Ein Camp mit Schatten bitte ...
Die Nacht war kühl, trotzdem war der Schlaf nicht wirklich
erholsam, ein bisschen steckt uns die Anreise doch in den Knochen.
Heute geht es nur geradeaus nach Norden auf der namibische Nationalstraße B1:
Sie ist asphaltiert und erstreckt sich von Südafrika bis Angola,
man hat auf der Strecke auch durchaus den Eindruck, man könne bis Angola
schauen ...
Abwechslung fürs Auge bieten Straßenverkäufer am Straßenrand, die unter anderem Büschel hohen Grases verkaufen, das am Straßenrand geerntet wird. Wofür dies verkauft wird, können wir nur raten. Vielleicht entspricht das dem Seegras in unserem Ebersberger Forst, das einst als Matrazenfüllung geerntet und in einer großen Scheune getrocknet wurde. Wer weiß!
Hin und wieder wird uns beim Überholen von Passagieren freundlich zugewunken. Termitenbauten prägen die flache Landschaft. Hin und wieder sehen wir manchmal große "Qualmwolken" in der Ferne: Die Ursache können aber kaum Feuer sein und nach und nach wird klar, das sind tatsächlich kleine turbulente Sandstürme, kaum zu glauben!
Die Sonne ist gleißend, die Strecke zieht sich und wir genießen die Klimaanlage, die ihr Bestes gibt. Obwohl die Straße zum zügigen Fahren einlädt, muss man wachsam sein, denn am Straßenrand grasen Ziegenherden und Rinder.
Man hat Rastplätze am Rand der Straße eingerichtet mit Tisch, Sitzgelegenheit und Abfalltonnen. Die Plätze sind sauber und teilweise unter einzelnen, aber schönen schattigen Bäumen, teilweise aber auch unter Blechdächern, die nur schwer Schatten spenden. Andere Rastplätze haben dagegen überhaupt keinen Somnnenschutz - es erscheint völlig unmöglich, in der glühenden Sonne dort auch nur kurze Zeit zuzubringen. So machen wir also kurz Rast unter einem der eher einladenden Bäume.
An einer Baustelle am Straßenrand steht dort jemand aus der
Gruppe der Arbeiter und winkt mit einem
leeren Wasserkanister, offensichtlich möchte er, dass jemand
anhält. Der LKW vor uns fährt tatsächlich an den Straßenrand und
hält. Als wir ohne anzuhalten vorbeifahren, zeigt die Gruppe
ziemlich deutlich, dass sie davon nur wenig begeistert ist - könnte
es tatsächlich sein, dass Straßenbauarbeiter hier an Wassermangel
leiden und auf hilfsbereite Passanten angewiesen sind? Im Verlauf
unserer Reise werden wir noch häufiger auf ein solches Verhalten
treffen, was tatsächlich eher für diese Vermutung spricht ...
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Auf ungefähr halber Strecke ist ein Zwischenstopp in Otjiwarongo angesagt, was übersetzt aus der Herero-Sprache Platz der fetten Rinder bedeutet. Es ist einer der ersten Orte, die in Südwestafrika gegründet wurden. 1904 begann von hier aus der Aufstand der Herero und Nama, der von den deutschen Kolonialherren blutig niedergeschlagen wurde.
Im Jahr 1906 wurde hier ein Bahnhof der Otavi-Bahn eröffnet und noch heute erinnert die alte Dampflok Nr. 41 - auch alte Henschel-Lokomotive genannt - an die vergangenen Kolonialzeiten ...
Unser Ziel für die Pause im Ort ist die
Memoirs Bar.
Das Schild am Parkplatz davor verunsichert allerdings etwas: Man
solle alles aus seinem Fahrzeug mitnehmen, da mit Autoaufbrüchen zu rechnen
sei. Wir sehen einen Wachposten am Eingang zur Bar und beschließen,
dass jetzt zur Mittagszeit das Risiko hier zu parken wohl vertretbar ist.
Die Bar hat einen wunderbaren schattigen Garten und ist auch im
Inneren gemütlich eingerichtet. Jede Menge kleine Gerichte zu
kleinen Preisen werden angeboten: Ein idealer Ort für eine Pause -
ein Fluchtpunkt aus der prallen Sonne!
Irgendwann muss es weitergehen, die heutige Strecke ist eine der längsten der ganzen Reise: Die Landschaft wird nun etwas hügeliger und am Horizont sind bereits Berge zu erkennen. Nach und nach lernt man die unterschiedlichen Schilder für die Warnung vor Wildwechsel kennen: Wildschwein, Oryx-Antilope und Springbock sind hier zu Hause ...
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Wir erreichen das Anderson's Gate, eine der Einfahrten in den
berühmten Etosha Nationalpark
- ein Muss für jeden Reisenden in diesem Land. Das Gate ist wie eine Grenze und eine Tafel
weist daraufhin, dass die Kontrollstation von der US-Regierung
bezahlt wurde. Am Gate muss man warten, Formulare ausfüllen,
die Pässe zeigen, Gebühren zahlen - insgesamt eine echte,
langwierige
Grenzkontrolle ...
Endlich geht es weiter zum
geplanten Übernachtungsziel hier im Nationalpark, dem
Okaukuejo
Camping: An der Einfahrt ins Camp mit dem charakteristischen
Aussichtsturm kommt völlig überraschend eine große Elefantenherde
entgegen, ein unglaublicher Anblick, wie eine langgestreckte
Marschkolonne der grauen Kolosse in geordneter Formation langsam dem
Straßenrand folgt - extra
für uns bestellt ..?
In der Rezeption erhalten wir unsere Platznummer, eine Karte
mitsamt Erläuterung, wohin wir fahren sollen, denn der Platz ist auf
der Karte gar nicht eingezeichnet. Wir sollen uns deshalb an einen der
Einweiser wenden. Wir irren etwas auf dem riesigen Platz herum und
finden auch einen Einweiser, der uns allerdings ziemlich lustlos zu unserem Platz schickt. Wir können
es jedoch kaum glauben: Eine große Schotterfläche, keinerlei Pflanzen,
gleißende Sonne, kein Sitzplatz, kein Tisch, kein Grillplatz,
geschweige denn Strom oder Wasser - das Entsetzen ist groß. Also
laufe ich wutentbrannt zur Rezeption: Dort mache ich meinem Ärger Luft
und mache deutlich, dass dies der scheußlichste Platz zum
Campen wäre, den man je auf der Welt gesehen hätte. Immerhin wurde
bereits vor 8 Monaten (!) gebucht und bezahlt, es könne ja nicht wahr
sein, dass diese "gravel road under construction"
(Schotterpistenbaustelle) das einzige sei, was vor 8 Monaten noch
frei war. Man beharrt allerdings darauf, dass alles ausgebucht wäre und zeigt
sogar die Reservierungsbücher her!
Erneute Frage, ob alle in den Reservierungsbüchern auch schon vor 8 Monaten gebucht hätten? Man druckst herum. Ich mache deutlich, dass wir nicht aus Deutschland bis hierhin gereist sind, um auf diesem unsäglichen Platz zu campieren. Interessant ist die Reaktion der Mitarbeiter: Man ist sichtlich betroffen, dass ein Tourist derart unzufrieden ist und meint, wir sollten bei den Einweisern nachfragen, vielleicht hätten die eine Lösung.
Zurück am Camp heißt es nun zunächst die Einweiser zu beobachten:
Da gibt es welche, die arrogant wirken, nicht unbedingt
Serviceorientiertheit ausstrahlen und auch solche, die sich von den
Touristen eher belästigt fühlen. Aber entdeckt wird auch ein etwas
älterer Einweiser, ein perfect Match, wie sich sogleich herausstellt: Denn
dieser gute Mann erklärt während des vertrauten Gesprächs, dass sie keine Einweiser seien, sondern
eigentlich die Manager des Platzes, hier auch wohnen und letztendlich
entscheiden, wer welchen Platz bekommt. Die Leute an der Rezeption
machen nur "Vorschläge", meint er, als er bestätigt
bekommt, dass man an der Rezeption seine Bedeutung wohl nicht so
richtig verstanden hat. Und siehe da, der "Manager" hat nun auch einen
Super-Platz für
uns, den wir uns auch selbst aussuchen können, nahe eines Waschhauses, mit Sitzgelegenheit, Grill, Wasser,
Strom und sogar etwas Schatten. Er wird angemessen entlohnt, er ist
überaus zufrieden und wir natürlich auch ...
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So können wir unser Camp aufbauen und anschließend einen Rundgang auf dem Gelände machen. Dabei kann man die kleinen Mangusten beobachten, die alles aufgraben, insbesondere dort, wo gepflastert wurde. Versucht man neben ihnen ebenfalls ein wenig zu graben, kommt der Mangustenchef angerast und zwickt einen zart in die Hand - wohl keine Liebesbezeugung, vielleicht eher eine Maßregelung. Bunte Vögel fliegen herum, wir begeben uns zum campeigenen Wasserloch, das gerade von einer Herde Springböcken besucht wird.
Irgendwie fühle ich mich schlapp, sehr schlapp. Ich mag nur noch im Schatten sitzen. Das kann doch unmöglich eine Folge der langen Anreise sein, oder? Es grummelt im Bauch und es erweist sich als nahezu genial, dass es zum Waschhaus nur wenige Schritte sind. Verfügt der Platzmanager über seherische Fähigkeiten? Irgendwas ist mir nicht bekommen - seit Jahrzehnten das erste Mal, dass Montezumas Rache mich erwischt hat: Zum Glück sind wir gut vorbereitet, Immodium, Elektrolyte und jede Menge Trinkwasser sind an Bord.
Bis zum Abend beruhigt sich der Bauch und wir gehen ins Restaurant. Zur Wahl stehen zwei Hauptspeisen: Game (Wild) oder Pasta. Aufgrund der schlechten Erfahrung mit dem totgegrillten Fleisch am Vorabend fällt die Entscheidung für Pasta, dazu ein namibischer Rotwein - der ist gut, aber nicht sensationell.
Die Nacht wird wieder unruhig, der Bauch hat ja Nachschub bekommen. Wird sich das bis zum nächsten Morgen wieder legen?
© 2025 Sixta Zerlauth