Toskana
Auf dem Weg nach Süden kommt man kaum an der Toskana vorbei: Sie ist sicherlich der Klassiker unter den italienischen Reisezielen, spätestens die Vielzahl der Wohnmobile mit einem deutschen Kennzeichen zeugen davon.
Städte wie Florenz oder Siena sind sind immer eine Reise wert, auch die liebliche Landschaft mit Zypressenalleen, die zu romantischen Weingütern auf einem Hügel führen, füllen unzählige Bildbände. Toskana bedeutet aber auch schroffe Bergregionen mit Schnee im Oktober, kastrierte Berge mit Marmorflanken oder Industrieregionen, die so gar nicht dem Flair der Toskana Rechnung tragen.
Wir besichtigen mit Lucca und Siena zwei Städte, überschaubar genug für eine fußläufige Erkundung. Florenz ist ein Reiseziel, welches wir besser mal ohne Camper und Hund anpeilen; die Stadt hat so viel zu bieten, dass ein Quartier in der Innenstadt vorzuziehen ist.
Lucca, im Nordwesten der Toskana, nicht weit von Pisa entfernt (Anm. der Red.: Siehe zu diesem Ort auch unseren Beitrag im Modellkeller! ), lässt sich bequem zu Fuß erkunden: Die mittelalterliche Altstadt wird von einer mächtigen, gut erhaltenen Stadtmauer aus dem 16. Jahrhundert eingerahmt, die mit einer Länge von vier Kilometern und einer Höhe von zwölf Metern eindrucksvolle Dimensionen hat. Auf einem breiten, mit Bäumen eingefassten Fußweg kann man die Altstadt komplett umrunden; allein das Bauvolumen lässt den Besucher erstaunen.
An der Chiesa di San Michele aus dem 11. Jahrhundert im Zentrum der engen Gassen gelegen, führt kein Weg vorbei, sie zählt zu den bedeutendsten Sakralbauten Lucca´s. Viele Bistros laden hier zum Verweilen und Stärken ein, um sich anschließend durch die Gassen der Stadt treiben zu lassen ...
Siena, im Herzen der Toskana gelegen, sollte sich der Reisende ebenfalls nicht entgehen lassen: Die Stadt wirkt wie ein gigantisches Freilichtmuseum, hier finden sich geistliche und weltliche Baudenkmäler, so weit das Auge reicht. Das Zentrum der Stadt bildet die Piazza del Campo, eingerahmt von historischen Fassaden auf der einen Seite und dem Palazzo Pubblico gegenüber.
Auf diesem Platz findet jährlich der Palio statt, ein spektakuläres, historisches Pferderennen, bei dem zehn Reiter drei Runden um die Piazza galoppieren. Diese zehn Reiter vertreten ihre Stadtbezirke und kämpfen um den Sieg. Auf diese Weise wurden in der Historie kommunale Streitereien friedlich ausgefochten und kanalisiert. Der Duomo aus dem 13. Jahrhundert mit seinen Marmorfronten in unterschiedlichen Farben ist für uns ein weiterer Highlight des Tages ...
Umbrien
Das nächste Reiseziel gen Süden führt uns nach Assisi, bekannt durch den Heiligen Franz von Assisi, der von 1181 bis 1226 lebte und Mitbegründer des Franziskanerordens war. Diese Pilgerstätte wird jedes Jahr von ca. fünf Millionen Besuchern frequentiert, um diese Jahreszeit sind zum Glück nur wenige Besucher da: So können wir die Basilika San Francesco, wo er beerdigt wurde, in aller Ruhe besichtigen.
Der Komplex besteht aus zwei übereinander gebauten Kirchen, die sich beide durch ihre Schlichtheit in der Bauweise und opulente Fresken namhafter Maler der damaligen Zeit auszeichnen. Abends finden wir dann einen ruhigen Nachtplatz, oberhalb von Assisi, mit Fernblick in die Abendsonne ...
Abruzzen
Nach so viel Kultur und Historie ist das Bergmassiv des Gran Sasso östlich von L'Aquila eine willkommene Alternative: Eine gut ausgebaute Bergstraße führt bis auf 2.100 Meter Höhe durch das Campo Imperatore, wo Mussolini 1943 in einer Hotelanlage gefangen gehalten wurde. Schade, dass wir keinerlei Hinweise auf diesen geschichtsträchtigen Ort finden ...
Die sich anschließende Hochebene erinnert uns in ihrer Kargheit und mit den tiefhängenden Wolken an Island. Die Schneefallgrenze liegt gerade bei 2.000 Metern und das Wetter ist alles andere als einladend: Gerne hätten wir eine Wanderung unternommen, denn die Natur hat hier viel zu bieten. Die weitläufigen Parkplätze zeugen zugleich von der Attraktivität dieser Gegend in den Sommermonaten.
Apulien & Basilicata
Das Castel del Monte ein bemerkenswertes Bauwerk: Erbaut wurde es von Friedrich II., von 1240 – 1250. Im tiefen Süden Italiens zwischen Foggia und Bari, erhaben auf einem Hügel gelegen, gehört es seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Der Bau ist ein Oktagon; an jeder Eckseite befindet sich ein Turm, wiederum ein Oktagon. Der Innenhof selbst ist wieder ein Achteck. Somit sind alle Räume vom Prinzip her gleich. Über den Zweck dieser Anlage sind sich die Historiker bis heute nicht einig, nur eine Festungsanlage war es definitiv nicht, denn es fehlen klassische Verteidigungselemente wie Zugbrücke oder Schießscharten.
Faszinierend sind Baumaterialen wie konische Marmorsäulen oder Sedimentgesteine, die präzise als Türeinfassungen oder Portale dienen. Weiteres Erstaunliches kann auch bei Wikipedia nachgelesen werden.
Matera zählt weltweit zu den ältesten dauerhaften Siedlungsstätten: Im Mittelalter war sie eine prosperierende und reiche Stadt, die dann bis zur Neuzeit hin immer mehr verarmte. In den 1950er Jahren lebten hier 15.000 Menschen in Höhlen unter unglaublichen hygienischen Umständen ohne Wasser und Strom. Mit ihren wenigen Haustieren teilte sich eine Familie einen Höhlenraum.
Matera galt damals als die Schande Italiens und die Regierung
startete seinerzeit Umsiedlungsprogramme in Neubausiedlungen.
Heute können diese Höhlen besichtigt werden und lassen den
Besucher erschaudern, wie Menschen so leben konnten. Seit
1993 gehört Matera zum Weltkulturerbe und 2019 wurde sie zur
Kulturhauptstadt Europas gewählt. Auch hierzu kann bei
Wikipedia
weiteres nachgelesen werden.
Mit Matera erreichen wir den südlichsten Punkt unserer Reise durch den italienischer Süden: Gern hätten wir noch den Golf von Tarent, Kalabrien und Sizilien bereist. Leider sind die langfristigen Wetterprognosen für den Süden eher ungemütlich, spätere Unwetterberichte aus Palermo bestätigen unsere Entscheidung, wieder langsam gen Norden zu fahren. Das Mittelmeer ist in diesem Herbst 8°C wärmer als das langjährige Mittel: Diese Energie entlädt sich in starken und lang anhaltenden Unwettern; die Klimaveränderungen schicken ihre Botschafter ...
Kampanien
Auf dem Weg nach Norden sind die Reste der alten griechischen Stadt Paestum unser nächstes Ziel: Diese Tempelanlagen gelten als die herrlichsten außerhalb Griechenlands.
Neben den Tempelbauten stehen alte Fresken, Malereien und Keramiken auf der Agenda. Paestum oder Poseidonia wurde im 6. Jahrhundert v. Chr. gegründet und fiel 300 Jahre später unter römische Herrschaft. Die architektonischen und handwerklichen Fertigkeiten lassen uns einfach nur staunen.
60 Kilometer weiter nördlich wartet mit Pompeji schon das nächste historische Highlight: Auf 44 Hektar verteilt liegt dem Besucher die alte Stadt zu Füßen. Im Jahre 79 n. Chr. wurde Pompeji durch den Ausbruch des Vesuv unter einer meterhohen Bimssteinschicht begraben. Dadurch sind viele Mauern, Fresken und Bodenmosaike erhalten geblieben und können heute besichtigt werden. Weitere 22 Hektar warten noch auf ihre Freilegung.
Der Vesuv ist dabei immer in Sichtweite und eine kleine Rauchfahne zeugt davon, dass er durchaus noch nicht erloschen ist ...
Abruzzen, zum Zweiten
Nach so viel Kultur zieht es uns nochmals in das Gran Sasso Massiv der Abruzzen; denn für die kommenden Tage ist schönes Wetter angesagt. So können wir zwei Wanderungen in Richtung des Corno Grande unternehmen, mit 2.900 Meter Höhe ein atemberaubender Felssolitär.
Nach Osten fällt er direkt in die Tiefebene der Mittelmeerküste ab. Dass Bergtouren auf den Corno nicht ganz ungefährlich sind, beweist heute ein Hubschraubereinsatz, der wohl Bergsteiger von der Spitze abholen muss. Auf einem Wanderparkplatz mit Fernsicht können wir drei Nächte verbringen. Auf 1.700 Meter Höhe wird es nachts schon frisch, zum Glück läuft unsere Heizung störungsfrei ...
Bevor es weiter gen Norden geht, besichtigen wir noch eine alte Wehranlage in Calascio, die imposant auf einem Felsen thront, die Sicht nach Osten reicht heute bis zur Adria ...
Für Wander- und Bergfreunde ist diese Gegend sicher eine Reise wert, soweit das Wetter mitspielt. Nachdem nun auch in Norditalien das Wetter zunehmend schlechter wird, fahren wir nach einem Zwischenstopp in Pisa wieder zügig retour. Uns selbst stören einige Regentage weniger, aber ein nasser Hund, der sich im Toyo trocken schüttelt, muss nicht unbedingt sein sein ...
Und zum Abschluss noch einige Reiseimpressionen ...
Anm.
der Red.: Anlässlich Hans-Jörgs Foto oben von der
"Weinquelle" auf dieser Reise möchten wir auch wieder einmal auf
unseren mittlerweile "historischen" Beitrag
(Rot-)Weinland Italien
hinweisen, der allerdings immer noch sehr viel "Trinkbares" enthält
..!
© 2022 Hans-Jörg Wiebe
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Hans-Jörg finden sich in unserer Autorenübersicht!