Der Bürgersteig des Verderbens ...

Unerwartete Wendung ...

Im Rahmen des Rundgangs vergewissern wir uns in der britischen Sportsbar Seahorse, dass am Mittwochabend das Champions League-Spiel FC Bayern gegen Arsenal übertragen wird, dazu soll es Burger und Bier geben, ein echter Fußballabend wird geplant.

Zeit für´s Dinner im neuen El Callao Restaurante. Auf dem Rückweg bemerken wir, dass der Wind wie angekündigt abflaut und wir freuen uns schon auf unseren Trip zur Amstar am nächsten Tag ...

Es ist Nacht, die Straßenbeleuchtung dürftig, der Boden zusätzlich noch von parkenden Autos abgedunkelt, der Bürgersteig schlecht und am Ende richtig übel - ein Stolperer, ein kurzes "Scheiße" und schon ist es passiert: Am Boden liegend lässt sich der linke Fuß in Richtungen drehen, die man ihm nie zugetraut hätte. Er lässt sich aber auch kontrolliert auf und ab nach rechts und links bewegen - nur ein Bänderriss? Schmerzen: Ja und heftig, aber nach kurzer Zeit man kann sich aufrichten und zum Wagen hüpfen. Nachträglich erzählt man uns dazu im Brustton der Überzeugung, dass kein Einwohner hier auf die Idee kommen würde, auf dem Bürgersteig zu gehen:
Alle gehen auf der Straße, das sei weniger gefährlich ...

Folgende Punkte sind nun klar: Der geplante Ausflug zur Playa de Garcey am nächsten Morgen ist somit gecancelt und wird ersetzt durch einen ganztägigen Ausflug nach Corralejo, um die Möglichkeiten des spanischen Gesundheitssystem auszuloten.

Über Nacht schwillt der Knöchel dann beachtlich an: Größere Strecken sind ohne Krücken im Hüpfmodus nicht mehr zu bewältigen. Immerhin gönnen wir uns die schon fast seit 20 Jahren traditionelle Pistenroute von El Cotillo nach Corralejo, immer schön das Bein etwas angehoben, um nicht jeden Huppel abzubekommen. Aber schließlich braucht ein echter Offroader eine angemessene Anfahrt zum Gesundheitszentrum ...

Die Medizintour ...

Patient und Auto werden auf dem Parkplatz zurückgelassen, ein Rollstuhl muss organisiert werden: Der Mitarbeiter am Empfang im Gesundheitszentrum Corralejo spricht Spanisch und kein einziges Wort in irgendeiner anderen Sprache. Dafür hält er einen Zettel hin, auf dem auch in deutscher Sprache nach dem Personalausweis verlangt wird.

Da kommt einem doch zum Glück das Lied La Cucaracha in den Sinn und so entsteht der Satz: Mi compagnero no puede carminar porque Aua aua. Me falta un - es folgt eine bühnenreife Demonstration eines Rollstuhls. Der Señor am Empfang sagt Doctor, zeigt auf eine Tür und, tatsächlich steht da ein Rollstuhl, der sofort in Richtung Parkplatz geschoben wird. Aufgeregte Rufe vom Empfangstresen werden natürlich ignoriert, vermutlich hatte man sich das am Empfang wohl irgendwie anders vorgestellt ...

Mit Hilfe des entführten Rollstuhls gelingt der Transport: Nun muss zuerst ein Formular ausgefüllt und selbstverständlich Personalausweis und Gesundheitskarte vorgelegt werden. Gefragt wird zwar nach der "Europäischen Krankenversicherungskarte", aber man begnügt sich schließlich auch mit der deutschen Privatkarte.

Alles wird kopiert und wir staunen nicht schlecht, als uns kurze Zeit später eine freundliche Ärztin zu sich ruft. Sie spricht tatsächlich ein wenig Englisch, so dass die wichtigsten Dinge geklärt werden können: Es muss ein Termin vereinbart werden für das Röntgen (X-RAY, X-RAY!!) und zwar für jetzt. Termin vereinbaren für jetzt? Das ist in Spanien möglich. Man stellt sich in eine andere Warteschlange vor einen Schalter und bekommt tatsächlich einen Termin für jetzt und kann direkt zum Röntgen weiter. Ein sehr freundlicher Radiologe, der auch ein wenig Englisch spricht, erstellt sehr sanft die Röntgenbilder. Und das nicht wie schon mal in Deutschland erlebt, wo so ein schmerzender Knöchel durchaus in einen "Schraubstock" eingezwängt werden kann und man die Schmerzen des Unfalls neu durchleben muss.

Notaufnahme! In den Fängen des spanischen Gesundheitssystems ...

Dann die Diagnose: Knöchelbruch! Die freundliche Ärztin vermutet, dass keine Operation nötig wäre, aber zum Richten des (verdrehten) Bruchs und für die endgültige Diagnose müssen die Spezialisten im einzigen Krankenhaus der Insel in Puerto del Rosario aufgesucht werden. Wir sollten dabei einfach vor die Notaufnahme fahren - kaum denkbar in Deutschland, wo diese zumeist nur den Krankenwagen vorbehalten ist. Auf die Frage, was wir bezahlen müssen, erfahren wir: Das wird direkt mit Deutschland abgerechnet. Ungläubiges Staunen: Sollte die EU hier tatsächlich mal funktionieren?

Das Erfreuliche: Wir sind in unglaublich kurzer Zeit hier abgefertigt worden, das Enttäuschende: Wir müssen nun weiter zum nächsten Krankenhaus.

Wir verschmähen die neue Schnellstraße und fahren auf der alten Straße durch die Dünen von Corralejo. Nach einigem Herumkurven durch die Hafenstadt erreichen wir schließlich die Notaufnahme: Schnell ist der Rollstuhl organisiert, ein neues Formular ausgefüllt, der Personalausweis mit Gesundheitskarte kopiert. Erneut wird nach der "Europäischen Krankenversicherungskarte" gefragt, doch erneut begnügt man sich mit der stattdessen vorgelegten Karte.

Zuerst will jemand mit spärlichen Englischkenntnissen genau wissen, was passiert ist, liest den Bericht der Ärztin aus Corralejo und stellt alle Fragen erneut.

Dann erfolgt die Übergabe an die Doctores und weitere Helfer: Jeder wackelt an den Zehen, bestaunt die Schwellung und Rötung, dreht den Fuß hin und her und verschwindet wieder. Kaum einer spricht etwas anders als Spanisch, Kommunikation ist schwierig - das ist die Realität, alles andere oder gar Deutschkenntnisse sind nur Träumereien irgendwelcher Reisetipps!

Man will wieder Röntgen: X-RAY, X-RAY!   Irgendwie wird den Helfern klar, der Patient will das nicht, denn er wiederholt immer No, No, No! Nun wird ein Doctor mit rudimentären Englischkenntnissen aufgetrieben: Er erklärt, er will keine Röntgenbilder von vor ein paar Tagen, es wird entgegnet, dass die Röntgenbilder in Corralejo nur wenige Stunden alt sind. Nun stürzt sich der Medizintrupp auf einen entfernten Monitor und kann tatsächlich wohl Bilder abrufen: Eine fröhliche Krankenschwester winkt - alles ok!

Von einem "Spezialisten" ist weit und breit zunächst nichts zu sehen, dann plötzlich erscheint irgendwann ein Doctor in Blau. Der meint: Eine Operation wäre erforderlich, ob man dies hier oder vielleicht doch in den nächsten Tagen lieber zu Hause erledigen wolle? Letzteres wird bevorzugt: Also gibt es nur eine Gipsschiene, die von einer Lernschwester unter Anleitung einer anderen Schwester angefertigt wird, leider so schlecht, dass hinterher an der Wade ziemliche Druckschmerzen entstehen werden. Auf die Frage, ob man bis zum gebuchten Rückflug am Ende der Woche warten könne, gibt es ein No Problema ...

Dazu gibt es noch einen Arztbericht (auf Spanisch) mit Rezept für Medikamente und Krücken. Da eines der Medikamente gespritzt werden muss, gibt es den Hinweis, die gebrauchten Spritzen vor dem Abflug im Flughafen zu entsorgen.

Wir wollen bezüglich der Sprachkenntnisse im zentralen Krankenhaus von Fuerte nicht ungerecht sein: Immerhin gibt es folgenden deutschen Aushang - danach eigentlich alles klar, oder ..?

Man spricht Deutsch: Im Krankenhaus von Puerto del Rosario


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