Auftakt
Wir treffen uns im Innenhof des Hotel du Mail, einem wunderhübschen, typisch französischem Hotel, welches sich in einem historischen Gebäude befindet, das bereits seit dem 17. Jhdt. Gäste beherbergt.
Vor dem Weingenuss werden wir über den Weinanbau an der Loire informiert, natürlich bei einem Glas Crémant de Loire ...
Bild: Vins du Val de Loire
Der Weinanbau begann hier bereits unter der römischen Verwaltung und wurde später von den Klöstern weiter ausgebaut. Es ist das drittgrößte Weinanbaugebiet Frankreichs, nach dem größten, dem Bordelais und dem zweitgrößten an der Rhône. Beides Gebiete, die wir auch schon als Weinreisende besucht haben.
Hier an der Loire werden 45% Weiß- und weiße Dessertweine, 23 % Rotweinweine, 21% Roséweine und 11% Schaumweine produziert; die 800 km lange Weinstraße ist eine echte Herausforderung.
Wie in den anderen Anbaugebieten Frankreichs wurden auch hier durch den Einfall der Reblaus gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jhdts. fast die gesamten Weinberge zerstört. Erst ab 1930 wurde der Weinanbau wiederbelebt.
An der Loire und ihren Nebenflüssen befinden sich mehrere Weinregionen:
- Anjou-Saumur
- Pays Nantais
- Touraine
- Centre / Cœur-de-France
- Auvergne
Hier werden Weiß-, Rosé-, Rotweine sowie Crémants (Schaumweine) produziert.
Dazu finden sich in den Weinbergen für Weißweine die Rebsorten
- Chenin Blanc
- Sauvignon Blanc
- Chardonnay
- Melon de Bourgogne
- Romorantin
- Grolleau Gris
- Folle Blanche
- Chasselas
- Arbois Pineau
- Saint-Pierre-Doré
- Tressalier (Sacy)
sowie für Rosé- und Rotweine die Rebsorten
- Cabernet Franc (Breton)
- Gamay
- Gamay de Bouze
- Pinot Noir
- Pinot Gris
- Pinot Meunier
- Malbec (Côt)
- Grolleau
- Pineau d’Aunis
- Negrette.
Da sich das Weinanbaugebiet vom Atlantik bis zum Massif Central erstreckt, weist es starke geologische und klimatische Unterschiede auf. Die einzelnen Appellationen sind weit verstreut, so dass man die unterschiedlichsten Weine antrifft.
Damit wir aber nicht in der Theorie vertrocknen, geht es auf zum ersten Weingut: Nicolas Joly. Er gilt als Vorreiter der biodynamischen Winzer in Frankreich. Ein bisschen erinnert sein Lebenslauf an den der Hauptfigur Max Skinner in Ridleys Scotts's Film "Ein gutes Jahr".
Joly zog es zum Studium von der Loire in die USA, wo er anschließend in New York und dann später auch in England in London als Investmentbanker arbeitete. 1977 übernahm er aber dann den Weinbaubetrieb seiner Eltern und begann schon bald ganz nach den biodynamischen Regeln zu produzieren.
Das Weingut Coulée de Serrant liegt umgeben von den Weinbergen, die schon im 12. Jhdt. von Zisterzienser-Mönchen angelegt wurden. Das kleine Kloster ist immer noch vorhanden und gehört zum Weingut. Weißweine aus diesem Weingut waren angeblich für König Ludwig XIV die besten überhaupt ...
Ein Spaziergang lohnt sich unbedingt, denn nur wenige Meter vom Herrenhaus entfernt kann man noch die Überreste der Burg de la Roche aux Moines sehen. Da die Weinberge recht steil sind, wird hier alles von Hand und mit Pferden bewirtschaftet.
Nach einem Rundgang durch den Keller dürfen wir im liebevoll gestalteten Degoustationsraum die Weine verkosten: Gerhild hat nicht zu viel versprochen, das sind Weißweine, die begeistern!
Doch wir müssen weiter: Diesmal halten wir direkt am Ufer der Loire. Ein wunderschöner Flecken, wir machen Fotos und warten darauf, dass es nun weitergeht zum nächsten Weingut. Aber weit gefehlt! Ganz überraschend kommt eine fesche Dame mit Wein, Gläsern und Snacks auf uns zu: Es handelt sich um Liv Vincendeau, eine deutsche Chemikerin, die sich spontan in die Loire verliebte und unbedingt ein eigenes Weingut aufbauen wollte. Sie bekam Hilfe und Know-How von den ansässigen Winzern und konnte so schließlich ihren Traum verwirklichen. Sie verwendet nur eigene Trauben, die von Hand geerntet werden und produziert ausschließlich Bio-Weine. Ihre Weine kann man in Restaurants in New York, Oslo, Madrid oder Parma antreffen.
Wir genießen den milden Herbsttag, aber Liv erzählt uns, dass hier die Winter sehr frostreich sein können und man durchaus riskiert, dass Weinstöcke erfrieren.
Wir dürfen im allmählich beginnenden Sonnenuntergang an der träge dahinfließenden Loire ihre hervortragenden Weine verkosten: Was für eine tolle Idee!
Zurück in Angers begeben wir uns zum Restaurant Une Ile und bekommen ein ganz spezielles Abendessen. Statt der festen Abfolge Vorspeise, Hauptgang, Dessert werden hier über den Abend verteilt immer wieder frische Speisen serviert: Es ist wie ein nicht enden wollender Tapasstrom. Dazu werden natürlich interessante Weine ausgesucht und aufgrund der vielen verschiedenen Gerichte kann man wunderbar ausprobieren, welcher Wein zu welchem Gericht passt und umgekehrt.
Weinselig kehren wir zum Hotel zurück, morgen soll es schon früh losgehen ...
© 2020 Sixta Zerlauth