17. Tag - Sa, 21.06.03

Sonnwendfeuer ...Moin Mittsommerexplorer,
erst mal vielen Dank für die Bildergrüße, natürlich auch an Walter, auf dessen Wohl ich mir gerade ein Glas Wein (meiner letzten 2 Flaschen!!!!) genehmige. Im folgenden noch ein kurzer Nachtrag zum gestrigen Bericht!

Um halb elf ist am Suomi Tivoli alles anders: Statt Kindern sind nun auch Erwachsene dort, und tanzen ausgelassen. Das Sonnwendfeuer wird entzündet und auf der Freilichtbühne spielt eine Band auf, die es in sich hat. 

Afrikanische Trommeln und Didgeridoo sind wohl die auffälligsten Instrumente. Dazu auch noch eine wirklich gute Sängerin. 

Nicht unbedingt typisch finnisch, aber trotzdem gut, finden auch die anwesenden Finnen. Ja, auch die Finnen können feiern, das habe ich heute gesehen. Ich bleibe noch auf ein paar Lapin Kulta und verabschiede mich dann vom Rummel in mein kuschliges Hotelbett, das erste seit langem ...


Finnland ist unserer Zeit voraus: Um eine Stunde nämlich, und natürlich habe ich deswegen bei der Einreise die Zeit umgestellt. Allerdings nicht bei meinem Wecker, und so stelle ich heute morgen erst mal enttäuscht fest, dass ich das Frühstücksbuffet verpennt habe.

Also reise ich ohne Frühstück ab und besuche anschließend das Arktikum, ein Museum in einem hochmodernen Gebäude und eine von wenigen Attraktionen in Rovaniemi. Hier kann man sich umfangreich über die arktischen Völker und deren Leben informieren. Am besten gefallen mir die zahlreichen Boote, die genau so gebaut sind wie die heutigen Faltboote, nur eben nicht faltbar und statt mit Gummi mit Leder überzogen. 

Neben zahlreichen Ausstellungsstücken und Infotafeln werden im "Polarium" auch Filme gezeigt. Leider wird ein Teil der Ausstellung derzeit umgebaut und ist deshalb nicht zugänglich. Gerade günstig ist der Besuch mit 10 Euro Eintrittsgebühr auch nicht unbedingt ...

Am Stadtrand nehme ich eine trampende Finnin ein paar Kilometer mit (Anm. der Red.: Hört, Hört! ). Man sieht ihr die durchwachte Nacht deutlich an, Müdigkeit und Restalkohol erschweren die Kommunikation. Sie muss lachen, als ich ihr von meinem Wohnmobil-Schock im Norden erzähle. Ja, die Wohnmobiltouristen sind eine echte Plage hier oben, das sieht sie ganz genau so. Am besten, sagt sie mir, kommt man Ende August hier hoch. Da sind die meisten Mücken und Touristen wieder verschwunden.

Auch mir liegt die Nacht noch in den Knochen und so fahre ich auf den nächstbesten Campingplatz, direkt am Fluss Kemijoki gelegen (N65°53.746' E024°38.459').

Am Kemijoki ...

Gerade als ich mein Boot weitgehend startklar habe, steuert eine Regenfront samt Gewitter auf den Platz zu. Also heißt es erst mal abwarten. Bis auf ein wenig Wind und ein nasses Zelt passiert aber wenig - das Gewitter zieht vorbei. Auf dem Kemijoki sind aber richtig hohe Wellen: Zuerst lasse ich mich von ihnen den Fluss hochtreiben, anschließend paddle ich gegen sie zurück. Etliche spülen über den Bug, und obwohl die Spritzdecke das Schlimmste abhält, werde ich ziemlich nass. Trotzdem macht es riesigen Spaß, denn das sind die Verhältnisse, in denen sich die Stärken des Boots offenbaren.

Danach setzte ich mich zum Trocknen vors Zelt. Es ist wieder angenehm warm, so um die 20°C. Erste Mückenschwärme umkreisen mich, doch wie auch schon in den letzten Tagen sind sie mit Autan und Mückenspiralen noch locker abzuhalten. So kann auch dieser Abend gemütlich ausklingen: Bei einem guten Glas Wein, heißem Tee und einem wunderbaren Ausblick auf den Kemijoki ... 

18. Tag - So, 22.06.03

Heute lasse ich mir Zeit: Ich will nicht weiter gen Süden fahren, sondern ein wenig auf dem Kemijoki paddeln und einfach relaxen ...

Wie schon gestern, bläst auch heute wieder ein kräftiger Wind und sorgt für ebenso kräftige Wellen auf dem Fluss. Mein Wildwasser-Kajak kann seine Stärken wieder voll ausspielen, offenbart jedoch erneut auch seine größte Schwäche. Schon in meinem Testbericht hatte ich es erwähnt: Der Reißverschluss der Spritzdecke lässt das Wasser durch.

Kampf gegen das Wasser und die Spritzdecke: Auf dem Kemijoki ... Ich paddle heute zuerst gegen die Wellen, um dann entspannt zurück zu paddeln, wenn ich müde bin. Schon nach wenigen Minuten habe ich Wasser im Boot. Die Wellen sind teilweise bis zu 30 cm hoch, und wenn man sie blöd erwischt, spülen sie eben über die Spritzdecke und ein Teil tropft durch den Reißverschluss.

So bin ich also mal wieder schon nach kurzer Zeit nass, und seit heute ist der Kauf eines Klepper-Faltboots beschlossene Sache! Denn zwei Sachen stören mich an meinem Boot: Erstens ist darin viel zu wenig Platz, und zweitens lässt die Spritzdecke wie erwähnt das Wasser durch - und das sollte sie nicht!

Eineinhalb Stunden geht es gegen die Wellen, und dann lasse ich mich wieder gemütlich von ihnen zurück treiben. Andere Paddler treffe ich hier nicht, dafür aber jede Menge Motorboote.

Ansonsten passiert nichts Interessantes. Am späteren Nachmittag lege ich wieder an und verbringe den restlichen Nachmittag, ebenso wie den Abend, gemütlich vorm Zelt. Auch die finnische Luftwaffe fliegt wieder Großangriffe, aber auch heute ist sie mit Autan und Mückenspiralen leicht abzuwehren. Es wird aber von Tag zu Tag schlimmer mit den Mücken ...

19. Tag - Mo, 23.06.03

Anm. der Red.: Wir hatten Karsten gemailt, dass nach derzeitigem Stand der Dinge sein Boot wohl doch nicht das Optimale zu sein scheint. Und dann hatten wir ihm natürlich viel Erfolg beim weiteren Kampf gegen die Mücken gewünscht. Hier ein Auszug aus seiner Antwortmail:

Moin Explorer!
Das Stearns hat ein schönes Fahrverhalten und man kann mit ihm praktisch alle Gewässer fahren, die man mit einem Boot überhaupt fahren kann. Aber das mit der Spritzdecke nervt schon gewaltig, vor allem, da man es ja ganz einfach hätte besser machen können: Reißverschluss auf die rechte oder linke Seite statt in die Mitte, wäre zwar nicht optimal, würde aber schon viel bringen. Aber vielleicht gehört es in einem Wildwasserboot einfach dazu, nass zu werden. :-)

... Ich habe mir gestern noch mal Eure Mückenberichte von 99 und 00 durchgelesen, und dagegen habe ich es hier wirklich gut. Ein paar Mückenspiralen und etwas Autan hat bisher jeder Mücke vertrieben und zur Not habe ich ja noch die belgische Wunderwaffe mit 27% DEET dabei.

So, dann machet mal juut!
Gruß vom Schon-hinter-Lappland-Karsten

PS: Nun hast Du endlich auch das gewünschte Kochbild!


Heute geht es weiter in südlicher Richtung: Ich fahre erst ein wenig E75 und E8, finde dann aber endlich wieder auf meine herrlichen Schotterpisten zurück, wie ich sie schon in Schweden innig geliebt habe. Hier ist alles wieder bestens: Ich bin auf Nebenstrecken, fahre viele Pisten und begegne nur wenigen einheimischen Autos.

Meine Vorräte sind zwischenzeitlich am Ende, und so suche ich zum ersten Mal in Finnland einen Supermarkt auf. Wie schon gesagt, hungern muss man hier oben nicht, aber man muss sich eben schon ein wenig umstellen. Obwohl es ein ziemlich großer Supermarkt ist, gibt es hier die gängigen Tütengerichte nicht.

In Schweden war das Angebot schon deutlich kleiner als in Deutschland, hier gibt es die Sachen schlicht und einfach überhaupt nicht. Einzig die Grundsubstanzen findet man: Mehl, Zucker, Nudeln usw.

Aber zum Glück bin ich ja nicht auf das Fertigfutter angewiesen, ich kann durchaus auch richtig kochen. Nur auf Reisen habe ich es eben gerne einfach.

Wildes Kochen in freier Natur ...Da es aber nicht anders geht, kaufe ich schließlich Nudeln und die Grundzutaten für eine Tomatensoße, finde dann doch noch drei (!!!) Fertiggerichte aus finnischer Produktion und kaufe sie aus purer Abenteuerlust.

Dann geht es weiter bis zu einem Campingplatz kurz vor Suomussalmi. Genauer geht es leider nicht, denn mein GPS-Empfänger ist verschollen. Vermutlich liegt er in irgend einer Kiste, ganz unten. Ich könnte ihn auch mit dem Boot zusammen gefaltet haben. Derartiges passiert mir in letzter Zeit öfter. Neulich habe ich meine Brille im Zelt liegen lassen und sie dann mit eingerollt. Naja, ich werde eben auch älter und schusseliger.

Der Platz ist jedenfalls etwas für echte Tierfreunde: Zahlreiche Hühner samt Hahn laufen hier rum, ebenso wie ein Esel (Anm. der Red.: ??!).

Nachdem alles aufgebaut ist, lasse ich meinen Kochkünsten freien Lauf, mit einem durchaus schmackhaften Ergebnis. Eine Dose Tomatenmark mit etwas Basilikum, Oregano, Oliven und Knoblauch, zusammen mit etwas Wasser aufgekocht, ergeben eine erstaunlich wohlschmeckende Soße. Etwas Olivenöl fehlt noch, aber ansonsten bin ich wirklich positiv überrascht!

Wie jeden Abend kämpfe ich auch heute gegen die Mückenarmeen, diemal sogar ziemlich erfolgreich. Ich arbeite mit drei Mückenspiralen, die ich im Dreieck um mich herum verteile. Kaum eine Mücke verirrt sich so noch zu mir, und wenn, wird sie sofort vom Rauch erfasst und verschwindet ...


Nachtrag, 25.06.03, 16:45 Uhr

Seit seinem letzten Bericht erhielten wir noch keine Nachricht von Karsten. 

Was mag mit ihm sein? Hat er seine Brille nicht mehr gefunden, ist sein GPS verschwunden? Sitzt er wieder in einem Funkloch?

Karsten, melde dich!! 


Natürlich nehmen auch die treuen Leser weiter Anteil:

Liebes Explorermagazin,

ich hoffe mal, daß Karsten in einem Funkloch sitzt, seine letzte Meldung, daß er etwas schusselig geworden ist, lässt uns aber aufmerken! hat er vielleicht seinen Laptop bei seinem vermissten GPS Gerät abgelegt oder sein Handy vielleicht gar mit aufs ... genommen? ist er vielleicht sogar einer "richtigen Frau", die Kinderwagen oder Autos bergauf schieben, begegnet? war es vielleicht die Anhalterin? mit der er die Sonnwende erlebte - ist ja alles denkbar!

Wir werden sehen, wie er sich wieder aus dieser Situation befreit. Ich hoffe die Geschichte geht bald weiter
Walter


© 2003 Karsten Franke