Mittwoch, 18.05.2005
Die Nacht war wieder kalt und als wir gegen 11 Uhr den Platz verlassen, hat es gerade mal 8°C. Die Fahrt beginnt mit einer ziemlichen Kurverei durch den landschaftlich einzigartigen Vulkanpark der Auvergne. Als wir dann auf die Autobahn fahren, sind wir laut unserem Straßenatlas wenigstens für 40 km auf einigermaßen gerader Strecke. Das Bergauf und Bergab macht die Sache allerdings auch etwas anstrengend: Im Verlauf der Autobahn nach Brive müssen wir mehrere Passhöhen überqueren, die bis auf 900 - 1000 m Höhe führen. Die Temperatur steigt um je 1°C an, je weiter wir wieder nach unten kommen und so freuen wir uns nach eineinhalb Stunden darüber, dass wir auf diese Weise wieder die 10°C Marke geknackt haben ...
Die Autobahn führt weiter als wir erwartet haben und so kommen wir fast ohne Unterbrechung auf die Strecke von Limoges nach Toulouse, an der unsere Zielausfahrt "Soulliac" liegt. Am frühen Nachmittag fahren wir dort von der Autobahn herunter und machen uns auf die Suche nach dem Camping Du Mondou, den wir aus dem ACSI-Führer am Abend zuvor herausgesucht hatten.
Ein paar Kilometer Dordogne-abwärts ist dann die Brücke nach St. Julien gefunden und wir erreichen über eine abenteuerlich enge Durchfahrt unseren Campingplatz. Die holländische Platzbesitzerin zeigt uns ihr Reich und wir entern mit einiger Rangierarbeit einen sehr netten Stellplatz.
Donnerstag, 19.05.2005
Nachts war es auch hier wieder sehr kalt und Tobias hatte trotz 6°C und seiner normalen Bettdecke (den Schlafsack hatte er gar nicht erst ausgerollt) in seinem Zelt nicht gefroren. Nach dem Frühstück fahren wir auf den Wochenmarkt nach St. Julien. Obst und Gemüse gibt es reichlich: Wenn auch manches etwas teuer erscheint, der Spargel ist günstig und gut. Auch jede Menge Fleisch und Käse wird angeboten.
Auf der Suche nach der Touristeninformation der Gemeinde gelangen wir in das Dorf Carlux, keine 2 km von St. Julien entfernt. Hier gibt es zwar kein Tourismusbüro, aber die Dorfansichten sind durch aus nett. Zurück an der Dordognebrücke sehen wir dann doch ein solches Büro: Es steht direkt neben der Brücke und hat geschlossen.
Am späteren Nachmittag, es hat mittlerweile 25°C und einen wolkenlosen Himmel, fahren wir dann nach Sarlat, etwa 20 km von St. Julien entfernt. Der Ort ist wirklich sehenswert: Golden im Abendlicht leuchtender Sandstein prägt das Aussehen der gepflegten alten Häuser und wir genießen es wieder einmal, ohne die im Sommer üblichen Touristenmassen das Flair der Altstadt zu erleben. Eine Besonderheit in Sarlat will extra erwähnt werden: Es handelt sich um eine, wahrscheinlich aus der Romanik stammende Totenkapelle. Der turmartige Bau ist wohl unter maurischem Einfluss entstanden und gibt den Kunsthistorikern bis heute Rätsel auf. Etwas Vergleichbares haben auch wir in Europa bisher nicht gesehen ...
Freitag, 20.05.2005
Die letzte Nacht war milder. Eine Nachtigall sorgte mit ihrem lautstarken Gesang für eine romantische Untermalung unserer Nachtruhe .
Etwa 12°C zeigt das Thermometer an diesem Morgen an und wir können sogar draußen frühstücken. Gegen 11 Uhr fahren wir über Soulliac nach Rocamadour. Eine Mischung aus Mont St. Michel und Lourdes klebt direkt an den Felsen: Auf einer Pilgertreppe mit mehr als 200 Stufen steigen wir in sengender Mittagssonne von der pittoresken Altstadt nach oben. Dort sind über- und nebeneinander mehrere Kirchen und Kapellen gebaut. In einem Teil ist ein großes Pilgermuseum eingerichtet, das aber über Mittag geschlossen hat.
Die größte Kirche ist innen sehr schlicht, beeindruckt aber mit ihrer Raumwirkung und den zwei übereinander gebauten Seitenbalkonen, auf denen zahlreiche Pilger Platz finden. Gleich nebenan befindet sich die Kapelle der Notre Dame de Rocamadour. Ein Bau aus der frühen Gotik, in der sich eine Marienstatue befindet. Die Statue ist sehr schlicht aus dunklem Holz gefertigt und dürfte wohl eher als religiöse Volkskunst bezeichnet werden.
Direkt neben dem Eingang befindet sich außen an der Felswand eine Nische, in der im Mittelalter der mumifizierte Leichnam eines Einsiedlers gefunden wurde. Dieser "Heilige" ist auch der Namensgeber des Ortes, denn Rocamadour heißt nichts anderes als "der den Felsen liebt". Wir steigen noch etwas in dem Gassengewirr des Ortes auf und ab und gehen dann zurück zum Auto. Diesmal haben wir sogar unsere Brotzeit dabei und können vor fabelhafter Kulisse unsere Mittagspause machen. Das Thermometer zeigt zwischen 28° und 30°C und die paar Wolken, die morgens den Wetterwechsel angekündigt hatten, sind bereits wieder verschwunden. Auch der kleine Ort Martel mit seinen 7 Türmen ist auf dem Rückweg nach Soulliac eine Besichtigung wert.
Wieder am Platz angekommen, gibt es für mich einen Cappuccino und für die Kinder endlich Badeerlaubnis am platzeigenen Pool. Abends frischt der Wind auf und vertreibt die Hitze. Die Mücken fühlen sich allerdings auch bei Wind wohl und so schreibe ich diese Zeilen eingehüllt in die Rauchschwaden unserer Mückenspiralen. Der Wetterwechsel zeichnet sich jetzt auch am Horizont ab und wir erwarten für morgen eine deutliche Abkühlung und eher wechselhaftes Wetter. Ausflüge in die Unterwelt des Perigord und in frühgeschichtliche Wohnhöhlen haben wir uns allerdings auch schon zurechtgelegt.
Samstag, 21.05.2005 - bereits eine Woche unterwegs ...
Die Abkühlung kommt bereits um 1 Uhr nachts in Form eines heftigen Gewitters: Plötzlich steht Tobias im Wohnwagen - ihm ist es in seinem Zelt nicht mehr geheuer. Der Donner rollt das Dordognetal entlang, ganz so als wären wir im Gebirge. Es schüttet wie aus Kübeln und ein Blitz jagt den anderen. Nach einer guten Stunde ist der Spuk vorbei und der Rest der Nacht bleibt ruhig. Der Morgen empfängt uns mit 15°C Grad und wir können bei bewölktem Himmel draußen frühstücken.
Der Himmel ist bedeckt, aber weitere Regenfälle bleiben aus. Wir fahren wieder nach Souillac, um das kleine Städtchen, durch das ja bereits unsere Anreise führte, dieses Mal zu besichtigen. Einem Vergleich mit dem außergewöhnlichen Sarlat hält es natürlich nicht Stand. Der romanische Dom mit seinen 3 flachen Kuppeln prägt weithin sichtbar das Stadtbild.
Die Altstadt ist nett verwinkelt und für den Touristenansturm werden gerade einige Plätze und Gassen neu gepflastert. Ein Wahrzeichen der Stadt steht auf dem Place de Puits: Hier ist noch immer ein alter Brunnen in Betrieb, dem das Wasser mit zwei langen Pumpenschwengeln entlockt werden muss. Leider ist auch hier die Straßenrenovierung in vollem Gang, so dass wir kein Postkartenfoto bekommen.
Auf dem überdachten Marktplatz befinden sich, genauso wie in Martel, die verschieden großen, an kleine Öfen erinnernden Maße. Hier wurde früher das Getreide abgemessen und man konnte relativ sicher sein, dass man immer die selbe Menge für sein Geld bekam. Heute machen wir keine große Tour mehr und es gibt eine Abendvorstellung im Wohnwagenkino. Unser Laptop, unterstützt durch aktive PC-Lautsprecher, spielt in guter Qualität den Film "Shrek", den die Kinder bereits auswendig kennen. Wir amüsieren uns alle köstlich und um 23 Uhr ist Zapfenstreich.
Wieder gegen 1 Uhr kommt Tobias in den Wohnwagen: Es beginnt zu regnen und ein leichtes Donnergrollen ist auch zu hören. Der Regen ist diesmal hartnäckiger und begleitet uns durch den Rest der Nacht ...
Sonntag, 22.05.2005
Es regnet weiter. Das für Samstag vorhergesagte Schlechtwetter hat uns wohl heute erreicht. Für den Nachmittag bietet sich eine Höhlenbesichtigung an: Die Grottes de Lacave liegen ganz in der Nähe und sind zumindest vom Prospekt her einen Besuch wert.
Nach einer guten halben Stunde Fahrt sind wir an der Grotte angekommen. Gerade entern einige Besucher die Elektrobahn, die in die Grotte fährt. Auch wir kommen noch mit und bereits nach kurzer Zeit sind wir im Unterweltbahnhof angekommen. Die Führung ist in Französisch und der Führer nuschelt einen Dialekt, als hätte er einen Socken im Mund. Der erste Teil des Wegs führt durch Gänge und über eine steile Treppe, die mit einem Aufzug sozusagen "umfahren" werden kann, zu einer riesigen Halle mit großen Sinterbecken.
Im weiteren Verlauf der Führung gelangen wir in verschiedenste Säle und Gänge, die jeweils mit den unterschiedlichsten Tropfsteinformationen aufwarten. In einem Saal wird sogar mit Schwarzlicht sichtbar gemacht, wie in den Tropfen am Ende der Stalagtiten die Mineralien leuchten. Wie durch ein Sternenlabyrinth führt der Weg und mit einer kleinen Lichtshow wird dann alles kurz in ein normales Licht getaucht. Dabei spiegeln sich die verschiedenen Tropfsteine im Wasser und es entsteht der Eindruck, dass man sich in einer großen, nach unten offenen, Halle befindet. Nach über einer Stunde ist die beeindruckende Tour zu Ende.
Auf dem Rückweg schauen wir uns noch ein Kirchlein aus dem 12. Jahrhundert an und nehmen uns in Soulliac die obligatorischen Éclaires mit zum Kaffee. Der Rest ist Schweigen, denn das Wetter meint es heute wirklich nicht gut mit uns ...
Montag 23.05.2005
Heute hat mein DCF-77-Wecker mir vorgemacht, es sei erst kurz vor 8 Uhr. Nach ungläubigem Uhrenvergleich und einem harten Reset durch Entfernen der Batterie war dann schnell klar, dass es doch bereits 9 Uhr war (nicht mal mehr auf das Braunschweiger Signal ist Verlass ... ).
Heute will ich mit den Kids zusammen im Grabner-Kanadier auf der Dordogne fahren: Gegen 12:30 Uhr ist das Boot schließlich in Soulliac aufgeblasen und alles verstaut: Es kann losgehen. Halt, noch schnell die Regenjacken mit ins Boot geworfen, denn der Himmel sieht etwas düster aus, obwohl uns ein schönes Bootswetter vorhergesagt wurde.
Auf dem ersten Kilometer weht uns denn auch ein kalter Wind entgegen und der Himmel ist stark bewölkt. Auf dem Wasser fühlt sich das Ganze dann besonders unangenehm an. Als Kommunikationsmittel haben wir Amateurfunk (Anm. der Red.: siehe dazu unten, 1. Nachtrag) und Handy dabei. Wir hatten vereinbart, dass wir in ca. 3 Stunden an der Brücke in St. Julien auf unseren familieneigenen Shuttleservice treffen.
Kaum gestartet, wird das Wasser auch schon unruhig und wir paddeln durch leichte Stromschnellen. Das Ganze dauert aber nicht lange, denn dann verbreitert sich das Flussbett und wir müssen uns anstrengen, um einigermaßen vom Fleck zu kommen. Vorbei an malerischen Felsformationen führt unsere Fahrt und die Graureiher und Schwalben am Fluss machen das Ganze durchaus abwechslungsreich. Wir üben die Seilfähre und machen unsere Erfahrungen mit Strömung und Kehrwasser, wobei die ganze Besatzung etwas lernt, aber niemand nass wird. Maria knipst ab und an die Landschaft und Tobias kommandiert die Besatzung - leider hört nur keiner auf ihn ...
Kurz vor einer Eisenbahnbrücke nach gut 2/3 der Strecke machen wir auf einer Insel Rast: Diese Insel wird von uns auf den Namen "Eisenbahnbrückeninsel" getauft. Alle sind zufrieden und wir setzen gestärkt unsere Fahrt fort. Nach der Eisenbahnbrücke geht es erst sehr gemächlich dahin, bis Tobias vermeldet: "Da rauscht was!"
Zuerst ungläubig, dann doch etwas überrascht stelle ich fest, dass wir es vor uns mit leichtem Wildwasser zu tun bekommen. Auf der rechten Flussseite, mitten in der Hauptströmung, sind etwa 100 Meter Rauwasser zu bewältigen. Die erste Walze erscheint mir nicht ungefährlich und wir manövrieren außen herum. Danach geht es dann mitten durch: Links und rechts spritzt das Wasser empor und Maria hält sich gut fest. Wie auf Schienen gleitet unser Grabner Adventure über die Stromschnellen und nach kurzer Aufregung ist alles vorbei. Über Funk nehmen wir Kontakt zu Gaby auf und melden unsere Ankunft in ca. einer halben Stunde. Auch die letzten Manöver klappen gut und wir kommen nach knapp 3 Stunden Fahrt an der Brücke in St. Julien an.
Mir tun sämtliche Knochen weh, denn die Buckelei im Boot bin ich nicht mehr gewohnt. Am Wohnwagen angekommen gibt es dann Apfelkuchen aus dem Perigord und selbst gemachten Cappuccino (göttlich!). Nach etwas Entspannung baue ich noch meine Amateurfunkanlage auf und mache auf Anhieb auf 20/15 und 10 Meter ein paar QSO´s. Zwar keine berauschenden Entfernungen, aber es funktioniert ..!