7. Tag: Di 27.07.99 23:35 03:30

Heute morgen gibt es ein Traumfrühstück in der Sonne bei über 20° C - wir sind im wärmsten Land dieses Breitengrads! Lange lassen wir uns Zeit, bis wir endlich aufbrechen - immer wieder ein merkwürdiges Gefühl nach einem Ruhetag, wenn man in das Auto steigt und sich davon macht vom Standplatz. Irgendwas scheint immer zurückzubleiben, während man sich selbst wieder ruhelos in Bewegung setzt - der Weg ist das Ziel!?

Unsere Fahrt führt uns wieder Richtung Rovaniemi, der berühmte Ort ist nicht mehr weit: als "Hauptstadt Lapplands" oder sogar "Las Vegas des Nordens" bezeichnet ist es seit 1938 Hauptstadt der Provinz Lappi. Im 2. Weltkrieg und seiner wechselvollen Geschichte wurde es nahezu dem Erdboden gleichgemacht, später wieder aufgebaut und ist heute ein echtes Touristenzentrum, das wir nicht unbedingt voll auskosten wollen. Wir werden lediglich das Arktikum aufsuchen, da wir uns noch heute dem Polarkreis nähern und ihn das erste Mal überqueren. Ein weiterer sehr profaner Grund für den Stadtbesuch sind nötige Einkäufe, die wir machen müssen, um uns dann allerdings so schnell wie möglich wieder in die Einsamkeit zurückziehen zu können - Touristenzentren und Städte haben wir zuhause wahrhaftig genug!

Das Polarkreismuseum ist schnell erreicht, kaum ist man in den Ort hinein gefahren und hält sich rechts, steht man schon auf einem der großen Parkplätze. Man betritt das Museum und ist erst mal schockiert - bullernde Hitze auf den Gängen schlägt uns entgegen. Ist das Absicht, liegt es an dem sonnigen Tag oder will man die (kühleren) Polarabteilungen hinter den Türen so besser zur Wirkung kommen lassen? Immer noch läuft der Berichterstatter in Thermounterwäsche herum - für dieses Gebäude scheint eher die Badehose angebracht zu sein und entsprechend mühsam wird das Vorankommen, aber auch diese Härte erlegen wir uns heute auf!

Am Arktikum von Rovaniemi ...

Das Museum verfügt über verschiedene Abteilungen, in denen man z.B. viel über arktische Landschaften und Völker, über die Ureinwohner, die Samen und deren Kultur erfahren kann sowie über das Leben im "ewigen Eis". Für unseren Modellkeller nehmen wir auch etwas mit: Ein Kartonmodell eines Wikingerschiffs - direkt nach einer Vorlage des Britischen Museums ...

Eigentlich ist es hier verboten zu fotografieren, wir gehen aber davon aus, dass dies nur wegen des schädlichen Einflusses von Blitzlicht gilt und nicht wegen kommerzieller Interessen: Da unser Lichtriese, die Mavica, aber nicht blitzen muss, wo andere ohne ihn nicht auskommen, machen wir ganz einfach (unauffällig) unsere Bilder mit "available light": so schön kann digitale Fotografie sein!

Kunst - aber nicht von uns! ... weitere verbotene Fotos im Arktikum ...

Auch der Modellbau kommt nicht zu kurz ...

Nach dem Einkauf in dem nächsten und auch größten Supermarkt unserer nächsten Parkumgebung ist für alles wieder gesorgt: Lapin Kulta Nachschub und vieles mehr ist wieder eingelagert in der Fresskiste und der Kompressor-Kühlbox: der Großeinkauf im KKK-Supermarkt von Rovaniemi hat sich gelohnt!

Wir verlassen die Stadt bei größter Hitze (23°C im Schatten) so schnell wie möglich - die Straße 83 führt in nordwestlicher Richtung nach Pello, unserem nächsten Etappenziel. Bereits kurz hinter Rovaniemi kreuzen wir zum erstenmal den Polarkreis in nördlicher Richtung (leicht zu merken: 66°33´N). Nur ein sehr unspektakuläres Schild am Straßenrand weist darauf hin, während wir vorbei brettern - Umkehren sinnlos, auch wenn sich an Bord Ärger breit macht bezüglich der vergebenen Chance zu einem Foto. Aber vielleicht kommt ja noch was! (Es kommt nichts mehr bis zum nächsten Überqueren des magischen Kreises!).

Auch die 67° N werden hinter Tervaoja überschritten, kein Ort, den man kennen muss! Entlang am Grenzfluss zu Schweden gilt es weiter gen Norden zu fahren - bald wird für uns in dieser Richtung bei dieser Tour Schluss sein - weiter gehts nicht mehr! Der Grenzfluss heißt hier noch Tornionjoki, weiter oben wird er Muonionjoki genannt - wie dem auch sei, vor Schweden geht´s heute noch nach Lappea, dem letzten Camp auf finnischem Boden. Wir haben uns trotz nur schlapper 160 km zurückgelegter Luftlinie entschlossen, entgegen der Tourenplanung heute noch mal in Finnland zu bleiben - irgendwie kann man sich nicht so recht trennen!

Erstmals auf dieser Strecke treffen wir auf die später noch so oft auftretenden tückischen Bodenwellen - wer hier glaubt, dass man dem trügerischen Asphaltband trauen und ohne genaueste Beobachtung der Straße durch brettern kann, wird bald erbarmungslos eines Besseren belehrt: die brutalen Bodenwellen scheinen jede Federung zu schaffen und die "Wohnzimmereinrichtung" hinten zu zerlegen, wenn man nicht vorsichtig ist - schon sehr bald schleichen wir nur noch mit knapp 40-50 km/h über die Asphalt-"Piste" ...

Das Camp in Lappea (Camp5, N67°09.30891´ E023°34.72256´) ist wieder mal äußerst einladend: kein Mensch außer uns ist hier. Man fragt uns, ob wir die Sauna benutzen möchten, wieder einmal eine Frage, die wir verneinen - selbstverständlich wäre für uns heute abend die Sauna aufgeheizt worden ...

Stattdessen sitzen wir draußen: Idylle pur ist angesagt - unten der Fluss mit vielen Booten, hier scheint ein Zentrum echter Fluss-Aktivitäten zu sein - für uns heute nicht!

Lappea-Fluss-Idyll ...

Viele "Hüttinnen" finden sich im Laufe des Abends ein: doch der Ventilator ist ok, ebenso die zusätzlich angezündete Citronella-Kerze - wenn nicht der Spaziergang in ihr Lieblingsfeuchtgebiet wäre!

Ausgerüstet mit Autan und kaum was (das Rest-Team!) oder aber der Tomcat-Mütze und zusätzlichem Mückenhut (der Berichterstatter!) begibt man sich in IHR TERRAIN - wir wollen Beerensammeln. Schon bald nennen wir es die "Todeszone", denn jenseits der Straße ist tatsächlich IHR GEBIET - da wo im Winter der Motorschlitten-Highway beginnt, erwartet jetzt eine einzige Sumpfpassage den "Ritter vom Autan-Orden" - heldenhafter Kampf ist wieder angesagt!!

... in der Todeszone ... ... und der passende Imker dazu ...

Die Beeren haben wir dabei, als wir uns aus der "Todeszone" über die Straße zum Camp zurückziehen, aber SIE folgen uns! In der Tat ist uns ein größerer Schwarm auf der Spur, als wir uns schnellen Schrittes zum Explorer zurückziehen - was kann man tun?

Der Ventilator bläst uns einen ...Zuerst wird wieder der Ventilator angeworfen, um die Verfolger zurückzuschlagen - auch die Citronella-Kerze wird erneut zusätzlich angezündet - werden wir sie wieder zurücktreiben über die Straße?

Das Mückennetz mit Bleiband in der unverändert geöffneten Explorer-Tür erweist sich auch heute Abend als super - kaum einer "Schwester" gelingt es, das Fahrzeug zu entern - einzelne Exemplare werden später direkt hinter dem Eingang erfolgreich abgeschlachtet - wir haben die Entscheidungsschlacht gewonnen - ab sofort lachen wir nur noch über Mückenphobiker!

Wieder mal lassen wir uns den Pfannkuchen mit selbstgeernteten Blaubeeren als Nachtisch schmecken - erneut was aus der (wie üblich) nicht einfallslosen Explorer-Küche. Ein letztes Mal gewinnen wir dabei ein paar Minuten bis Sunset: um 23:35 Uhr Ortszeit erfolgt der späteste Sonnenuntergang unseres diesjährigen Trips - aber für das Jahr 2000 haben wir uns schließlich deutlich mehr vorgenommen ...! Wir sind zwar nördlich vom 67° Breitengrad, aber nur 140 m hoch. Eine kurze Nacht erwartet uns - und 14°C lassen den Abend richtig lauschig erscheinen ...


© 1999 J. de Haas