Auftakt: Der lange Weg nach Windhoek
Und es geht los: Zuerst mit einem echten Kurzflug von München nach Frankfurt, da es leider keinen Direktflug von München aus gibt. Wir decken uns im Duty Free mit kleinen Weinfläschchen ein für das Abendessen während des 10-stündigen Flugs nach Windhoek, in der Annahme wir würden in Frankfurt ja nur Umsteigen, also im Sicherheitsbereich bleiben.
Aber der Umstieg erweist sich als langer Marsch durch den ziemlich verlassenen, nächtlichen Frankfurter Flughafen mit Passkontrolle für die Ausreise aus Deutschland. Was uns unbekannt war: Passkontrolle bedeutet das Verlassen des Sicherheitsbereichs. So stehen wir erneut vor der Sicherheitskontrolle und sehen die Hinweise, dass Getränkeflaschen zu entsorgen sind. Dazu sind wir allerdings nicht bereit, sollen sie die Fläschchen doch konfiszieren ...
Aber Überraschung bei der Kontrolle: Die Fläschchen werden natürlich entdeckt und wir erklären, dass wir aus München kommen und nicht wussten, dass wir beim Umsteigen den Sicherheitsbereich verlassen müssten und der Wein unser Abendessen auf dem langen Flug ein wenig bereichern sollte. Und: Kein Problem ..! Der Sicherheitsmann zeigt Verständnis und unterzieht die Fläschchen nur kurz einem Sprengstofftest und schon dürfen wir sie mit an Bord nehmen ...
Kurz vor dem Abflug erreicht uns das Angebot, nach Windhoek in die Business Class zu wechseln für läppische 3.000,- EUR pro Person. Und das Upgrade für den Rückweg würde nur 1.500,- EUR pro Person kosten! Wir lehnen dankend ab ...
Einstieg in das Flugzeug, einen Airbus A330-300: Die Plätze in der Economy Class sind wirklich extrem eng - war es doch ein Fehler, das Angebot mit der Business Class abzulehnen? Zum Glück haben wir eine Zweierreihe am Fenster, so dass man sich nicht noch zwischen Fremden in die Sitze quetschen muss.
Die zehn Stunden Flug in der Maschine werden zur Qual, zumal die Leute in der Reihe davor darauf bestehen, den gesamten Flug in der weitestmöglichen Schräglage zu verbringen. Dass das Essen dahinter somit fast nicht möglich war, geschweige denn das sichere Abstellen der Becher, interessierte überhaupt nicht. Man erklärte, die Sitze wären ja so eng, da könne man keine Rücksicht auf andere nehmen ...
Kurz vor der Landung werden Einreiseformulare verteilt, für detaillierte Angaben zur Person und zum Zweck der Reise bis hin zu Fragen nach der Höhe des Reisebudgets.
Ziemlich gerädert landen wir am frühen Morgen in Windhoek auf dem Hosea Kutako Airport, der nach einem Herero-Führer benannt ist. In einer schier endlosen Prozession müssen hier die Passagiere vom Flugzeug aus zum modernen Terminal laufen: Sicherheitspersonal achtet streng darauf, dass niemand etwa eine Abkürzung unter der Tragfläche nimmt und etwa schräg über das Flugfeld läuft.
Die Einreise ist mit dem Formular problemlos möglich, wobei das "Good day" zum ersten Mal als Begrüßung auffällt. Das Gepäck kommt schnell auf dem Band daher: Ein Angestellter nimmt die Koffer herunter und stellt sie daneben. Auf die Frage, warum er das mache, erklärt er extrem freundlich, dass damit das Gepäckband entlastet würde. Auf diesem Band tummelt sich auch ein Drogenfahnder mit seinem Hund, der die Koffer eingehend und mit amüsanter Systematik beschnüffelt ...
Am Ausgang erwartet uns schon der Chauffeur des Autovermieters ASCO mit einem fröhlichen "Good day". Wir erklären, dass wir noch namibisches Geld benötigen sowie eine lokale SIM-Karte für das Handy, und sofort führt er uns zum GAA / ATM und zum Mobilfunkstand. Die SMS unseres deutschen Providers zu den Roamingkosten lässt den Atem stocken: 0,99 EUR pro MB. Da der Datenverbrauch für Mails, Google & Co. erfahrungsgemäß ca. 3 GB betragen wird, wären dies etwa 3.000,- EUR Kommunikationskosten - unvorstellbar. Hier in Namibia kosten 25 GB für 30 Tage umgerechnet 12,50 EUR ...
Das Personal ist wieder sehr freundlich und hilfsbereit, so dass wir schnell eine SIM-Karte im Handy haben - aus Deutschland ist man eine solche Freundlichkeit überhaupt nicht gewöhnt! Am ATM ist die Geldversorgung etwas kompliziert, da man immer nur jeweils umgerechnet 100,- EUR auf einmal abheben kann. So muss man das Prozedere: Karte rein, Betrag auswählen, PIN eingeben, Karte raus, Beleg drucken, Geld einstecken, mehrfach wiederholen.
An das "Good day" gewöhnt man sich schnell, es erscheint nur etwas ungewöhnlich, da "Good day" in Großbritannien eher für eine weniger freundliche Verabschiedung verwendet wird, so im Sinn von "Tschüß und Schluss ...". Es ist deshalb anzunehmen, dass hier das "Good day" wohl eher an das deutsche "Guten Tag" angelehnt ist ...
Als alles erledigt ist, werden wir zum nicht ganz nahen Windhoek ins Hilton-Hotel gefahren, denn der Camper soll erst morgen übernommen werden, nachdem wir uns ausgeschlafen haben. Positiv: Wenn man die Längengrade hinunter fliegt, gibt es keine Zeitverschiebung und man muss sich nicht umgewöhnen.
Es bleibt Zeit für einen Gang durch die Hauptstadt: Windhoek oder auch Windhuk, wie es einst die deutschen Kolonialherren schrieben, liegt in einem Talkessel auf immerhin 1.650 m Höhe ü.NN., in dem es auch Thermalquellen gibt. Die ursprünglichen Bewohner waren Buschmänner (San). Mitte des 19. Jhdts. wurde die Stadt von Buren, aber auch von deutschen Missonaren aufgebaut, bis sie schließlich wieder in einem Krieg zwischen den Stämmen Nama und Herero zerstört wurde. Ab 1891 wurde Windhoek als Verwaltungsitz der Deutschen Schutztruppen erneut aufgebaut. Im Jahre 1915 während des Ersten Weltkriegs eroberten die Südafrikaner im Auftrag der Briten die Stadt, wodurch die deutsche Kolonialzeit beendet wurde.
Windhoek ist sehr geprägt von der deutschen Vergangenheit als Kolonie Deutsch Südwestafrika (1884–1915). Überall stehen noch Häuser im Kolonialstil mit deutschen Beschriftungen. In der Independence Street steht der alte Uhrturm von 1908, der zur abgerissenen Deutsch Afrika Bank gehörte.
Und als wir eine Passantin auf Englisch nach dem Weg fragen, spricht sie sofort Deutsch mit uns, denn sie stammt aus Swakopmund am Atlantik, einer Stadt, in der das Deutschtum sehr kultiviert wird, wie wir später auf unserer Reise noch selbst erfahren werden.
Überall auf den weiten Straßen sitzen Straßenverkäufer mit Schmuck, Keksen oder Getränken. Dazwischen tummeln sich auch businessmäßig gekleidete Vetriebskräfte, die versuchen, den Passanten Diamanten mit Zertifikaten zu verkaufen: Eine echt bunte Mischung. Wir machen auch Bekanntschaft mit Straßenkindern, die ziemlich lästig werden: Sie scheinen sich zu einem echten Problem zu entwickeln, wie man später der hiesigen Allgemeinen Zeitung entnehmen kann. Dort wird berichtet, dass Straßenkinder sogar das Auto eines Ministers mit Steinen angegriffen hätten ...
Nach kurzem Spaziergang vorbei an einigen Imbissbuden erreicht man die berühmten Gibeon Meteoriten. Über 30 Bruchstücke sind hier aufgestellt, die 1836 nahe der Stadt Gibeon gefunden wurden. Zwischen 1911 und 1913 hat man die Meteoriten nach Windhoek gebracht, einen Brunnen gebaut und für jeden Meteoriten eine Säule errichtet. Vier Säulen sind allerdings leer, da die zugehörigen Meteoriten gestohlen wurden. In Namibia gelten Meteoriten als nationale Monumente und dürfen nicht von den Fundorten entfernt und gesammelt werden.
Es wird Zeit für ein Dinner: Wir begeben uns in das Café Zoo – La Marmite Royale am Zoo Park, das sich in einem wunderschönen Park befindet, in dem sich abends die Leute treffen, auf den Bänken und Wiesen sitzen und es sich gut gehen lassen. Das Restaurant bietet unter anderem traditionelle namibische Küche an. Und natürlich werden auch "Mopane Worms" bestellt: Raupen eines Pfauenspinners, die vornehmlich in den Eisenholzbäumen (Mopane) gefunden werden. Sie sind ein wenig knusprig und innen teigig, einen ausgesprägten Eigengeschmack haben sie nicht, sie schmecken etwas nussig.
Was besonders gefällt, ist die Bierkultur: Die Biere schmecken wirklich gut und das Hansa Bier beruft sich sogar auf das bayrische Reinheitsgebot. Die Krüge sind tiefgekühlt, sehr sinnvoll, denn hier in Windhoek haben wir gut 30°C. Wir genießen auch guten südafrikanischen Wein und als Digestif empfiehlt die freundliche Kellnerin einen hervorragenden südafrikanischen Brandy.
Totmüde sinken wir ins Bett, morgen muss man fit sein für die erste Fahrt mit dem "Bushcamper" ...
© 2024 Sixta Zerlauth