Rückkehr mit Hindernissen ...

Der Tag der Abreise naht: Zeit, ein Resümee zu ziehen. Die Reaktion auf die Polarnacht war unterschiedlich - irgendwie bekam man gegen Ende des Aufenthaltes das Gefühl einer manchmal veränderten Wahrnehmung. Ein Problem war in den wenigen Tagen allerdings noch nicht aufgetreten, jedoch konnte man sich nun eher vorstellen, was es vielleicht bedeutet, in wochenlanger Dunkelheit zu leben - sicherlich eine gewöhnungsbedürftige Erfahrung!

Noch eine ruhige Wartezeit im Svalbard Hotell ...Lange würden nun hier die Menschen nicht mehr auf die Sonne warten müssen, wer es bis jetzt geschafft hat, würde sicherlich auch den Rest des Countdowns in der Svalbar überstehen. Gerne hätte man allerdings erlebt, was genau passiert, wenn hier im Lokal die letzten Minuten ablaufen - gibt´s da vielleicht eine Feier oder sogar eine Lokalrunde ..? Sollte man eigentlich auch mal erleben irgendwann, oder ..?

Wie schon in unserem Fotobeitrag erwähnt, konnten allererste leichte Aufhellungen im Süden bereits erahnt werden, als wir 25 Tage vor Sonnenaufgang gegen Mittag in diese Richtung schauten. Der Sonnenauf-/-untergangsrechner des Explorer Magazins zeigte dabei an, dass wir uns während der Mittagszeit tatsächlich bereits im Bereich der "nautischen Dämmerung" befanden - lange würde es somit nicht mehr dauern bis zum Beginn des "Lichtwinters"!

Unsere Rückkehr zum Flughafen sollte heute recht stressfrei sein: Einen Bus brauchen wir diesmal nicht und die Rückfahrt mit unserem Kia, den wir am Flughafen wieder abgeben werden, ist bereits recht vertraut. Und so können wir uns ganz entspannt in der Hotelhalle auf unsere Abfahrt vorbereiten, der Abflug Richtung Oslo ist für 14:45 Uhr geplant und auch heute Abend soll es wieder in die bereits bekannte "Citibox" gehen, die Tastaturen dort warten vermutlich bereits auf uns!

Wir starten den Kia ein letztes Mal, nachdem wir das Gepäck verladen haben: Auch diesmal gelingt die vereiste Hotelauffahrt ohne Schwierigkeiten  und wie inzwischen schon tagelang geübt, kann die Automatikkiste auch problemlos mit Spikes unter den Stiefeln gefahren werden, die wir bis zum Flughafeneingang dringend brauchen werden.

Der Autovermieter verabschiedet uns dort herzlich und freut sich, dass wir auch oder gerade ohne "Pickup" einen angenehmen Aufenthalt hatten - der Kia war in der Tat hier recht angenehm!

Der Oslo-Flieger von heute kommt wie üblich aus der mittäglichen Dunkelheit und spuckt seine neuen Polarnacht-Ankömmlinge aus, während wir uns bereits zum Einsteigen fertig machen. Ein letzter Blick an der Flugzeugtür hinaus in die Dunkelheit: Spitzbergen, es war auch diesmal wieder ein Erlebnis! Eine Blinde mit Hund darf nach einiger Diskussion mitsamt ihrem Tier in die Kabine und wir starten recht pünktlich Richtung Oslo - nein, falsch, natürlich erst Richtung Tromsö, und diesmal "richtig" ..!

Unser Flieger wartet ... Ein letzter Blick in die Dunkelheit ...

Was vermutlich vielen der Murrenden auf der Hinreise in Tromsö beim Zwangsein- und -ausstieg nicht bewusst war: Dass man das Ganze durchaus noch toppen kann. Und genau das geschieht beim Rückflug nach Tromsö: Es kommt die Durchsage in der Kabine, dass das Flugzeug nach der Landung entladen wird, d.h. dass nicht nur jeder alles Handgepäck mitzunehmen hat, sondern dass auch das "normale" Gepäck ausgeladen wird und man dieses anschließend erneut einchecken muss.

Soviel Action auf dem Rückflug macht einige sprachlos, andere drohen gar mit Meuterei: Aber es ist doch ganz klar, dass dieses Prozedere "natürlich" erforderlich ist, wenn man aus einer zolltechnisch so besonderen Zone wie Spitzbergen in ein europäisches Land wie Norwegen einreisen will, oder?

Wieder ergeht die Aufforderung, das alles recht zügig durchzuführen, da man ja so bald wie möglich wieder in Tromsö starten will auf dem Flug nach Oslo. Was dann nach der Landung folgt, gleicht in manchen Zügen allerdings eher einem absurden Theater als einer normalen Gepäckabfertigung: Nicht nur dass das Gepäckband deutlich schneller läuft als anderswo, sondern auch die Hektik und der Ärger, mit dem die Gepäckstücke von ihren Besitzern vom Schnellband heruntergerissen werden, ist in manchen Teilen schon filmreif. Im Anschluss schleppt man sein Gepäck durch den "Nichts-zu-Verzollen"-Gang, wo sich allerdings vorsichtshalber schon gleich kein Zollbeamter blicken lässt - die werden schon wissen, warum!

Im Anschluss fährt man mitsamt seinem Gepäck wieder einen Stock höher, um dieses neu einzuchecken und sich in die anschließende Sicherheitskontrolle zu begeben. Bei all diesen Aktivitäten treffen wir auch wieder auf zwei Russinnen, die uns nicht nur im Hotel, sondern bereits beim Abflug in Oslo nahezu täglich begegnen und mit denen wir uns inzwischen regelmäßig grüßen: Auch sie schütteln die Köpfe, zu absurd erscheint den beiden das ganze Gepäck- und Check-Theater.

Der anschließende Check-In geht blitzschnell vonstatten, niemand will hier irgendwie behindern und auch die folgende Sicherheitskontrolle entbehrt nicht eine gewisse Komik: Offenbar bekommt man nachsichtig einen Bonus eingeräumt, wenn man nun höchst unwillig wieder sein ganzes Zeug in die Kisten haut, diesmal aber auch Uhr und Gürtel anbehält und sich piepsend durch die Sicherheitsschleuse begibt. Kein Problem, man ist sofort durch. Offenbar scheinen nicht nur die Schmuggler nach Europa hier in der Minderheit zu sein, sondern auch die Terroristen, die aus der Arktis kommen, denn selten ist man unproblematischer als hier durch die Kontrollen gekommen ..!

Chaos in Tromsö ... ... und Leere in der Osloer Schnellbahn ...
Wiedersehen mit einem anderen Kuschelbruder ... ... und wieder rein zu "Egon"!

Das alles ändert aber natürlich nichts daran, dass die nahen Toiletten gerade jetzt gesperrt sind und man deshalb halbwegs im Laufschritt zu entfernteren Örtchen spurtet, wo sich - natürlich gibt es hier nur politisch korrekte Unisex-Toiletten - bereits eine ansehnliche Warteschlange gebildet hat. Dass dabei einige unserer Mit-Passagiere zwischendurch an irgendwelchen Ständen noch etwas einkaufen, mutet in all den Umständen unserer "Durchreise" zusätzlich fast schon komisch an.

Irgendwann, und zwar ziemlich bald, stürmen wir alle wieder unser Flugzeug und sitzen erneut auf unseren Plätzen - der vorschriftsmäßig-korrekten Einreise ins "südliche" Norwegen steht nichts mehr im Wege!

Gegen 19:00 Uhr landen wir schließlich wieder in Oslo, der Rest ist dann fast schon Routine: Wir unterstützen unsere beiden Russinnen noch bei ihrem Weg zur Schnellbahn, die auch wir wieder Richtung Hauptbahnhof nehmen. Zwanzig Minuten später sind wir da und suchen unseren vertrauten Ausgang, nicht ohne vorher - vorsichtshalber  - nach den Erfahrungen der letzten Tage auch hier wieder unsere neuen Spikes anzulegen.

Auf dem matschig verschneiten Bahnhofsvorplatz sind sie durchaus hilfreich und so werden sie erst kurz vor Erreichen der "Citibox" wieder abgelegt. Die Tastaturen dort warten schon, irgendwelche störend-dienstliche Menschen sind auch heute nicht sichtbar und so geht das erneute Einchecken ebenfalls problemlos über die Bühne. Bereits wenig später sitzen wir schon wieder bei "Egon" und gönnen uns das erste Bier zu voll-norwegischen Preisen - war das ohne Mehrwertsteuer doch billig gewesen auf Spitzbergen, oder etwa nicht ..?

Winter in Oslo ... Räumfahrzeuge im Dauereinsatz ...
Schon wieder ein Eisbär als Souvenir ..? Harte Burschen bei der Arbeit ... Eisige Bedingungen ...

Am nächsten Morgen läuft ebenfalls alles wie nie anders gemacht: Von der "Citibox" zum Bahnhof, rein in die Schnellbahn, am Flughafen Oslo in die "Food Garage", diesmal Frühstück ohne Bratbrot und später dann zum Flieger, der kurz nach halb zwölf mittags Richtung München abheben soll - ja wenn er nicht wegen Wetter Verspätung hätte!

Dieses "Wetter" scheint allerdings nicht nur in München zu herrschen, sondern insbesondere auch hier draußen vor unseren Panoramascheiben: Dort drehen die Räumfahrzeuge Pirouetten und das Flughafenpersonal stapft in arktischer Ausrüstung rund um die Flugzeuge - knallharte Kerle wie der in einer Maschine vom Billigflieger "Norwegian": Er hängt aus dem Copiloten-Fenster seiner Maschine und arbeitet mit bloßen Händen an deren Scheibenwischern - wirklich tolle Burschen hier oben!

Irgendwann taucht auch unser Flugzeug aus Dunst und Schneeflocken auf und wir beginnen die Rückkehr nach München - wieder mal geht ein wirklich ganz besonderer Trip zu Ende ...


© 2018 J. de Haas