Cosmo Caixa - Technik zum Anfassen ...
Frühmorgens geht es los mit der U-Bahn zur Endstation Avenida del Tibidabo. In der Metro Station Plaza de Catalunya begegnet uns wieder die Ictineo, diesmal als Mosaik. Die Plaza de Catalunya kennen wir bereits aus den Medien, soll sich doch hier ein Hotspot der Unruhen befinden. Zumindest jetzt am Vormittag ist gähnende Leere und man sieht auch keine Verwüstungen, lediglich eine Kehrmaschine dreht ihre Runden.
Für heute wurde der Generalstreik ausgerufen und über einer halbe Million Katalanen ziehen auf den Hauptstraßen und Autobahnen nach Barcelona. Es ist Freitag und die berühmten Markthallen von Barcelona sind geschlossen - es ist ernst.
Auch die Museen sollen vom Streik betroffen sein, zum Glück aber nicht unser Ziel das Museum Cosmo Caixa. Wir sind auf die technischen Abteilungen sehr neugierig, denn schließlich sind wir schon häufig Besucher gewesen im Technischen Museum München.
Es ist nur ein kurzer Fußweg von der Metrostation bis zur Carrer d'Isaac Newton, wo sich das Museum befindet. Nicht zu übersehen das U-Boot am Straßenrand: Das SA-51, ein Mini-U-Boot der Haiklasse, mit seinen 18,8 m nur etwas größer als Ictineo II. SA-51 wurde 1964 erbaut und 1986 dem Cosmo Caixa geschenkt. Insgesamt wurden nur 2 Boote der Haiklasse gebaut, beide Boot mussten ihren Dienst in der Marine nie antreten.
Im Entrée des Museum wird man von drei Großen der Wissenschaft erwartet: Charles Darwin, Marie Curie und Albert Einstein.
Gegenüber befindet sich ein Versuchsaufbau zur Demonstration von chaotischen Wellen - hier kann man sofort schon tätig werden. Beherrscht wird das Museumsgebäude von einem riesigen 30 m hohen Spirale, in der ein 300 Jahre alter Acariquara hängt, ein 7 Tonnen schwerer Baum aus dem Amazonas. Irgendwie erinnert der löchrige Stamm an die Türme von Gaudis Sagrada Familia.
Diese Spirale führt hinab in den Keller, in zahlreiche Versuche aufgebaut sind, in der neugierige Kinder oder auch wissbegierige Erwachsene mal allerlei Phänomene aus der Physik auf sich wirken lassen können. Nicht alles ist einfach, bei manchen Experimenten benötigt man auch Geschick.
Von der technischen Abteilung gelangt man zu einem Gewächshaus, das einen Amazonas-Dschungel enthält mit integriertem Aquarium und bunter Vogelwelt. Hier kann man auf den Bänken rasten und zum Tierbeobachter werden.
Als Kontrastprogramm gibt es den Nachbau des Antarktislabors von Prof. Antoni Ballester, das in den 80er Jahren für die spanische Antarktisforschung benutzt wurde.
Immer weiter kann man durch die Abteilungen für Geologie und Paläntologie schlendern zum Ausgang, der in einen großen Außenbereich führt. Hier steht u.a. die Zeitkapsel für das Cerdà-Jahr. Ildefons Cerdà war Städteplaner im 19. Jhdt. und gestaltete den 2. Bezirk von Barcelona Eixample mit genormten Häuserblock- und Straßengrößen.
2009 wurde der 150. Geburtstag von Cerdà gefeiert. Anlässlich seines Geburtstages wurde eine Edelstahlkapsel mit Geschichten, Ansichten, Tondokumenten u.v.m. der Gegenwart gefüllt, verschlossen und hier aufgestellt. Diese Kapsel soll dann 2159 - im 300. Cerdà-Jahr geöffnet werden, damit sich die zukünftigen Besucher über Barcelona in 2009 informieren können.
Unweit vom Cosmo Caixa soll sich der Bahnhof der Funicular al Tibidabo befinden, mit der man auf den Hausberg Tibidabo 532m hoch gelangt. Wir fragen mehrere Leute vom Museumspersonal, wie man am Besten zum Bahnhof gelangt. Aber niemand kennt die Bahn geschweige denn den Bahnhof Estación Inferior. Also werfen wir das Handy an und marschieren los. Wir sind nicht ganz sicher, ob wir wirklich auf dem richtigen Weg sind und fragen eine Passantin. Was für ein Glück! Sie wusste nämlich zu berichten, dass die Bahn bereits seit längerer Zeit außer Betrieb ist. Das spart uns den Aufstieg. Da wir unverkennbar Touristen sind, warnt sie uns in die Innenstadt zu fahren. Es gäbe Unruhen und morgen beginne der Generalstreik. Als wir ihr erzählen, dass wir zum Hotel auf der La Rambla fahren, schaut sie uns entsetzt an und kann es nicht fassen. Sie gibt uns noch den Rat nachts im Hotel zubleiben - das hatten wir sowieso vor.
Zurück im Zentrum ist alles leer - Ruhe vor dem Sturm. Unsere Reservierung im Restaurant klappt bestens, dieses Mal ist es komplett ausgebucht - ohne Reservierung hätten wir keine Chance gehabt.
Auf dem Rückweg zum Hotel hören wir wieder in der Ferne Tumult. Wir verweilen noch etwas am Hafen. Dort liegen die Golondrinas, Ausflugsboote für die Hafenrundfahrten. Wir trauen unseren Augen nicht als eine ganze Horde Ratten eilig auf einem hell beleuchteten Festmachtau vom Schiff zum Ufer huscht. Was für Zustände mögen auf den Ausflugsdampfern herrschen? Wollen die Ratten sich etwa am Radau in den Straßen beteiligen?
Zurück im Hotel sehen wir im Fernsehen wieder Aufruhr und ein brennendes Barcelona. Wir müssen immer wieder besorgte Anfragen von zu Hause beantworten, man kann kaum glauben, dass wir von dem Geschehen überhaupt nicht betroffen sind. Die Planung für die Weinreise bleibt auch weiter bestehen.
Wir werden morgen den Tag außerhalb von Barcelona verbringen - in Monserrat.
© 2021 Sixta Zerlauth