La ville rose: Toulouse
Vorletzte Septemberwoche 2016: Unsere Reise startet im Zentrum der Weinregion, in Toulouse. Vom Flughafen Toulouse Blagnac gelangt man per Shuttle-Bus schnell zum Bahnhof Matabiau. Wir kommen allerdings per Zug, denn wir haben bereits wieder einmal einige Tage am Canal du Midi verbracht - auch dort gab es noch einiges zu erforschen.
Wie schon so oft empfängt uns herrliches Wetter. Direkt am Bahnhofsgebäude befindet sich die Schleuse Bayard und schon werden Erinnerungen wach an unsere Vorjahres-Bootstour auf dem berühmten Kanal: Der endet in dieser Stadt, bevor es über den Canal de Garonne von hier aus bis Bordeaux zum Atlantik weitergeht. Nur wenige Minuten Fußweg entfernt beziehen wir das Appartementhotel Clement Ader.
Leider wird unser (auch diesmal wie üblich) Mitreisender - Pedro - in München am Flughafen aufgehalten, ein ziemlicher Buchungswirrwarr mit Lufthansa zwingt ihn, erst zum Abendessen in Toulouse einzutreffen.
Da bei den Reisen mit Gerhild stets Wert darauf gelegt wird, nicht nur Weinkenntnisse zu vermitteln, sondern uns auch eintauchen zu lassen in die Kultur und Lebensart der besuchten Regionen, starten wir mit einem Rundgang durch die Altstadt von Toulouse.
Schon in der Antike haben sich hier Menschen angesiedelt. Die zahlreichen prunkvollen Bauten aus der Renaissance verdankt die Stadt dem Reichtum der Bürger, die das Toulouser Blau - genannt Pastel - herstellten und damit handelten. Der Farbstoff wurde aus der Färberwaid gewonnen und ermöglichte es, Textilien in einem wunderschönen Blauton zu färben. In heutiger Zeit wurde die Pflanze wiederentdeckt und wird nicht nur wegen der Farbe, sondern auch wegen der Einsatzmöglichkeiten in der Kosmetik wieder angebaut.
Der Rundgang durch Toulouse führt uns durch die wichtigsten Bauepochen, von der Romanik bis hin zum Barock sind hier Beispiele vertreten.
Unser erstes Ziel ist das Wahrzeichen von Toulouse - die spätromanische Basilika St. Sernin mit dem markanten Glockenturm, die ebenfalls zu den Pilgerkirchen auf dem Jakobsweg gehört, den wir auf unseren Weinreisen immer wieder kreuzen. Gebaut wurde vom 11. Jhdt. bis 14. Jhdt. Die Kirche wurde über dem Grab des Heiligen Saturninus, Bischof von Toulouse, errichtet, der 250 als Märtyrer starb. Vom riesigen Innenraum aus mit seinen doppelten Seitenschiffen gelangt man zur Krypta, wo zahlreiche Reliquien in kunstvoll gestalteten Schreinen aufbewahrt werden. Wie viele Gebäude ist auch diese Kirche aus roten Steinen errichtet, was der Stadt ihren weiteren Namen gab: La ville rose.
Auf dem Weg zum Jakobinerconvent entdecken wir ein kleines Geschäft, das unzählige Sorten von "Bière artisanale" anbietet, wobei jede Menge gut gekühlt für den unmittelbaren Genuss bereit stehen.
Da kommt uns die Idee: Wir beginnen diese Weinreise mal ganz anders - mit einer Bierverkostung! Gewissenhaft prüfen wir Farbe, Bouquet, den Schaum (das gibt es beim Wein schließlich nicht ) und letztendlich den Geschmack. Manches ist sicherlich gewöhnungsbedürftig bei manchem Mitreisenden, aber es erweitert wieder mal den Geschmackhorizont ...
Der Convent der wurde im 13. Jhdt. und 14. Jhdt. errichtet und zählt bereits zur Gotik. Auch wenn sich die Kirchtürme von St. Sernin und dem Jakobinerkloster sehr ähnlich sind, erkennt man vor allem im Inneren die bauliche Weiterentwicklung. Das eindrucksvolles Kreuzgewölbe des Jakobinerklosters erinnert durchaus an Palmen und heißt auch deshalb Le Palmier.
Vorbei an den romanischen und gotischen Gebäuden gelangen wir nun zum Rathaus, dem Capitole, das mit seinem prunkvollem Barock einen Besuch wert ist. Nun wird es aber Zeit für einen Aperitif, und was bietet sich da Besseres an, als eines der Lokale am Place du Capitole aufzusuchen?
Wir sitzen nun in der Abendsonne, genießen Pastis und erwarten in aller Ruhe die Ankunft von Pedro, dem hier offensichtlich einiges entgeht ...
Wir dinieren später gemeinsam in der Brasserie Le Bibent, die es seit 160 Jahren gibt und die innen in Barock, gepaart mit moderner Kunst, gestaltet ist. Ein vorzügliches Menü wird serviert: Begleitet wird das zunächst von einem 2015er Mâcon-Cruzille der Domaine Guillot-Broux aus dem Burgund - gekeltert aus Gamay. Danach folgt ein 2013er Moulin de Montlauzin, der nahe Toulouse auf den Terrassen der Garonne angebaut wird. Letzterer wird als Biowein aus Cabernet Franc gekeltert und ist nur in der Region erhältlich.
Doch das sollte noch nicht alles sein! Auf dem Weg zurück zum Hotel kehren wir ein in der Weinbar No 5, einer von außen eher unscheinbaren Bar, die wahre Schätze zu bieten hat und bei deren Besitzer Thomas Cabrol wohl eher Wein als Blut durch die Adern fließt. Er diskutiert sofort begeistert mit Gerhild Burkard über seine Liebe zum Wein und seine Schätze im Keller. An den Automaten kann man sich das eine oder andere Gläschen zapfen und dabei durchaus auch einmal etwas probieren, was einem als ganze Flasche vermutlich viel zu teuer erscheinen würde ...
Ein gelungener Auftakt, und so kann es weitergehen!
© 2017 Sixta Zerlauth