Erlebnisse mit Toyota und Kabine ...
von Klaus-Michael Schilling
Vorbemerkung der Redaktion: Die unten aufgeführte Anzeige im Bazar war Ausgangspunkt für unseren Kontakt mit Klaus-Michael Schilling in den Jahren 2008 und 2009. Im Mai 2008 mailte er uns nach verschiedenen Anfragen letztendlich folgendes zu der angebotenen Kabine:
Liebes Explorer Team,
herzlichen Dank für das Einstellen meiner Suche Anzeige, ich war der glückliche " Gewinner " der Kabine des Hamburger Mazda. Wir sind wirklich begeistert über die Fertigungsqualität der Kabine und werden dem Explorer noch ein abwechslungsreiches Leben bieten.
Herzlichen Dank und Grüße
Michael Schilling
Natürlich freuten wir uns mit dem Besitzer, der nun mit seinem Fahrzeug der "gewonnenen" Explorer Kabine (Bild unten) ein abwechslungsreiches Leben bieten wollte. Dass das durchaus auch bei Fahrten in Nachbarländern der Fall sein kann, zeigt die kleine Geschichte dazu, die er uns schließlich im Juli 2009 schickte ...
(08/08) Unsere Jungs sind groß und unser Fahrzeug wird leider zu klein. Biete zum Verkauf Aeroplast Explorer Wohnkabine auf Mazda B 2500 4X4 Doppelkabine. Das Fahrzeug hat eine Zulassung als Sonder-KFZ-Wohnmobil über 2,8 T (günstiger Steuer- und Versicherungssatz!). Das Fahrzeug ist reisefertig und kann jederzeit in Hamburg besichtigt und probegefahren werden.
Fahrzeug:
Mazda B 2500 Turbo Diesel, 80 kW (109 PS), Hubraum 2500 cm³, Doppelkabine mit 5 Sitzplätzen. Erstzulassung 07.04.2000, TÜV und AU neu, 1.Hand, Scheckheft gepflegt, Nichtraucherauto, Kilometerstand zur Zeit 104.000 km. Original Mazda Laderaumabdeckplane (für die Winternutzung).
Kabine:
Aeroplast Explorer Aufsetzkabine mit schrägem Heckeinstieg (durch die Schräge keinerlei Probleme beim Einparken im Stadtverkehr, sowie guter Böschungswinkel). Begehbares, verstärktes Dach mit Dachreling und Surfträgern, Kederschienen Rechts und Hinten zur Nutzung von Sonnensegeln. Der Ausbau ist einfach aber zweckmäßig, Schlafgelegenheit für 4 Personen, Bett oben ausziehbar. Kleiner Küchenblock mit Kartuschenkocher, Gasgrill mit Propan, Kühlbox (12 V, 220 V, Gas) Tisch mit Wechselfuß für Innen und Außen. Elektroanschlüsse für 220 V und 12 V, Gelbatterie.
Anbauzelt mit Schleuse (Spezialanfertigung der Firma Veltel - Zeltfabrik). 4 Abstellkurbelstützen.
Verkaufspreis: EUR 12.999,-, Tel. oder Email.
Anm. der Red.: Irgendwie hatte uns das Fahrzeug an das Explorer Modell im Modellkeller erinnert - aber es war wohl doch ein "echtes" Fahrzeug! Denn schon bald kam die Mail vom Verkäufer:
Liebes Explorer Team,
vielen Dank,
dass wir die Anzeige bei euch reinstellen konnten. Die Nachfrage zur
Kabine war International groß! Hatten uns daher doch entschlossen Kabine
und Auto getrennt zu verkaufen. Haben die Kabine an einen echten kreativen "Explorer"
verkauft. Die Kabine wird wohl in den nächsten Jahren noch viel von
der Welt sehen.
Viele Grüße aus Hamburg, Günter und Dorothea P.
Und hier Klaus-Michaels Geschichte:
Der Grund einer kürzlich durchgeführten Reise war unser Jahresurlaub, wir hatten dazu von einer Bekannten ein Ferienhaus in der Toscana zur Verfügung gestellt bekommen. Die Hinreise erfolgte übers Elsass, das Aostatal und schließlich Genua nach Cecina ...
Auf dem Weg nach Genua, sanft abwärts rollend, plötzlich - es ist ungefähr gegen 17:00 Uhr nachmittags - zeigt die Bremse an meinem Toyota Hilux keine Wirkung mehr. Mit Glück finden wir noch eine Haltebucht und ein freundlicher Abschleppdienst startet mit uns eine knappe Stunde später zurück zu einem Dorf vor Genua. Nach einer Stunde zu dritt plus Hund auf dem Abschleppfahrzeug im Stau werden wir schließlich abgestellt auf dem Hof der Firma - unsere erste Nacht verbringen wir hier ...
Am nächsten Morgen gegen 8:30 Uhr Abfahrt: Huckepack auf dem "gelben Wagen" des Abschleppdienstes geht es Richtung Genua zur Toyota Niederlassung, wir sind hier bei der "großen Niederlassung", wie der nette Pannenhelfer erklärt ...
Kurz darauf steht unser Toyo schon auf der Bühne, Bremsflüssigkeit tropft zwischen Rahmen und Tank. Tja, der Tank muss raus, um die Ursache von unserem Desaster zu sehen. Also raus damit und schon bald ist klar: Zwei im Bereich des Tanks befindliche, völlig zerrostete Bremsleitungen sind die Ursache! Das war von außen überhaupt nicht zu erkennen, das Fahrzeug war erst im Januar beim TÜV.
Wortlaut Toyota Genua: "Diese Leitungen sind nicht verfügbar, und keiner weiß, wann diese lieferbar sind!"
Zu Hause würde ich nun Meterware nehmen, bördeln und einbauen - das geht hier aber nicht. "Wir verwenden nur Originalteile", ist von einem Toyota Mitarbeiter zu hören. Unser Toyota Schrauber bespricht sich längere Zeit und verkündet schließlich, er werde die Leitung selbst reparieren. Na ja, denke ich, da bin ich aber gespannt! Er holt Schmirgel, Eisensäge und ... ein Stück Treibstoffleitung! Er sägt die Leitung durch, schiebt den Gummischlauch darüber und zieht die Schlauchbinder fest. Zur Erinnerung, ich befinde mich bei Toyota Italien in Genua!
Auf meine Frage, ob er das so schon vorher einmal gemacht habe, kommt nur irgendwas Unverständliches ...
Anschließend werden drei bis vier Mann aufgeboten sowie ca. drei Liter Bremsflüssigkeit und es folgen diverse Entlüftungsversuche - natürlich, und zum Glück, erfolglos! Die Mitteilung des Toyota Manns: Er glaube, der Hauptbremszylinder sei kaputt. Erneut folgt großes Palaver unter der Italo-Toyo-Crew und dann schließlich die Mitteilung - es sind inzwischen 7 Stunden vergangen -, er werde uns zu einem "Bremsenspezialisten" bringen.
Meine Frage nach einem Schleppfahrzeug wird nicht sonderlich ernst genommen, und so reisen wir letztlich mit unserem Hilux ohne Bremse - na ja, die Handbremse ist ja noch da!
Gegen 15:30 Uhr sind wir unterwegs mit dem Toyota Schrauber am Steuer unseres ungebremsten Pistenhüpfers zum Spezialisten: Rund 20 Minuten geht es durch den Stadtverkehr von Genua, bis wir dann beim "Spezialista de Frenas" landen - noch mal gut gegangen ..!
Der Bremsenspezialist fängt gegen 16:00 Uhr gleich an, legt sich unters Auto und lacht über den Murks, holt dann 5 mm Kupferleitung, bördelt, schraubt ...
Alles wird unter dem Rangierheber geschraubt und es sind auch an diesem Nachmittag noch ca. 30°C, so machen unsere Bremsenmänner gegen 19:00 Uhr Feierabend - es folgt die zweite Nacht, diesmal im Herzen von Genua, und wir öffnen das Dach unserer Explorer Kabine für die nun folgende Übernachtung ...
Am nächsten Morgen heißt es Tank einbauen, den ach so defekten Hauptbremszylinder entlüften, alles noch mal nachsehen und für die "Guardia di Finanza" die erforderliche Rechnung tippen. Gegen 10:00 Uhr können wir mit unserer Abreise beginnen ...
Freunde der Fernreisen und des Abenteuers, zum Glück war die Explorer Kabine dabei, so dass unser zu Hause stets greifbar war. Nach einigen Afrikareisen und anderen Kontakten mit so genannten "unterentwickelten" Ländern bin ich sicher, dass "entwickelt sein" eine reine Ansichtssache ist!
Und: Vielleicht bewahrt diese Geschichte den einen oder anderen vor übertriebenen Erwartungen an "global player" ...
Die Rückreise starteten wir via Autostrada nach Turin und über die Alpen nach Frankreich, dort folgte noch ein wenig Pause auf schönen Campingplätzen und mit informativen Gesprächen mit anderen "Allradlern" über die leider noch nicht gänzlich offenen Militärstraßen im italienisch-französischen Grenzgebiet. Leider lag in Nordhängen noch viel Altschnee, der zum Teil die Passage höchst gefährlich oder sogar unmöglich machte.
Dann, leider, wie immer nach dem Urlaub, wartete die Heimreise. Nach meiner Rückkehr nach Wittlich habe ich mal Toyota aufgesucht und dort meine Geschichte erzählt. Ungläubiges Staunen folgte sowohl bei der Schreibtisch- als auch bei der Schrauberfraktion.
Die Toyota Deutschland Kundenbetreuung hat von mir diese Geschichte ebenfalls per Mail bekommen. Ich habe versucht, die ganze Angelegenheit ohne Vorwürfe und Beschuldigungen darzustellen. Antwort von Toyota folgte: "Wir bedauern den Vorfall, aaaaaaaber wir sind ja nur der Importeur für Deutschland, da können wir nichts machen. Wenden Sie sich doch an den Importeur für Italien!"
Ich denke, dass es sich hier um kein markenspezifisches Verhalten handelt. Kundenbetreuung nach Verkauf und Geldübergabe ist leider unmodern geworden. Was meinen Hilux betrifft - er ist 11 Jahre alt und hat 220 tkm auf der Uhr und wird von mir persönlich gut gepflegt, nicht nur oben herum!
Die Bremsleitungen verlaufen in einem ca. 2 cm breiten Zwischenraum zwischen Tank und Leiterrahmen und sind selbst mit viel Mühe nicht zu sehen. Mein Toyota Mann meinte, das wäre auch schon an Landcruisern vorgekommen, die wären vergleichbar gebaut in diesem Bereich.
Letztlich kann ich, obwohl es schwer fällt, den Zerfall der Leitungen, beschränkt auf diesen Zwischenraum, als Pech oder Folge der ersten Jahre im Eifelstreusalz akzeptieren. Nur die Reparaturmethode in einer europäischen Vertragswerkstatt oder Werksniederlassung kann ich einschließlich der Reaktion von Toyota nicht begreifen.
Man stelle sich vor, die Toyota-Crew in Genua hätte Erfolg gehabt und wir wären weiter gefahren: Vielleicht irgendwo ein Kind vor´s Auto, Vollbremsung, Schlauch (verträgt ja nur max. 5 bar) geplatzt - und Kind verletzt oder schlimmer. Dann hätte uns der Toyota Importeur für Italien sicherlich aus der Patsche geholfen ..!
Wäre die Antwort von Toyota Deutschland nur etwas kundenfreundlicher ausgefallen, vielleicht mit einer Gutschrift für die nächste Werkstatt- oder Teilerechnung, hätte ich letztlich das Gefühl gehabt, es mit Menschen zu tun zu haben, so aber kommt man sich doch sehr unwichtig vor ...
Grüße und immer pannenfreie Reisen
Michael
Schilling
Anm. der Redaktion: Michael ist ja noch gut dran: Immerhin hat er seinen 11 Jahre alten Hilux noch und kann ihn benutzen! Unserem guten alten Nissan MD 21 - die Autogötter mögen in selig haben - waren solche 11 Jahre leider nicht vergönnt. Nach nur 10 Jahren in knochenharten Münchner Streusalzorgien war er hin - trotz Unterbodenschutz mit völlig zerfressenem Rahmen unrettbar verloren.
Aber Nissan ist da doch recht sorgsam: Noch heute, Jahre nach seinem "Ableben", erreichen uns regelmäßig jährlich immer wieder erneut Aufforderungen, ihn zur Wartung zu bringen - das ist doch mal was ganz anderes, Michael, oder ..?
1. Nachtrag, August ´09: Die Kabine auf ihrem weiteren Weg
Uns erreichte eine Mail von Erich Horst ("Erisch"), der sich als neuer Besitzer der einstigen Kabine von Klaus-Michael Schilling outete:
Hi Explorer Team,
ich bin mittlerweile
der Besitzer der "EXPLORER" aus diesem Artikel. Wenn Ihr sie
noch mal sehen wollt, hier bitte. Ihr seht, sie bleibt bei TOYOTA und
wir wollen zusammen nach Afrika ...
Lasst mal von Euch hören, wenn Ihr wollt, dann setze ich die Geschichte mal fort, artgerechte Haltung kann ich jetzt schon versprechen.
Wir wünschen "Erisch" viel Glück und Erfolg nach seinem Umstieg auf "Vier Räder" und vor allem natürlich auch bei seiner bevorstehenden Tour - auf die Fortsetzung dieser "Kabinengeschichte", die wir selbstverständlich lesen wollen, sind wir schon heute gespannt!
2. Nachtrag, März ´14: Und wieder weg
Leider blieb es bei der Ankündigung vom Vorbesitzer und es wird zu dieser Kabinengeschichte von ihm keine Fortsetzung mehr geben: Mittlerweile ist die Kabine nämlich wieder verkauft und er gehört nun ebenfalls zu denjenigen, die sich eine neue "Behausung" bei Pavel Maratev und Geocamper beschafft haben ...
3. Nachtrag, März ´15: Weiter geht´s aber trotzdem ...
Vom Vorbesitzer kam zwar nichts, dafür aber etwas vom ebenfalls ehemaligen Besitzer einer Explorerkabine, unserem Leser Stefan Knurr. Wir danken ihm für seine Nachricht samt Bild und auch seine damalige Einladung zum Fahrtraining. Daran konnten wir seinerzeit leider nicht teilnehmen, hoffen aber trotzdem, dass wir auch in Zukunft nirgendwo steckenbleiben, wo wir uns nicht wie bisher selbst wieder rausschaufeln können!
Die Story könnte man schon noch weiterführen - man kennt sich ja aus in der "Szene" . Inzwischen hat die Kabine ihren Platz auf einem L200 im Osnabrücker Raum gefunden! Die netten Herrschaften, Familie R. aus W., waren zum 3. Pickup- und Wohnkabinenfahrtraining im Juli 2014 in der Südheide erschienen - zu dem ich Euch ja auch eingeladen hatte! Hätte ja klappen können ...
In diesem Sinne, Gruß Stefan Knurr