Über Tipis, Kothas und Lavvus ... |
"Oh, guck mal da, ein Indianerzelt", hören wir oft, wenn wir mit unserem Tentipi auf einem Zeltplatz übernachten: Und dann enttäuschte Gesichter, wenn aus dem Tipi Bleichgesichter ohne Kopfschmuck kommen ...
Was erweckt diese große Aufmerksamkeit? Sind es tiefsitzende Wünsche nach Geborgenheit, Ursprünglichkeit, Abenteuer, die der Anblick dieser spitzen Zelte erweckt? Und woher kommen diese?
Schon unsere nomadisierenden Vorfahren, die nach der Eiszeit (vor ca. 10.000 - 12.000 Jahren / Weichsel-Eiszeit) unsere Gefilde durchstreiften, nutzten Zelte, deren Eindeckung auf mehrere kreisförmig aufgestellte Stangen gelegt wird. Es bot Schutz vor den Unbilden des Wetters, war transportabel und man konnte eine Feuerstelle darin unterhalten. Dieses Konstruktionsprinzip wird bis in die heutige Zeit von den Rentierhirten im paläarktischen Raum angewendet (Bild rechts).
Es entwickelten sich verschiedene, den Lebensumständen und geografischen Verhältnissen angepasste Formen. Uns allen seit Kindertagen bekannt sind die typischen Indianertipis der Prärie-Indianer, ursprünglich mit Bisonhäuten eingedeckt, später mit starkem Baumwollgewebe (Bild unten links).
Der schwedische Begriff "Kåta" umfasst neben den Torfhütten der Samen auch einen Zelttyp, der korrekter als "Lávvu" bezeichnet wird. Das Lávvu ist ein rundes, kegelförmiges, transportables Zelt, das mit Fellen, Wolltuch oder Segeltuch gedeckt wurde und bei den Rentiernomaden Lapplands als standortunabhängige Behausung diente.
Daraus entstanden die Schwarzzelte/Kothen der Jugendbewegung, sie wurden um 1930 von Eberhard Koebel auf Basis der Lavvus der finnischen Samen (in der Region des Inari-Sees) entwickelt. Diese wurden modifiziert, hatten nur noch zwei Stangen und die Planen wurden an einem Kreuz aufgehängt. Man sparte so eine Vielzahl von Zeltstangen (Bild unten rechts).
Irgendwann in den 1970er Jahren kam ein pfiffiger skandinavischer Outdoorer auf die Idee, das Lavvu mit nur einer Mittelstange und einer passenden Aufhängung zu versehen und das nordische Tipi war geboren. Die Firma Tentipi aus Moskosel in Nordschweden hat diese Zelte wesentlich verbessert und mehrere patentierte Lösungen in ihre Zelte eingebaut.
Warum aber nun ein nordisches Tipi von zum Beispiel Tentipi? Es ist im Vergleich zu anderen Zelten nicht gerade günstig - doch was sind die Vorteile?
Wir kommen an unserem Übernachtungsplatz an, entnehmen das Tentipi dem Kompressionssack, stecken die Punkte für die 8 Hauptheringe mittels Schablone ab, setzen die Heringe und breiten die Zeltbahn auf dem Boden aus, der Eingangsreißverschluss ist geöffnet, die faltbare Mittelstange in die dafür vorgesehene Hülse gesteckt und aufgestellt. Ausrichten - fertig!
Für dieses Procedere braucht ein Mann bei Wind gerade einmal fünf Minuten. Nun noch die Bodenplane oder das Innenzelt eingeknüpft und schon ist das mobile Heim zum Einzug fertig. Damit hätten wir schon einmal den ersten Vorteil: Die kurze Aufbauzeit.
Bequem breiten wir die Isomatten um die Mittelstange herum aus - je nach Größe finden in unserem nordischen Tipi vier bis zwölf Schläfer und ihr Gepäck Platz. Vor dem Schlafengehen noch ein Plausch, bequem aufrecht sitzend. Es ist nicht beengt und morgens kann man sich im Stehen die Hosen anziehen, keine Krabbelei, kein Gedränge ...
Auch bei Regentagen rückt man sich nicht zu weit auf die Pelle, ausreichendes Raumvolumen - unterstützt durch das patentierte Lüftungssystem - trägt zum Komfort bei. Das ist der zweite Vorteil: Bequemlichkeit und Gruppenkomfort.
Doch die größte Trumpfkarte der Tentipis ist die Möglichkeit, ein offenes Feuer zu betreiben. Das offene Feuer sorgt für Licht, Wärme und Gemütlichkeit. Es macht das Zelt bei allen Wetterverhältnissen zu einem zweiten Zuhause. Man muss die Atmosphäre erlebt haben: Draußen pfeift der Wind ums Zelt, man kommt von einer ausgedehnten Schneeschuhtour, legt einige Holzscheite nach, setzt den Teekessel aufs Feuer und nach kurzer Zeit wird es gemütlich warm und man kuschelt sich mit einem heißen Tee auf dem Rentierfell ... Der dritte Vorteil also: Die Atmosphäre und Gemütlichkeit (Bild oben links).
Das beige-braune Baumwollmischgewebe sorgt für eine warme, behagliche und helle Innenatmosphäre, ob im Süden oder Norden; die von innen verstellbare Lüftungskappe und zusätzliche seitliche Zuluftöffnungen schaffen ein angenehmes Raumklima. Kondensbildung wird durch das hoch atmungsaktive Baumwoll Polyester Gewebe minimiert. Die Öffnungen sind mit Mückennetzen versehen und an der Tür sind doppelte Reißverschlüsse mit integriertem Mückenschutz abgebracht (Bild oben rechts, siehe auch Erläuterung).
Ob man nun ein Zelt für extreme Expeditionen, eines für anspruchsvolle Wanderungen oder aber ein geräumiges Zelt für den Campingurlaub mit der Familie sucht - die Vielseitigkeit eines nordischen Tipi von Tentipi ist kaum zu schlagen ...
© 2013 Albert Dörp
Anm. der Red: Ein weiterer Bericht von Albert befasst sich mit seiner weiteren Leidenschaft, den Kanus:
- Deutschland 2009: Biber, Otter, Atkinson - Unterwegs an der Mecklenburgischen Seenplatte
Und auch als "Veranstalter" haben wir ihn bereits kennengelernt: So befassen sich alle Berichte von Bernd van Ooy mit dem von Albert veranstalteten Winter-Tipi-Treffen:
- Winter Tipi Lager 2015
- Winter Tipi Lager 2013
- Winter Tipi Lager 2012
- Winter Tipi Lager 2011 und
- Winter Tipi Lager 2010.
Bernd van Ooy ist übrigens auch derjenige, dem wir noch weitere Beiträge rund um das Thema "Tipis, Kothas und Lavvus" verdanken:
- Wie kommt Feuer ins Zelt, oder: Operation "Ersatz-Kothe" und
- Schweden 2007: Ein Equipment-Testival ...
Ach ja, noch etwas: Wie waren wir eigentlich auf diesen Beitrag gekommen? Nun, wir hatten unterwegs Albert Dörp ganz zufällig getroffen - in Südschweden im "Hätteboda Vildmarkscamping":
- Begegnung im "Wilderness Camp", oder: Die Welt ist klein!