Ende vom Paradies: Drachen unerwünscht?


Claudio im neuen Laden ...Wo er recht hat, hat er Recht, der Mann! Ein frustrierter Claudio hockt an diesem Februartag im Jahr 1999 in seinem neuen Laden "Via Col Vento" an der Avda Generalissimo Franco (N28°44,04´ W013°52,21´) (sie heißt wirklich so, mit der Geschichte hat hier niemand Probleme!).

"Shit" verkauft er inzwischen, sagt er, recht heftig in seiner italienischen Art, und auch da hat er Recht: überwiegend billiges Zeug steht herum, ernst zu nehmende Drachen Mangelware. Flumi-Kugeln zeigt er vor, Hampelmänner, Pseudo-Windsäcke - mehr als 500 ptas teure Teile gehen nicht beim derzeitigen Touristen-Publikum, erzählt er uns.

Sein alter Laden an der Plaza Chica soll wohl nächstes Jahr abgerissen werden, der Baurausch macht auch nicht halt vor der "Music- und Animier-Plaza", ein mehrstöckiger Bau wird dort errichtet. Claudio darf als Ausländer erstmalig wählen, sie haben eine Partei gegründet, die gegen all das vorgeht, aber zu spät - er könnte alle Verantwortlichen erschießen, wie er heftig ausführt, alles hin jetzt, nur noch Kommerz, die Arbeit macht keinen Spaß mehr, im Verkauf nur noch minderwertiges Zeug für ein Billig-Publikum - am liebsten würde er alles hinschmeißen und nach El Cotillo ziehen - der Frust ist unüberseh- und -überhörbar!

In der Tat, was früher 10 Jahre dauerte hierzulande, scheint sich nun in einem einzigen Jahr zu vollziehen - ganz Corralejo scheint nur noch eine gigantische Baustelle zu sein, hanebüchene Umleitungen zwingen bei jeder Autofahrt zu anderen Streckenführungen. 

Wie schon viele, viele Jahre zuvor haben wir uns dieses Jahr wieder einmal in den Apartamentos des Oliva Beach Hotels eingemietet - schöne Lage, einziger Nachteil: Nach jedem Lokalbesuch in Corralejo muss man abends wieder auf die Piste, aber eigentlich waren die paar Minuten immer problemlos.

Doch auch das ist in diesem Jahr anders: Von der City zum Oliva Beach, wo auch die Appartement-Anlage mittlerweile über alle Einrichtungen des Nachtlebens verfügt (so dass wir aus unserem zweistöckigen Appartement über der Bar fliehen müssen), ist man täglich anders unterwegs. Alles scheint vorbereitet zu werden für gigantische Ansammlungen von künftig noch mehr Touristen ...

Die Oliva Beach Apartamentos weiter ausgebaut ... ... aus der Luft gut zu erkennen ...

Wir verlassen seinen Laden, einen Tag später werden wir noch mal Angela treffen, sie ist so beschäftigt mit dem Verkauf von Kleinteilen (der Laden läuft!), dass sie sich kaum noch mit uns über unser neuestes Problem unterhalten kann: die Umweltschutzbehörde!

Und so fing alles an:

Wieder mal waren wir zu unserem Lieblingsplatz in den Dünen in der Nähe vom Oliva Beach und westlich der Straße (bei uns getauft "Kite01": N28°42,05´ W013°50,71´) gefahren und gerade dabei, unser Camp aufzubauen, als ein finsterer Typ in Quasi-Uniform auf uns zukam, der nur spanisch sprach: Man sah ein Emblem von einem "Medio ambiente", offensichtlich einer neuartigen Umweltpolizei, der Mann wirkte sehr amtlich und wollte wissen, was wir tun. Irgendwie erklärten wir ihm, dass wir weder Campen würden noch was verkaufen wollten, immer wieder sagte er was von Genehmigungen, die man aus Puerto del Rosario bräuchte. Als wir ihm allerdings irgendwie klargemacht hatten, dass wir hier jedes Jahr seien und unsere Drachen ("Cometas") nur Hobby wären, wurde er deutlich freundlicher, klopfte dem Autor auf die Schulter und ging wieder - uns blieb das Erstaunen!

Noch in den Dünen von Corralejo: Wieder am Jumping Wheel ...Zwei Tage später, 16.02.99 gegen 12:30 Uhr: Wieder kommt einer in der Uniform von "Medio ambiente" durch die Dünen auf uns zugestapft, diesmal ein junger dynamischer Beamter, selbstverständlich auch der nur spanisch sprechend. Er macht uns unmissverständlich deutlich, dass wir eine Genehmigung brauchen für unsere Drachen, die wir zu Fuß in die Dünen geschleppt haben, und er uns nur noch heute erlauben kann, diese hier steigen zu lassen: ab morgen "Erlaubnis aus Puerto del Rosario" erforderlich! (Nun, zu diesem Thema werden wir bei Fuerte 2000 nachhaken! )

Geschockt verlassen wir an diesem Tag die Dünen, nicht ohne nochmal "alles" in den Himmel gestellt zu haben. Da wurden offensichtlich tatsächlich neue Arbeitsplätze geschaffen durch das Geld der Touristen: Neben der Guarda Civil jetzt auch eine "Umweltpolizei", die das Steigenlassen von Drachen in den Dünen verbietet, und das widersprüchlich innerhalb von zwei Tagen, ohne Nennung einer Adresse, ohne Nennung von Namen und Begründungen!

Abstrus und lächerlich das hier, auf einer Insel, die erbarmungslos für den Massentourismus kaputt gemacht wird und wo kaum 5 km Luftlinie von unserem Drachenplatz entfernt (auch noch im Naturpark!) verbrannte Autowracks herumliegen, wo sich an der Seite fast aller von uns gefahrenen Pisten die Müllabladeplätze türmen, da kommen hier frisch gewandete, vom Touristengeld finanzierte "Umweltpolizisten" daher und verbieten ausgerechnet eine Tätigkeit, die noch nie der Umwelt in irgendeiner Weise geschadet hat: Das Steigenlassen von Drachen - Gipfel des Schwachsinns und der Heuchelei!

Für uns der Anlass, bei diesem Aufenthalt mehr Offroad-Touren zu machen als eigentlich geplant - sehr von Vorteil, da wir dabei die Nordhälfte noch besser kennen gelernt haben, als das sonst je möglich gewesen wäre. Für uns aber darüber hinaus auch das Ende eines Drachenparadieses, zumindest dem von Corralejo, aber wir werden nicht aufgeben!

Neben offiziellen Stellungnahmen, die wir bis zu unserem nächsten Aufenthalt zu diesem Sachverhalt einholen werden (Berichte folgen!), haben wir überdies beschlossen, dass dieses Ende auch ein neuer Anfang sein wird: Zum letzten Mal haben wir uns in Corralejo ein Quartier gesucht, vom nächsten Mal an geht´s nur noch nach El Cotillo! Nach vielen Jahren sind nun auch dort bequem "Appartementos" zu bekommen und der Ort erinnert heute in vielem an Corralejo vor 20 Jahren.

Also auf nach El Cotillo! Einen neuen Drachenplatz haben wir bereits gefunden, wie unsere Bilder zeigen. Folgt man der Piste von Corralejo nach El Cotillo, die wir bereits im Vorjahr als Offroad-Tour im Norden beschrieben haben, kommt man kurz vor dem Leuchtturm von El Cotillo an einen wunderschönen Sandstrand (N28°42,64´ W013°53,67´), der sowohl mit dem Fahrzeug erreichbar ist als auch ab sofort als Alternative zum großen Dünengebiet von Corralejo dienen kann (ab sofort "Kite02"!). 

Also: Adiós Corralejo, Hola El Cotillo!!

Idyll am neuen Platz ...
Der Black Opal bei Schwerstarbeit ...

Die Knüpferschlange am neuen Kiting Point ...


© 1999 J. de Haas, Bilder Oliva Beach: Fuerte-Infos TravelTainment AG