Die Höhlen: Imposant und kitschig ...
Nach einem guten Schlaf im Himmelbett erwartet uns am Morgen ein super Frühstück: Das Buffet ist reichhaltig und die Dame vom Service bereitet für jeden Gast individuell seine Frühstückseier zu - wir erhalten perfekte Spiegeleier!
Das Wetter ist heute wechselhaft, Regen ist angesagt, gerade richtig, zwei Tropfsteinhöhlen zu besuchen: Die Höhlen von Artà und die von Drach.
Ein wenig kurven wir wieder durch die engen Gassen, nutzen nun auch vermehrt die Spiegel an den Häusern zur Klärung des Querverkehrs, prüfen die Anweisungen des Navis (nicht alle Einbahnstraßen sind dort vermerkt, trotz aktuellem Kartenmaterial) und erreichen schließlich irgendwie die Landstraße Richtung Küste zum Cap Vermell.
Die dortigen Höhlen sind schon lange bekannt, einst haben sich im 13. Jhdt. die letzten maurischen Soldaten hier verschanzt bevor sie ausgeräuchert wurden. Im 19. Jhdt. folgte dann die systematische Erforschung. Das Höhlensystem hat schon viele Besucher angezogen, so z.B. Jules Verne, der sich vielleicht hier für seine fantastischen Geschichten inspirieren ließ ..?
Als wir ankommen, wartet schon eine größere Gruppe auf die Führung. Gut, dass noch nicht Hochsaison ist, wer weiß, wie lange wir dann hier warten müssten!
Eine gute halbe Stunde dauert die Führung durch die Höhlengänge und Säle, vorbei an Stalakmiten (wachsen von unten) und Stalaktiten (wachsen von oben) und riesigen steinernen Vorhängen.
Beeindruckend ist ein schlanker 22 m hoher Stalakmit, der in ca. 5.000 Jahren die Decke erreichen soll. Durch einen rotbeleuchteten Durchgang gelangt man zu einem Säulensaal, der Hölle genannt wird. Dort beginnt eine bunte Lichtshow, untermalt von den Klängen des Werks "Also sprach Zarathustra". Nun ja, Show muss wohl sein. Der Führer spricht zwar Deutsch, aber leider sehr schlecht, so dass die Erläuterungen zumeist unverstanden bleiben. Aber die naturgeschaffene Szenerie spricht ja für sich ...
Als wir die Höhlen verlassen, deren felsige Außenwände Vögeln als Wohnung dienen, sehen wir einen Turmfalken seine Kreise ziehen und verfolgen ihn (mit der Kamera) zu seinem Nest. Er ist ideal getarnt, lediglich seine Exkremente verraten, wo er wohnt.
Weiter geht es nun nach Porto Christo, wo sich die Höhlen von Drach befinden. Auch diese Höhlen sind seit ca. 3.000 Jahren bekannt und wurden wie die von Artà im 19. Jhdt. erforscht. Ab 1922 machte man auch diese Höhlen Besuchern zugänglich. Der Eingang wurde gestaltet, Wege befestigt, Licht installiert. Aber schon bevor die Höhlen "touristenfein" gestaltet wurden, hat bereits Jules Verne ebenfalls die Höhlen besucht und in einem seiner Romane erwähnt.
Der Eingang liegt in einem schönen Park: Es ist Mittagpause und wir nutzen die Zeit, uns ringsum umzusehen. Unweit befindet sich eine Niederlassung von Majorica, in der die berühmten Mallorca-Perlen angeboten werden. Ende des 19. Jhdts. begann man Perlenimitate herzustellen, in dem man Paste aus Sand und Fischschuppen auf einen Kern auftrug und brannte. Das Ergebnis ist robuster als echte Perlen und nur schwer von solchen zu unterscheiden. Mallorca ist stolz auf sein Qualitätsimitat und gibt zu den Perlen Echtheitszertifikate aus, damit man sie von anderen minderwertigen Imitaten unterscheiden kann. Verrückte Welt: Echtheitszertifikate für Fälschungen!
Nun, Perlenimitate sind nicht so unser Ding, aber die Fahrzeug-Attrappen vor dem Geschäft sind allemal ein Foto wert.
Mittlerweile sammelt sich eine riesige Gruppe am Höhleneingang: Nach und nach verschwinden Angestellte in dicken Pullovern in den Höhlen. Sollten wir etwa zu dünn angezogen sein?
Als wir in die Höhle hinabsteigen sind wir verwundert: Es ist deutlich wärmer als draußen, der warme Schwall schlägt einem förmlich entgegen. Die Höhlen haben nämlich ganzjährig 21°C, das mag ja vielleicht für einheimische Angestellte kalt zu sein ...
Ca. 1 Stunde dauert der Rundgang über eine Strecke von etwa 1.200 m. Wieder geht es vorbei an den faszinierenden Tropfsteinen, treppauf, treppab. Immer wieder finden sich kleine Seen, hübsch beleuchtet. Fotografieren wird an manchen Stellen zum Geduldsspiel, denn die Gruppe ist schon ziemlich groß. Aber wir lassen alle vorbei und machen die Nachhut. Da bekommt man zwar nicht so viel mit von den Erklärungen, aber lieber einen unverstellten Blick auf die Steine statt Gedränge.
Man gelangt schließlich in einen großen Saal, in dem sich der größte Höhlensee Europas befindet. Bänke sind aufgebaut und wir werden aufgefordert, uns zu setzen ...
Es wird dunkel, Fotos und Videos werden untersagt. Plötzlich flammt wieder Licht auf über dem See und ein Ruderboot gleitet heran, an Bord eine Musikergruppe mit Klavier, Cello und Geigen. Wir bekommen ein Live-Konzert, eine kleine Höhlenmusik. Die klassische Musik passt wunderbar zur Szenerie, aber ein bisschen kitschig ist das Ganze schon. Erstaunlich allerdings ist die hervorragende Akustik in dem Natursaal. Bereits seit 1935 wird hier auf diese Art und Weise musiziert ...
Nach Abschluss des Konzerts dürfen alle, die Lust und Nerven dazu haben, sich im Ruderboot über den See schippern lassen: Die Warteschlange ist schier endlos und so laufen wir lieber und fotografieren die Boatpeople.
Zurück in Artà - übrigens mittlerweile (fast) komplett problemlos durch die engen Gassen - nehmen wir Kurs auf das Restaurant Es Taronger.
Obwohl es gerade erst geöffnet hat, ist es schon total voll: Der Wirt fragt nach einer Reservierung - wir befürchten schlimmstes, denn reserviert haben wir nicht. Aber es findet sich für uns noch ein kleiner Tisch, welch ein Glück. Die Speisenauswahl Kabeljau bzw. mallorquinisches Spanferkel mit Apfel lässt uns einen Weißwein wählen: Blanc de Blancs 2017 von Macia Battle aus Moll, Chardonnay und Moscatel. Eine gute Wahl, die Skepsis gegenüber regionalen Weinen verschwindet endgültig, wir freuen uns schon auf die Touren durch die Kellereien ...
© 2018 Sixta Zerlauth