Anfahrt des Grauens
Der erste Tag soll den Überblick verschaffen: Wann und wo soll die Drohne gestartet werden, wie sieht unser übliches Drachengelände derzeit aus, auf dem wir zuletzt vor 4 Jahren wie gewohnt mit den Drachen eine "Fiesta des Cometas" veranstaltet haben, was wir nun auch wieder wollen?
Die Anfahrt zum bekannten Startplatz "Kite02" in den Dünen
hinter dem Leuchtturm von El Cotillo wird übel: Nicht nur ein
ungewohnt dichter Verkehr herrscht hier und heute wie während der
kommenden Tage auf der Piste, sondern auch diese selbst wird ganz am Anfang
unserer kurzen Strecke bis zum gewohnten Platz zur
Herausforderung: In den letzten 4 Jahren hat sich der
Abschnitt
etwa vom Abzweig am Leuchtturm bis zum Ziel in übelster Weise verwandelt!
Während diese Piste, unsere "historische" und schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert (!!) befahrene Strecke Fuerte 98 - Offroad im Norden laut Inselnachrichten inzwischen auf halber Strecke von etwa Majanicho bis Corralejo aufbereitet sein soll, gilt dies für ihren Anfang in El Cotillo eindeutig nicht: Noch nie war die Piste dort in einem derart üblen Zustand, von Wind und Wetter nur noch zur Ansammlung spitzester Steine als Reifenkiller mutiert.
Fluchend erreichen wir unseren Startplatz, irgendwie kommt der
"Allrad-Jeep" bei der Anfahrt zur gewohnten Stelle (ähnlich wie
schon vor einigen Jahren ein anderer
"Allrad-Jeep" namens Renegade) leicht ins Schlingern. Anders als
der damals hat dieser "Compass" allerdings überhaupt nicht so
etwas wie
das einstige Gefährt, nämlich ein Einstellrad für Bergabfahren,
Kakteen, Wüsten, Schlammlöcher, Schnee, Schmutz,
Vorgärten u.ä. Nein, unser aktueller "Fake-Jeep" hat überhaupt
nichts, was heutzutage dort "Selec-Terrain®" genannt wird, also
wenigstens einen
Auswahlschalter für das passende Gelände, wenn schon kein "4 Low"
..!
Over and out?
Aber erst einmal ist Information angesagt: Wie war das nochmal mit
dem zugesagten "Allrad-Fahrzeug"? Laut Internet-Infos gibt es in
Europa nur die Allrad-Versionen vom Compass. Nur in den USA gibt es
auch "4x2-Versionen". Nur in den USA? Ein übler Verdacht kommt auf:
Sollte CICAR hier auf Fuerte etwa solche US-Weicheier haben?
Quatsch, kann doch nicht sein, oder? Ein Anruf bringt
aber schließlich Gewissheit: Nachdem zunächst behauptet wird, es sei ein 4x4 Compass,
wird nach Vorhalt schließlich eingeräumt, dass es sich in
Wirklichkeit um eine 4x2 Version handelt, also eine Karre mit
reinrassigem Frontantrieb. Und um die Unverschämtheit auf die
Spitze zu treiben, wird noch ergänzend ausgeführt, dass das einzige
4x4-Fahrzeug im derzeitigen Angebot der Jeep Wrangler wäre - also
ein Fahrzeug wie das, was
wir ausgerechnet beim Fußbruch im Jahr 2017
angemietet hatten! Dass ein solcher Wrangler aber heutzutage doppelt so
teuer in der Miete wäre wie unser "Compass", wurde nicht vergessen
zu erwähnen - diese Gestalten bei CICAR hatten wohl nicht begriffen,
dass wir nur ein Fahrzeug mieten, aber nicht kaufen wollten in
dieser Saison ..!
Die erste Entscheidung dieses Aufenthaltes war damit gefallen: Dieser "Fake-Jeep" war wohl das letzte Fahrzeug, das wir bei CICAR gemietet hatten, was immer das für die Zukunft bedeutet. Für eine solche Entscheidung würden aber mit Sicherheit auch noch weitere Erkenntnisse dieses Aufenthaltes maßgeblich sein, aber dazu ebenfalls später mehr ...
Was soll man zu diesem Exkursions-Flop noch hinzufügen? Nun, vielleicht zumindest eines, dass wir nicht nur bei Defender-Kursen Glück haben, wenn wir in der "Wildnis" stranden!
Nachdem der üble Stein unter der Fahrzeugfront freigebuddelt ist, naht auch diesmal ganz plötzlich die schnelle Rettung: Die bringt nun ein freundlicher Spanier, der sich ausgerechnet ganz in unserer Nähe mit Familie und voll ausgerüstetem Toyota-Pickup aufhält! Und der geradezu darauf gewartet zu haben scheint, dass er hier endlich mal einem so richtig tief in der Sch.... steckenden, heißt natürlich "im Sand befindlichen Fahrzeug", aus der Misere helfen kann. Bevor man etwas sagen kann, eilt der Mann schon entschlossen zu unserem Kofferraum, um dort den unter der Abdeckung liegenden "Ziehhaken" hervorzukramen, den er sofort hinter der gut versteckten Abdeckung an der Frontseite des Pracht-Jeeps einschraubt. Dann kurzes Zuwinken aus seinem Fahrzeug zur Abstimmung, er natürlich bereits mit Allrad und Rückwärtsgang beschäftigt, der Compass-Fahrer dagegen noch mit Abstellen einer brüllenden Musikanlage, bis aber auch der zumindest einen bescheidenen 4x2-Beitrag zum Vorwärtskommen leisten kann ...
Trotzdem klappt das Ganze, wir stehen nach kurzem Rucken wieder im Freien. Beschämt muss sich der befreite Fahrer anschließend vom Retter noch auf Englisch und mit weitreichender Gestik aufklären lassen, wie genau er hier am besten mit 4x2 unauffällig verschwinden sollte. Aber Freude kommt auf, als man sich auch als Pickup-Fahrer zu erkennen gibt, der sogar auch schon mal mit Offroad zu tun hatte. Anschließend freundliche Verabschiedung, und mit voller Fahrt rasen wir ganz einfach so schnell wir können hinter diesem großartigen Pickup her, bis er uns schließlich winkend "abhängt" ...
Weiter Schlag auf Schlag ...
Schon am nächsten Tag wird klar, dass wir hier offenbar in einer
anderen Welt gelandet sind als seit Jahren gewohnt: Statt ruhigem Januar mit schlechterem
Wetter (oft dem "kältesten Winter seit Menschengedenken"
) haben wir es nun ziemlich warm, ein starker Wind ist für die
nächsten Tage angekündigt und die Straßen El Cotillos sind voll -
nein, randvoll.
Eine diesmal schier unglaubliche Menge von Womos befindet sich
mittlerweile im Ort: Spanische, deutsche und auch andere Kennzeichen fallen
besonders auf,
weil man vor lauter Fahrzeugen dieser Art kaum noch die Straße sieht.
An allen möglichen Ecken haben sie vorwärts und rückwärts
eingeparkt, manche hängen rückwärts fast zwei Meter mit ihrem
Überhang (!) über dem Bürgersteig ... Entweder sind die Fähren
besonders billig in diesem Jahr oder es gibt inzwischen eine Unmenge
von
Leuten, die sich nach Corona mit ihrem mehr oder weniger neuen
Plandemie-Womo
auf den Weg gemacht haben - der einst unter "richtigen" Offroadern
übliche
Begriff der "Weißen Pest" scheint sich inzwischen wie
viele ehemalige "Verschwörungstheorien" voll in die
Realität eingeschlichen zu haben ...
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Noch ist man nicht ganz angekommen auf der Insel, da ändert sich bereits schlagartig alles, was diesen unseren Aufenthalt hier betrifft: Ein Mitglied des Explorer Teams erkrankt und sämtliche Aktivitäten der nächsten Tage erlahmen - weder an Kiten noch an sonstige anstrengendere Tätigkeiten ist zu denken. Ist es Corona? Wir wissen es nicht. Ein in der Folgewoche in einer Apotheke beschaffter Test zeigt ein negatives Ergebnis. Lediglich ein kleiner Testflug der neuen Drohne war bisher möglich gewesen und es bleibt die Hoffnung, dass sich der Gesundheitszustand bis zum 18.01. so weit gebessert hat, dass die geplante Tour zur Playa de Garcey überhaupt stattfinden kann.
Zum Glück waren wir an den Vortagen noch bei den Pescadores gewesen, um wie zuletzt 2020 einen hervorragenden Fisch im Salzmantel zu genießen. Das langjährige Stammlokal Azurro hatte sich demgegenüber wohl für uns nun ganz erledigt, ein teures Essen mit extrem trockenem Fisch bewies, dass aktuelle Kritiken berechtigt sind, die einen Wandel des Restaurants zum Negativen hin bestätigen - selbst ein Kellner, den wir noch von früher kannten, bestätigt uns hinter der Hand, dass dieser Eindruck wohl nicht so ganz falsch sein kann ...
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Leider ist es nicht so, dass in den ersten drei Tagen nur der
Mietwagen, die Erkrankung, mangelnde Möglichkeiten zum Kiten und das
Azurro die einzigen negativen Erlebnisse sind, denn es kommt noch
besser: Offenbar war ich mit der Zunge bei all den Aufregungen zu aktiv gewesen, denn am
Nachmittag fällt mir plötzlich eine Krone entgegen -
selbstverständlich der ideale Zeitpunkt für den Zahn hinten oben
links, nun nach einem Zahnarztbesuch zu verlangen! Mit Fluchen ist es
diesmal nicht getan, tatsächlich ist wohl nun ein Zahnarztbesuch
erforderlich ..!
© 2024 J. de Haas