Neuseeland  Neuseeland 2019: Auf der anderen Seite des Planeten ...


Neuseeland 2019


Auftakt: Von München nach Auckland

Stellt man bei so einer Reise eigentlich wie üblich sein Auto beim gewohnten Parkplatzbetreiber am Münchner Flughafen ab?

Als wir Ende Oktober 2019 dorthin aufbrechen, ist die Entscheidung längst gefallen: Wenn wir im November um 6:30 Uhr morgens hier wieder ankommen werden (wenn alles gutgeht!), wird einem nach dem insgesamt mehr als 20 Stunden langen Rückflug nach allem zumute sein, aber bestimmt nicht selbst durch den deutschen Berufsverkehr zurück nach Hause zu fahren (Zitat aus einer Satiresendung: Wenn Organspende nach dem Hirntod Pflicht wird, betrifft das jeden Zweiten, der hier am morgendlichen Straßenverkehr teilnimmt).

Also lassen wir uns ins Erdinger Moos chauffieren, auch die Rückfahrt mit dem angenehmen Serviceunternehmen ist bereits geklärt. Die Abflugzeit ist sehr bequem wie gewünscht, es wird kurz vor 16 Uhr sein, wenn die Qatar Airways Maschine in München abhebt.

Die abenteuerliche Organisation am hiesigen Flughafen wurde bereits bei unseren Vorbereitungen angesprochen, ebenso Details zu der mehr als langen Anreise auf die andere Seite des Planeten. Die kann einen leider davon abhalten, allzu häufig dorthin zu reisen - und da vielleicht sogar auch einen "zweiten Standort" zu unterhalten ...

Große Boing 777: Aber es wird noch voller werden ... Die Reise zieht sich ...

Die Reise zieht sich somit wie erwartet und nach Ankunft gegen 23:30 Uhr verläuft auch der zweistündige Aufenthalt in Doha ist nicht unbedingt ganz so wie erwartet. Dies betrifft natürlich nicht die Zahl der schwarzen Gewänder, die hier das Auge erfreuen, sondern zunächst den "Transit-Bereich": Zwar wurde das Gepäck wenigstens durchgecheckt, aber auch hier ist wieder eine vollständige Sicherheitskontrolle mit "allem" angesagt und man fragt sich, worin eigentlich der Unterschied zu einem "normalen" Abflug besteht. Das Gewimmel ist wie üblich ätzend und nervenaufreibend, immerhin hat man bereits einen gut siebenstündigen nächtlichen Flug hinter sich und ist nicht gerade für derartige Späße aufgelegt ...

Wir haben jetzt schon eine Zeitverschiebung von +2 Stunden (GMT+3) und wollen den Aufenthalt auch nutzen: Neben dem üblichen Flughafenrundgang, bei dem man sich die Beine vor dem folgenden Langstreckenflug noch einmal vertreten kann, wollen wir uns im Duty Free eindecken.

Dort möchten wir 2-3 Flaschen "Absacker" besorgen, um uns in Neuseeland eine spätere Suche nach den lizensierten Liquorshops zu ersparen. Die erlaubten 3,375 l Spirituosen pro Person wären dabei wohl allerdings übertrieben ... . Bier ist dagegen vor Ort leichter zu bekommen, leider aber gab es bei uns kein neuseeländisches Bier zu kaufen, so dass wir vorab nichts probieren konnten (was sich nachträglich wohl noch als gut erweisen wird ... ).

Wie man vorher bereits erfahren konnte, soll Neuseeland ein Eldorado für Bier-Fans sein: Zwar gibt es kein deutsches Reinheitsgebot, aber mehr als 150 Brauereien produzieren teilweise schon über 100 Jahre Lager, Pale Ale oder Dunkelbier. Auf der Südinsel in der Nähe von Nelson wird sogar der eigene Hopfen angebaut. Die meisten Biere werden von den zwei "Großen" produziert und verkauft: Lion Nathan und Dominion Breweries haben bekannte Marken wie "Speight’s, "Steinlager" (was ein Team-Mitglied noch retten wird ... ) oder "Waikato Drought" im Portfolio. Ist ein Restaurant nicht licensed, soll man auch seinen eigenen Alkohol mitbringen dürfen und dafür einen kleinen Obulus an den Wirt entrichten für die Gläser - wir werden sehen (oder auch nicht)! Lokaler Wein ist seit den 80er Jahren in guter Qualität zu bekommen, geplant ist, sich davon an der Cloudy Bay auf der Südinsel selbst zu überzeugen.

Beeindruckend: Nächtlicher Anflug auf Doha ... Auskunft Flughafen Doha

Der Flughafen hat nur ein Terminal, gilt als extrem übersichtlich und soll zu den weltbesten seiner Art gehören. Wir erreichen schnell den Duty Free Bereich und staunen in der Getränkeabteilung: Dem Preisniveau nach werden hier offenbar nur Ölscheichs erwartet, die (natürlich heimlich! ) ihren Alkoholbedarf decken wollen ...

Uns gelingt es aber trotzdem - nach längerem Suchen - zwei Flaschen Fundador zu finden, bei denen man den Preis noch als tragbar ansehen kann. Dunkelanzuggekleidete qatarische Gentlemen nehmen unsere Flaschen mit sichtbar Ernst und Würde entgegen und auch der Kassiervorgang verläuft entsprechend. Absacker am anstrengenden Camperabend also gesichert!

Später wird noch einige Zeit in der Wartehalle des Abflugbereichs verbracht, voll bemüht dabei auf jeden Fall so wenig wie möglich zu sitzen, denn der bevorstehende über 16stündige "Horrorflug" (als zweitlängster kaum eine halbe Stunde kürzer als der längste Flug der Welt) wirft seine emotionalen Schatten bereits spürbar voraus.  

Wir starten kurz nach 2 Uhr morgens in Doha und sind Glückskinder: Im Gegensatz zum ersten Streckenabschnitt bleibt der Mittelplatz völlig überraschend leer - was will man mehr bei dieser Tortur? Mit einer Zeitverschiebung von weiteren 10 Stunden (GMT +13) werden wir kurz vor 5 Uhr morgens in Auckland ankommen. Mehr zu den Flügen weiter vorn, so dass an dieser Stelle nur noch eines dazu erwähnt werden soll: Als nach gut 8 Stunden jemand irgend etwas von "Halbzeit" murmelt, kommt es fast zu einer emotionalen Krise beim Schreiberling. Die Füße im Gang vor dem Klo vertretend ist man sich mit einer ebenfalls dort turnenden Dame aus den hinteren Sitzreihen einig in der Frage, ob dieser Trip vielleicht doch möglicherweise eine "Scheißidee" war ... Aber nee, natürlich nicht, war halt eben nur so eine kleine emotionale Krise ... und man sollte sich künftig überlegen, wer wo und wann irgendwas von "Halbzeit" sagt ... (Klugscheißmodus "aus") (Siehe dazu auch Nachtrag unten!)

Zweitlängster Flug der Welt ... Angenehm: Ankunft Flughafen Auckland Auckland, Nordinsel: Erste Region unseres Aufenthaltes ...

Samstag, 02. November: Wir landen planmäßig in Auckland, die letzte halbe Stunde wurde es wieder besser mit der emotionalen Lage und in Zukunft wird man über jeden Flug, der weniger als 5 Stunden dauert, vermutlich nur noch schmunzeln - oder auch nicht ...

Das "Abenteuer Neuseeland" wartet, aber davor gilt es die akribischen Einreisevorgänge samt Öko-Inquisition zu durchlaufen - doch die erscheinen insgesamt verständlich und sind nicht nur aus ökologischen Gründen durchaus sinnvoll wie auch freundlich: Nicht jedes Land lädt halt übereifrig und moralisch sendungsbewusst den Rest der Welt mit Sonderkonditionen über faktisch offene Grenzen zu sich und in seine Sozialsysteme ein - die Insellage Neuseelands unterstützt eine vernunftgesteuerte Haltung dabei zusätzlich und wirkungsvoll!

Nach dem Erwerb etlicher Neuseeland-Dollars (1 NZ $ = ca. 0,60 EUR), die später einige Einkäufe im "Warehouse" aufgrund von Preisen vieler China- Artikel manchmal wie Spielgeld in der Kinderpost erscheinen lassen, begeben wir uns zügig zur Haltestelle des Yellow-Busses, der kostenlos (so geht öffentlicher Nahverkehr!) die Hotels in Flughafenumgebung anfährt, wenn man dem Fahrer seine Buchung vorzeigt.

Schon bald erreichen wir das Kiwi-Hotel, was schon durch seinen Namen zeigt, dass man endlich "angekommen" ist. Da wir allerdings noch zu früh zum Einchecken vor Ort sind, stellen wir dort erst einmal unsere Koffer ab und in Anbetracht der noch nicht geöffneten Bar folgen wir dem Rat der Rezeption, ein in der Nähe liegendes Café aufzusuchen.

Der Fußweg führt vorbei an straßennahen Gärten sowie einem Vermieter von Campingmobilen und ist nur kurz: Ein Frühstück aus dem reichhaltigen Angebot des philippinisch geführten Lokals an einer Tankstelle folgt, und nach und nach füllt sich der Laden: Es sind hauptsächlich Maoris, die hier an diesem Samstagmorgen eintreffen. Der erstaunte Gast von der anderen Seite des Planeten stellt fest, dass da nahezu niemand unter zwei Zentner zu wiegen scheint, egal ob Mann oder Frau oder sonst was. Bekleidung und Tätowierungen, die im Gegensatz zu den abstrusen Auswüchsen in der "Heimat" auch von den Motiven her überwiegend traditionell sind, fallen ebenfalls ins Auge. Genau wie die vielen  barfüßigen Flip-Flop Träger an diesem Frühlingsende, auch Modelle in Camouflage scheinen sehr beliebt zu sein.

Wir machen uns wieder auf den kurzen Rückweg und checken ein. Nach einer erfrischenden Dusche ist erst einmal ein Nachmittagsschläfchen angesagt - bereits davor aber (bei einem schönen Glas vom noch schnell eingekauften "Steinlager Classic"-Bier) fühlt man sich endlich wirklich "angekommen" und aufgelegt zu allem, was kommt - tolles Gefühl!

Auch das Abendessen im Kiwi-Hotel danach ist erfreulich - nur der offerierte und vom Namen her erwartungsvoll stimmende Pinot Noir "Kopico Bay" aus dem berühmten Weinanbaugebiet "Marlborough" erfüllt überraschend nicht ganz die Erwartungen: Heller fruchtiger "Saft" scheint eher im Glas zu sein als die erwartete kräftige Rebe, aber was soll´s: Heute Abend lässt sich auch der prima trinken und vielleicht sind wir ja auch nur zu verwöhnt ...

Kurzer Fußweg Kiwi-Hotel - Frühstückscafé ... Friedhofsgestaltung ...
Eifrige Maori-Bedienung ... Nicht ganz wie erwartet: Pinot Noir "Kopiko Bay" ... Nacht-Idyll am Kiwi-Hotel ...

Der nächste Morgen: Direkt nach dem Frühstück rufen wir beim Vermieter unseres Campmobils an, auf das wir bereits gespannt sind: Wie in nächster Zeit noch sehr oft ist ein Mann am anderen Ende, der ein merkwürdiges "Englisch" spricht und auch nicht gerade überschwänglich freundlich reagiert auf die Frage, ob man eventuell am Flughafen-nahen Kiwi-Hotel abgeholt werden könne. Dies wird kurz und bündig verneint mit der Auskunft, die regelmäßige Abholung erfolge nur am Flughafen. Ende.

Nun, wir nehmen es nicht persönlich und warten auf den nächsten Yellow Bus, der ja auch heute Morgen regelmäßig zwischen den Hotels und dem Flughafen verkehrt. Also eben wieder mit Bus (und allem Gepäck) kostenlos zurück zum Flughafen!

In der Tat trifft dort nach relativ kurzer Wartezeit schon der regelmäßige kleine Shuttlebus des Vermieters Jucy Car ein - ausgestattet mit 7 Sitzplätzen und einem Gepäckanhänger. Noch weitere Fahrgäste mit Ziel "Jucy Car" haben sich ebenfalls dort eingefunden und bereits kurz danach beginnt die Fahrt zur Vermietungsbasis von Jucy Car Auckland - wir sind gespannt, was uns dort erwartet!


1. Nachtrag, Februar ´20: Liegen in der Holzklasse

In der FAZ v. 27.02.2020 findet sich unter obigem Titel etwas zu künftigen Planungen einiger Airlines zu Superlangstreckenflügen:

Als erste Fluggesellschaft prüft Air New Zealand, Economy-Passagieren auf sehr langen Strecken künftig Liegen anzubieten. Wie in der Jugendherberge sollen drei von ihnen übereinander montiert sein, sechs bilden einen engen Raum. Air New Zealand hat an dem Konzept drei Jahre gefeilt und will Mitte des Jahres über den Einbau entscheiden. Angedacht ist, die Liegen auf der Langstrecke zwischen Auckland und New York einzusetzen. Sie soll von Oktober an aufgenommen werden. Die Flugzeit wird fast 18 Stunden betragen. Passagiere sollen die Möglichkeit bekommen, einen Teil der Zeit auf den Stapelbetten zu verbringen - die jedoch wohl zusätzlich gebucht werden muss. ... Die Neuseeländer versprechen Pritschen von mehr als zwei Meter Länge und 58 cm Breite mit Kissen und Decken hinter einem Vorhang. ...


2. Nachtrag, November ´20: Flughafen Doha gefährlich für Frauen ..?

Auch in diesem Fall eine Meldung der FAZ v. 29.10.2020: Da wurde doch Anfang Oktober in Doha tatsächlich im Müll ein in Plastik gewickeltes Neugeborenes gefunden. Dazu muss man wissen: In dem islamischen Emirat haben Frauen, die unverheiratet Kinder bekommen, mit Strafen zu rechnen. Die Behörden schlossen nun messerscharf darauf, dass man die Mutter vermutlich unter den Passagieren von abfliegenden Maschinen finden würde. Warum man allerdings dabei ausgerechnet auf zig Australierinnen kam, wird vermutlich ewig ein Geheimnis dieser islamischen Strafverfolger bleiben: Sie stürzten sich nämlich auf Passagier*Innen von insgesamt 10 Flugzeugen, die von Doha nach Sidney aufbrechen wollten.

Dreizehn (!) der achtzehn daraufhin betroffenen Frauen waren Australierinnen, die man aus Flugzeugen holte und einer gynäkologischen Zwangsuntersuchung in einem Rettungswagen auf dem Rollfeld unterzog. Die Mutter wurde zwar nicht gefunden, aber diplomatische Folgen gab es natürlich problemlos: Die australische Regierung bezeichnete die Behandlung der zum Teil verstörten und traumatisierten Frauen als "inakzeptabel" und "erschreckend". Natürlich würde Vorfall umfassend untersucht, teilte man in der Entschuldigung von Katar mit. Nun ja, Allah ist groß, aber man muss ihm wohl ausgerechnet hier nicht wirklich begegnen ...


© 2020 J. de Haas