Abschied in Christchurch
Samstag, 23. November: Der letzte "Dump" ist erledigt, auch die Trittstufe steht nur Minuten an der Müllstation, bis eine beherzte Camperin aus ihrem Wagen stürmt und diese einsammelt - ein letztes Winken und wir machen und auf den kurzen Weg zur "Endstation": Von hier aus sind es nur 24 km bis zum Flughafen Christchurch.
Die Übergabe des Toyos sollte bis 12:00 Uhr bei der hiesigen Jucy-Niederlassung erfolgt sein, vorher wollen wir aber noch unsere Koffer in der letzten Unterkunft abstellen. Suchend rollen wir durch die Straße, wo sich unsere letzte Bleibe in NZ befinden soll: "Airport Stableford Bed & Breakfast", nur 3 km vom Flughafen entfernt und damit auch in der Nähe von Jucy.
Irgendwie werden wir nicht fündig, bis wir schließlich vor den Toren eines edlen Golfclubs zum Stehen kommen - wo ist bloß diese Unterkunft? Es heißt links ranfahren, einer springt raus und erkundet zu Fuß die Umgebung. Nach kurzer Zeit die Info: Dieses Bed & Breakfast liegt direkt an der Hauptstraße, von der wir gerade abgebogen sind, verfügt über keinerlei Parkplätze und ermöglicht nur ein kurzes Vorfahren zum Abstellen der Koffer. Au weia, tatsächlich ein echtes "Bed & Breakfast", fast schon ähnlich wie eines, das man zuletzt vor Jahrzehnten bei seinen ersten Irlandaufenthalten bezogen hatte!
Der freundliche Besitzer geht nach dem Ausladen der Koffer wieder mit vor zur Hauptstraße vor seinem Eingang, aus dem man sich rückwärts wieder in den Verkehrsstrom einfädeln muss, na danke! Da der Mann aber von regelmäßigen, durch Ampeln bedingte Lücken im Verkehrsstrom zu berichten weiß, gelingt dieses Manöver dann schließlich. Nun denn, es ist eben Christchurch ..! Auch die anschließende Suche der Jucy Station führt zu einer Abbiegerunde zu viel, aber irgendwann ist es trotz aller Hindernisse geschafft, wir stehen wieder unbeschadet auf dem Hof von JUCY Car Rental and Campervan Hire Christchurch Airport ...
Einem sofort heraneilenden Mechaniker wird zunächst der Autoschlüssel verweigert, den er uns sofort abnehmen will: Zuerst haben wir einiges mit dem Management zu klären, bevor es zur Prüfung des Fahrzeugs kommen kann. Da sich unser Vertrauen in den Vermieter durchaus in engen Grenzen bewegt, gilt es kein Risiko einzugehen, bis alles geklärt ist ...
Die Diskussion mit dem örtlichen Manager beginnt wie vermutet: Auf unsere Mitteilung, noch keine Gutschrift für die entgangene Anfangszeit festgestellt zu haben, die in Auckland versprochen worden war, folgt die erwartete Antwort: "Was für eine Gutschrift ..?"
Es beginnt eine längere Verhandlung, auch Telefonate mit Auckland werden geführt, es wird auf eine vermeintliche Gutschrift verwiesen, die sich aber als Zahlung für die zwangsläufige Übernachtung im Billig-Hotelzimmer von Auckland entpuppt. Offenbar ist man in Auckland wenig verhandlungsbereit, der Manager hier meint schließlich, man solle doch von zu Hause einfach alles schriftlich klären. Was also hier vor Ort nicht geregelt werden kann, soll dann von der anderen Planetenseite aus per Email klappen ..?
Als das Explorer Team daraufhin die "Good Guy, bad Guy"-Nummer offenbar glaubhaft aufführt, bietet der ratlose Manager an, dass wir ein persönliches Telefonat mit dem zuständigen Manager in Auckland führen könnten, was dann auch geschieht. Dieser wird am Telefon nachdrücklich an unsere intensive Unterhaltung vor Ort erinnert, was schließlich bis zu den Hinweisen reicht, die er sich seinerzeit vor unseren Augen auf seinem Handrücken vermerkt hatte - Buchhaltung pur und wohl ausreichend für diesen Sachverhalt, oder?
Wir wollen es kurz machen, zu guter Letzt erfolgt eine Einigung bezüglich der Gutschrift, die aber natürlich nicht dem ursprünglich bezahlten Preis entspricht, da hier auch noch der deutsche Reisevermittler gewisse Anteile hat, für die man in Auckland nicht aufkommen will. Nun, man einigt sich schließlich trotzdem und auch das Fahrzeug wird einvernehmlich als mangelfrei übergeben.
Das Gespräch mit dem lokalen Manager endet sehr positiv, er berichtet von möglichen organisatorischen Problemen oben in Auckland und lässt uns zuletzt sogar wissen, dass man hier in Christchurch bereits Kunden versorgt hat, die ohne Campingausstattung von Auckland bis hierhin gefahren sind! Ob die wohl unterwegs ins Hotel gegangen sind ..?
Wir geben den Schlüssel ab und stehen erleichtert vor der Jucy-Halle: Irgendwie will diesmal nicht die übliche Sentimentalität hochkommen, die oft bei der Abgabe eines verdienten Mietwagens nach gemeinsamen Erlebnissen entsteht. Ein letztes Foto des Grünweißlings ist fällig, der zwar als Fahrzeug, nicht aber als Camper überzeugt hat und weiter stolz seinen Spruch "LIFE ROCKS WHEN YOUR LIVING ROOM ROLLS!" präsentiert - wie wahr ..!
Erleichtert und ohne Camper machen wir noch Gebrauch vom Jucy Shuttle Service: Der bringt uns erst einmal zum Flughafen Christchurch, wo man sich bereits auf den kommenden Abflugtag einstimmen kann. Außerdem kann man von hier aus bequem zu Fuß ein letztes Touristenziel ansteuern, das noch auf unserer To do-Liste steht: Neuseeland liegt vergleichsweise nah an der Antarktis, so dass von hier aus viele Expeditionen ihren Anfang nehmen. Unter anderem gibt es in Christchurch eine große amerikanische Basis für Flüge dorthin und eine beeindruckende Ausstellung zu diesem Thema befindet sich hier ebenfalls: Das International Antarctic Center.
Wir erreichen nach kurzem Fußweg die US-Basis: Das United States Antarctic Program prangt unübersehbar auf dem großen Hangar der Basis, vor dem ebenfalls unübersehbar gerade die Lockheed C 130 Herkules "Pride of Clifton Park" abflugbereit gemacht wird - wie gern würde man dort in den nächsten Stunden mitfliegen ..!
Schweren Herzens muss man allerdings die auffällige Maschine hinter sich lassen, die über spezielle Kufen für die Landung auf antarktischen Schnee- und Eisfeldern verfügt - vielleicht findet man Trost wegen dieser "Nicht-Reise" im nahen Antarctic Center!
Dieses erweist sich tatsächlich als lohnendes Ziel, hier besteht eine Webcam-Verbindung zur McMurdo Station, der größten Forschungs- und Logistikstation der Antarktis. Nachbildungen der Unterkünfte von Shackleton und Scott kann man besichtigen und gelungene Dioramen bringen dem Besucher die Verhältnisse am Südpol näher. Unter anderem können wir auch eine Kältekammer im "Storm Dome" besuchen, wo man in kurzer Zeit auf erhebliche Minusgrade einschließlich Windchill heruntergekühlt wird. Treppenwitz am Rande: Zwar hüllen sich die Besucher in schützende Kapuzenjacken, aber es gibt unter diesen Touris tatsächlich welche, die darunter offene Schuhe oder sogar eine kurze Hose tragen. Was sie hier und heute überleben, dürfte wohl in der Realität vor Ort nur ein recht kurzes Vergnügen werden ...
Nach Besuch der beeindruckenden Ausstellung mit 4D-Theater sowie Pinguinvorführung und anderen Attraktionen besteht noch eine ganz besondere Mitfahrgelegenheit: Die Hägglunds Kettenfahrzeuge der Antarktis, die man einst auch gern bei der guten alten Abenteuer Allrad besichtigt hatte, sind hier im Antarctic Center ebenfalls im Einsatz und bieten den Mitfahrern eindrucksvolle Passagen, die man damit queren kann. Dass wir ebenfalls eine solche Rundfahrt machen, versteht sich von selbst: Unsere Fahrerin schont weder uns noch das Fahrzeug, aber wir haben es ja nicht anders gewollt ..!
Erst recht spät machen wir uns wieder zu Fuß auf den Rückweg zum Flughafen, von da aus geht es mit dem Taxi zurück zur Unterkunft für die letzte Nacht auf der Insel. Die Lage hier ist doppelt günstig: Praktisch auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich Pattersons Restaurant und das ist natürlich unser Ziel für heute Abend. Ausgerechnet eine deutsche Studentin, die hier "work & travel" macht, bedient uns und serviert als letzte Flasche Wein dieses Neuseeland-Aufenthaltes einen schönen Pinot Noir, Herkunft Queenstown, Anbaugebiet Central Otago - was will man mehr an so einem Abend ..?
© 2020 J. de Haas