Gärten, Höhlen und Geysire ...
Auf unserer Etappe verlassen wir den östlichen Rand der Nordinsel und bewegen uns nun wieder südwestlich in Richtung der Gegenseite. Wir kommen dabei durch den größeren Ort Hamilton, wo man einkaufen kann, bevor man nach Waitomo zum dortigen Campground fährt: Hier dürfen nur "Self Contained Camper" bleiben, also solche wie wir, die ihr Abwasser mit sich rumschleppen und eine gut versteckte Porta Potti dabei haben - also einfach völlig autark sind in ihrem großartigen Camper ...
Es gibt hier natürlich keine Toiletten, keinen Strom, kein Wasser usw., allerdings soll man tagsüber die Einrichtungen eines Restaurants nutzen können, das angeblich rund 600 m weit entfernt ist und auch über WiFi verfügt. Man konnte lesen, dass in diesem Restaurant immer frisch gekocht wird und es traditionelles Essen gibt, Abendessen ab 18:00 Uhr und späte Schließungszeit - also genau unser Ding!
Wir sind nicht schlecht erstaunt, als wir nach kurzer Sucherei und einspuriger Berganfahrt mit automatischer Ampelregelung im "Camp" stehen: Das Ganze ist eigentlich nur der sehr exklusive Stellplatz vor dem angekündigten Lokal, dem "Roselands Restaurant" an der "Fullerton Road" in Waitomo!
Schnell kann man feststellen, dass dieser Platz noch mehr unser Ding ist als anfangs gedacht, denn dieses Restaurant entpuppt sich als wahres Schmuckstück mit weitem Blick ins Land vom Stellplatz aus und traumhaft eingebettet in eine wie üblich wunderbare landschaftliche Umgebung. Auch architektonisch besticht das schön gelegene Anwesen: Der Gast betritt die Räumlichkeiten über eine ansprechende Holzbrücke, bevor er Gasträume und die weitläufige Terrasse erreicht, an die sich eine großartige Gartenanlage anschließt.
In der zugehörigen Bar gibt es den ganzen Tag etwas zu trinken und neben Snacks und Buffet auch regelmäßig BBQ, womit so gut wie sicher ist, dass heute wirklich NICHT gekocht wird draußen hinter dem Camper ...
Schon kurz nach unserer Ankunft sitzen wir auf der Gartenterrasse und man kann wenigstens ein Steinlager Classic Bier aus der Flasche bekommen - die lokalen Craft-Biere kommen dem Schreiber dieser Zeilen unverändert nicht über die Lippen. Der fehlende "europäisch" vertraute Bier-(Einheits?-)geschmack setzt dem Biervergnügen gewaltig zu und erweist sich nachhaltig als kleiner Reise-Schönheitsfehler für den angereisten Biermuffel. Aber zum Glück gibt es hier ja auch jede Menge von bestem Rotwein, der allerdings erst heute Abend fließen soll ..!
Bis dahin vergehen die Stunden auf der Terrasse wie im Fluge, weitere Planung, verfügbares WiFi und eine rundherum entspannte Atmosphäre in schöner Umgebung bei bestem Wetter lassen kaum den Wunsch aufkommen, wieder zum Camper auf dem "Parkplatz" zurückzukehren. Erneut gibt es Gelegenheit zur Vogelbeobachtung, diesmal sogar auf der Terrasse: Wie wir später auch an anderen Orten noch sehen werden, bevorzugen Teile des hier "fliegenden Personals" wie nun offenbar Stare auf unserer Terrasse, dafür geeignete Kästen, die von den Anwohnern großzügig überlassen werden. In diesem Fall ist es kein Briefkasten wie an anderer Stelle, sondern der Aufbewahrungskasten eines Feuerwehrschlauchs, der regelmäßig neben den Terrassengästen angeflogen wird: NZ scheint eben das perfekte Vogelparadies zu sein!
Als der Abend naht, sind wir nach nur kurzer Abwesenheit wieder zurück auf unserem Terrassen-"Stammplatz": Das abendliche Barbeque erweist sich als köstlich und der Syrah dazu als perfekter Rotwein - einfach ein gelungener Aufenthalt!
Donnerstag, 07.November: Nach Übernachtung auf dem Roselands-Stellplatz, sorry -camp, heißt es nach Planänderung bereits sehr früh am Morgen wieder (mit Automatikampel gesichert) bergab in den nahen Holiday Park von Waitomo umzuziehen. Da man seinen Stellplatz dort erst nach Mittag besetzen kann, lässt sich die Zeit bis dahin prima dazu nutzen, in der gegenüber liegenden Taverne zu "Kiwi-frühstücken" (fast wie "Irish Breakfast"!) und anschließend zum nur 6 km entfernten Ruakuri Cave Car Park zu fahren. Dort soll man mit warmer Jacke und festen Schuhen auftauchen, wenn man wie wir an der Höhlentour teilnehmen will.
Die kombinierte "Glühwürmchentour" durch die Waitomo Glowworm Caves (mit Boot) und die Ruakuri Cave (zu Fuß) soll insgesamt 3 Stunden dauern. Wie man vorher lesen konnte, darf dabei nur in der Ruakuri Cave fotografiert werden und nicht während der Bootstour. Die erforderlichen Tickets wurden bereits von D aus beschafft - die Welt ist halt klein und ziemlich digital!
Man ist auf dem Weg zu einem Labyrinth von Tropfsteinhöhlen mit
unterirdischen Flüssen, wo manche Grotten von unzähligen Glühwürmchen erleuchtet werden. Diese Glühwürmchen sind
aber keine Käfer - wie bei uns - sondern Pilzmückenlarven, die
als kleine Würmchen an den Decken kleben und lange klebrige
Fäden herunter hängen lassen, die bläulich erleuchtet
als Futter dienende Insekten anlocken. Der biolumineszente Stoff wird übrigens als "Luciferine"
bezeichnet ...
Wir erreichen die Ruakuri Cave, die einst Drehort im Film "Der Navigator" von 1987 war. Der Name bedeutet "Höhle der Hunde", da hier mal wilde Hunde gelebt haben sollen. Dieser Teil der Tour ist für rund zwei Stunden angesetzt. Es gelingt uns, eine Führung früher als geplant zu erreichen und folgen schon bald einer Maori-Frau, die durch recht aufgekratzte Ansprache an alle teilnehmenden Touris auffällt. Nachdem ihr alle wunschgemäß das eigene Herkunftsland genannt haben, geht sie uns als laufende Stimmungskanone voran und wir folgen ihr in die Tiefe: Ein sehr außergewöhnlicher und magisch beleuchteter großräumiger und scheinbar endloser Wendelweg erwartet uns, der auch für Rollstuhlfahrer geeignet ist und nach unten zu den Höhlen führt.
Die gut beleuchteten Formationen, die an andere großartige Tropfsteinhöhlen erinnern, die wir zuletzt z.B. auf Mallorca oder in noch gigantischerem Ausmaß bereits vor Jahrzehnten in Slowenien besuchen konnten. Große Mühe gibt man sich beim Erklären der "Glühwürmchen", was allerdings aufgrund des wieder mal ganz spezifischen "Englischs" der Maori-Frau teilweise nur schwer verständlich ist. Immerhin: Ein beeindruckender Besuch, der sich sehr lohnt an diesem Vormittag.
Nachdem wir den Höhlen wieder entstiegen sind, treten wir die nur 3 km lange Rückfahrt Richtung Camp zum bereits recht vollen Parkplatz des Waitomo Cave Discovery Centers an. Hier beginnt nun die anschließende Bootstour in der Glowworm Cave, bei der es noch mehr Glühwürmchen zu sehen gibt. Dieser Tourteil dauert etwa 45 Minuten. In einer großen Tropfsteinhalle wird den einzelnen Gruppen die Biologie der Glühwürmchen und die Geschichte der Höhlen erläutert.
Die Höhlen wurden im 19. Jhdt. erforscht und Häuptling Tane Tinorau zusammen mit seiner Frau Huti ermöglichte ersten Touristen den Zutritt. Letztendlich enteignete der Staat die Maoris - natürlich ganz rechtsstaatlich auf Basis von Gesetzen Anfang des 20. Jhdts. 1989 wurden Land und Höhlen an die Nachkommen des Häuptlings zurückgegeben, die nun einen Großteil der Angestellten bilden und an den Einnahmen sowie am Management beteiligt sind. Zum Erhalt der Höhlen wird die Anzahl der Touristen beschränkt bleiben und entsprechende Planungen sehen sogar vor, diese weiter zu reduzieren.
Um die tolle Akustik der großen Halle zu demonstrieren, spricht unsere Führerin eine Kollegin an, die gerade vorbeikommt und beide singen spontan ein Duett - ein altes Maori-Lied mit einer traurigen Liebesgeschichte ...
Auf dem Weg zum Anlegesteg wird intensiv darauf hingewiesen, dass während der Bootsfahrt nicht fotografiert oder gefilmt werden soll. An diese Anweisungen halten sich natürlich nicht alle Besucher, die vor dem Besteigen der Boote zunächst noch einen Vortrag geboten bekommen. Die Vorgaben dienen zum einen dem Schutz der Glühwürmchen, die von Blitzaufnahmen empfindlich gestört werden, aber vermutlich auch dem Schutz der Exklusivität der Bootsfahrt durch magisch beleuchtete Höhlen, die man wohl nur ungern weltweit auf Touristenvideos vorfinden möchte.
Beeindruckend ist die anschließende Bootsfahrt tatsächlich, nacheinander besteigen Mengen von Touristen ein Boot nach dem anderen, das jeweils von einem Bootsführer an Oberleitungen ähnelnden Seilen durch die Dunkelheit bewegt wird. Schwache Beleuchtung, das Plätschern des Wassers und Tausende in der Dunkelheit an den hohen Höhlenwänden glühende Leuchtpunkte machen die Fahrt in der Tat zum ganz besonderen Erlebnis.
Die kurze Rückfahrt zu unserem "Holiday Park" ist problemlos und schon bald stehen wir auf unserm Stellplatz: Wir haben außer einem Wasseranschluss auch eine Säule für Außenstrom an unserem Platz - nur blöd, dass wir die bei unserem Lieblingscamper überhaupt nicht nutzen können, sondern nur wieder auf die den Kühlschrank versorgende Zweitbatterie vertrauen müssen. In Anbetracht der doch schon beachtlichen Hitze heute muss der natürlich heruntergeregelt werden, wenn wir nicht zu viel Batteriestrom verbrauchen wollen - aber tägliches darüber Aufregen lohnt nicht wirklich ..!
Heute Abend wird wieder nicht selbst gekocht: Zum Glück gibt es am Platz das Huhu Café, von dessen Terrasse man wieder mal einen schönen Blick in die Umgebung hat. Hier gibt es zwar nur "Steinlager Pure" in Flaschen, das mit dem "Classic" nach Einschätzung des besagten Biermuffels natürlich nicht mithält. Immerhin kann man bei der einen oder anderen Flasche davon in aller Ruhe Südhalbkugel-Studien anstellen: Dass die Sonne mittags im Norden steht kann man nun tatsächlich bezeugen und auch dass sie sich von rechts nach links am Himmel bewegt, wenn man in ihre Richtung schaut: Schon wichtig für gewohnheitsmäßige "Schattenvorhersager" - und wirklich eine richtig fremde Welt, diese Südhalbkugel ..!
Am Abend fließt dann wieder guter neuseeländischer Rotwein, der bestens zum sehr guten Essen des Restaurants passt, in dem wir auch heute wieder die Abenddämmerung erleben. Als wir unseren Camper erreichen, ist die Dunkelheit schon eingebrochen, aber wir haben vermutlich vorher hier nicht allzu viel versäumt ...
Wir starten am folgenden Freitagmorgen bereits in unser zweites NZ-Wochenende, als wir erneut Richtung Nordosten aufbrechen: Knapp 160 km stehen auf dem Plan, das Ziel ist der Ort Rotorua, wir brechen früh auf.
Am Zwischenziel Whakamaru Dam (die 4. Talsperre am Fluss Waikato), einem Laufwasserkraftwerk, hatten wir eigentlich anhalten wollen, weil es dort vielleicht etwas zu sehen gegeben hätte. Das erweist sich allerdings als Irrtum, außer einem kleinen (Auto-)Stau erscheint weit und breit nichts einen Stopp zu rechtfertigen. Also heißt es nach einem kurzen Halt sofort weiter zum heutigen Etappenziel zu fahren, erneut einem Holiday Park, aber diesmal einem ganz besonderen. Der Rotorua Thermal Holiday Park liegt nämlich nah an einer geologischen Attraktion: einem Geothermalfeld mit Geysiren und Solfataren.
Am Platz gibt es wieder Strom (nicht für uns) und Wasser, Toiletten, Duschen und eine Dump-Station (auch die aktuell nicht für uns ... ). Kostenlose Heißwasserbecken soll es hier ebenfalls geben zum Drinsitzen, aber auch das wird sicherlich hier und jetzt nicht ausprobiert, allerdings werden dabei Erinnerungen wach an gaaaanz alte Islandaufenthalte ...
Unser Stellplatz befindet sich an einer Art Laufsteg, mal was anderes! Da die Situation mit der nahen Hauptstraße und dem großen Kreisverkehr davor unübersichtlich erscheint, erkundigen wir uns an der Rezeption nach dem Weg zum Geothermalfeld Te Puia Park: Freundlich wie immer und überall hier erklärt man, dass wir nur um ein paar Ecken müssen und dann eine Unterführung direkt hinüber führt zum Park. Gesagt, getan!
Außer den Geysiren kann man auch ein "Kiwi-Haus" besuchen, hier gibt es rundherum viel zu den Ureinwohnern Neuseelands zu sehen und ebenfalls viel zu erfahren über Sagen und Legenden zu ihrer Ankunft hier in grauer Vorzeit ...
Der berühmteste Geysir ist "Te Puia", der stündlich ca. 30 m hoch schießt oder auch nicht - je nach Lust und Laune. In dem weitläufigen Gebiet kann man recht viel herumspazieren, wir wollen es aber nicht übertreiben und konzentrieren uns zunächst einmal auf einen überschaubaren Rundweg.
Am Eingang des Parks gibt es ein Maori-Museum und Kunsthandwerk ist ebenfalls zu besichtigen. Der Park ist gut besucht, Touristen aus aller Welt streifen hier herum zwischen zischenden, dampfenden und blubbernden Attraktionen. Der mehrstündige Aufenthalt erweist sich als sehr lohnend, allerdings wird der Biermuffel aus D nach Rückkehr in den Restaurationsbereich wieder mal nicht entlohnt für seine Mühen: Es ist "richtiges" Bierwetter, aber ein passendes Abschlussbier ist nicht erhältlich: Lediglich "spezielle" Craft-Flaschenbiere sind an der Bar erhältlich und dafür war die Rundtour dann doch nicht anstrengend genug ...
Am Abend verlassen wir ein zweites Mal unser Camp: Es geht zu Fuß den "Thermal Explorer(!) Highway" entlang Richtung Stadtmitte, die allerdings weit weg ist. Auf unserem Weg liegt aber auch das Distinction Hotel Rotorua, in dessen "D Bar"-bereich es etwas zu essen gibt, was uns sehr zusagt. Begleitet von einem erneut guten Wein lässt es sich auch hier heute Abend bestens aushalten.
Später am Abend kommt plötzlich eine Gruppe halbnackter Maori aus dem Hotel gestürmt: Offenbar gebucht für hier übliche Veranstaltungen erzeugen sie aber dann doch Aufmerksamkeit beim noch ziemlich "neuen" NZ-Touri ...
Nach Rückkehr zum Camp werden wir nochmals überrascht: Ein gewaltiges Feuerwerk in der Umgebung erwischt uns unvorbereitet, erst sehr viel später stellt sich heraus, dass es sich an diesem Freitagabend um ein Speedway-Event handelt, bei dem irgendwie der Beginn der neuen Saison gefeiert wird ...
Erst recht spät stellt sich wieder die Nachtruhe ein, die man ansonsten hier gewöhnt ist - auch morgen ist wieder Konzentration gefragt, denn die Fahrt Richtung Süden geht weiter, "Camperglück" hin oder her ...
© 2020 J. de Haas