14. Tag: Di 03.08.99 22:02 04:33
Um 6:00 Uhr in der Frühe dröhnen neben uns die Triebwerke auf - die Südtiroler starten! Wer auf der E6 zum Nordkap will, darf sicherlich kaum später aufstehen ...
Wir selbst lassen es geruhsamer angehen. Uns erwartet wieder mal ein Traumfrühstück in der Sonne, heute ist nur noch T-Shirt statt Thermounterhemd angesagt!
Unser vorletztes Stück E6 erwartet uns, wir wollen Trondheim umfahren, immer noch sind es 25° C im Schatten ...
Noch vor Trondheim erreicht man, von Norden kommend, den Ort Asen, nach dem der dahinter liegende Fjord benannt ist, ein Nebenarm des Trondheim-Fjords. Neben der E6 halten wir an einer Raststätte, bei der auf ein denkwürdiges Ereignis in der Geschichte Norwegens im 2. Weltkrieg hingewiesen wird: den Angriff auf das deutsche Schlachtschiff "Tirpitz" (s. dazu auch unseren Modellkeller!).
Genauer zu den Details wird man hier nicht, immerhin war zwar das Vorhaben gewaltig, das Ergebnis jedoch nicht gerade: Der Norweger Leif Larsen unternahm an dieser Stelle Ende 1942 im Rahmen der Unternehmung "Title" mit dem Fischerboot Arthur den Versuch, "Torpedoreiter" in den Asenfjord, den Liegeplatz der Tirpitz zu bringen. Zwei Mann Besatzung in wasserdichter Bekleidung saßen rittlings auf solch einem Torpedo, dessen Sprengstoff-Gefechtskopf nach Überwinden der Sperrnetze am Schiff zu befestigen war.
Ein Verzögerungszünder sollte der Besatzung anschließend genügend Zeit geben, sich abzusetzen. Soweit die Planung, doch das Unternehmen war vom Pech verfolgt. Nach aufkommendem Sturm rissen beide Torpedos von der Arthur ab, das Unternehmen musste abgebrochen werden, Larsens Gruppe konnte nur mit Mühe entkommen, einer von ihnen wurde erschossen und das Boot von den Deutschen gefunden. Alles in allem aus Sicht des Unternehmens kein Erfolg, aber hier bei Asen zählt wohl der Wille zum Widerstand ... Die Tirpitz wurde übrigens nach dauerndem weiteren Versteckspiel erst rund 2 Jahre später am 12. November 1944 bei Tromsö durch Lancaster-Bomber versenkt - von den an Bord befindlichen 1.700 Mann ertranken etwa 1.000 ...
Wir verlassen wieder mal den Schauplatz düsterer deutscher Geschichte und endlich auch die E6: Noch vor Trondheim können wir auf die südlich führende Nebenstrecke 705 wechseln, der wir nun eine längere Zeit folgen.
Eine Campingplatz-Pleite jagt nun dieselbe in für uns durchaus nicht reizvoller Landschaft: Spießer-Dauercamperplätze in glühender Hitze, wann können wir endlich mal im Schatten halten? Nirgends! Selbu soll sollte man meiden, wenn man nicht unter deutschen Verhältnissen campen möchte. Wir fahren die 705 weiter, im Bezirk Tydal wird die Landschaft wieder norwegischer. Schatten gibt es jedoch auch hier nicht, als wir an einem Rastplatz Pause machen ...
Wir erreichen Stuguvollen, doch auch die dortigen Campingmöglichkeiten können uns nicht aus der Reserve locken. Im zweiten Versuch schließlich (nach Rückkehr und Fragen in der örtlichen Information) machen wir uns auf den Weg zu einem Geheimtip von Campingplatz: Über eine pistenähnliche Zufahrt geht es in Stuguvollen ab in östlicher Richtung. Fast vor der schwedischen Grenze, nach ca. 15 km, erreichen wir den See Nesjoen - das ist unser Camp und hier werden wir unseren vorletzten Ruhetag verbringen! (Camp 11 N62°57.87492´ E012°´04.93971´).
Der recht einsame Campingplatz, der auf den ersten Blick nur wie ein karges Seeufer wirkt ohne jede Infrastruktur bis auf eine Anlegemole, scheint aber in Wirklichkeit ein Insider-Platz für Angler zu sein, die von hier aus zu ihren stundenlangen Fahrten aufbrechen.
Auch die Campingplatz-Betreiberin schenkt uns wieder einen Fisch "for a taste" - die Forelle ist hervorragend! (Angeln ist hier ohne Lizenz nicht erlaubt und man beobachtet sehr wohl unser "Fish-Hunter"-Schlauchboot, als wir dieses später aufpumpen!). Wir outen uns als Explorer Magazin, und sie erzählt uns einiges von ihrem Platz, so unter anderem auch, dass zunehmend Deutsche hier seien - wir sehen keine!
Am Abend trifft dann auch prompt ein klotziges Womo aus Deutschland hier ein - sie werden uns noch einmal am nächsten Morgen auffallen, als sie in einer endlosen "Wasserschlacht", an der mindestens vier hin- und her rennende Personen beteiligt sind, ihr Gefährt mit Wasser betanken ...
Trotz unserer heutigen Höhe von 725 m ist wieder Mückenkampf angesagt: selbst bei über 20°C (abends dann noch 13°C) und leichtem Wind sind sie da, die harten norwegischen Tierchen, die uns diesmal wohl bis zum letzten Tag Begleitschutz geben wollen - Autan, Ventilator und Citronella-Kerze kommen endlich mal wieder kombiniert zum Einsatz ...
15. Tag: Mi 04.08.99 21:59 04:36
Ruhetag steht zum vorletzten Mal auf dem Programm, Ruhetag mit Boot, Drachen und mit recht frischem Wind, heute sind "nur" noch 19° C zu messen, aber bei "Schlangen-Wind" ergibt sich doch selbst bei einer solchen Temperatur ein spürbarer Windchill.
Hier gibt es freundliche deutschsprechende Norweger, Drachen sind aber an einer solchen Stelle offenbar so selten, dass auf dem Platz am See fast ein Volksauflauf mit allen Kindern entsteht, als wir unsere 30m-Schlange starten ...
Bei sich rasch entwickelnder Unterhaltung erfahren wir ein norwegisches Angler-Geheimnis: Hierzulande angeln viele zwar mit Mietbooten, aber sie bringen ihren eigenen Motor mit, den sie daran befestigen!
Hinter dem Explorer befindet sich ein geheimnisvoller Stollen, der mit seinem ständig herunterplätschernden Wasser einer Tropfsteinhöhle gleicht und dessen Betreten wegen gefährlichem Steinschlag verboten ist - im Schein der Maglite können wir nicht weit vordringen, da das Wasser schnell Kniehöhe und mehr erreicht. Wir erfahren, dass mit Hilfe dieses Stollens ein Wasserzufluss vom schwedischen Stausee nebenan zum Nesjoen bewirkt wurde, um die Wasserstände auszugleichen - in der Tat ein merkwürdiges Gebilde am See!
Der Tag vergeht bei Wanderungen bis zur schwedischen Grenze auf die Höhen rund um den See, der Sammlung von Moltebeeren und ähnlich erbauendem. Lange in Erinnerung bleibt der Ausblick von den Höhen auf die umliegenden Seen vom über 1.400 m hohen Skarvdörsfjellet und weit hinein bis nach Schweden - schon bald werden uns derartige Ausblicke fehlen ...
© 1999 J. de Haas
- Zum 16./17. Tag: Galgenfrist - weiter nach Süden bis zum Femund (und letzter Ruhetag)
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