Zielflughafen Umeå: Auf nach Lappland!
16.04.03, morgens: Zumindest bei der Hinreise haben wir daran gedacht - die Schweizer Messer, sonst wie verwachsen mit dem Explorer Team, sind in das einzige Gepäckstück verpackt, das wir aufgeben. Der freundliche weibliche Lufthansa-Trainee, der uns an diesem Morgen am Münchner Flughafen abfertigt und im Gegensatz zu den Kolleginnen offenbar noch keine Uniform tragen darf, lächelt uns aus der zivilen Bluse an, als wir den Gepäckabschnitt bekommen: Umeå hat das Lufthansa-System darauf gedruckt - schön, dass wir uns also in Stockholm beim Umsteigen nur mit unserem umfangreichen Handgepäck abschleppen müssen!
Die Weinflaschen und die Nutella-Gläser, die wir für unseren Gastgeber Stefan mit nach Bastunäs in die schwedisch-lappländische Einsamkeit nehmen wollen, wiegen schwer, als wir den kleinen Canadair-Jet der Lufthansa in Stockholm verlassen - aber macht ja nichts, schließlich wissen wir spätestens seit unserer Millennium-Huskytour, wie gern er diesen Brotaufstrich mag, den man dort oben kaum bekommen kann.
Wir wollen die Huskyfarm als Ausgangspunkt für kleinere Erkundungstouren in die Umgebung nehmen, für Hundeschlittentouren ist es nicht mehr das richtige Wetter, denn an unserem Zielort wird mit Sonnenschein und Temperaturen von über 20°C gerechnet.
Der Stockholmer Flughafen entpuppt sich als Geheimniskrämer: Wo mag Gate 38 sein? Bei nahezu allen Flügen wird das Terminal angegeben, beim Inlandsflug ab Gate 38 fehlt jeder Hinweis - erst auf Nachfrage und nach längerem Herumlaufen kann jemand das Terminal 4 benennen. Wie glauben die Flughafenbetreiber, soll der Reisende das erfahren, wenn nicht von den Anzeigentafeln? Merkwürdige Organisation, an diesem schwedischen Hauptstadtflughafen!
Ab Stockholm geht es weiter mit dem "Regionalbus": Eine nahezu stündlich fliegende, endlos lange und bis auf den letzten Platz gefüllte "Riesenröhre" vom Typ MD 82 bringt uns nach Umeå in der schwedischen Provinz Västerbotten. Ein angenehmer Regionalflughafen: Treppen werden hier noch an den Flieger gerollt, und aus den Ausgängen vorn und hinten verlassen Mengen von Passagieren die Maschine und dürfen dabei sogar noch über das Vorfeld laufen, ganz so wie es einst auf Fuerteventura üblich war, an das uns heute auch das Wetter hier oben deutlich erinnert ...
Die weniger angenehmen Erinnerungen an die Stockholmer Flughafenorganisation werden aber sofort wach, als sich das Gepäckband zunehmend leert, nur unser Bordcase nicht dabei ist: Sollte hier etwa ...? Die Befürchtungen werden zur Gewissheit, als das Band stoppt: Unser Gepäckstück ist nicht dabei!
Fluchend versuchen wir, einen Verantwortlichen zu finden: Auf diesem mittäglichen Provinzflughafen ist alles zu finden, nur niemand, den man etwa wegen verlorenen Gepäcks ansprechen kann - schlagartig werden andere Erinnerungen wach: Gab es da nicht manchmal große Ähnlichkeiten zwischen dem hohen Norden und dem tiefen Süden ...?
Mit dem leichten Handgepäck am langen Arm, mit Weinflaschen und Nutella-Gläsern gut gefüllt, lässt sich bestens hin- und herlaufen - auf die Wiedergabe nicht druckreifer Begleitworte soll an dieser Stelle verzichtet werden. In irgend einem Zollraum "liegen" einige Zöllner auf Stühlen herum, offenbar vor sich hin dösend, die Füße auf dem Tisch. Gesegnetes Land, deine Beamten haben wenigstens noch einen guten Schlaf und belästigen keine Bürger!
Wir verzichten darauf, die Leute bei der Ausübung ihres harten Jobs hochzuschrecken und finden dann tatsächlich auch eine Auskunftsperson: Wissend lächelnd erklärt man uns, dass dieser Fehler bei der Lufthansa normal sei und regelmäßig vorkäme - immer wieder würde Gepäck von Deutschland aus angeblich nach Umeå durchgecheckt, was aber gar nicht möglich sei, da Umeå ein reiner Inlandsflughafen ist und keine Zollabfertigung erfolgt. Somit muss also alles Gepäck in Stockholm abgeholt und selbst dort wieder eingecheckt werden. Uns dämmert, dass unser Gepäckstück also mindestens so lange wie wir am Gepäckband rotierte, nur eben Hunderte von Kilometern weiter südlich ...
Da das alles also normal ist, kommt das Gepäckstück dann wie üblich schon mit dem nächsten Inlandsflieger von Stockholm mit und kann somit bereits nach einer guten Stunde an einer bestimmten Abfertigungsstelle in Umeå als "custom uncleared" abgeholt werden (Unser Dank und unsere herzlichen Glückwünsche an die Lufthansa an dieser Stelle für soviel praktizierte Routine und Kompetenz auch ihrer IT-Systeme, wir werden diesem Unternehmen einen Auszug unseres Berichtes zukommen lassen!).
Umeå: Verwaltungs- und Ausbildungsstadt der schwedischen Provinz Västerbotten, ausgestattet mit mehreren Hochschulen und einer Universität, die im Stadtplan einen beeindruckenden Umfang einnehmen. Eine Stadt mit Ampeln und Kreisverkehren, wie wir später feststellen werden und eine "Stadt der Birken", wie sie genannt wird, weil man nach einer Feuersbrunst Ende des 19. Jahrhunderts eben solche Bäume als Brandsperren anpflanzte.
Die ungewollte Wartezeit am Flughafen kann genutzt werden für die Übernahme unseres Mietwagens und eine ausführliche Tourvorbereitung (die Lufthansa denkt wirklich an alles!): Da wir keine Koordinaten oder Ähnliches von der Huskyfarm haben, müssen wir überlegen, wie wir diese am besten finden (Von Stefan erfahren wir später, dass er uns deshalb nichts zu einer Anfahrtstrecke gemailt hatte, weil er vermutete, solche Infos wären für das Explorer Team eine Beleidigung. Na ja, gefragt hatten wir auch nicht ... ).
Wir verlassen Umeå auf der Europastraße E12 Richtung Nordwesten, nicht ohne festzustellen, dass auch hierzulande unsere liebsten Verkehrseinrichtungen, die Kreisverkehre, gern gesehen und gebaut werden - nun ja, wenigstens gibt es sie noch nicht in der Wildnis!
Die E12 ist eine interessante Straße: Ihr letztes Stück verläuft ab Helsinki bis Vaasa und von dort nimmt sie die Fähre über den Bottnischen Meerbusen und gelangt bis hierher nach Umeå - und nun folgen wir für ein kleines Stück ihrem weiteren Verlauf. Irgend wann hatte Stefan einmal etwas von einem Kraftwerk bei Bastunäs erwähnt, der direkten Lage am Fluss Umeälven und dem Ort Vindeln, nicht allzu weit entfernt.
Insbesondere vom Kraftwerk hatten wir Koordinaten in den Fugawi GeoNames gefunden und von der Farm hatten wir bereits diverse Bilder gesehen, also konnte es kein Problem werden! Und in der Tat: Als wir das Kraftwerk passieren und noch ein Stück weiter der E12 folgen, sehen wir bereits die charakteristische Anlage der Farm am anderen Ufer des noch zugefrorenen Flusses - also ein Stück zurück und über die Brücke am Kraftwerk auf die andere Seite ...
Der uns noch recht vertraute Husky-Chor empfängt uns, als wir kurz darauf hinter dem Farmhaus parken - wir sind angekommen!
© 2003 J. de Haas