Marokko 2022
Teil 1: Durch neue Gefilde ...
Prolog
Marokko – dahin wollten Sepp und Roland schon vor zwei Jahren. Erst auf der Höhe von Lyon erfuhren sie am 20.03.20 von der Grenzschließung für Touristen, mussten umdrehen und sich mehr als zwei Jahre gedulden, bis König Mohammed VI per Dekret das Land frei von Corona erklärte. So einfach geht das in einem Königreich. Manchmal wünschte man sich diese kurzen Entscheidungswege auch hierzulande, wo traditionell alles zerredet und dann sehr spät und zweideutig entschieden wird ...
Eine zehnwöchige Reise von 7.000 km quer durch das ganze Land kann man schlecht in einem einzigen Bericht zusammenfassen: Das liest ja keiner mehr. Deshalb sollen hier nur einige Reiseabschnitte beschrieben und ein paar Tipps gegeben werden (Siehe dazu Reiseübersicht).
Die Idee zur Reise und die ersten Absprachen dazu entstanden wieder auf einem traditionellen kleinen Bremach- und Ivecotreffen und zu den vier Teams aus dieser Runde kam noch ein MB Vario aus der Mainzer Gegend ...
Ein Bremach muss nach Afrika ...
"Wahä, ist das ein Amphibienfahrzeug?" Oder: "Mit diesem Auto kommt man bestimmt durch jede Wüste." Solche Sprüche muss ich mir anhören, wenn ich neben einem Smart an der Tanke stehe. Dabei war ich mit meinem Bremach noch nie in Afrika. Diesen weißen Fleck wollen wir in diesem Jahr aber endlich tilgen: Man blamiert sich ja fast, wenn man mit diesem Karren noch nie im Sand war. Aber ich bin halt ein Bergfahrer und werde, die Erkenntnis dieser Reise schon vorweggenommen, auch einer bleiben ...
Für die Fähre von Genua nach Tanger Med zahlt man vor den Preissteigerungen im Herbst 2022 noch 650 Euro für Auto und Innenkabine und das lohnt sich auf jeden Fall: Die 2.000 km Autobahn kosten Sprit, Maut und Nerven und etwa 200 Euro verschlingt zusätzlich die Schiffspassage über die Straße von Gibraltar. Nur der Langzeitreisende, der noch 6 Wochen Spanienrundkurs mitnehmen will, fährt über Land. Der muss dann aber auch auf die Animationen an Bord einer Fähre verzichten, wie z.B. einen Abend mit traditioneller marokkanischer Musik oder Bauchtanz.
Unfreiwilliger Stopp am Atlantik
In Tanger Med trennen wir uns in zwei Gruppen: Während drei Fahrzeuge am Hafen übernachten und am nächsten Tag eine touristische Route Richtung Königsstädte beginnen, fahren Roland und ich etwa 85 km bis Asilah an der Atlantikküste, wo Arno und Gabi auf dem Campingplatz auf uns warten. Den nächsten Vormittag verbringen wir mit Einkäufen und Erkundungen in der hübschen, von modernen Künstlern mitgestalteten Altstadt und den lebhaften Märkten, den Souks dort. Nachmittags nehmen wir den Kampf mit den steifen Atlantikwellen auf und sind nach etwa einer Stunde Springen, Tauchen und Wellenreiten angenehm müde. Ab morgen wollen wir Arno folgen, der als Kenner von Marokko eine Rundtour durch das ganze Land mit allen wichtigen Punkten ausgearbeitet hat.
Das Schicksal meint es aber anders: Am späten Nachmittag fällt Gabi von der Einstiegsrampe ihres Bremachs herunter und bricht sich das Fersenbein. Die Erstversorgung in der privaten Clinique Du Detroit in Tanger liefert schnell den Röntgenbeweis und Gabi bekommt einen Transportgips. Der Rücktransport zur notwendigen Operation in Deutschland zieht sich aber wegen Bürokratie auf der Kostenträgerseite ewig hin und erst eine Woche nach dem Unfall hebt der Flieger von Casablanca nach Frankfurt ab. In dieser Zeit wollen wir das Paar nicht allein lassen und ich genieße die gewonnenen Tage durch Spaziergänge in die Stadt und einen 20-km Ausflug zum Cromlech de M´zora, einem der ganz wenigen Überreste aus der in Marokko geringgeschätzten vorislamischen Zeit.
Innerhalb des antiken Steinkreises hat sich einst ein Berberfürst einen riesigen Grabhügel errichtet und in der Neuzeit sind Slum-ähnliche Hütten bis auf wenige Meter an den Kreis herangebaut worden - der reinste Kulturfrevel. Man stelle sich so etwas im südenglischen Stonehenge vor: Undenkbar! Aber Kultur begann hier erst mit dem Propheten - meinen die Marokkaner ...
Durch diese Entschleunigung bleibt die kleine, nette Stadt Asilah bei mir in bester Erinnerung und wird auch von späteren Eindrücken aus den berühmteren Königsstädten nicht getoppt werden ...
© 2023 Sepp Reithmeier, Fotos: Sepp Reithmeier, Sonja Ertl, Roland Schömer