eingeladen. Und wie das so ist, hat Hasan ihm angekündigt, dass er einen Freund mitbringt. Ich sage zu, Treffen wie gehabt acht Uhr auf dem Tankstellengelände in Tosmur.
Bis Anamur sind es ca. 140 km: Die Straße verläuft entlang der Küste, bis Gazipasa unspektakulär. Dann aber wird es interessant, auf fast 80 km Kurven und Aussichten ohne Ende. Weiter im Inland wird eine neue Straße gebaut, aber wie so oft ist die alte Straße die schönere. Meine Zicke versucht, mit dem Disco V8 von Hasan mitzuhalten: In den Kurven funktioniert das noch ganz gut, an den Steigungen nicht mehr so und bei den halsbrecherischen Überholmanövern gibt sie schließlich auf - der Fahrer auch. Ist wohl auch besser so!
Aber wir kommen gemeinsam in Anamur an: Es wird ausgiebig gefrühstückt und ein kleiner Spaziergang steht an. Von hier bis Zypern sind es nur knapp 75 Kilometer Luftlinie. Eine Pipeline, die Zypern mit Trinkwasser versorgt, verläuft von Anamur bis zur Insel. Oberhalb der Stadt hat man deshalb extra einen Stausee gebaut. Nach dem Besuch des Sees fahren wir zu einem geschichtsträchtigen Ort, Anemurium genannt. Dieser Ort war schon zu Zeiten der Phönizier besiedelt, er war eine bedeutende Stadt in römisch-byzantinischer Zeit. Alte behauene Steine mit Inschriften, Mauern und noch erkennbare Häuser schaue ich mir an. Anschließend gibt es noch eine kurze Stadtbesichtigung und es geht wieder zurück zum Hotel ...
Es gibt gegrillten Fisch zum Mittagessen. Danach erklärt Hasan, dass er nun ins Hammam (türkisches Bad) gehen würde und fragt, ob ich mitkomme. Ich halte das zunächst für einen Scherz, aber er zieht mich am Arm mit.
Im Untergeschoss des Hotels befindet sich das Hammam: Mir bleibt nichts anderes übrig, als mitzumachen. Vier junge Mädels versorgen mich mit dem notwendigen Outfit, einem Hüfttuch, Badelatschen und einem Handtuch. Zuerst also in die Sauna, dann abkühlen und danach duschen. Jetzt muss ich mich auf eine sehr, sehr warme Steinplatte legen, werde eingeseift, abgeschrubbt und abgewaschen. Dann bringt man mich in einen anderen Raum, wo ich durchgeknetet werde. Und das ist nicht ohne: Meine Masseurin gibt sich alle Mühe, sie trampelt auf mir rum, von den Zehenspitzen bis in die Haarspitzen wird alles durchgeknetet. Danach muss ich wieder auf die sehr warme Steinplatte: Noch einmal werde ich mit viel Schaum und einem harten Handschuh abgeschrubbt. Jetzt bin ich fertig und kann mich wieder anziehen. Ich fühle mich wie neugeboren. Oben im Hotel warten die anderen schon, wir verabschieden uns und fahren wieder Richtung Alanya ...
Es wird schon dunkel und auf den nächsten 80 Kilometer sind wieder die Kurven angesagt: Kein Vergnügen, da jetzt auch Lkw und die Sonntagsfahrer unterwegs sind. Aber gegen 20:00 Uhr sind wir wieder in Alanya, verabschieden uns von Hasan und fahren die letzten Meter allein weiter. Ich bin zufrieden, habe heute viel erlebt, gesehen und wieder neue Menschen kennengelernt ..!
© 2017 Ludwig Hauhoff (Hauy)