Innenausbau Toyota LandCruiser HZJ 78:
Neuerung muss manchmal sein!
Historie
Im Jahr 2008 wurden wir stolze Besitzer eines Toyota LandCruiser HZJ 78. Wir erwarben dabei ein vier Jahre altes Fahrzeug mit 80.000 km Laufleistung, das Hubdach und der Innenausbau wurden seinerzeit von Tom´s Fahrzeugtechnik gefertigt.
Im Herbst des Jahres ging es gleich auf eine viermonatige Reise nach Südamerika und wir konnten das Fahrzeug bei dieser Gelegenheit auf Herz und Nieren testen. Nach einer fantastischen Reise mit nur kleinen Problemen und einigen Kinderkrankheiten wussten wir, dass wir die richtige Kaufentscheidung getroffen hatten ...
Die Folgejahre führten uns 2010 nach Syrien und Jordanien, ab 2012 belegte uns unser Olivenhain in Ligurien mit viel Arbeit, sodass weitere Reisen sich nur noch auf die nähere Umgebung erstreckten.
Ab 2015 konnten wir
wieder an Fernreisen denken und so brachen wir für drei Monate auf
in den
Iran. Es gefiel uns so gut, dass wir uns
im Folgejahr erneut für zwei Monate in diesem Land aufhielten.
Wünsche und Träume
Anfang 2018 hatte unser Toyo 100.000 km mehr auf dem Tacho und wir so manche Erfahrungen sammeln dürfen; unsere Wunschliste im Bezug auf unseren Wohn- und Reisekomfort wuchs. Mehr als einmal schielten wir zu Fahrzeugen mit festen Kabinen und etwas mehr Wohnraum.
Auf Zetteln entstanden neue Inneneinrichtungen - wenn der Raum doch nur 40 cm breiter und 50 cm länger wäre! Auf der anderen Seite war uns der Toyo als Basis derart ans Herz gewachsen, dass ein Verkauf für uns nicht in Frage kam.
Kurzfristig reifte der Gedanke, hinter der B-Säule alles abzureißen und eine Kabine zu montieren. Diese hätte dann sogar den erträumten Platzzuwachs, aber mit zu kalkulierenden 50.000 EUR Umbaukosten (ohne Innenausbau) wurden wir schnell auf den Boden der Realität zurückgeholt: Für diesen Betrag wären ein halbes Dutzend Fernreisen möglich gewesen, zugleich hätte ein solcher Umbau die bislang harmonisch schlanke Form des Toyo´s ruiniert ...
Somit war angesagt, das vorhandene Interieur kritisch auf den Prüfstand zu stellen. Was sollte zukünftig besser werden:
- Ausreichende Sitzmöglichkeit mit Rückenlehne bei geschlossenem Hubdach
- Holzausbau ohne sichtbare und immer kalte Aluprofile
- Möglichst viele Auszugsschubladen statt Staukisten, die nur von oben zu füllen sind
- Verbesserung der Warmluftverteilung
- Vergrößerung der Schlaffläche bei geschlossenem Dach
- Beibehaltung des Stauraums
- Offener und wohnlicher Gesamteindruck.
Unser "alter" Ausbau war klassisch, wie wir ihn auch in vielen ähnlichen Fahrzeugen gesehen hatten:
Der erste Ausbau erfolgte seinerzeit mit Casemaker Profilen und 7 mm beschichtetem Sperrholz. Links war eine Sitzbank, 180 cm lang, 50 cm tief mit 3 Klappdeckeln; vorne rechts hinter dem Beifahrer ein Schrankelement und davor ein Küchenblock mit Türen, ebenfalls 50 cm tief. Im 40 cm breiten Gang stand die 35 Liter Kühlbox: Mit Brettern konnte zusätzlich eine Notfallfläche zum Schlafen unten hergerichtet werden. Die Sitztiefe von 50 cm in Verbindung mit den leicht nach oben geneigten Seiten des Toyo ließen allerdings kein entspanntes Sitzen zu. Dies war der Ausgangspunkt für einen eher unkonventionellen, asymmetrischen Entwurf.
Frühjahr 2018: Möbelbau
Der Küchenblock schrumpfte auf eine Tiefe von 37 cm. In dieser Tiefe ließ sich gerade noch der Gaskocher und eine kleine Spüle einbauen. Diese 13 cm Platzgewinn kamen den beiden Sitzmöglichkeiten links im Heck zugute. Die Klappdeckel wurden so geteilt, dass Steckbretter eine Rückenlehne ermöglichten. Bei Bedarf können diese nach vorne geklappt werden und wir haben den Zugang zu den Kleidersäcken und den schmalen Klappdeckeln an der Außenwand. Bei Nacht dienen die Lehnen als Einlagebretter, wenn unten geschlafen werden soll.
Der Schrank wurde durch eine Sitzkiste ersetzt und vergrößerte damit die Schlaffläche erheblich. In dieser Kiste ist neben dem Werkzeug und 220 V - Inverter der Warmwasserboiler samt Druckpumpe installiert. Das warme Wasser wird wie bisher über den Motorkreislauf erwärmt; die Abwärme des Boilers verhindert auch in Frostnächten das Einfrieren der Druckpumpe. Diese war zuvor an einer ungeschützten Stelle verbaut und dem Frostrisiko ungeschützt ausgesetzt.
Soweit möglich, wurden Schubladen mit 100% Auszügen eingebaut. Damit hat das Suchen in Kisten ein Ende; vieles ist jetzt in direktem Zugriff. Der Möbelbau erfolgte in 10 mm Sperrholz; ohne sichtbare Schraubenreihen. Die Deckel und die Küchenplatte wurden 15 mm stark. Als Eckverbindungen wählte ich eine 3-fach Technik:
- Stumpf geleimt
- Innen mit 2 mm starken Aluwinkeln 20x20 mittels Sikaflex verklebt
- Aluwinkel zusätzlich mit 7mm Sacknieten im Holz unsichtbar von innen fixiert
Diese Verbindungstechnik ist zwar aufwendig, aber extrem stabil. Damit konnten wir komplett auf sichtbare Aluprofile verzichten, denn Alu fühlt sich immer kalt an. Geschraubt wurde nur von unten und von hinten, wo man es nicht sieht. Das Holz wurde 3x mit Hartöl der Fa. Osmo behandelt und kann jetzt immer wieder nachgeölt werden ...
Die alte Kühlbox wurde durch eine 40 Liter Kompressorbox ersetzt und hat weiterhin ihren Platz im Gang. Ein Klappbrett über der Kühlbox bietet eine ebene Fläche über die gesamte Fahrzeugbreite hinter den Sitzen und ist aktuell der Stammplatz für den mitreisenden Hund ...
Die beiden hinteren Sitzflächen haben einen doppelten Boden. Vier Ausströmer verteilen die warme Luft der dieselbetriebenen Standheizung. Diese befindet sich vorne links in der Kiste hinter dem Fahrer und saugt die relativ kühle Luft aus dem Fußraum an. In der gleichen Kiste ist auch die Lithiumbatterie samt Ladetechnik verbaut. Die Abwärme der Heizung tut der Batterie gut, da diese keine Frosttemperaturen mag.
Die Möbel wurden als vier Stücke außerhalb gebaut, dann auf die Bodenplatte geschraubt und miteinander verbunden. Somit können die Einzelstücke jederzeit demontiert werden. Die Bauweise der drei Kisten ist relativ einfach; der Küchenblock mit seiner Integration von Gas; Wasser und Strom sowie einer Vielzahl von Auszügen war hoch komplex; denn es sollte kein Platz verschenkt werden. Aus dem Grund war dieses Möbelstück auch das letzte in der Herstellung.
Als E-Werkzeug braucht man zumindest Oberfräse, Tauchsäge mit Sägeschiene, Stichsäge, Kappsäge, Akkuschrauber, Bohrmaschine und einen Bandschleifer. Weiterhin sind lange Schraubzwingen und spezielle Lehren notwendig, die zwei Bretter exakt im 90° Winkel zum Leimen fixieren.
Ausbau Küchenblock
Einige Bilder zeigen die einzelnen Ausbauschritte in Baureihenfolge. Wegen der komplexen Bauweise wurden die einzelnen Teile vor der Montage geölt; die Leim- und Klebeflächen müssen dabei mit Kreppband abgeklebt werden.
Noch einige Tipps und Erfahrungen:
- Exakte technische Zeichnungen und Stücklisten anfertigen; Schnittzeichnungen bei komplexen Bauten erleichtern den Bau
- Die Maserrichtung des Holzes beachten. Es sieht gut aus, wenn sich die Maserung über das gesamte Möbelstück fortsetzt
- Ein einheitliches Spaltmaß (hier 2 mm) für Türen und Schubladen sorgt später für einen schönen Gesamteindruck. Da die Tauchsäge eine Schnittbreite von 2 mm hat, konnten Türen direkt aus den Fronten ausgesägt werden
- Geöltes Sperrholz hat sich als Küchenarbeitsplatte nicht bewährt. Im Spülenbereich gibt es nach zwei Jahren erste Auflösungserscheinungen
- Das Sperrholz ist relativ weich und Gebrauchsspuren wie Schrammen sind nicht zu vermeiden; insbesondere wenn ein Hund mitreist
- Alle Möbel haben Serviceklappen zu den Außenwänden. Diese sind zugleich zusätzliche Stauräume in der Zwischenwand der Karosserie
- Verwendung von Edelstahlbeschlägen
- Auf die Verwendung von sogenannten Kompressionsverschlüssen, die im Casemaker Ausbau beliebt sind, haben wir verzichtet. Diese sind zwar sehr stabil und nachstellbar, können aber von innen blockiert werden, sodass Verschlüsse von außen nicht mehr geöffnet werden können. Wir haben Push-Locks verbaut, diese zwar aus Plastik sind, aber bisher gehalten haben.
Nach unserer sechsmonatigen USA-Reise würde ich den Innenausbau mit dem gleichen Design auch erneut so bauen. Es hat sich bis auf die Arbeitsplatte alles bestens bewährt.
Frühjahr 2020: Neues Hubdach
Nach 12 Jahren Benutzung war der Stoff unseres Hubdachs "end of life". Er war ausgeleiert und flatterte im Wind, die Nähte waren dünn und ein Riss unterwegs wäre nicht leicht zu reparieren gewesen.
Im Rahmen des Tausches wurde auch die Dachschale um 12 cm erhöht: Dies klingt erst einmal nach wenig, sorgt aber dennoch für ein ganz anderes Raumgefühl. Unsere beiden beweglichen Schlafbretter samt Bettzeug können jetzt in der vorderen Dachhälfte verstaut werden. Damit haben wir auf beiden Sitzflächen eine gute Kopffreiheit und angenehmes Sitzen, wenn das Dach geschlossen ist.
Wir können jetzt auch die Betten unten richten, ohne dass wir das Dach anheben müssen. Dies ist ein nicht zu verachtender Vorteil bei Sturm oder bei Citycamping ("Stealth Camping" ), wenn man so wenig wie möglich auffallen möchte.
Wir können nur jedem raten, der sich mit einem Hubdach anfreunden möchte, die Höhe der Dachschale bewusst festzulegen. Unsere 12 cm mehr an Höhe sind im Gesamtbild noch erträglich und mit viel gutem Willen kommen wir noch in einen Standardcontainer hinein. Im Jahr 2008 hatte uns leider keiner über diese Variante aufgeklärt ...
Der Dachumbau wurde von der Fa. Custom Campers durchgeführt. Die handwerkliche Ausführung und auch die Kundenbetreuung während der gesamten Zeit waren vorbildlich; ein großes Lob an dieser Stelle an Ralf Hilwerling!
Winter 2020: Neue Heizung
Wer unsere Reiseberichte verfolgt hat, kennt unsere Heizungsprobleme in Höhen über 1.500 Meter. Im Herbst 2018 mussten wir in Salt Lake City unsere 10 Jahre alte Webasto ST 2000 ersetzen, da die Höhenlagen in den Rocky Mountains den Brenner total verrußt hatten und sich eine Überholung angeblich nicht rechnete. Es wurde das gleiche Modell wieder eingebaut und wir nutzten diese dann nur noch bis 1.500 Meter Höhe.
Intensive Recherchen zu möglichen Höhenanpassungen über die USB-Serviceschnittstelle zur CO-Wert Einstellung der Heizung erwiesen sich als nicht alltagstauglich, da diese nur über Windows XP ansprechbar ist. Auch verbesserte Luftführungen und dauerhafte Anpassung der CO-Einstellung funktionierten nicht richtig, wie die diesjährigen Höhentouren zeigten.
Da wir oft in Höhen über 2.500 Meter nächtigen, mussten wir zwangsläufig auf die einzige Heizung zurückgreifen, die für diese Höhen noch freigegeben ist, eine Autoterm Air 2D. Dieses russische Modell ist kostengünstig und wird in Tests und Foren einhellig als gut befunden. Die Heizung verfügt über einen Drucksensor, der die Einspritzmenge Diesel in der Höhe reduziert. Der Hersteller spricht von Höhen bis 3.400 Meter, in der die Heizung betrieben werden kann.
Somit haben wir notgedrungen ein solches Modell eingebaut. Zum Glück sind die Abmessungen und die Anschlüsse fast baugleich zur Webasto, sämtliche Karosseriedurchführungen konnten übernommen werden. Der Einbau war relativ einfach, da die vorhandenen Anschlüsse für Diesel und Strom weitgehend übernommen werden konnten. Die üblichen 60 mm Schläuche zur Luftverteilung geben einiges an Wärme ab, bis die Luft die Austrittsöffnungen erreicht. Diese Verluste können mit isolierten Schläuchen reduziert werden. Eine Einkaufsquelle hierfür war für uns die Fa. Altic. Nach allem steht somit jetzt eine wenig benutzte Webasto ST 2000 zum Verkauf an!
Jetzt fehlt nur noch ein Höhentest: Leider sind aktuell (Stand 12/2020) die Höhenlagen in den ligurischen Bergen verschneit und in Italien beschränkt sich coronabedingt der erlaubte Bewegungsradius aktuell auf die lokale Gemeinde.
Wir haben die letzten zwei Jahre doch so einiges an Arbeit und Investition in das Fahrzeug gesteckt: Innenausbau, Hubdach, Heizung und auch die Elektrik wurden erneuert. Von außen sieht man unserem Toyo dies kaum an, es sind mehr die inneren Werte, die uns hoffentlich noch lange erhalten bleiben und den Reisekomfort hier und da verbessern. So gilt es jetzt, neue Reiseziele zu planen und dann umzusetzen, sobald dies wieder möglich ist ...
© 2020 Hans-Jörg Wiebe, Bild oben rechts: Tom´s Fahrzeugtechnik
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Hans-Jörg finden sich in unserer Autorenübersicht!